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Die Hintertür des Waschraums hatte ein extrem schlechtes Schloss, ein altes Schlage-Schloss, für das man nur einen Halbdiamanten benötigte, einen Spanner und eine Aufmerksamkeitsspanne von neunzig Sekunden. Leise hantierte Dodge mit seinen behandschuhten Händen. Als es schließlich nachgab, trat er aus der Nacht in den matten Schein des Hauses. Auf der altmodischen Wanduhr über dem Trockner war es 9.29 Uhr. Er steckte sein Werkzeug in die Tasche und schlich in die Küche, wobei sich seine Füße trotz Schuhgröße 48 erstaunlich lautlos über das Linoleum bewegten.

Mike Wingates Kopf und Oberkörper steckten unter der Küchenspüle, neben seinen ausgestreckten Beinen lagen die Werkzeuge auf einer fettfleckigen Badematte. Er hämmerte gerade auf das Abflussrohr ein, und Dodge glitt unbemerkt an ihm vorbei, nur einen Meter vor seinen nackten Füßen. Ohne seine Schritte zu verlangsamen, griff er sich das flache Diktiergerät, das er vor ein paar Tagen mit einem Magneten auf dem Kühlschrank befestigt hatte. Er ging weiter auf den Flur und kam am Zimmer des Mädchens vorbei, das mit dem Rücken zur offenen Tür saß. Es beugte sich über den Tisch, kaute an einem Stift und sagte: »Oh, Mann, diese ewig langen Divisionen sind echt nervig, Mama«, ohne von ihrer Arbeit aufzublicken.

Er schlich ins Badezimmer und schloss die Tür ab. Aus der Gesäßtasche seiner Cargohose zog er einen Fujitsu-Laptop, ein Modell in Scheckheftgröße, das es nur in Japan gab. Der Boss scheute keine Ausgaben, wenn es um solche Dinge ging. Dodge duckte sich unter der Deckenschräge, stellte den Minilaptop auf den Rand des viereckigen Waschbeckens und steckte das Diktiergerät an einen USB-Anschluss. Innerhalb von Sekunden war der Download abgeschlossen.

Hinter ihm drehte sich der Türknopf, das Geräusch war im winzigen Badezimmer überdeutlich zu hören. Dann sagte Mikes Frau: »Oh, du bist da drin. Tut mir leid, Schatz. Putz dir dann bitte die Zähne und mach dich bettfertig, ja?«

Dodge blieb ganz entspannt. Sein breites, flaches Gesicht verriet nicht die geringste Emotion. Er fuhr einfach mit seinen Vorbereitungen fort.

Als sich die Schritte entfernten, setzte Dodge seine Kopfhörer auf und klickte auf Play. Auf dem Monitor erschien eine Graphik, die jedes Geräusch mit einem grünen Aufflammen wiedergab, das sich wie eine stachelige Raupe über den Bildschirm zog. Er schob einen Schalter ganz leicht ein Stück nach rechts, um den Ton zu checken.

Katherines Stimme: Du musst nicht gleich sauer auf mich werden. Ich lauf ja auch nicht rum und denk mir: ›Hm, was könnte ich denn heute mal machen, um Mom zu ärgern? Au ja, genau. Ich hol mir Kopfläuse.

Dodge öffnete ein Suchfenster und gab SCHLIESS ein.

Zwitschernde Spulgeräusche in seinen Ohren. Dann sprach die Frau, und die Suchfunktion sorgte dafür, dass die Lautstärke der gesuchten Silbe im Satz hochgedreht wurde: Ich liebe meinen alten Ring sowieso heiß und innig. Mit dem hast du mich SCHLIESSlich geheiratet. Dodge klickte auf Weitersuchen. Erneutes hektisches Streifenhörnchengeplapper und dann: Ich habe heute eine SMS von dir bekommen, in der du mich fragst, wo der Schlüssel zu unserem SCHLIESSfach ist.

Dodge wartete, dann antwortete eine weibliche Stimme: Auf deinem Nachttisch zwischen den Taschentüchern. Das würde ich doch nicht fragen. Die Zeitleiste zeigte eine Uhrzeit vom heutigen Tag, kurz nachdem sie Mike die gefälschte SMS geschickt hatten.

Dodge packte seine Ausrüstung wieder zusammen, verteilte sie auf seine diversen Taschen und legte das Ohr an die Tür. Aus der Küche hörte er, wie wieder aufs Rohr gehämmert wurde, und er trat auf den Flur und steuerte das Elternschlafzimmer an.

Die Badezimmertür war angelehnt, die Dusche lief. Im Vorübergehen sah er hinter dem beschlagenen Glas die verschwommenen Umrisse von Annabel. Er zog die Nachttischschublade auf. Ein Papiertaschentuchspender in dekorativer Plastikhülle. Er griff in den Schlitz, wühlte mit den Fingern in den Taschentüchern. Nichts. Er hob den Plastikdeckel ab, und da war er, der Schließfachschlüssel, an die Unterseite des Deckels geklebt. Er zog ihn unter dem Klebeband heraus, nahm einen ähnlich aussehenden Schlüssel aus der Tasche und befestigte ihn dort.

Als er den Deckel wieder aufsetzte, sah er hinten in der Schublade etwas aufglänzen. Eine Smith&Wesson 357. Er nahm sie mit einer Hand heraus, löste mit dem Daumen die Trommelarretierung, und schubste die Trommel mit den Patronen einmal an, so dass sie sich drehte. Mit schräg gelegtem Kopf sah er über das Korn. Seine Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen.

Da hörte das Wasser auf zu laufen. Quietschend öffnete sich die Tür der Dusche. Mit einer schwungvollen Bewegung seines Handgelenks ließ er die Trommel wieder einrasten und legte den Revolver hinter das neue, noch eingeschweißte Paket mit den Patronen. Als er die Schublade schloss, gab es ein leises Geräusch.

»Schatz, bist du dann mal fertig mit der Spüle?«

Dodge machte ein bejahendes Geräusch in der Kehle.

»Mann, ist das ein Dampf.« Sie drückte kurz gegen die Badezimmertür, so dass sie noch einen halben Meter weiter aufging.

Er postierte sich ein, zwei Meter neben der Tür, so dass sie ihn nicht sehen konnte. Dann zog er einen Schlosserhammer aus der tiefen Beintasche seiner Cargohose. Er wartete, aber sie wollte einfach nicht herauskommen.

Feuchtigkeit schlug ihm entgegen, als er einen Schritt vorwärts machte und durch die offene Tür blickte. Annabel hatte sich gerade vorgebeugt, um ihre nassen Haare in ein Handtuch zu wickeln, und hatte den Blick auf den Boden gerichtet. Rasch drehte er sich wieder um und ging mit emotionslosem Gesicht davon. Auf seinem Weg über den Korridor ließ er den Hammer wieder in seine Tasche gleiten.

Katherine war im kleinen Badezimmer, hielt die Zahnbürste in ihrer winzigen Hand und beugte sich gerade übers Waschbecken, um auszuspucken. Er passierte sie lautlos, sein Spiegelbild glitt über ihrem gesenkten Kopf vorbei, und er ging wieder in die Küche.

Mikes Oberkörper lag immer noch im Schrank unter der Spüle, es sah aus, als wollte ihn das Möbelstück mit dem Kopf voran verschlingen. Er hatte die Beine angezogen und die Hüften angehoben, um sich besser abstützen zu können.

Ein gedämpftes Klirren, dann hörte man ihn fluchen: »Verdammt.« Er streckte die Hand heraus und tastete auf der Badematte zwischen den Werkzeugen herum.

Dodges Stiefel stieß gegen die Türschwelle zwischen Küche und Waschraum, und Mike sagte: »Du, Schatz?«

Dodge blieb stehen.

»Gib mir doch mal die Rohrzange, bist du so nett?«

Dodge zögerte. Dann drehte er um, durchquerte die Küche noch einmal und nahm das massive Werkzeug von der Matte hoch. Er bückte sich und drückte es Mike schwungvoll in die wartend ausgestreckte Hand.

Dann ging er ruhig durch die Waschraumtür hinaus und verschwand wieder in die Nacht. Mit in den Taschen vergrabenen Händen ging er eine Weile den Bürgersteig entlang, bis ein paar Straßen weiter der weiße Van stotternd ansprang und ihn einholte. Die Schiebetür glitt auf und verschluckte ihn.