Kapitel 13

Am nächsten Morgen stand ich früh genug auf, um einen Blick auf Swansons Büro zu werfen, bevor ich runter nach Bay Harbor fuhr. Ich hatte noch am Abend alle Papiere wieder eingeräumt und die Zigarrenstummel weggeworfen. Aber obwohl das Fenster die ganze Nacht offen gestanden hatte, hing immer noch ein Rest Rauch in der Luft. Das war kein schöner Beginn für den Tag.

Swansons Büro lag im Geschäftsbezirk vom Soo, nicht weit von Leons Büro. Es war ein alter Klinkerbau an der Augusta Street. Irgendwer hatte es sich ein paar Dollar kosten lassen, daß die Fassade so wirkte wie ein Überbleibsel der zwanziger Jahre, bis hin zu den aufwendigen Gaslampen links und rechts der Eingangstür. Entweder liefen die Geschäfte sehr gut, oder Swanson wußte, wie man diesen Eindruck vortäuscht.

Es war kurz vor acht, deshalb rechnete ich nicht wirklich damit, Swanson anzutreffen, es sei denn, er war ein begeisterter Frühaufsteher. Ich sah in der Hoffnung durch die Tür, vielleicht seine Sekretärin zu sehen und deren Tag zu retten, indem ich der erste war, den sie an diesem Morgen sprechen mußte. Aber Pech gehabt.

Ich fuhr nach Süden und richtete mich auf die Zweistundenfahrt nach Bay Harbor ein. Die I-75 führte mich runter zur Makkinac-Brücke, und als ich die überquert hatte und auf der Unteren Halbinsel war, fuhr ich auf der M-31 nach Südwesten, direkt am Ufer des Michigansees entlang. Als ich Petoskey erreichte, sah ich Vargas’ Laden mitten in der Stadt. »Vargas – Ihr Zentrum für individuelle Einrichtung« lautete das Logo. In einem Schaufenster konnte ich einen großen Whirlpool-Bottich sehen und in dem anderen Küchenschränke aus dunklem Kirschholz. Alles andere waren grüne Pflanzen, goldene Dekorationen und jede Menge Spiegel. Ich hätte anhalten und Hallo sagen können, vielleicht auch fragen, wer letzte Nacht in meiner Hütte gewesen sei, aber ich hatte diese Verabredung um zehn und war schon spät dran.

Als ich Petoskey hinter mir gelassen hatte, war wieder alles freie Küste, mit dem See zu meiner Rechten und zur Linken Hügel mit Sand, Gras und niedrigen Bäumen. Der Himmel war blau, die Luft war rein – es war ein schönes Stück Land zum Bauen, keine Frage. Ich konnte ihnen keinen Vorwurf daraus machen, hier ihre neue Stadt hinzuklotzen. Und zur selben Zeit wurde mir die schreckliche Wahrheit bewußt. Vargas hatte recht. So schön es hier unten war, am Lake Superior war es noch schöner.

Es war nur eine Frage der Zeit.

Mit diesem heiteren Gedanken im Kopf kam ich um die letzte Kurve der Straße und traf auf Bay Harbor. Als erstes kam der Yachtclub mit dem weißen Torbau, der wie ein Leuchtturm aussehen sollte. Dann der Golfclub. Und dann, Gott stehe uns bei, das riesige Bay Harbor Reitsportliche Zentrum hoch auf dem Hügel, alles beherrschend.

Alles hier war neues Geld. Über altes Geld wußte ich alles. Zum Teufel, die Familie Fulton hatte genug Geld, um die ganze Stadt hier aufzukaufen. Sie hatten in der Tat ein Sommerhaus in der Nähe vom Whitefish Point, wenn man Gebäude von sechshundert Quadratmetern ›Sommerhaus‹ nennen will. Aber das Entscheidende war – man sah es nicht. Eine unbezeichnete Straße führte hin, und erst nach fast zwei Kilometern ahnte man, daß da ein Haus war.

Ich hatte von einer Gegend draußen auf der Westseite der Oberen Halbinsel gehört, die sich Huron Mountain Club nannte. Die Fultons und ihresgleichen, Autogeld aus Detroit, altes Geld, besuchten diesen Club, jagten und fischten dort. Man sah sie nie. Zum Teufel, ich war mir nicht einmal sicher, ob ich diesen Club finden würde, wenn mein Leben davon abhinge.

Das war der Unterschied. Altes Geld war immer schon da. Die haben soviel Ahnung davon, daß sie diskret sind. Neues Geld will protzen. Sie müssen es dir unter die Nase reiben. Das schoß mir durch den Kopf, als ich am Reitsportlichen Zentrum vorbeifuhr und nach dem richtigen Eingang suchte, um zu Kennys Haus zu gelangen. Bay Harbor war neues Geld, wie es schlimmer nicht sein konnte.

Als ich den Eingang entdeckt hatte, bog ich ab und hielt am Torhaus. Es war von Blumen umgeben und so weiß, daß es wirkte, als wäre es heute morgen frisch angestrichen worden. Ein Mann in Uniform trat aus der Tür. Auf seinem Hut stand »Bay Harbor Wachdienst«.

»Guten Morgen«, sagte ich. »Ich bin auf dem Weg zu Kenny Heiden.«

Der Mann beäugte meinen Kleinlaster.

»Zweihundertzwanzigtausend Kilometer«, sagte ich. »Und läuft und läuft. Der ist viel zuverlässiger als mein Rolls Royce.«

Er sah mich an. Ich verschönte ihm den Tag. »Ihr Name, Sir?«

»Alex McKnight.«

Er sah auf sein Klappbrett. »Mr. Heyden hat Nummer zweiundvierzig. Halten Sie sich links, das Haus liegt dann auf halber Strecke rechts.«

Ich bedankte mich bei dem Mann, wartete, daß er auf den Knopf drückte und den großen weißen Balken vor mir hochgehen ließ, und rollte dann durch. Als ich in den Rückspiegel sah, konnte ich den Gedanken nicht unterdrücken, daß er vielleicht die Grundstücksüberwachung benachrichtigte. Heruntergekommener Kleinlaster fährt Richtung Einheit zweiundvierzig. Stellen Sie sicher, daß er ohne Zwischenfall das Gelände wieder verläßt.

Auf meinem Weg zu Kennys Haus fuhr ich an Häusern für viele Millionen Dollar auf beiden Seiten der Straße vorbei. Jedes Haus war irgendwas Neoviktorianisches, jedes überladener als das davor, mit jeder Menge Fenster, die auf den See gingen. Vor einem Haus sah ich einen Mann, der einen schwarzen Mercedes wusch. Er sah kaum auf, als ich vorbeifuhr; vermutlich dachte er, ich wäre hier, um wem den Innenhof zu pflastern.

Kennys Haus war genau so grandios wie die andern an der Straße. Er öffnete mir die Tür in Blue Jeans und einem grauen Sweatshirt. Er war barfuß.

»Kommen Sie doch rein«, sagte er. »Sind Sie gut durch das Tor gekommen?«

»Der Typ schien mir nicht allzu glücklich zu sein. Aber wirklich, kein Problem.«

»Die spielen sich da ganz schön auf. Muß was mit Reviermarkieren zu tun haben.«

Er führte mich durch das Wohnzimmer in die Küche. Die Wohnung war einfach umwerfend. Die Möbel waren schön, die Bilder waren schön, die Pflanzen waren schön, und nichts davon war übertrieben oder fehl am Platze. Alles paßte zusammen, als stammte es aus einem Magazin. Als ich auf seine Terrasse hinaussah, wurde es sogar noch besser. Draußen waren noch mehr Pflanzen, weiße Korb-Terrassenmöbel, ein großer grüner Sonnenschirm, unter dem man eine Hochzeit feiern konnte, und ein Grill, der so wirkte, als reichte seine Kapazität für den Empfang danach.

»Das meiste hier kommt aus Vargas’ Laden«, sagte er. »Gefällt es Ihnen?«

»Und ob«, sagte ich, »Sie verstehen es, ein Haus einzurichten. Das machen Sie doch für Vargas, oder?«

»Doch, ich bin sein Chefdesigner.«

»Ich weiß es wirklich zu schätzen, daß Sie sich die Zeit für mich nehmen.«

»Wie ich schon sagte, ist es in dieser Woche im Geschäft sowieso verdammt ungemütlich. Sollen wir uns nach draußen setzen? Für ein Bier ist es noch zu früh, oder?«

»Zehn Uhr ist nicht zu früh.«

Sein Kühlschrank war riesig, hatte aber dennoch dasselbe Holzfurnier wie der Rest der Küche. Er schnappte sich zwei Flaschen und führte mich auf die Terrasse. Ein paar Minuten mußte ich einfach am Geländer stehen und das alles auf mich einwirken lassen. Direkt unter uns lag die unberührte Küste, dahinter die blauen Wasser des Michigansees, die im Sonnenlicht glitzerten. Vom See her wehte eine steife Brise.

»Ist es hier immer so windig?« fragte ich. Meine Augen begannen bereits zu tränen.

»Das ist noch gar nichts. Wissen Sie, was mir erst neulich jemand erzählt hat? Offensichtlich haben die Indianer niemals an diesem Teil der Küste gelagert, weil der Wind ihnen die Zelte umgeblasen hat.«

»Das ist doch aber auch für die Häuser ein Problem. Sind die so gebaut, daß sie das aushalten?«

Er lächelte, während er sich unter den flatternden Sonnenschirm setzte. »Wäre doch komisch, wenn man da nicht drauf geachtet hätte.«

Ich ließ mich ihm gegenüber nieder. »Ich will Ihre Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen. Ich möchte Sie wegen dieses Abends befragen.«

»Schießen Sie los«, sagte er. »Ich habe nichts zu verbergen.«

Ich sah ihm in die Augen. »Offensichtlich haben nicht viele Leute von dem Geld in Vargas’ Safe gewußt. Wer auch immer dieses Ding gedreht hat, war jedenfalls einer davon.«

»Und da nehmen Sie selbstverständlich an, daß es der Schwule war. Die Männer gehörten wohl zu meinen etwas rauheren Freunden.«

»Davon rede ich überhaupt nicht. Überhaupt nicht. Ich frage Sie nur, ob Ihnen dazu etwas einfällt.«

Er sah jetzt mir in die Augen. »Um die Wahrheit zu sagen, habe ich gedacht, daß Sie es gewesen sein könnten. Sie waren neu an diesem Abend.«

»Und gerade ich war es, der nichts vom Safe gewußt hat.«

»Schon. Aber man kann nie wissen.«

»Lassen Sie mich folgendes fragen. In der ganzen Zeit, die Sie Vargas jetzt kennen … Wie lange ist das übrigens?«

»Zwölf Jahre.«

»Okay, sagen wir mal im letzten Jahr oder so, seit er das Haus gebaut hat, haben Sie da jemals gehört, daß er gegenüber irgendwem den Safe erwähnt hat?«

»Nein, nie. Ich war deshalb sehr überrascht, daß er es überhaupt mal getan hat. Klar konnte ich sehen, daß er einen im Kahn hatte, aber selbst dann … Normalerweise ist er sehr zurückhaltend, was seine persönlichen Finanzen angeht.«

»Okay, wenn es dann einer aus der Spielrunde gewesen sein muß, wer, glauben Sie, war es dann?«

»Da kann ich nun wirklich nichts zu sagen, oder? Die Polizei hat die drei Männer verhaftet. Ich nehme an, sie hatte gute Gründe dafür.«

»Was ist mit Swanson?«

»Ich weiß nichts über den Mann. Außer daß er ein guter Pokerspieler ist. Er blufft wie kein anderer, mit dem Sie jemals gespielt haben.«

Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und nahm einen tiefen Schluck kaltes Bier. »Warum spielen Sie überhaupt Karten mit Vargas? Er behandelt Sie wie einen abgerichteten Affen.«

»Er behandelt jeden wie einen abgerichteten Affen.«

»Und das Zusammensein bei der Arbeit reicht Ihnen da nicht?«

Darüber mußte er nachdenken. »Wissen Sie, als ich mit dem Studium fertig war, lebte ich in Manhattan, in einem Miniapartment. Ich war total pleite und suchte verzweifelt nach einem Job. Es gab da zwei Männer, die Türen für mich hätten öffnen können, aber ich wollte mit keinem von den beiden ins Bett. So kam ich nicht weiter. Dann habe ich von diesem Vargas gehört, ausgerechnet im fernen Michigan, der einen Innenarchitekten aus New York suchte. Ich dachte mir, Scheiße, ist doch egal, und habe ihn angerufen. Das erste, was er mich gefragt hat, war: ›Sind Sie wirklich aus New York?‹ Ich sagte ja. Er sagte: ›Wenn Sie mich aus Ohio anrufen, schwöre ich bei Gott, daß Sie von mir einen Tritt in den Arsch kriegen, daß Sie nach Ohio zurückfliegen. Ich will einen aus New York City.‹ Ich mußte ihm meine Telefonnummer geben, mit der Vorwahl von Manhattan, so daß er zurückrufen und sich vergewissern konnte. Er hat mich hier eingeflogen, hat mir den Laden gezeigt und mir gesagt, was er damit vorhätte und daß ich sein Chefdesigner würde und daß wir das Geld nur so scheffeln würden. Nun …«

Er sah hinaus aufs Wasser.

»Alle meine Freunde dachten, ich sei verrückt geworden. Michigan! Sie haben gedacht, der ganze Mittelwesten besteht nur aus Farmern und bigotten Frömmlern und Schwulenhassern und was sonst noch. Aber ich habe gesagt, hey, ich bin es leid, in einem Wandschrank zu hausen. Ich meine in einem Apartment von der Größe eines Wandschranks. Ich gehe für ein Jahr hin und gucke, was passiert. Und zwölf Jahre später sitze ich hier.«

Ich schaute in dieselbe Richtung. Man konnte ihm kaum widersprechen.

»Als er mich einlud, mit ihm zu einer Pokerrunde zu gehen, wußte ich nicht, was ich davon halten sollte. Wissen Sie, was er gesagt hat. ›Spielt ihr Jungs eigentlich auch Poker?‹ Als gäbe es einen schwulen Verhaltenscode, was man tut und was man nicht tut. Wie dem auch sei, ich habe schließlich mitgespielt. Ich pokere gern, wissen Sie, warum auch nicht? Auf die Dauer ist es hier sehr einsam. Was sollte ich sonst machen? Jeden Abend zu Hause sitzen und wie ein Einsiedler leben?«

»Das würde Ihnen kaum liegen.«

»Es gab da noch einen anderen Grund. Sehen Sie, Win hat noch andere Designer angestellt. Sie arbeiten mir zu, aber wenn ich nicht spielen wollte und einer von denen sprang ein … zum Teufel, die würden für meinen Job einen Mord begehen. Ab und zu einen Feierabend mit dem Inhaber der Firma, sein Kumpel werden, Sie wissen, wie das ist.«

»Sie haben Ihr Territorium gesichert.«

»Etwas in der Art. Unter Innenarchitekten ist die Konkurrenz mörderisch.«

»Ich habe davon gehört. Schlimmer als bei der Mafia.«

Er sah mich an und überlegte wohl, wie beleidigt er sein müsse. Dann lachte er.

»Entschuldigung«, sagte ich.

»Macht doch nichts.« Sein Lächeln verschwand. »Ich habe ihm das Geld nicht gestohlen, Alex. Und wissen Sie, wieso nicht?«

»Wieso?«

»Ich habe ihm bereits meine Seele verkauft«, sagte er. Urplötzlich hatte sich seine Stimme verändert. »Ich habe alles Geld verdient, was ich je brauchen kann. Warum sollte ich mir noch mehr klauen?«

»Alles klar, Kenny. Ich denke, ich habe das verstanden.«

»Bitte nennen Sie mich Kendrick. So heiße ich nämlich. Ich wünschte, Win täte das auch.«

»Kendrick«, sagte ich. »Okay. Gefällt mir jedenfalls besser. Ich denke, wir haben uns an diesem Abend gegenseitig falsch eingeschätzt.«

»Na ja, ich war nicht sonderlich herzlich. Wins Freunde sind meist von der Sorte der ›ganzen Kerle‹. Als wäre man wieder auf der High School.«

»Glauben Sie mir, ich bin kein Freund von ihm.«

Als ich ein paar Minuten später wegfuhr, wußte ich, daß er mit dem Raubüberfall nichts zu tun hatte. Jedenfalls sagte mir das mein Bauch.

Dem Mann im Torhaus winkte ich zu, als ich hinausfuhr. Er hatte den Schlagbaum so schnell oben, daß ich nicht einmal abzubremsen brauchte. Als ich auf freier Straße war, griff ich zum Handy. Als ich Kennys Haus verließ, okay, machen wir Kendrick draus, mochte ich den Mann wirklich, wobei er mir zugleich ein wenig leid tat, wenn reich werden bedeutete, daß man mit Vargas auskommen mußte. Jetzt war es schon elf Uhr, und ich hatte noch niemandem den Morgen vergällt. Also rief ich Swansons Sekretärin an.

»Guten Morgen, Madam«, sagte ich, als sie abhob. »Ich wollte nachfragen, ob Mr. Swanson heute im Hause ist.«

»Das ist er mit Sicherheit nicht«, sagte sie. Ich brauchte mich gar nicht erst zu fragen, ob sie meine Stimme erkannt hatte. »Er wird den ganzen Tag nicht im Büro sein.«

»Ist er bei Gericht? Das ist doch gleich neben dem City-County-Bau? Vielleicht kann ich ihn da abpassen.«

»Er ist auch nicht bei Gericht.«

»Madam, wieso bekomme ich bloß den Eindruck, daß er nicht mit mir sprechen will? Ich will ihm doch lediglich ein paar Fragen stellen.«

»Ich werde ihm sagen, daß Sie angerufen haben. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen …«

»Das ist schon in Ordnung. Ich erwische ihn dann später.«

»Wie ich bereits gesagt habe, ist er heute überhaupt nicht im Büro.«

»Doch, das habe ich schon verstanden. Keine Sorge, ich erreiche ihn noch. Ihnen einen schönen Tag.«

Ich legte auf, bevor sie noch irgendwas erwidern konnte. Ich warf das Handy auf den Beifahrersitz, direkt auf den Zettel, den Leon mir gegeben hatte. Und da stand doch zufällig Swansons Privatanschrift drauf, einfach so, in schwarzer Tinte. Langsam wurde es Zeit für einen Hausbesuch.

Ich fuhr eine Zeitlang weiter und griff dann wieder zum Telefon. Nach dem Gespräch mit Swansons Sekretärin mußte ich einfach mit jemandem sprechen, der den Klang meiner Stimme zu schätzen wußte. Also wählte ich das Polizeibüro vom Soo und verlangte Chief Maven. Ich wurde hin- und hergeschickt, man bat mich zu warten, ich mußte ihn erneut verlangen, mußte wieder warten, und schließlich war der Mann höchstpersönlich am Apparat. Ich wollte ihn nach dem kanadischen Nummernschild fragen. Dann wollte ich ihn fragen, ob ihm zwischenzeitlich eine Erleuchtung zuteil geworden sei – so etwas wie die Erkenntnis, daß ihn jemand an der Nase herumführte und er sich das gefallen ließ.

Ich hatte keine Chance.

»McKnight, wo zum Teufel sind Sie? Ich telefoniere schon den ganzen Morgen hinter Ihnen her.«

»Ich bin im Süden des Staates. Was ist denn los?«

»Im Süden? Wo?«

»Direkt hinter Petoskey. Erzählen Sie mir jetzt, was los ist, oder nicht?«

»Wie schnell können Sie hier sein?«

»In zwei Stunden. Gegen eins.«

»Seien Sie um zwölf Uhr fünfundvierzig hier, McKnight. Ich warte im War Memorial auf Sie.«

Es dauerte einige Sekunden, bis ich das verarbeitet hatte. »Chief, was zum Teufel ist denn passiert? Wieso brauchen Sie mich im Krankenhaus?«

»Gehen Sie nach unten zum Leichenbeschauer. Sie sind der einzige, der sich die Typen genauer angesehen hat … Wir wollen wissen, ob Sie diesen wiedererkennen.«

»Einen der Männer mit den Pistolen? Ist er tot?«

»Natürlich nicht, McKnight. Wir haben uns nur überlegt, daß er es auf dem Seziertisch beim Warten gemütlicher hat.«

»Immer mit der Ruhe, Chief. Ich komme, so schnell ich kann.«

Ich legte auf und trat aufs Gas. Wer auch immer dahintersteckte – jetzt sah es ganz so aus, als seien die Einsätze erheblich erhöht worden.

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