ACHTUNDVIERZIG

ES HEISST ZWAR, man kann den Verlauf von Ereignissen nicht vorhersagen, aber das gilt umso mehr für die Folgen. Adilean erfuhr das gerade am eigenen Leib. Als sie die Elbenhauptstadt hinter sich gelassen hatte, hätte sie niemals gedacht, dass sie so etwas erleben würde, und doch kam ihre derzeitige Lage im Haus von Virgo und Quanya dem ziemlich nahe, was sie sich erhofft hatte, als sie von Astu Thilia fortritt.

Die Bauern waren arme, aber anständige Leute, die es ihr und ihren Kindern in diesen Tagen an nichts fehlen ließen. Sie hatten keine Erklärungen verlangt, hatten nicht einmal wissen wollen, wer sie war und warum sie alleine unterwegs war, und Adilean war ihnen unendlich dankbar dafür, dass sie nicht lügen musste. Sie waren immer beschäftigt, aber trotzdem fanden sie stets eine Möglichkeit, dass sie nicht allein blieb, kamen zu ihr ans Bett und bemühten sich, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Adilean wusste gar nicht, wie sie ihre Dankbarkeit noch hätte ausdrücken können. Es gab Momente vollkommenen Glücks, sie hatte gar nicht mehr zu hoffen gewagt, noch einmal so etwas zu erleben, und war sich bewusst, dass die Freude für sie und ihre Kinder umso größer war, eben weil sie sie niemals hätte voraussehen können.

Doch sie musste auch immer wieder an Amorannon denken. Seit dem Tag ihrer Niederkunft kam er ihr sogar noch häufiger in den Sinn, und allmählich wurde ihr klar, dass alles sich geändert hatte und sie ihre ganze Situation neu überdenken musste. Als es nur um sie allein ging, hatte sie mit Fug und Recht geglaubt, dass sie sich verstecken sollte, ohne ihrem Verlobten Bescheid zu sagen, und sie sich auch von ihm fernhalten musste, um keinem anderen gehören zu müssen. Amorannon hätte das verstanden. Er hätte es vorgezogen, sie frei und allein zu wissen als unglücklich an der Seite eines Mannes, den sie nicht liebte und für den sie nichts als Verachtung empfand. Sie waren beide erwachsen und in der Lage, schwierige Umstände zu akzeptieren, daher hatte sie jedes Recht gehabt, so zu handeln. Aber jetzt war alles anders, jetzt gab es die Kinder.

Es war nicht gerecht, dass Amorannon, der in diesem Augenblick an der Front war und Tag für Tag sein Leben riskierte, nicht erfahren sollte, dass er Vater geworden war. Sie durfte ihm nicht verheimlichen, dass die beiden Kinder geboren waren und wo sie sich nun befanden, das wäre grausam und völlig unzumutbar. Diese Kinder gehörten genauso zu ihm wie zu ihr, und sie würden Amorannon, der in seinem Leben nur wenig Freude erfahren hatte und jede Schwierigkeit mit bewundernswerter Hingabe angegangen war, sehr viel bedeuten. Und mochte das ewige Versprechen auch sie, Adilean, binden, hatte es doch keine Macht über das Leben dieser Kinder, und wenn sie wirklich gegen ihren Willen die Frau von Thix Velinan werden musste, dann sollte Amorannon zumindest die Möglichkeit erhalten, seine Kinder zu sich zu nehmen.

Adilean konnte es nicht zulassen, dass er eventuell auf dem Schlachtfeld starb, ohne zu wissen, dass er Vater geworden war. Sie musste unbedingt eine Möglichkeit finden, dass er es erfuhr.

In Astu Thilia hätte sie einfach eine Depesche geschickt, und bei der Tüchtigkeit der Elbenboten hätte sie beruhigt sein können, dass die Nachricht ihn erreichen würde, aber hier war alles anders. Ihr war klar, dass sie von den Bauern, die sie aufgenommen hatten und die trotz ihrer bescheidenen Möglichkeiten so freundlich zu ihr gewesen waren und bestimmt Opfer bringen mussten, um für sie sorgen, nicht verlangen konnte, den einzigen Sohn, der ihnen geblieben war, in ein Kriegsgebiet zu schicken, nur um ihre Botschaft zu überbringen. Der junge Arturus war ein mutiger und großherziger Junge, und er hätte den Auftrag bestimmt ausgeführt, wenn sie ihn darum gebeten hätte, aber sie wusste, dass sie das weder von ihm noch von seinen Eltern verlangen konnte. Sie hätte ihnen nichts geben können, was dieses Risiko aufwog. Adilean hatte lange über eine Lösung für ihr Problem nachgedacht, und je länger sie überlegte, drängte sich ihr nur eine einzige Möglichkeit auf. Sie war nun schon vier Tage bei den Bauern, hatte sich wieder einigermaßen erholt und auch die Kinder schienen gut zu gedeihen. Ihre Entscheidung stand fest – sie musste selbst gehen.

Sie hasste den Gedanken, diese sichere Zuflucht aufzugeben, aber sie wollte Amorannon von den Zwillingen erzählen und die Reise schreckte sie nicht. Sie machte sich auch keine Sorgen um das Schicksal ihrer Kinder, sie wusste, dass sie bei Virgo und Quanya in guten Händen wären und ihnen nichts geschehen würde. Eine der vielen Tanten und Cousinen hatte sogar noch einen kleinen Sohn und würde sie stillen können. Adilean schmerzte der Gedanke, sich von ihnen zu trennen, aber sie musste noch einmal stark sein und daran denken, dass sie zum Wohl der drei Personen handelte, die sie am meisten liebte. Sie musste nur noch eine Möglichkeit finden, wie sie reisen konnte, ohne ihre Identität preiszugeben.

Bisher hatte sie Glück gehabt, dass sie von den Bauern nicht erkannt worden war, aber je mehr sie sich dem Elbenheer näherte, umso größer war die Gefahr, entdeckt zu werden. Sie war sich fast sicher, dass man sie sofort nach Astu Thilia zurückschicken würde, ohne dass sie zuvor Amorannon sprechen konnte, der bestimmt irgendwo auf einem Vorposten war, wo die Kämpfe am heftigsten tobten. Wenn sie wirklich den Mann treffen wollte, den sie liebte, durfte sie unter keinen Umständen unter ihrem eigenen Namen und unverkleidet reisen.

Die Wahl war ihr nicht leichtgefallen, aber schließlich entschloss sich Adilean doch, Arturus zu rufen. Der Junge kam sogleich diensteifrig herbeigelaufen, was Adilean fast rührte. »Ich habe eine einfache Frage«, sagte sie. »Ich möchte nur wissen, ob Ihr eine Rüstung besitzt.«

Arturus war überrascht. Eine solche Frage war von einer Frau, die noch dazu von edlem Geblüt zu sein schien, nicht zu erwarten. Aber er nickte. »Ja, wir haben eine«, sagte er. »Sie hat meinem Bruder gehört. Er hatte vor, sich dem Heer anzuschließen, und nach seinem Tod wollte mein Vater nicht, dass ich an seiner Stelle gehe, und deshalb liegt sie nun nutzlos herum. Wir haben schon versucht, sie zu verkaufen, aber anscheinend ist niemand daran interessiert.«

»Dann kaufe ich sie euch ab«, erwiderte Adilean. Als sie sah, wie Arturus die Augen aufriss, sprach sie schnell weiter. »Noch etwas«, sagte sie rasch, um seiner Frage zuvorzukommen. »Könnt Ihr mir ein Pferd besorgen? Meines ist davon gelaufen. Ich werde es ebenfalls bezahlen.«

Dieses Mal antwortete der Junge vorsichtiger. »Na ja, doch, das könnten wir«, sagte er. »Aber, wenn Ihr gestattet, darf ich fragen, warum Ihr Euch dafür interessiert? Eine Rüstung und ein Pferd, so etwas braucht ein Mann, der in die Schlacht zieht. Aber Ihr?«

Adilean holte tief Luft und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Es war dumm von ihr gewesen, anzunehmen, sie würde noch einmal ohne Erklärungen davonkommen. »Ich gehe an die Front«, gestand sie und konnte Arturus dabei nicht in die klaren aufrichtigen Augen blicken. »Ich war auf dem Weg dorthin, als Euer Vater mich fand, und muss nun wieder dorthin.«

Arturus konnte es nicht glauben. »Seid Ihr eine Kriegerin?«, fragte er und in seiner Stimme schwang auf einmal noch mehr Ehrfurcht mit. »Ich habe Euer Schwert gesehen. Verzeiht mir, edle Dame, ich verstehe nichts von Waffen, Hacken und Mistgabeln sind eher mein Gebiet, wenn Ihr versteht. Aber Euer Schwert wirkt recht alt, ist es vielleicht magisch?« Schuldbewusst biss er sich auf die Lippe. »Entschuldigt, ich habe zu viel geredet, Ihr müsst mir gar nichts sagen.«

»Da ist doch gar nichts dabei.« Adilean hasste es, diesen netten, freundlichen Jungen anlügen zu müssen, der sich immer so rührend um sie gekümmert hatte, aber sie hatte keine Wahl. »Ja, ich bin eine Kriegerin. Mein Mann ist beim Heer und ich wollte zu ihm.« Das war zumindest nur zur Hälfte gelogen. »Meine Rüstung ist mit meinem Pferd verloren gegangen. Deshalb benötige ich eine neue. Nennt mir einen Preis und ich werde Euch das Doppelte geben. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um euch zu entschädigen.«

»Ich verstehe«, sagte Arturus und nickte. Er war immer noch sehr beeindruckt. »Ich glaube nicht, dass Ihr darüber mit mir reden solltet. Ich werde meinen Vater rufen und dann könnt Ihr alles Weitere mit ihm besprechen. Eins kann ich Euch jedoch noch sagen«, ein etwas verlegenes Lächeln glitt über sein Gesicht, »meine Mutter ist bestimmt nicht damit einverstanden, dass Ihr so früh wieder aufbrecht, und mein Vater wird von Euch nicht eine Münze mehr annehmen, als Pferd und Rüstung gekostet haben. So sind sie nun einmal.« Mit einer unsicheren Verbeugung zog er sich zurück. »Ich werde ihn sofort zu Euch schicken.«

Er verschwand aus dem Zimmer und Adilean hatte ein schlechtes Gewissen. Sie sollte ihnen die Wahrheit sagen und sie vielleicht sogar um Rat bitten, anstatt so eigenmächtig zu handeln und weiter alle anzulügen. Aber jetzt war es zu spät. Sie versuchte, ruhig und gefasst auszusehen, als Virgo ziemlich besorgt hereinkam.

»Arturus hat mir von Euren Absichten erzählt«, begann er stockend, er war ähnlich unsicher wie sein Sohn vor ihm. »Ich weiß, dass ich Euch nichts vorschreiben kann, aber meine Frau meint, es sei noch viel zu früh, und ich stimme ihr zu. Ihr habt Euch noch nicht vollständig erholt.« Er überlegte einen Moment, ehe er weitersprach. »Wenn wir Euch schon nicht von Euren Plänen abhalten können, dann erlaubt uns wenigstens, Euch noch ein paar Tage unsere Gastfreundschaft anbieten zu dürfen. Zumindest solange es dauert, um die Rüstung anzupassen.«

Das war ein vernünftiger Vorschlag und Adilean wusste, dass sie ihn nicht ablehnen konnte. Sie nickte knapp und war insgeheim froh, dass sie den Tag noch etwas hinausschieben konnte, an dem sie diese unverhofft geschenkte Zuflucht verlassen musste. Hier hatte sie einige der glücklichsten Momente ihres Lebens verbracht und diese Leute waren so freundlich zu ihr gewesen. Virgo wollte schon gehen, sichtlich erleichtert, dass sie seinen Vorschlag angenommen hatte, aber Adilean hielt ihn zurück. »Wartet«, rief sie und der Bauer eilte sofort wieder an ihre Seite. »Ich muss Euch etwas geben.«

Sie zog den Ring vom Mittelfinger der rechten Hand. Es war ein Geschenk ihres Vaters, der Ring war aus Weißgold und mit zwei Saphiren und einem Diamanten geschmückt. Mit diesem Schmuckstück hätte man viermal das Haus von Virgo und Quanya und ihren gesamten Besitz bezahlen können. Mit fester Hand überreichte sie ihn ihrem Gastgeber, der sie höflich verwundert anschaute. »Nehmt ihn bitte«, forderte sie ihn auf. »Zum Zeichen meiner Dankbarkeit. Ihr habt so viel für mich getan, ohne überhaupt meinen Namen zu kennen, und Ihr könnt mir zwar verbieten, den doppelten Preis für die Rüstung zu bezahlen, aber ich verbiete Euch, diesen Ring zurückzuweisen. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, und ich wäre verletzt, wenn Ihr ihn nicht annehmt. «

Virgo starrte sie an, als wolle er sie fragen, ob sie wisse, was sie tue, ganz offensichtlich konnte er das alles nicht glauben. Dieser Ring bedeutete für ihn und seine Familie einen unerwarteten Reichtum. Adilean lächelte, als er ihn annahm.

»Ich danke Euch vieltausendmal, edle Dame«, stammelte er. Vor Rührung konnte er kaum sprechen.

»Ihr müsst mir für nichts danken«, erwiderte Adilean, und das war nicht nur eine höfliche Floskel. »Ihr habt mein Leben und das meiner Kinder gerettet, das ist mit Geld nicht zu bezahlen. Doch ich muss Euch noch um einen letzten Gefallen bitten.« Sie wühlte in der Tasche ihres Umhangs und holte die Silberbrosche, auf der Mond und Sonne eingraviert waren und die ihr Amorannon geschenkt hatte. »Nehmt auch diese hier und bewahrt sie gut auf. Sollte mir irgendetwas zustoßen«, hier schnürte ihr es fast die Kehle zu und sie konnte kaum weitersprechen, »sollten Monate vergehen und niemand kommen, um die Kinder abzuholen, dann nehmt die Zwillinge und diese Brosche und bringt sie zu König Gavrilus oder General Asduvarlun. Erzählt ihm, wie Ihr sie erhalten habt, und alles, was geschehen ist – sie werden verstehen. Ich kann mich auf Euch verlassen, nicht wahr?«

Bei diesen Worten waren ihr die Tränen in die Augen gestiegen, doch sie konnte sie zurückhalten, als sie die Brosche in Virgos Hände legte. Sie hatte alles Notwendige getan, um die Zukunft ihrer Kinder zu sichern. Nun fühlte sie sich erleichtert. Ab jetzt ging es wieder nur um sie, sie konnte das eigene Leben aufs Spiel setzen, wenn sie das wollte, für ein Ziel, das ihr richtig erschien.

»Ihr könnt Euch auf uns verlassen«, versprach Virgo.



Adilean legte nicht zum ersten Mal eine Rüstung an. Ihr Bruder Dhannam, der ungefähr ihre Statur hatte, hatte sie seine einmal anprobieren lassen, als sie ihn darum gebeten hatte. Damals hatte er leicht verlegen gemeint, dass sie sich darin wesentlich wohler zu fühlen schien als er. Adilean hatte das Schwert ein paar Mal durch die Luft geschwungen – sie konnte ein wenig fechten und ihre Bewegungen waren alles andere als dilettantisch – und Dhannam spielerisch aufgefordert, sich zu ergeben. Er hatte sich unverzüglich zu ihrem Gefangenen erklärt. Damals konnte man noch darüber Scherze machen. Es war erst wenige Jahre her, nichts schien den Frieden der acht Reiche erschüttern zu können, es gab noch keine Spannungen im Großen Rat und eine Rüstung war nur ein reines Zierstück, ein prunkvoller, kunstvoll gravierter Schmuck aus Gold und Silber, den man bei Paraden anlegte. Aber dennoch war sie bis in die letzte Einzelheit perfekt, vom Helmschmuck bis hin zu den Gurten der Beinschienen, und ziemlich schwer.

Dennoch konnte sich Adilean zu ihrer eigenen Überraschung völlig ungezwungen darin bewegen. Dann war Gavrilus ins Zimmer gekommen, hatte laut und lange gelacht und schließlich Dhannam ermahnt, er möge sich beeilen. Bald sollte die jährliche Prozession zum Tempel der zwölf Götter beginnen und da war keine Zeit für Spielereien.

Dhannam hasste diese offiziellen Anlässe. Darin konnte ihm Adilean zustimmen, aber dass es eine Qual war, eine Rüstung zu tragen, konnte sie nicht nachvollziehen. Ihr hatte es gefallen.

Als sie jetzt den Brustpanzer anlegte, die Schulterstücke und den Seitenschutz, die Armschienen aus schwerem Stahl um die Unterarme band und den Helm auf dem Kopf zurückrückte, hatte dies eine ganz andere Bedeutung. Und doch nahm Adilean bei aller Sorge wieder diese Erregung wahr, die ungewohnt und doch irgendwie vertraut war. Sie spürte sie in ihrem Herzklopfen, als der Schmied, den Arturus aus dem Nachbardorf herbeigerufen hatte, die Gelenke der Rüstung begutachtete und etwas davon murmelte, dass man alles neu machen müsste, sie erkannte sie in den Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen, während sie ihm dabei zusah, wie er das Kettenhemd aufarbeitete, und spürte sie ganz stark, als sie die überholten Teile anprobierte. Virgo hatte damals die gesamten Ersparnisse der Familie ausgegeben, um seinen Erstgeborenen für einen Krieg auszustatten, den dieser niemals erleben sollte. Ein Muster aus Efeublättern war in die Rüstung eingraviert worden und ein grünes Band zierte den Helm. Als Adilean vor dem Haus zusammen mit Arturus Fechtübungen machte und neue Geschicklichkeit im Umgang mit der Waffe erwarb, die sie in Wirklichkeit nie verloren hatte, kam es ihr so vor, als stünde sie schon in den Reihen des Elbenheeres. Sie vergaß nicht, dass die Verkleidung als Kriegerin nur dazu dienen sollte, sie zu Amorannon zu bringen, aber es gab Augenblicke, da war sie ganz und gar begeistert von der Vorstellung, wirklich zum Kämpfen an die Front zu ziehen.

Als sie zur Schmiede ging, hatte sie sich im Dorf nach dem Kriegsverlauf erkundigt und erfahren, dass sich der Widerstand nun an der Großen Mauer der Ebene im Reich der Gnomen formierte. Alle sprachen den Namen Amorannon Asduvarlun voller Respekt und Bewunderung aus. Man erzählte sich Anekdoten über ihn und meinte, dass keiner den Titel »eiserner General« mehr verdient hätte als er.

Adilean musste sich immer zurückhalten, um ihre Gefühle nicht zu zeigen, wenn sie die Geschichten hörte. Sie sah ihn förmlich vor sich, auf den Schutzwällen einer fernen Festung, sein Gesicht mit diesem besonderen Ausdruck, mit dem er jedes ernste Problem anging, und diese großen Kriegerhände, die auf dem Knauf seines Schwertes lagen.

Man erzählte sich, dass Amorannon jetzt ein magisches Schwert besaß. Dämonenhexer hätten es für ihn geschmiedet, oben im Norden, und seit er diese Waffe trug, hatte ihn noch keiner besiegen können. Ehrfürchtig flüsterten die Leute im Dorf ihren Namen, Ligiya, die Unsterbliche. Ein Name, der in die Überlieferung eingehen würde, ebenso wie der des Besitzers. Adilean musste lächeln, als sie darüber nachdachte, dass sie ein noch legendäreres Schwert mit sich führte, und sie sah sich schon Seite an Seite mit Amorannon kämpfen: Cailín mit Ligiya. Es war ein abwegiger Gedanke, denn es konnte für sie sehr gefährlich werden, da sie keine Kampferfahrung hatte. Aber es war eine so schöne Vorstellung. Und sie wünschte, sie könnte Wirklichkeit werden.

»Ihr könnt hervorragend fechten«, sagte Arturus bewundernd, wenn sie ihn entwaffnete, was fast immer passierte. Adilean hätte ihm widersprechen können, dass sie eigentlich gar nicht so gut war und nur deswegen gewann, weil er im Umgang mit Waffen so ungeübt war. Aber sie wollte seinen Worten glauben und mehr als einmal hatte sie sich fast selbst überzeugt. Hatte sie nicht viele Male mit Alfargus geübt? Konnte sie nicht etwas von ihm gelernt haben?

Alfargus: Wie es ihm wohl ging, ob er noch lebte? Alfargus, ihr Bruder, war ziemlich sicher durch die Hand des Feindes umgekommen. Vor seinem Tod hatte er noch an sie gedacht. Indem er ihr den Brief geschickt hatte, hatte er es ihr ermöglicht, sich in Sicherheit zu bringen.

Der Tag, an dem ihre Rüstung vollständig sein würde und sie ihre beiden Kinder bei Virgo und Quanya lassen musste, um sich wieder auf den Weg zu machen, rückte immer näher. Doch ohne sich dessen bewusst zu sein, fürchtete sich Adilean nicht mehr davor, sondern sehnte ihn insgeheim herbei.

THARKARÚN – Krieger der Nacht
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