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Carla lag in einem fensterlosen Einzelzimmer.
Neben ihrem Bett, das von einem Metallrahmen umgeben war, piepten
Kontrollgeräte. Hinter dem Infusionsständer hing ein gerahmtes
Poster an der Wand, auf dem ein Frühlingsmorgen im Wald zu sehen
war. In der nüchternen Klinikatmosphäre und dem allgegenwärtigen
Geruch nach Desinfektionsmittel konnte es seine beruhigende Wirkung
aber nicht recht entfalten.
Jan trat zu ihr ans Bett. Die junge Frau lag da wie
tot. Ihr kahlrasierter Kopf war an einigen Stellen mit Pflastern
versehen. Ihre Arme waren von den Handgelenken bis zu den
Ellenbogen bandagiert. Sie schien zu schlafen.
Jan fuhr ihr sanft mit dem Handrücken über die
Wange. Im selben Moment riss Carla die Augen auf, als sei sie aus
einem Alptraum erwacht. Für einen Augenblick schien sie nicht zu
wissen, wo sie sich befand, und sah sich panisch um. Dann erkannte
sie Jan, und ihr Blick entspannte sich.
»Jan«, murmelte sie.
»Schon gut«, flüsterte Jan und sah sie sorgenvoll
an. »Ich bin ja da.«
»Ich …« Sie schluckte und verzog vor Schmerz das
Gesicht.
»Du sollst jetzt nicht reden«, sagte Jan, doch
Carla setzte bereits zu einem zweiten Versuch an.
»Ich hab das … nicht getan. Es … war … der Dämon.«
Tränen rannen ihr übers Gesicht.
Jan fröstelte. Der Dämon.
Gäoh!
Carla hustete und biss sich vor Schmerz auf die
Unterlippe. Dann flüsterte sie ein weiteres Wort. Jan musste näher
zu ihr heran, um es verstehen zu können.
»Rauh.«
Er hob die Brauen. »Rauh? Ist er der Dämon?«
»Sein Terminplaner«, flüsterte sie. »Nathalies
Termine. Hinter manchen steht ein R.«
»Ein R«, wiederholte Jan. »Weißt du, wofür es
steht?«
Wie in Zeitlupe bewegte sie den Kopf hin und her.
»Er war ganz außer sich … als ich ihn darauf angesprochen
habe.«
»Du meinst, Rauh hat dich dazu gebracht, dir die
Pulsadern aufzuschneiden?«
Ein schwaches Nicken.
»Gefahr«, hauchte sie.
Der Monitor zeigte an, dass ihre Pulsfrequenz
gestiegen war. In Carlas Augen stand die blanke Angst.