16

»Wissen Sie, wie ich Sie nenne, Jake?« fragte General Mark Clark.

»Nein, Herr General«, sagte Jakob interessiert. »Wie denn?«

»Ich nenne Sie den ›Mann, der immer rennt‹! Warum rennen Sie so, Jake?«

»Ich weiß nicht«, antwortete unser Freund verlegen. »Ich will gar nicht rennen. Es rennt sich mir sozusagen von selber!«

Hier log Jakob Formann: Er wußte sehr wohl, warum er so rannte. (»Nun, deutsches Volk, gib mir die Zeit von vier Jahren und dann urteile und richte mich!«) Jakob hatte dem Gröfaz sieben Jahre gegeben! Sieben Jahre! Und die wollte er jetzt wiederhaben und mal feststellen, ob er den Krieg wirklich verloren hatte! Wenn man das will, muß man schon rennen! Aber einem amerikanischen General kann man so was nur sehr schwer erklären.

»Ich kapiere es einfach nicht«, sagte der große, schlanke und liebenswürdige Mark Clark. »Hier in Wien sind Sie dauernd gerannt, bis ich Ihnen bei dieser Werwolf-Affäre das Leben retten mußte. Vorher sind Sie gerannt – mit der ganzen Roten Armee am Schwanz.« (Damit spielte der General auf die selbstherrliche Weise an, in welcher Jakob – mit einer Dame natürlich! – sich und hundertfünfzig Kameraden aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und von einem Lager namens Opalenica, welches sich unweit der großen Stadt Poznan – früher Posen – befand, durch Deutschland, Böhmen und Österreich bis nach Wien ›gerannt‹ war.) »Kaum in Hörsching«, fuhr der General fort, »sind Sie hinter vierzigtausend Eiern her, und jetzt habe ich Sie schon wieder nach Wien einfliegen lassen müssen im Kurierflugzeug, weil es keinen Landweg für Sie gibt. Die Sowjets lachen zwar sehr über Sie, sie möchten Sie aber auch ganz gerne erwischen für das, was Sie bei ihnen angestellt haben. Immer noch nicht genug: Jetzt jagen Sie auch mich seit Wochen mit diesem verrückten Eierprojekt für ganz Österreich und für Deutschland dazu! Mein Freund General Lucius Clay hätte mir fast den Kopf abgerissen, als ich ihm in Berlin Ihre irren Vorschläge unterbreitet habe.«

»Diese Vorschläge sind in keiner Weise irre, Herr General! Sie haben Hand und Fuß und sind bis ins letzte ausgearbeitet! Kleine Kinder wissen überhaupt nicht, was das ist, ein Ei!«

»Okay, okay, nun geben Sie schon Ruhe! Nachdem Sie mir von Ihren himmelstürmenden Plänen am Telefon erzählten, habe ich sie bei unserem nächsten Treffen in Berlin auch Lucius und McNarney vorgetragen.«

»Und?«

»Und nach dreistündigem Gefluche waren die Herren einverstanden!«

»Jiii – pppiiieee!« schrie Jakob.

»Noch ein bißchen lauter«, sagte Clark. »Dann kommen gleich die Sowjets über den Gang und nehmen Sie hopp und fragen Sie, was aus den hundertfünfzig Deutschen und dem Sergeanten Wanderowa geworden ist.« General Mark Clark war amerikanischer Stadtkommandant der Viermächtestadt Wien. Seine Diensträume hatte er im Palais Auersperg, in dem die drei anderen Mächte gleichfalls ihre Büros hatten.

Der General saß in einem Fauteuil hinter einem Schreibtisch, neben sich an einer Stange die Fahne der Vereinigten Staaten. Jakob saß in einem Fauteuil vor dem Schreibtisch, neben sich einen Damenregenschirm amerikanischer Machart. (Sehr bunt.) Der Hase und er waren mittlerweile im Linzer PX eingekleidet worden. Jetzt, Ende November 1946, regnete es häufig.

»Es sind also alle einverstanden?« fragte Jakob ehrfürchtig.

»Ja. Ich habe in Berlin einen langen Vortrag darüber gehalten, daß man schließlich und endlich allen Deutschen und Österreichern helfen muß, nicht nur denen in Theresienkron, wohin ein Meschuggener verschlagen worden ist. Sie bekommen alle nötigen Passierscheine, Bevollmächtigungen der amerikanischen Besatzungsmacht und auch ein paar Mark, wenn Sie nach Deutschland fahren. Eine Bedingung allerdings ist dabei.«

»Ojweh.«

»Nix ojweh! Was ich Ihnen jetzt sage, behalten Sie gefälligst für sich. Es ist vertraulich: Die Engländer und wir werden am ersten Januar 1947 unsere Zonen in Deutschland zusammenlegen zur sogenannten ›Bi-Zone‹. Das wird dann eine gemeinsame Verwaltung und ein vereintes Wirtschaftsgebiet geben.«

»Na prima!« Jakob freute sich. »Da kann ich ja bis rauf nach Flensburg fahren!«

»Sie haben nicht ganz verstanden, Jake. Die Bedingung heißt, daß Sie sich verpflichten, zwanzig Prozent des Gesamtanfalls an Eiern, wenn Ihr Laden einmal läuft und die Hennen richtig legen – wann wird das eigentlich sein? …«

»So in sechs, acht Monaten.«

»…also dann verpflichten Sie sich, zwanzig Prozent der Anfallquoten an die britische und die amerikanische Armee zu verkaufen. Unseren Leuten hängt dieses Eipulver schon zum Hals heraus!«

»Wo ist der Vertrag?«

»Hier. Lesen Sie ihn genau durch, Jake!«

»Ich hab’ doch Vertrauen zu den Vereinigten Staaten von Amerika«, brummte Jakob, während er schon unterschrieb.

Hurra, wir leben noch
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