24
Es war kurz nach Tagesanbruch, der Himmel blaßrosa, von grauen Streifen durchzogen, die Luft kühl und frisch. Nichts regte sich. Die Tiere des Waldes schliefen noch.
Zarabeth lag an Magnus geschmiegt, den Kopf an seine Schulter gebettet, horchte auf seine regelmäßigen Atemzüge. Ihre Hand lag flach auf seiner Brust an seinem Herzen. In kaum zwei Tagen würden sie wieder in Malek sein, in ihrer neuen Heimat.
Sie schmiegte sich enger an ihn. Er hatte nach ihr gesucht. Er hatte keine Zeit verloren, keinen Gedanken daran verschwendet, daß sie von Malek geflohen sein könnte oder sich von einem Felsen ins Meer gestürzt hatte. Sie stützte sich auf den Ellbogen und sah ihm ins Gesicht. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. Sie beugte sich über ihn und küßte ihn leicht auf den Mund. Küßte ihn noch einmal und noch einmal.
Langsam öffnete er die Augen, obwohl er bei ihrer ersten Berührung schon wach geworden war.
»Es ist früh, Zarabeth. Ich will noch ruhen. Die Suche nach dir bis ans Ende der Welt war anstrengend. Aber ich gestatte dir, mich noch einmal zu küssen.«
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen, und zwischen zarten Küssen hauchte sie: »Du hast dich auf die Suche nach mir gemacht.«
Er versteifte sich, und sie hörte auf, ihn zu küssen und sah ihn an. Ernsthaft sagte er: »Hast du einen Moment daran gezweifelt, daß ich nach dir suche?«
»Nein, nicht einen Moment. Ich denke, auch Ingunn hat nicht daran gezweifelt. Sie versuchte ständig, Orm zur Eile anzutreiben, doch der ließ sich nicht beirren. Ich glaube, er ist wahnsinnig.«
»Ja, mag sein. Aber als wir Kinder waren . . .« Seine Stimme stockte. Und dann unvermittelt: »Dein Magen macht einen solchen Lärm, daß ich nicht mehr einschlafen kann.«
»Seit Orm mich entführt hat, bin ich hungrig.«
Er zog die Stirn in Falten. »Warum hast du nichts gesagt?«
»Ich habe nicht daran gedacht. Nein, Magnus, bleib liegen. Ich verhungere nicht bis Sonnenaufgang, das verspreche ich.« Seufzend fügte sie hinzu: »Es ist ein wunderbares Gefühl, wieder sauber zu sein, obwohl das kalte Wasser mir beinahe die Nase abgefroren hat.« Sie küßte ihn wieder und dachte an ihr gemeinsames Bad im Viksfjord am Abend zuvor.
»Wenn ich dich nach Malek gebracht und Ingunn bei meinem Vater abgeliefert habe, werde ich mit meinen Männern nach Danelagh segeln.«
Sie schwieg. Immer noch auf den Ellbogen gestützt, küßte sie ihn noch einmal. Er kam hoch, um ihren Kuß zu erwidern, doch sie drückte ihn nach unten. »Ich versuche nachzudenken«, sagte sie. »Du darfst mich nicht ablenken.«
»Das hört man gern.«
Sie machte ein besorgtes Gesicht, und er wurde ungeduldig. Sie war auf ihn zugelaufen, hatte sich in seine Arme geworfen und ihn strahlend angelächelt. Doch nun verschloß sie sich wieder hinter ihrer Mauer, die er einreißen wollte; das hatte er sich geschworen. Doch er schwieg. Sie hatte mit ihm gebadet, war gelöst und glücklich, doch sie war eingeschlafen, bevor er ihr zeigen konnte, wie sehr er sie vermißt hatte. Und nun hatte sie ihn geküßt, unaufgefordert, immer wieder, und sie schmiegte sich an ihn. Er sah ihren Blick zu Ingunn, die schlafend in eine Decke gewickelt unter einem Baum lag.
»Ingunn hat mich gerettet, das hat sie wirklich getan.«
»Ich möchte nicht, daß du von meiner Schwester sprichst. Hast du noch Halsschmerzen?«
»Rede ich immer noch wie ein heiserer Frosch?«
»Du klingst wie ein verrostetes Eisenscharnier.«
»Magnus, war deine erste Frau verrückt?«
»Dalla? Verrückt?« Er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Haben deine Eltern deine Ehe mit ihr geplant? War sie verrückt?«
Er schüttelte den Kopf. »Hat Orm dir das eingeredet?«
»Ja.«
»Die Wahrheit ist, daß Orm sie selbst haben wollte, aber ihre Eltern hielten mich für die bessere Wahl.«
»War sie verrückt?«
Lachend zog er sie an sich. »Ja, sie war verrückt, und sie lachte oft und gern wie ein Kind, und sie liebte es, im
Mondschein zu tanzen, sogar im Winter, wenn der Schnee knietief lag.«
Sie schwieg, versuchte, sich ein solches Geschöpf vorzustellen. Dann sagte sie seufzend: »Ich erinnere mich nicht, wann ich das letzte Mal herzhaft gelacht habe.«
Er erinnerte sich auch nicht.
»Ich habe noch nie im Schnee getanzt.«
»Vielleicht kannst du auch mal verrückt sein und lachen und mich mit dem Finger in die Rippen stoßen.«
»Ja, vielleicht.«
»Entweder du gibst mir noch einen Kuß, oder du läßt mich schlafen, Zarabeth.«
»Wenn ich dich küsse, wirst du mir Gewalt antun?«
Wieder erfaßte ihn Unmut. »Du hast mich so oft geküßt, daß ich es nicht mehr zählen kann. Aber das waren keine wirklichen Küsse. Küß mich richtig, und du wirst es sehen.«
Sie beugte sich über ihn und drückte ihren Mund leicht auf seinen. Ihre Lippen waren trocken und fest. Er lag ganz still, ohne ihren Kuß zu erwidern, ließ sie gewähren. Ihre Zunge spielte an seinen Lippen, zog sich zurück, züngelte wieder nach vorne. Sein Geschlecht schwoll pochend an, aber er lag ganz still. Wann würde sie begreifen, daß sie ihm gehörte? Wann würde sie aufhören, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen?
Sie hob den Kopf und blickte ihn nachdenklich an. Dann sagte sie langsam: »Ich hatte vergessen, wie gut du schmeckst.« Er fürchtete, bei ihren Worten seinen Samen zu ergießen, so sehr erregte sie ihn. Sie küßte ihn wieder, dann schmiegte sie sich an ihn und bettete ihre Wange an seine Schulter.
»Wenn du mich das nächste Mal küßt, Zarabeth, werde ich dich wieder küssen und dich liebkosen und in dich eindringen.«
Er spürte ihr Zittern. »Vielleicht wirst du in Zukunft ein bißchen verrückt sein und lachen, wenn wir uns lieben. Es muß nicht immer eine so ernste Angelegenheit sein.«
Doch diese Vorstellung war ihr fremd. Es war doch eigentlich eine sehr ernste Angelegenheit.
Die Männer drehten sich unter ihren Decken um und wurden gähnend wach. Magnus drückte sie noch einmal an sich, bevor er sich aufsetzte. Dann stand er nackt vor ihr, reckte und streckte seinen schlanken, muskulösen Körper im sanften Morgenlicht. Er schaute auf sie hinunter und freute sich über ihr freimütiges Interesse an ihm. Sie sah ihn ohne Scham an. »Ich bring dir eine Tunika von mir, die du anziehen kannst.«
Er lächelte, als sie Orms breiten Ledergürtel um die Mitte band, aber er schwieg. Vermutlich fühlte sie sich mit dem Schwert an der Seite besonders stark, das bei jedem Schritt klirrend gegen ihre wohlgeformten Schenkel schlug. Sie versuchte, ihr Haar mit den Fingern zu entwirren. Er hätte ihr gern gesagt, daß sie aussah wie eine herrliche Kriegsgöttin, behielt es aber für sich. Bevor sie aufbrachen, schlug Zarabeth sich den Bauch tüchtig mit Grütze voll.
Der Tag war heiß, der Himmel wolkenlos. Sie ritten nahe am Wasser, den Wald zur Linken, das Meer zur Rechten. Dies war der schnellere Weg nach Malek. Magnus hatte Zarabeth vor sich im Sattel sitzen. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und döste. Sie fühlte sich geborgen, Frieden war eingekehrt. Ein neues Gefühl, das sie nicht mehr missen wollte. Bald war sie tief eingeschlafen.
Ragnar brachte seinen Hengst neben Thorgell. Magnus bemerkte die finsteren Blicke seiner Schwester. Sie sagte: »Ich möchte wissen, was du unserem Vater erzählst.«
»Mutter war bereits in Malek, um sich zu erkundigen, ob jemand von uns dich gesehen hat. Nun wissen alle, daß du vom Hof unseres Vaters weggelaufen bist, um mit ihm zu gehen, Ingunn. Was soll ich ihm sagen? Alle wissen, daß du ihm deine Ehre verpfändet hast.«
»Ich habe deiner Frau das Leben gerettet.«
»Das ist richtig. Aber nicht, weil dir etwas an ihrem Wohlergehen liegt; tu also nicht so. Du konntest den Gedanken nicht ertragen, daß Orm sich eine andere Frau nimmt. Du hast befürchtet, er will sie und nicht dich. Hab ich recht?«
Ingunn schwieg, doch Ragnar warf ein: »Du sprichst hart, Magnus.«
»Und du sprichst wie ein Blinder. Sieh sie dir gut an, sprich lange mit ihr, und höre die Gefühle hinter ihren Worten, bevor du sie wirklich nimmst.«
Ingunns Augen weiteten sich. »Was soll das heißen? Mich nehmen? Was willst du damit sagen, Magnus?«
Magnus hielt den Blick zwischen Thorgells Ohren geradeaus gerichtet. »Ragnar will dich zur Frau nehmen.«
Ingunn blieb die Luft weg. »Ich will ihn nicht! Er ist ein Rüpel und ein Bauer. Er betatscht jede Frau, die in seine Nähe kommt. Ein Floh ist treuer als er.«
Magnus Zorn war nun voll entfacht, und Ingunn zuckte unter seinen funkelnden Augen und seinen harten Worten zusammen: »Du wagst es, einem anderen Menschen Treulosigkeit vorzuhalten? Du, die sich an Orm weggeworfen hat. Du wagst es, Ragnar anzugreifen? Er ist ein Mann, keine Jungfrau, deren wertvollstes Gut ihre Unberührtheit ist.«
»Ist deine liebreizende Zarabeth etwa zu dir als Jungfrau gekommen? Sie war mit einem alten Mann verheiratet und . . .«
»Hüte deine Zunge, Ingunn! Oder ich erteile Ragnar die Erlaubnis, dir den Hintern zu versohlen. Wir sprechen von dir, und warum nennst du Ragnar einen Rüpel und einen Bauernlümmel? Warum?«
Ingunn wußte, daß Magnus schnell in Zorn geriet, sich aber auch ebenso schnell wieder beruhigte. Schließlich war er ihr Bruder. »Er ist gemein zu mir«, lamentierte sie. »Er behandelt mich grob und lacht mich ständig aus.«
»Du klingst wie ein verzogenes, kleines Mädchen. Du verdienst es, schlecht behandelt zu werden.«
»Er hört nicht auf mich. Es ist ihm egal, welche Qualen ich ausgestanden habe.«
»Er ist ein weiser Mann. Du hast dir all dein Leiden selber zuzuschreiben. Du drehst einem das Wort im Mund herum, und du schiebst immer anderen die Schuld zu.«
»Ragnar liegt gar nichts an mir. Er möchte nur in unserer Familie aufgenommen werden. Er ist eitel und ehrgeizig.«
»Ich verstehe nicht, was er an dir finden kann, aber ich zweifle nicht an seinen Worten. Ich glaube, er hat keine gute Menschenkenntnis. Aber seine Geduld wird auf die Probe gestellt, wenn er dich nimmt, nicht meine — Odin sei Dank. Und was unsere Familie betrifft: Ich sehe nichts Verwerfliches darin, wenn jemand mit uns verwandt sein möchte.«
»Ich will ihn nicht haben! Vater kann mich nicht zwingen, ihn zu nehmen. Das darf er nicht tun.«
»Diesmal wirst du tun, was man von dir verlangt, denn du hast unserer Familie große Schmach zugefügt. Ich werde unserem Vater zureden, daß er dich Ragnar überläßt. Ich habe dir keine Zucht und Ordnung beigebracht, Narr, der ich war. Doch Ragnar wird dich Gehorsam lehren. Er wird dich so lange züchtigen, bis du dein loses Mundwerk zu zügeln weißt.«
Ragnar fing plötzlich an zu lachen. Und Bruder und Schwester sahen ihn beide mit dem gleichen verblüfften Ausdruck an, so daß er noch mehr lachen mußte. Zarabeth wurde unruhig und wachte auf.
»Was ist los, Magnus?«
Ihre heisere Stimme machte ihm Sorgen. Er küßte sie aufs Ohr. »Ragnar meint, er kann Ingunn so lange verprügeln, bis sie sich unsterblich in ihn verliebt.«
»Das kann ich mir wahrhaftig nicht vorstellen, Magnus.«
»Ich will ihn nicht haben!« zeterte Ingunn.
Ragnar hörte auf zu lachen. Er ließ die Zügel los, packte Ingunn um die Mitte und drehte sie zu sich um. »Hör mir gut zu, dummes Frauenzimmer. Sag, wer will dich noch haben, abgesehen von mir?«
Ingunn schlug hart zu, und er war nicht darauf gefaßt.
Beide stürzten fast vom Pferd. Nur mühsam erlangte er das Gleichgewicht wieder. Er starrte sie schweigend an. Dann lächelte Ragnar. Und mit einem flinken Griff hatte er sie aus dem Sattel gehoben und sich über die Schenkel gelegt. Seine flache Hand schlug klatschend auf ihre Hinterbacken, und Ingunn schrie gellend auf und versuchte sich strampelnd zu entwinden. Er lachte bloß, sein Hengst scherte seitwärts aus. Ragnars Schläge trafen weiter klatschend ihren Hintern, und mit jedem Schlag sprach er ein Gebot aus. »Ingunn hör gut zu: Du sollst mir nie widersprechen. Du sollst mir stets gehorchen. Du sollst mich nicht beschimpfen. Du sollst dich mir nicht widersetzen. Du sollst mich küssen, wann immer ich es wünsche. Du sollst mir stets ein süßes Lächeln schenken. Und nur sanfte Worte sollen aus deinem Mund kommen.«
Magnus trieb Thorgell zur Eile an. Zarabeth vergrub ihr Gesicht in seinem Wams. Das Leben schwankte doch erstaunlich schnell zwischen Entsetzen und Lachen, von bitteren Kränkungen zu Zärtlichkeiten. Ingunn zeterte immer noch, und Ragnar versohlte ihr weiterhin den Hintern und gab ihr Verhaltensmaßregeln. Zarabeth spürte Magnus' warmen Körper und wußte, daß sie zum Leben zurückfinden würde, mit all seinem Leiden und seinem Lachen. Sie durfte sich dem Leben nicht länger verschließen, sich nicht länger absondern und von außen zusehen, unberührt, einsam und verloren.
Sie ritten einige Zeit schweigend und entfernten sich von den anderen. Gelegentlich drang Ingunns schrille Stimme und Ragnars Lachen zu ihnen herüber, begleitet von den anspornenden Zurufen der Männer.
Magnus brachte das Pferd an einem kleinen, blauen See zum Stehen, ließ die Zügel hängen, damit Thorgell trinken konnte. »Hast du Durst, Zarabeth?«
Ja, sie hatte Durst. Sie stiegen vom Pferd, und sie kniete am Ufer nieder und schöpfte Wasser mit der hohlen Hand. Es schmeckte wunderbar erfrischend.
»Besser?« »Ja«, sagte sie im Aufstehen, und das Schwert schlug klirrend gegen ihren Schenkel.
Magnus ließ den Blick über den Viksfjord schweifen. »Egill ist am Leben. Es ist merkwürdig, daß ich, ein Mann ohne große Einbildungskraft und Fantasie davon träumte, er lebt, und daß er in die Sklaverei verkauft wurde. Orm muß mir Rede und Antwort stehen.«
»Ich komme mit dir.«
Unwirsch drehte er sich herum und sah sie an. Sie stand vor ihm, in seiner Tunika, den lächerlich breiten und viel zu langen Gürtel um ihre Hüften gebunden, das schwere Schwert umgegürtet, das beinahe bis zur Erde hing. Er lächelte: »Nein.«
Sie achtete nicht auf seine Absage, reckte nur das Kinn vor.
Er nahm ihre Hand und zog sie an sich. »Diesmal sorge ich für deine Sicherheit. Du wirst in der Obhut meiner Eltern bleiben, bis ich zurückgekehrt bin.«
»Willst du mich wie ein Kind oder eine Gefangene bei deinen Eltern zur Aufbewahrung geben? Ich war feige, Magnus, aber ich bin es nicht mehr. Ich muß mit dir nach York fahren. Dort willst du doch hin.«
Er hob die Schultern.
»Ich weiß, wo Orm sein Land gekauft hat.«
»Wo?«
»Das sage ich dir nur, wenn du mir versprichst, daß du mich mitnimmst.«
»Du wirst mich nicht zwingen, Zarabeth. Ich brauche nur Ingunn zu fragen.«
Zarabeth log ihm unverschämt ins Gesicht. »Sie weiß es nicht. Orm hat es nur mir gesagt.«
»Ich frage sie trotzdem. Komm, wir haben noch einen langen Ritt vor uns, bevor wir das Nachtlager aufschlagen können.«
Zarabeth blickte sehnsüchtig ins Wasser. »Ich würde gern noch mal ins Wasser springen.«
»Vielleicht heute abend«, meinte er. Er gab ihr einen
Kuß. »Wenn du nett zu mir bist, wasche ich dich vielleicht höchstpersönlich.«
Er küßte sie wieder und hob sie in den Sattel. Thorgell rupfte noch rasch ein paar Büschel von dem saftigen Gras am Seeufer.
Ihre Rückkehr nach Malek am frühen Nachmittag des nächsten Tages wurde mit großem Jubel begrüßt. Magnus erlaubte Ingunn, die Nacht auf seinem Hof zu verbringen. Am Morgen sollte Ragnar sie zu seinen Eltern bringen. Sie war verschlossen und stumm. Zarabeth fragte sich, ob die Frau sich je ändern würde, ob sie je ihre schlechte Laune ablegen und ein freundliches Gesicht zeigen würde.
Zarabeth nahm ihre gewohnten Arbeiten wieder auf. Ein reichliches Mahl wurde bereitet, ein frisches Faß Bier aus dem Viksfjord geholt, wo es in Netzen in der kühlen Tiefe hing. Die Frauen servierten gebratenen Hirsch und Wildschwein auf blank gescheuerten Brettern, dazu gab es gekochte Erbsen, geschmorte Rüben und Zwiebeln. Zarabeth saß bei den Frauen, besprach mit ihnen Haushaltsbelange, während Magnus mit den Männern Bier trank und über die Reise nach Danelagh redete. In drei Tagen sollte es losgehen. Die Seewind war beinahe instandgesetzt, Vorräte mußten verstaut werden, und das Steuerruder war noch nicht ganz fertig. Zarabeth sagte nichts mehr zu Magnus. Sie würde mit ihm nach Danelagh reisen. Sie wußte nur noch nicht, wie sie ihr Vorhaben durchsetzen würde.
Zarabeth schlief über ihrer Näharbeit auf dem Stuhl sitzend ein. Magnus trat an sie heran, betrachtete das Tuch, an dem sie nähte. Allem Anschein nach arbeitete sie an einer Tunika aus hellblauem Leinen für ihn, die sie mit kunstvollen, kleinen Nadelstichen nähte. In diesem Augenblick liebte er sie über die Maßen und hätte es laut hinausschreien mögen. Vorsichtig nahm er die Näharbeit von ihrem Schoß, hob sie in seine Arme und trug sie in die Schlafkammer. Er machte kein Licht.
Er zog die Schlafende behutsam aus und legte sie aufs Bett. Seufzend legte er sich neben sie und deckte beide zu. Er schlief schließlich ein, in Gedanken bei seiner Frau, die in einer Männertunika vor ihm stand, Orms Schwert um die Hüften gegürtet. »Ich habe es erobert, und ich werde es behalten.«
Er schlief tief und fest, bis ihre Stimme leise und eindringlich an seinem Ohr raunte.
»Kannst du dich daran erinnern, was du mir in York gesagt hast, Magnus? Du warst hochmütig und schroff und wagemutig, und du hast mir sehr gut gefallen. Du hast mich zum Lachen gebracht, und du hast mich erschreckt, und ich habe mich so sehr nach dir gesehnt. Du hast mir erzählt, wie du Cyra behandelst, und ich hielt dich für verrückt. Du hast sehr ernst gesagt, daß du mir niemals weh tun würdest, selbst wenn ich den Wunsch hätte. Du warst so feierlich, als würdest du mir eine große Gunst erweisen. In meinen Augen warst du sehr tapfer und kühn und wunderbar. Das bist du noch immer.«
»Ich habe dir auch versprochen, dir Freude zu bereiten, Zarabeth, aber bisher habe ich damit noch nicht viel Erfolg gehabt.«
»Ja, das hast du versprochen, aber dafür kannst du nichts. Du wolltest, daß ich zum Leben zurückkehre. Und du kannst dir keinen anderen Weg vorstellen, als mich zu zwingen.« Sie war keineswegs erstaunt, daß er wach war. »Ich habe viel nachgedacht, Magnus. Es ist Zeit, daß ich gehe . . .«
Ihm stockte der Atem. Er war jetzt völlig wach und Unmut packte ihn. »Ich werde nicht zulassen, daß du mich verläßt . . .«
». . . oder wirklich deine Frau werde.«
»Ah«, sagte er, und ein Schauder durchfuhr ihn. Er zog sie an sich, ihr nackter Körper schmiegte sich an seinen. Er küßte ihre Nase, ihre Augen. Seine Fingerspitzen glitten über ihre Augenbrauen, strichen ihr das Haar aus dem Gesicht: »Ich werde dich nie wieder zu etwas zwingen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du weinend unter mir liegst, deine Hände zu Fäusten geballt, während ich in dir bin. Das würde ich nicht mehr ertragen, Zarabeth.«
»Dann solltest du auf dem Rücken liegen und ich lege mich auf dich.«
Wieder einmal versetzte sie ihn in Erstaunen. »Bald. Erst möchte ich dich ganz spüren.« Er legte sich auf sie, auf die Ellbogen gestützt, den Rücken leicht durchgedrückt, sein erregtes Geschlecht pochte heiß und stark an ihrem Bauch.
Er küßte sie und streichelte ihre Brüste. Sie öffnete sich ihm, ihre Hände liebkosten seinen Rücken, glitten über seine Hinterbacken, sie erbebte beim Ertasten der Glätte und Wärme seiner Haut, der Wölbungen seiner Rückenmuskulatur.
Sie öffnete die Beine, fühlte seine Schenkel auf ihr, das Kitzeln seiner behaarten Beine.
Er fand ihre Öffnung, ihren letzten Rest Widerstand gegen ihn. Er lag reglos auf ihr, küßte sie leidenschaftlich, seine Hände krallten sich in ihr Haar, seine Erregung pulsierte an ihrem Bauch. »Öffne deine Beine, Zarabeth«, raunte er in ihren Mund. Er kniete zwischen ihren Schenkeln, und seine Hände liebkosten ihre Brüste, strichen nach unten, umfingen ihre Mitte, glitten nach hinten und umfingen ihre Hinterbacken. Er hob sie hoch zu seinem Mund. Diesmal wollte er ihr Lust verschaffen und sie zum Höhepunkt bringen, bevor er sich in sie ergoß. Als seine feuchten, warmen Lippen sie berührten, schrie sie auf. Lächelnd liebkoste er sie mit der Zunge. Sie zuckte atemlos unter ihm, und er hielt einen Augenblick inne und flüsterte: »Ich will, daß du für mich schreist, Zarabeth. Ich will dein Beben spüren, wie du deine Beine anspannst, wie du dich öffnest und dich mir ganz hingibst.« Er legte sie wieder auf das Laken und schob seinen Mittelfinger in sie. »Ich möchte spüren, wie deine Muskeln sich an meinem Finger festsaugen.« Sein Finger kreiste tief in ihr, und sie schrie und stöhnte und bäumte sich zuckend auf.
Ihre Hände griffen nach seinen Schultern, ihre Finger gruben sich in sein Fleisch, und sie schrie erneut. Und in ihre Schreie mischten sich andere Schreie . . . diese Schreie waren tief in ihm, er sehnte sich verzweifelt danach, sein Geschlecht in sie zu stoßen.
Zarabeth wurde still, doch die Schreie hörten nicht auf, wurden lauter, und Magnus hörte seinen Namen rufen. Er zitterte vor Verlangen nach ihr, doch wieder erreichte ihn ein Schrei, verzweifelt diesmal. Er schüttelte den Kopf, versuchte zu begreifen.
»Magnus!« Es war Tostigs Stimme, die nun ganz nah schrie. Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgerissen.
»Bei Thor, Magnus! Wir werden angegriffen!«