EIN LANG ERWARTETES FEST
Als Herr Bilbo Beutlin von Beutelsend ankündigte, dass er demnächst zur Feier seines einundelfzigsten Geburtstages ein besonders prächtiges Fest geben wolle, war des Geredes und der Aufregung in Hobbingen kein Ende.
Bilbo war sehr reich und sehr absonderlich, und seit er vor sechzig Jahren plötzlich verschwunden und unerwartet zurückgekehrt war, hatte man im Auenland nicht aufgehört, sich über ihn zu verwundern. Die Reichtümer, die er von seinen Fahrten mitgebracht hatte, waren mittlerweile zu einer Legende im Auenland geworden, und allgemein glaubte man, was immer die alten Leute auch reden mochten, dass der Bühl von Beutelsend voller Stollen sei, in denen sich die Schätze häuften. Und wenn das noch nicht für seinen Ruf genügte, dann staunte man über seine ungebrochene Lebenskraft. Die Zeit blieb nicht stehen, aber auf Herrn Beutlin schien sie wenig Wirkung auszuüben. Mit neunzig war er nicht anders als mit fünfzig. Als er neunundneunzig war, sagten die Leute, er sähe noch gut aus; aber unverändert wäre zutreffender gewesen. Manche schüttelten den Kopf und meinten, das sei zu viel des Guten; es sei einfach unbillig, dass jemand (anscheinend) ewige Jugend und obendrein noch (angeblich) unerschöpfliche Reichtümer besitzen sollte.
»Dafür wird er bezahlen müssen«, sagten sie. »Es ist nicht natürlich und wird ein schlechtes Ende nehmen!«
Aber bisher hatte es kein schlechtes Ende genommen; und da Herr Beutlin nicht kleinlich war mit seinem Geld, waren die meisten Leute gewillt, ihm seine Seltsamkeiten und sein Glück zu verzeihen. Mit seinen Verwandten (außer den Sackheim-Beutlins natürlich) verkehrte er freundschaftlich und hatte unter den Hobbits aus den armen und weniger bedeutenden Familien viele anhängliche Bewunderer. Doch besaß er keinen wirklich guten Freund, bis einige seiner jüngeren Vettern heranwuchsen.
Der älteste von ihnen und Bilbos Lieblingsvetter war der junge Frodo Beutlin. Als Bilbo neunundneunzig war, adoptierte er Frodo, setzte ihn zu seinem Erben ein und holte ihn zu sich nach Beutelsend; und damit waren die Hoffnungen der Sackheim-Beutlins endgültig zerschlagen. Bilbo und Frodo waren zufällig am gleichen Tag geboren, am 22. September. »Du solltest lieber bei mir leben, Frodo, mein Junge«, sagte Bilbo eines Tages. »Dann können wir unsere Geburtstage gemütlich zusammen feiern.« Damals war Frodo noch in den »Zwiens«, wie die Hobbits die verantwortungslosen Zwanziger zwischen Kindheit und Mündigwerden mit dreiunddreißig nannten.
Zwölf weitere Jahre verstrichen. Alljährlich hatten die Beutlins gemeinsam sehr muntere Geburtstagsfeste auf Beutelsend gegeben; doch jetzt, hieß es, sei für den Herbst etwas ganz Besonderes geplant. Bilbo wurde einundelfzig, 111, eine recht eigenartige Zahl, und für einen Hobbit ein sehr beachtliches Alter (selbst der Alte Tuk war nur 130 geworden); und Frodo wurde dreiunddreißig, 33, eine wichtige Zahl: der Zeitpunkt, zu dem er »mündig« wurde.
Die Zungen standen nicht still in Hobbingen und Wasserau; und das Gerücht von dem bevorstehenden Ereignis verbreitete sich im ganzen Auenland. Wieder einmal wurden Lebensgeschichte und Charakter des Herrn Bilbo Beutlin das Hauptgespräch; und die älteren Leute entdeckten plötzlich, dass ihre Erinnerungen sehr begehrt und gefragt waren.
Niemand hatte aufmerksamere Zuhörer als der alte Ham Gamdschie, der landauf, landab als der Ohm bekannt war. Er schwang seine Reden im Efeubusch, einer kleinen Gastwirtschaft an der Wasserauer Straße; und was er sagte, hatte einiges Gewicht, denn er hatte vierzig Jahre lang den Garten in Beutelsend betreut und war davor schon der Gehilfe des alten Holman gewesen. Nun, da er selbst nicht mehr der Jüngste war und steif in den Gelenken, wurde die Hauptarbeit von seinem jüngsten Sohn getan, Sam Gamdschie. Beide, Vater und Sohn, standen auf sehr gutem Fuße mit Bilbo und Frodo. Sie wohnten ebenfalls auf dem Bühl, im Beutelhaldenweg 3, direkt unterhalb von Beutelsend.
»Ein sehr liebenswürdiger und feiner Edelhobbit ist Herr Bilbo, wie ich schon immer gesagt habe«, erklärte der Ohm. Und das war die reine Wahrheit: Denn Bilbo war sehr höflich zu ihm, nannte ihn »Meister Hamfast« und fragte ihn über den Gemüseanbau ständig um Rat – was »Knollen« betraf, besonders Kartoffeln, wurde der Ohm weit und breit von allen (einschließlich ihm selbst) als höchste Autorität anerkannt.
»Aber was ist mit diesem Frodo, der bei ihm wohnt?«, fragte der Alte Eichler aus Wasserau. »Beutlin heißt er wohl, aber er ist mehr als ein halber Brandybock, wird behauptet. Das kann ich nicht fassen, dass sich irgendein Beutlin aus Hobbingen da unten im Bockland eine Frau suchen muss, wo die Leute so sonderbar sind.«
»Und kein Wunder, dass sie sonderbar sind«, warf Väterchen Zwiefuß ein (Ohms nächster Nachbar), »wenn sie auf der falschen Seite vom Brandyweinfluss leben, und gerade vor dem Alten Wald. Das ist ein dunkler, böser Ort, wenn nur die Hälfte der Erzählungen wahr ist.«
»Da hast du recht, Väterchen«, sagte der Ohm. »Zwar wohnen die Brandybocks nicht im Alten Wald; aber allem Anschein nach sind sie eine sonderbare Sippe. Auf diesem großen Fluss treiben sie sich mit Booten herum – und das ist nicht natürlich. Kein Wunder, dass es ein böses Ende nahm. Aber sei dem, wie ihm wolle, Herr Frodo ist ein so netter junger Hobbit, wie man ihn sich nur wünschen kann. Herrn Bilbo sehr ähnlich, und nicht nur im Äußern. Schließlich war sein Vater ja ein Beutlin. Ein anständiger, ehrbarer Hobbit war Herr Drogo Beutlin; er gab nie Anlass zu Gerede, bis er ertrankt wurde.«
»Ertrankt wurde?«, fragten mehrere Stimmen zugleich. Natürlich hatten sie dieses und andere dunklere Gerüchte schon früher gehört; aber Hobbits haben eine Leidenschaft für Familiengeschichten und sind immer bereit, sie noch einmal zu hören.
»Ja, so wird erzählt«, fuhr der Ohm fort. »Ihr wisst ja, Herr Drogo heiratete das arme Fräulein Primula Brandybock. Mütterlicherseits war sie eine Base ersten Grades von unserem Herrn Bilbo (ihre Mutter war ja die jüngste Tochter vom Alten Tuk gewesen); und Herr Drogo war sein Vetter zweiten Grades. Deshalb ist Herr Frodo also sein Vetter ersten und zweiten Grades, um eine Generation verschoben, wie man so sagt, wenn ihr wisst, was ich meine. Und Herr Drogo war gerade im Brandygut bei seinem Schwiegervater, dem alten Herrn Gorbadoc, wie er es oft nach seiner Heirat tat (weil er eine Schwäche für gefüllte Speisekammern hatte und der alte Gorbadoc eine mächtig üppige Tafel hielt); und er ging auf dem Brandyweinfluss bootfahren; und er und seine Frau wurden ertrankt, und der arme Herr Frodo war noch ein Kind, und überhaupt.«
»Ich habe gehört, dass sie nach dem Nachtessen im Mondschein auf dem Wasser fuhren«, sagte der Alte Eichler, »und dass Drogos Gewicht das Boot zum Sinken gebracht hat.«
»Und ich habe gehört, sie stieß ihn rein und er hat sie mitgezogen«, ließ sich Sandigmann vernehmen, der Müller von Hobbingen.
»Du solltest nicht auf alles hören, was geredet wird, Sandigmann«, verwies ihn der Ohm, der den Müller nicht sehr mochte. »Es gibt keinen Grund nicht, von reinstoßen und mitziehen zu sprechen. Boote sind schon heimtückisch genug, auch wenn man stillsitzt, da braucht man nicht noch weiter nach einer Ursache für das Unglück zu suchen. Na, jedenfalls war Herr Frodo nun eine Waise, und bei diesen sonderbaren Bockländern, wie man sagen könnte, gestrandet, und wurde im Brandygut irgendwie aufgezogen. Ein regelrechter Kaninchenbau nach allem, was man hört. Der alte Herr Gorbadoc hatte niemals weniger als ein paar hundert Verwandte im Haus. Kein besseres Werk hat Herr Bilbo jemals vollbracht, als den Jungen zurückzuholen, damit er unter anständigen Leuten lebt.
Aber ich schätze, es war ein harter Schlag für diese Sackheim-Beutlins. Schon damals, als Herr Bilbo fortging und man ihn für tot hielt, hatten sie geglaubt, sie würden Beutelsend bekommen. Und dann kommt er zurück und jagt sie davon; und lebt und lebt und sieht niemals einen Tag älter aus, auf sein Wohl! Und plötzlich hat er einen Erben und lässt alle Papiere richtig aufsetzen. Die Sackheim-Beutlins werden nun Beutelsend niemals von innen sehen. Jedenfalls steht’s zu hoffen.«
»Ein hübsches Stück Geld ist da oben versteckt, heißt es«, sagte ein Fremder, ein reisender Händler aus Michelbinge im Westviertel. »Der ganze obere Teil Eures Bühls soll ja voller Stollen sein, angefüllt mit Truhen von Gold und Silber und Edelsteinen, nach allem, was ich gehört habe.«
»Dann habt Ihr mehr gehört, als ich dazu sagen kann«, erwiderte der Ohm. »Von Edelsteinen weiß ich nichts. Herr Bilbo ist freigebig mit seinem Geld, und da scheint’s keinen Mangel zu geben; aber von Stollenbauten weiß ich nichts. Ich habe Herrn Bilbo gesehen, als er zurückkam, sechzig Jahre ist’s wohl her, ich war noch ein Junge. Gerade hatte ich erst als Lehrling beim alten Holmann angefangen (der ein Vetter meines Vaters war), und doch nahm er mich schon mit rauf nach Beutelsend, um ihm zu helfen, damit die Leute nicht überall herumtrampelten und durch den ganzen Garten marschierten, während der Verkauf im Gange war. Und mittendrin kam Herr Bilbo den Bühl herauf mit einem Pony und ein paar mächtig großen Taschen und einigen Kisten. Sicherlich waren sie hauptsächlich voll mit Schätzen, die er in fremden Gegenden gesammelt hatte, wo es Berge von Gold geben soll, wie es heißt. Aber es war nicht genug, um Stollen damit zu füllen. Mein Sohn Sam wird mehr darüber wissen. Er ist tagein, tagaus in Beutelsend. Verrückt nach Berichten aus alten Zeiten ist er und hört sich alles an, was Herr Bilbo erzählt. Herr Bilbo hat ihm seine Buchstaben beigebracht – was kein Schaden ist, wohlgemerkt, und ich hoffe, es wird auch kein Schaden daraus entstehen.
Elben und Drachen!, sage ich als zu ihm. Kohl und Kartoffeln sind besser für mich und dich. Lass dich nicht hineinziehen in die Angelegenheiten deiner Herrschaft, sonst bekommst du Verdruss, der zu groß ist für dich, sage ich als zu ihm. Und das könnte ich auch zu anderen sagen«, fügte er mit einem Blick auf den Fremden und den Müller hinzu.
Aber der Ohm überzeugte seine Zuhörer nicht. Die Sage von Bilbos Reichtum hatte sich in den Köpfen der jüngeren Hobbitgeneration schon allzu sehr festgesetzt.
»Ach, er wird wohl zu dem, was er zuerst hergebracht hat, noch allerhand dazugetan haben«, wandte der Müller ein und drückte damit die allgemeine Meinung aus. »Er ist oft weg von zu Hause. Und seht euch bloß diese Ausländer an, die ihn besuchen: Zwerge kommen des Nachts, und dieser alte wandernde Zauberer, Gandalf, und was nicht alles. Du kannst sagen, was du willst, Ohm, aber Beutelsend ist ein sonderbarer Ort, und seine Bewohner sind noch sonderbarer.«
»Und du kannst sagen, was du willst, weil du nämlich davon auch nicht mehr verstehst als vom Bootfahren, Herr Sandigmann«, erwiderte der Ohm, und jetzt mochte er den Müller noch weniger als sonst. »Wenn das sonderbar ist, dann könnten wir in diesen Gegenden ein bisschen mehr Sonderbarkeit gebrauchen. Nicht so weit entfernt, da gibt’s manche, die würden einem Freund kein Glas Bier anbieten, und wenn sie auch in ’ner Höhle mit goldenen Wänden wohnten. Aber in Beutelsend machen sie’s richtig. Unser Sam sagt, jeder wird zum Fest eingeladen, und es soll Geschenke geben, wohlgemerkt, Geschenke für alle – und zwar jetzt in diesem Monat.«
Dieser Monat war September, und das Wetter war so schön, wie man es sich nur wünschen konnte. Ein oder zwei Tage später verbreitete sich das Gerücht (vermutlich hatte es der gutunterrichtete Sam aufgebracht), dass es ein Feuerwerk geben werde – und noch dazu ein Feuerwerk, wie man es seit fast hundert Jahren nicht im Auenland gesehen hatte, gewiss nicht seit dem Tod des Alten Tuk.
Die Tage vergingen, und der große Tag kam näher. Ein wunderlich aussehender Wagen, mit wunderlich aussehenden Paketen beladen, traf eines Abends in Hobbingen ein und rumpelte den Bühl hinauf nach Beutelsend. Die verdutzten Hobbits guckten aus ihren erleuchteten Haustüren und gafften ihm nach. Ausländisches Volk, das fremdartige Lieder sang, kam mit dem Wagen: Zwerge mit langen Bärten und weiten Kapuzen. Ein paar von ihnen blieben in Beutelsend. Am Ende der zweiten Septemberwoche fuhr am helllichten Tage, von der Brandyweinbrücke kommend, ein zweirädriger Karren durch Wasserau. Ein alter Mann saß ganz allein darauf. Er trug einen hohen, spitzen blauen Hut, einen langen grauen Mantel und ein silbernes Halstuch. Er hatte einen langen weißen Bart und buschige Augenbrauen, die unter seiner Hutkrempe hervorragten. Kleine Hobbitkinder rannten durch ganz Hobbingen und bis hinauf zum Bühl hinter dem Karren her, der die Feuerwerkskörper brachte, wie sie richtig errieten. An Bilbos Haustür begann der alte Mann abzuladen: Es waren große Bündel mit Feuerwerkskörpern aller Arten und Formen, und jedes war mit einem dicken roten G und der Elbenrune gezeichnet.
Das war natürlich Gandalfs Zeichen, und der alte Mann war Gandalf, der Zauberer, dessen Ruf im Auenland hauptsächlich auf seiner Fertigkeit, mit Feuer, Rauch und Blitz umzugehen, beruhte. Sein eigentliches Geschäft war weit schwieriger und gefährlicher, aber davon wussten die Leute im Auenland nichts. Für sie war er einfach eine der »Attraktionen« des Festes. Daher die Aufregung der Hobbitkinder. »G heißt Großartig!«, riefen sie, und der alte Mann schmunzelte. Sie kannten ihn vom Sehen, obwohl er nur gelegentlich in Hobbingen auftauchte und niemals lange blieb; aber weder sie noch irgendjemand außer den ältesten unter den Altvorderen hatte eine seiner Feuerwerkvorführungen gesehen – sie gehörten jetzt einer sagenhaften Vergangenheit an.
Als der alte Mann, dem Bilbo und einige Zwerge geholfen hatten, mit dem Abladen fertig war, schenkte Bilbo den Kindern ein paar Pfennige; aber zur Enttäuschung der Zuschauer kam nicht ein einziger Knallfrosch oder Schwärmer zum Vorschein.
»Nun lauft«, sagte Gandalf. »Ihr bekommt noch genug zu sehen, wenn es soweit ist.« Dann verschwand er mit Bilbo nach drinnen, und die Tür wurde geschlossen. Die Hobbitkinder starrten noch eine Weile vergeblich auf die Tür, dann machten sie sich davon und hatten das Gefühl, dass der Tag des Festes niemals kommen würde.
In Beutelsend saßen Bilbo und Gandalf am offenen Fenster eines kleinen Zimmers, das nach Westen in den Garten ging. Der Spätnachmittag war heiter und friedlich. Rot und golden leuchteten die Blumen: Löwenmaul und Sonnenblumen, und allenthalben rankte sich Kapuzinerkresse über die grasbedeckten Wände und lugte in die runden Fenster hinein.
»Prächtig schaut dein Garten aus«, sagte Gandalf.
»Ja«, antwortete Bilbo. »Ich hänge wirklich sehr an ihm und an dem ganzen lieben alten Auenland. Aber ich glaube, ich brauche Ferien.«
»Du willst also deinen Plan ausführen?«
»Allerdings. Ich habe mich vor Monaten dazu entschlossen und meine Meinung nicht geändert.«
»Sehr gut. Es hat keinen Zweck, mehr zu sagen. Halte an deinem Plan fest – an dem ganzen Plan, wohlgemerkt –, und ich hoffe, es wird sich alles zum Besten wenden, für dich und für uns alle.«
»Das hoffe ich auch. Jedenfalls habe ich vor, mich am Donnerstag gut zu unterhalten und mir einen kleinen Scherz zu leisten.«
»Wer wird wohl darüber lachen, möchte ich mal wissen«, sagte Gandalf und schüttelte den Kopf.
»Das werden wir sehen«, sagte Bilbo.
Am nächsten Tag rollten weitere Karren den Bühl hinauf, und immer noch mehr Karren. Es hätte etwas Gemurre geben können von wegen »am Ort einkaufen«, aber gerade in dieser Woche begann sich aus Beutelsend eine ganze Flut von Bestellungen zu ergießen für Lebensmittel, Gebrauchs- und Luxuswaren, die in Hobbingen oder Wasserau oder sonst wo in der Nachbarschaft erhältlich waren. Die Leute waren begeistert; und sie begannen die Tage auf dem Kalender abzustreichen und schauten ungeduldig nach dem Briefboten aus, da sie auf Einladungen hofften.
Es dauerte nicht lange, da ergoss sich auch eine Flut von Einladungen; im Postamt von Hobbingen stapelten sich ganze Berge, das Postamt von Wasserau wusste nicht mehr aus noch ein, und es wurden freiwillige Hilfspostboten gesucht. In ständigem Strom zogen sie den Bühl hinauf und brachten Hunderte höflicher Variationen von Vielen Dank, ich komme gern.
Am Gatter von Beutelsend erschien ein Anschlag: ZUTRITT FÜR UNBEFUGTE VERBOTEN. Selbst diejenigen, die befugt waren oder es zu sein vorgaben, weil sie etwas für das Fest zu liefern hatten, wurden selten hineingelassen. Bilbo war beschäftigt; er schrieb Einladungen, hakte Zusagen von der Liste ab, packte Geschenke ein und traf ein paar persönliche Vorbereitungen. Seit Gandalfs Ankunft blieb er unsichtbar.
Eines Morgens wachten die Hobbits auf und sahen auf dem großen Feld südlich von Bilbos Haustür lauter Seile und Stangen für kleine und große Zelte. An der Böschung, die zur Straße führte, wurde ein zusätzlicher Eingang mit breiten Stufen und einem großen weißen Tor angelegt. Die drei Hobbitfamilien, die im Beutelhaldenweg nahe beim Feld wohnten, konnten alles genau beobachten und wurden allgemein beneidet. Der alte Ohm Gamdschie tat nicht einmal mehr so, als arbeite er in seinem Garten.
Die Zelte wuchsen allmählich empor. Eins war ganz besonders groß und so hoch, dass der Baum auf dem Feld in ihm Platz fand und nun stolz an einem Ende stand, und zwar am Kopf des längsten Tisches. An seinen sämtlichen Zweigen wurden Laternen aufgehängt. Noch verheißungsvoller war (nach Ansicht der Hobbits) eine riesige Küche, die in der Nordecke des Feldes unter freiem Himmel aufgebaut wurde. Ein ganzer Schwarm Köche aus allen Gast- und Wirtshäusern auf Meilen im Umkreis traf ein, um den Zwergen und anderen sonderbaren Leuten, die in Beutelsend einquartiert waren, zur Hand zu gehen. Die Vorfreude erreichte ihren Höhepunkt.
Dann trübte sich das Wetter ein. Das war Mittwoch, am Vorabend des Festes. Die Besorgnis war groß. Dann kam endlich Donnerstag, der 22. September. Die Sonne ging auf, die Wolken verzogen sich, Fahnen wurden entrollt, und der Spaß begann.
Bilbo Beutlin nannte es ein Fest, aber in Wirklichkeit waren es unzählige Feiern, die gleichzeitig abgehalten wurden. Praktisch jeder, der in der Nähe wohnte, war eingeladen. Ein paar hatte man versehentlich vergessen, aber als sie dann trotzdem kamen, machte es gar nichts. Auch aus anderen Teilen des Auenlandes waren viele Leute gebeten worden; und manche waren sogar von jenseits der Grenze gekommen. Bilbo begrüßte persönlich die Gäste (auch die nicht geladenen) an dem neuen weißen Tor. Er verteilte Geschenke an alle und etliche – und die etlichen waren jene, die durch den Hinterausgang wieder verschwanden und nachher noch einmal am Tor erschienen. Hobbits pflegen an ihren Geburtstagen anderen Geschenke zu machen. In der Regel nicht sehr teure und nicht so verschwenderisch wie bei dieser Gelegenheit; aber es war kein schlechtes System. Denn da in Hobbingen und Wasserau an jedem Tag des Jahres irgendjemand seinen Geburtstag feierte, hatte jeder Hobbit in diesen Gegenden gute Aussicht, mindestens einmal wöchentlich mindestens ein Geschenk zu bekommen. Doch wurde es ihnen niemals über.
Diesmal waren die Geschenke ungewöhnlich gediegen. Die Hobbitkinder waren so aufgeregt, dass sie eine Weile fast das Essen vergessen hätten. Es gab Spielsachen, wie sie deren noch nie gesehen hatten, alle wunderschön und manche offenbar Zauberspielsachen. Viele waren denn auch schon vor einem Jahr bestellt und weither aus dem Gebirge und vom Thal gebracht worden und waren echte Zwergenarbeit.
Als jeder Gast begrüßt worden war und sich endlich alle auf dem Festplatz eingefunden hatten, gab es Lieder, Tänze, Musik, Spiele und natürlich Essen und Trinken. Es gab drei offizielle Mahlzeiten: Mittagessen, Tee und Abendessen. Aber das Mittagessen und der Tee waren hauptsächlich dadurch gekennzeichnet, dass sich die Gäste zu diesen Zeiten hinsetzten und gemeinsam aßen. Zu anderen Zeiten sah man lediglich Scharen von Leuten trinken und essen – ohne Unterbrechung vom zweiten Frühstück um elf bis um halb sieben, als das Feuerwerk begann.
Das Feuerwerk war Gandalfs Sache: Er hatte es nicht nur gebracht, sondern auch selbst erdacht und hergestellt; und die Spezialeffekte, Standfeuerwerke und Raketen schoss er selbst ab. Aber Frösche, Schwärmer, Knallerbsen, Funkensprüher, Fackeln, Zwergenkerzen, Elbenkaskaden, Unholdbeller und Donnerschläge wurden auch großzügig verteilt. Sie waren alle hervorragend. Gandalfs Kunst war mit dem Alter immer vollkommener geworden.
Es gab Raketen, die aussahen wie ein Schwarm funkensprühender und mit süßer Stimme singender Vögel. Es gab grüne Bäume mit Stämmen aus dunklem Rauch: ihre Blätter öffneten sich wie ein ganzer Frühling, der sich auf einmal entfaltet, und aus ihren glänzenden Zweigen rieselten auf die erstaunten Hobbits leuchtende Blüten herab, die einen süßen Duft ausströmten und verschwanden, ehe sie die nach oben gewandten Gesichter berührten. Es gab Kaskaden von Schmetterlingen, die glitzernd in die Bäume hinabflogen; es gab Säulen aus buntem Feuer, die emporstiegen und sich in Adler verwandelten, oder in Segelboote oder eine Kette fliegender Schwäne; es gab einen roten Gewittersturm und einen gelben Wolkenbruch; es gab einen Wald aus silbernen Speeren, die mit einem Kriegsgeschrei in die Luft schossen wie eine kampfbereite Heerschar und wieder herabstürzten in die Wässer und dabei zischten wie hundert feurige Schlangen. Und dann gab es eine letzte Überraschung, Bilbo zu Ehren, und sie erschreckte die Hobbits ganz ungemein, was Gandalf auch beabsichtigt hatte. Die Lichter gingen aus. Ein mächtiger Rauch stieg auf. Er nahm die Gestalt eines in der Ferne sichtbaren Berges an, und sein Gipfel begann zu leuchten. Grüne und violette Flammen loderten empor. Heraus flog ein rotgoldener Drache – nicht in Lebensgröße, aber fürchterlich naturgetreu; sein Rachen spie Feuer, seine Augen starrten nach unten; ein Brüllen hob an, und dreimal schwirrte er über die Köpfe der Menge hinweg. Sie duckten sich alle, und viele warfen sich flach auf den Boden. Wie ein Schnellzug raste der Drache über sie hinweg, machte einen Salto und zerplatzte mit ohrenbetäubendem Getöse über Wasserau.
»Das ist das Zeichen zum Abendessen«, sagte Bilbo. Angst und Schrecken waren wie fortgeblasen, und die im Staube liegenden Hobbits sprangen wieder auf die Füße. Es gab ein vorzügliches Abendessen für alle; das heißt, für alle mit Ausnahme derjenigen, die zu dem besonderen Familienfestmahl eingeladen waren. Das fand in dem Zelt mit dem Baum statt. Bei den Einladungen hatte man sich auf zwölf Dutzend beschränkt (eine Zahl, die auch von den Hobbits ein Gros genannt wurde, wenngleich es nicht gerade als schicklich galt, das Wort auf Leute anzuwenden). Die Gäste waren aus allen Familien ausgesucht worden, mit denen Bilbo und Frodo verwandt waren, und dazu noch ein paar gute und nicht verwandte Freunde (zum Beispiel Gandalf). Viele junge Hobbits waren eingeladen worden und durften mit elterlicher Erlaubnis dabei sein; was langes Aufbleiben der Kinder betrifft, nahmen es die Hobbits nicht so genau, besonders wenn Aussicht bestand, eine Mahlzeit für sie umsonst zu bekommen. Junge Hobbits großzuziehen kostete eine Menge Futter.
Es waren viele Beutlins und Boffins da, und auch viele Tuks und Brandybocks; verschiedene Grubers (Verwandte von Bilbo Beutlins Großmutter); außerdem verschiedene Pausbackens (Verwandte seines Tuk-Großvaters); und ein paar auserwählte Lochners, Bolgers, Straffgürtels, Dachsbaus, Gutleibs, Hornbläsers und Stolzfußens. Einige von ihnen waren nur sehr weitläufig mit Bilbo verwandt, und manche waren kaum jemals zuvor in Hobbingen gewesen, weil sie in entfernten Winkeln des Auenlands wohnten. Die Sackheim-Beutlins waren nicht vergessen worden: Otho und seine Frau Lobelia waren da. Zwar mochten sie Bilbo nicht und verabscheuten Frodo, aber so prächtig war die mit goldener Tinte geschriebene Einladungskarte gewesen, dass sie es nicht über sich gebracht hatten, abzusagen. Außerdem hatte sich ihr Vetter Bilbo seit vielen Jahren aufs Essen spezialisiert, und seine Tafel stand in hohem Rufe.
Alle einhundertvierundvierzig Gäste erwarteten ein erfreuliches Festmahl; allerdings graute ihnen etwas vor der Rede ihres Gastgebers nach dem Essen (einem unvermeidlichen Programmpunkt). Er war imstande, etwas Poesie, wie er es nannte, hineinzubringen; und manchmal, nach ein oder zwei Gläsern, pflegte er auf die unsinnigen Abenteuer seiner geheimnisvollen Reise anzuspielen. Die Gäste wurden nicht enttäuscht; das Festessen war sehr erfreulich und ein wirklich sehr in Anspruch nehmendes Vergnügen – gehaltvoll, reichlich, mannigfaltig und ausgedehnt. In der folgenden Woche sank der Lebensmittelumsatz fast auf null; da aber durch Bilbos Einkäufe die Läger der meisten Geschäfte, Kellereien und Warenhäuser auf Meilen im Umkreis geräumt waren, machte das nicht viel.
Nachdem das Festmahl (mehr oder weniger) vorüber war, kam die Rede. Die meisten Tischgenossen waren jetzt allerdings in nachsichtiger Stimmung, in jenem wonnevollen Zustand, den sie »die Winkel ausfüllen« nannten. Sie nippten an ihren Lieblingsgetränken, knabberten ihre Lieblingsnäschereien, und ihre Befürchtungen waren vergessen. Sie waren bereit, sich alles anzuhören und nach jedem Satz zu jubeln.
Meine lieben Leute, begann Bilbo und erhob sich von seinem Platz. »Hört! Hört!«, riefen sie und wiederholten das immerzu im Chor, offenbar ihre guten Vorsätze missachtend. Bilbo verließ seinen Platz, ging unter den erleuchteten Baum und stellte sich auf einen Stuhl. Der Lichtschein der Laternen fiel auf sein strahlendes Gesicht; die goldenen Knöpfe an seiner gestickten seidenen Weste glänzten. Alle konnten sie ihn sehen, wie er da stand, die eine Hand schwenkte er in der Luft, und die andere steckte in der Hosentasche.
Meine lieben Beutlins und Boffins, begann er noch einmal. Und meine lieben Tuks und Brandybocks, Grubers und Pausbackens, Lochners und Hornbläsers und Bolgers, Straffgürtels, Gutleibs, Dachsbaus und Stolzfußens … – »Stolzfüße!«, rief ein älterer Hobbit vom hinteren Teil des Zeltes. Sein Name war natürlich Stolzfuß und wohlverdient; seine Füße waren groß und außergewöhnlich pelzig, und beide lagen auf dem Tisch.
Stolzfußens, wiederholte Bilbo. Außerdem meine guten Sackheim-Beutlins, die ich endlich wieder in Beutelsend willkommen heiße. Heute ist mein hundertelfter Geburtstag: einundelfzig bin ich heute! – »Hurra! Hurra! Hoch soll er leben!«, schrien sie und hämmerten vor Freude auf die Tische. Bilbo machte es großartig. So hatten sie es gern: kurz und bündig.
Ich hoffe, ihr freut euch ebenso sehr wie ich. Ohrenbetäubender Beifall. Ja- (und Nein-)Rufe. Ein Tusch von Trompeten und Hörnern, Pfeifen und Flöten und anderen Musikinstrumenten. Es waren, wie gesagt, viele junge Hobbits da. Hunderte von Knallbonbons waren aufgerissen worden. Die meisten trugen die Herkunftsbezeichnung THAL; das sagte vielen Hobbits nichts, aber alle waren sich einig, dass es wundervolle Knallbonbons waren. Sie enthielten Musikinstrumente, klein, aber vortrefflich gemacht und von bezauberndem Klang. Einige der jungen Tuks und Brandybocks in einer Ecke glaubten, Onkel Bilbo sei fertig (da er ja alles Notwendige klar gesagt hatte), stellten nun aus dem Stegreif ein Orchester zusammen und begannen, ein fröhliches Tanzlied zu spielen. Der junge Herr Everard Tuk und Fräulein Melilot Brandybock stiegen auf einen Tisch, und mit Schellen in den Händen begannen sie den Springerreihen zu tanzen: einen hübschen, wenn auch ziemlich lebhaften Tanz.
Aber Bilbo war noch nicht fertig. Von einem Jungen in der Nähe schnappte er sich ein Horn und blies drei laute Töne. Der Lärm erstarb. Ich will euch nicht lange aufhalten!, rief er. Beifall von der ganzen Versammlung. Ich habe euch alle aus einem bestimmten Grund zusammengerufen. So, wie er das sagte, machte es irgendwie Eindruck. Es trat fast völlige Stille ein, und einer oder zwei von den Tuks spitzten die Ohren.
Ja, eigentlich aus drei Gründen. Erstens vor allem, um euch zu sagen, dass ich euch alle unerhört gern habe und dass einundelfzig Jahre eine viel zu kurze Zeit sind, um unter so vortrefflichen und bewundernswerten Hobbits zu leben. Mächtiger Beifallsausbruch.
Ich kenne die Hälfte von euch nicht halb so gut, wie ich es gern möchte, und ich mag weniger als die Hälfte von euch auch nur halb so gern, wie ihr es verdient. Das war unerwartet und gar nicht so einfach zu verstehen. Vereinzelt wurde geklatscht, aber die meisten versuchten erst einmal dahinterzukommen, ob es eigentlich als Kompliment gemeint war.
Zweitens, um meinen Geburtstag zu feiern. Wiederum Zurufe. Eigentlich sollte ich sagen: UNSEREN Geburtstag. Denn es ist natürlich auch der Geburtstag meines Erben und Neffen Frodo. Heute wird er mündig und tritt sein Erbe an. Flüchtiges Klatschen seitens der Älteren und einige laute Rufe: »Frodo! Frodo! Braver alter Frodo!«, seitens der Jüngeren. Die Sackheim-Beutlins runzelten die Stirn und fragten sich, was »tritt sein Erbe an« wohl bedeuten sollte.
Zusammen sind wir hundertvierundvierzig Jahre alt. Die Zahl der Tischgenossen sollte dieser bemerkenswerten Gesamtsumme entsprechen: ein Gros, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf. Kein Beifall. Das war ja lächerlich. Viele der Gäste, und besonders die Sackheim-Beutlins, waren beleidigt, denn sie hatten das Gefühl, nur eingeladen worden zu sein, um die erforderliche Zahl vollzumachen, wie Waren in einer Packung. »Ein Gros! Nein, so was. Was für ein gewöhnlicher Ausdruck.«
Außerdem ist es, wenn ich die alte Geschichte erwähnen darf, der Jahrestag meiner Ankunft mit dem Fass in Esgaroth am Langen See; obwohl ich die Tatsache, dass es mein Geburtstag war, damals vergessen hatte. Ich wurde nämlich erst einundfünfzig, und in diesem Alter sind Geburtstage noch nicht so wichtig. Das Bankett allerdings war großartig, obwohl ich zu der Zeit eine böse Erkältung hatte, wie ich mich erinnere, und nur »vülen Donk« sagen konnte. Heute kann ich es ganz richtig wiederholen: Vielen Dank, dass ihr zu meinem kleinen Fest gekommen seid. Beharrliches Schweigen. Alle fürchteten, dass ihnen nun ein Lied oder irgendein Gedicht bevorstünde; und allmählich hatten sie sowieso genug. Warum konnte er nicht aufhören und sie auf sein Wohl trinken lassen? Aber Bilbo sang nicht, es kam auch kein Gedicht. Er hielt einen Augenblick inne.
Drittens und letztens, sagte er, möchte ich etwas KUNDTUN. Dieses Wort sprach er so laut und betont aus, dass jeder, so er noch konnte, sich aufsetzte. Ich bedaure kundtun zu müssen, dass dies – auch wenn ich gesagt habe, einundelfzig Jahre in eurer Mitte seien eine viel zu kurze Zeit – das ENDE ist. Ich gehe nun. Ich verlasse euch JETZT. LEBT WOHL!
Er stieg vom Stuhl und verschwand. Es gab einen blendenden Blitz, und alle Gäste kniffen die Augen zu. Als sie sie wieder aufmachten, war Bilbo nirgends zu sehen. Hundertvierundvierzig verblüffte Hobbits saßen sprachlos da. Der alte Odo Stolzfuß nahm seine Füße vom Tisch und stampfte auf. Dann trat Totenstille ein, bis plötzlich nach tiefem Atemholen alle Beutlins, Boffins, Tuks, Brandybocks, Grubers, Pausbackens, Lochners, Bolgers, Straffgürtels, Dachsbaus, Gutleibs, Hornbläsers und Stolzfußens auf einmal zu reden begannen.
Alle waren sich darüber einig, dass der Scherz von sehr schlechtem Geschmack zeugte und viel mehr Essen und Trinken nötig wären, um die Gäste über Schreck und Verdruss hinwegzubringen. »Er ist verrückt, das habe ich ja immer gesagt«, war vermutlich die häufigste Erklärung. Sogar die Tuks (mit wenigen Ausnahmen) fanden Bilbos Verhalten aberwitzig. Im Augenblick hielten die meisten sein Verschwinden selbstverständlich für nicht mehr als einen lächerlichen Streich.
Aber der alte Rorig Brandybock war nicht so sicher. Weder das Alter noch ein gewaltiges Abendessen hatten seinen Verstand benebelt, und er sagte zu seiner Schwiegertochter Esmeralda: »Da ist irgendetwas faul, meine Liebe! Ich glaube, der verrückte Beutlin ist wieder auf und davon. Alberner alter Narr. Aber warum sollen wir uns darüber Gedanken machen? Das Essen hat er ja nicht mitgenommen.« Laut rief er zu Frodo hinüber, er möge den Wein noch einmal kreisen lassen.
Frodo war der Einzige der Anwesenden, der nichts gesagt hatte. Eine Zeitlang hatte er schweigend neben Bilbos leerem Stuhl gesessen und alle Bemerkungen und Fragen geflissentlich überhört. Natürlich hatte er den Spaß genossen, obwohl er vorher eingeweiht worden war. Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten, über die empörte Überraschung der Gäste zu lachen. Aber gleichzeitig war er zutiefst betrübt: Ihm wurde plötzlich klar, dass er den alten Hobbit herzlich gern hatte. Die Mehrzahl der Gäste ließ sich Essen und Trinken weiterhin schmecken und ereiferte sich über Bilbo Beutlins vergangene und gegenwärtige Absonderlichkeiten; nur die Sackheim-Beutlins waren schon voll Zorn gegangen. Auch Frodo hatte genug von der Gesellschaft. Er ließ neuen Wein kommen; dann stand er auf, leerte sein Glas still für sich auf Bilbos Wohl und stahl sich von dannen.
Was Bilbo Beutlin betrifft, so hatte er schon während seiner Rede mit dem goldenen Ring in der Tasche gespielt: seinem Zauberring, den er so viele Jahre geheim gehalten hatte. Als er vom Stuhl hinunterstieg, ließ er den Ring auf seinen Finger gleiten und ward von keinem Hobbit in Hobbingen jemals wieder gesehen.
Er ging rasch zu seiner Höhle, blieb einen Augenblick draußen stehen und lauschte lächelnd dem Getöse, das aus dem Zelt und von den sonstigen Lustbarkeiten auf dem Feld zu ihm herüberdrang. Dann ging er hinein. Er zog seine Festkleidung aus, faltete seine gestickte seidene Weste zusammen, schlug sie in Seidenpapier ein und legte sie weg. Geschwind zog er ein paar derbe alte Sachen an und schnallte sich einen abgetragenen Ledergürtel um. Daran hängte er ein kurzes Schwert in einer ramponierten Scheide aus schwarzem Leder. Aus einer abgeschlossenen, nach Mottenkugeln riechenden Schublade nahm er einen alten Mantel und eine Kapuze. Sie waren weggeschlossen gewesen, als ob sie sehr kostbar seien, aber sie waren so geflickt und von Wind und Wetter mitgenommen, dass man ihre ursprüngliche Farbe kaum noch erraten konnte: Es mochte ein dunkles Grün gewesen sein. Eigentlich waren sie ihm zu groß. Dann ging er in sein Arbeitszimmer und holte aus einer großen Geldkassette ein in alte Lappen gewickeltes Bündel und ein in Leder gebundenes Manuskript; und auch einen dicken Briefumschlag. Buch und Bündel stopfte er obenauf in einen schweren Beutel, der dort stand und schon fast voll war. In den Umschlag ließ er den goldenen Ring mit dem Kettchen gleiten, dann versiegelte er ihn und adressierte ihn an Frodo. Zuerst stellte er ihn auf den Kaminsims, aber plötzlich nahm er ihn und steckte ihn in die Tasche. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Gandalf trat rasch ein.
»Hallo!«, sagte Bilbo. »Ich fragte mich schon, ob du wohl noch auftauchen würdest.«
»Ich freue mich, dich sichtbar vorzufinden«, erwiderte der Zauberer und setzte sich auf einen Stuhl. »Ich wollte dich gern noch sehen und ein paar letzte Worte mit dir reden. Du findest wahrscheinlich, dass alles herrlich und dem Plan entsprechend vonstatten gegangen ist?«
»Ja, sicher«, sagte Bilbo. »Obwohl dieser Blitz überraschend war: Mich hat er erschreckt, ganz zu schweigen von den anderen. Ein kleiner Beitrag von dir, nehme ich an?«
»So ist es. All die Jahre hast du klugerweise den Ring geheim gehalten, und es schien mir erforderlich, deinen Gästen etwas anderes zu bieten, das dein plötzliches Verschwinden vielleicht erklären könnte.«
»Und mir meinen Spaß verderben würde. Du bist ein grässlicher alter Wichtigtuer«, lachte Bilbo. »Aber wie gewöhnlich wirst du es wohl am besten wissen.«
»Allerdings – wenn ich überhaupt etwas weiß. Aber bei dieser ganzen Angelegenheit bin ich nicht so sicher. Sie hat jetzt den Schlusspunkt erreicht. Du hast deinen Spaß gehabt und die Mehrzahl deiner Verwandten erschreckt oder beleidigt und dem ganzen Auenland Gesprächsstoff für neun oder höchstwahrscheinlich neunundneunzig Tage geliefert. Hast du noch mehr vor?«
»Ja. Ich habe das Gefühl, ich brauche Ferien, sehr lange Ferien, wie ich dir schon früher gesagt habe. Wahrscheinlich Dauerferien: Ich glaube nicht, dass ich zurückkommen werde. Ich habe wirklich nicht vor, wieder herzukommen, und habe deshalb alle Vorkehrungen dafür getroffen. Ich bin alt, Gandalf. Man sieht es mir nicht an, aber im tiefsten Herzensgrunde fühle ich mich allmählich alt. Noch gut aussehend, in der Tat!«, schnaubte er. »Doch komme ich mir ganz dünn vor, gewissermaßen ausgemergelt, wenn du weißt, was ich meine: wie Butter, die auf zu viel Brot verstrichen wurde. Das kann doch nicht richtig sein. Ich brauche eine Veränderung oder so was.«
Gandalf sah ihn forschend und aufmerksam an. »Nein«, meinte er nachdenklich, »das scheint wirklich nicht in Ordnung zu sein. Ich glaube auch, dass dein Plan wahrscheinlich der beste ist.«
»Ich bin auf jeden Fall fest entschlossen. Ich will wieder Berge sehen, Gandalf – Berge, und dann irgendeinen Ort finden, wo ich Ruhe finden kann. In Frieden und Stille, ohne eine Menge neugieriger Verwandter und eine Schar verflixter Besucher, die sich gegenseitig die Klinke in die Hand geben. Vielleicht finde ich einen Ort, wo ich mein Buch fertig schreiben kann. Ich habe mir einen hübschen Schluss dafür ausgedacht: Und dann lebte er vergnügt bis ans Ende seiner Tage.«
Gandalf lachte. »Das wird er hoffentlich. Aber niemand wird das Buch lesen, wie immer der Schluss auch sein mag.«
»Oh, vielleicht doch, in späteren Jahren. Frodo hat es schon gelesen, so weit es bis jetzt geht. Du wirst ein Auge auf Frodo haben, nicht wahr?«
»Ja, das werde ich – zwei Augen, sooft ich sie entbehren kann.«
»Natürlich würde er mit mir kommen, wenn ich ihn darum bäte. Er hat es mir sogar selbst vorgeschlagen, kurz vor dem Fest. Aber in Wirklichkeit will er nicht, noch nicht. Ich möchte gern wieder das wüste Land sehen, ehe ich sterbe, und das Gebirge; er aber hängt noch immer am Auenland mit seinen Wäldern und Feldern und kleinen Flüssen. Er soll sich hier wohl fühlen. Ich hinterlasse ihm natürlich alles mit Ausnahme von ein paar Kleinigkeiten. Er wird hier hoffentlich glücklich sein, wenn er sich daran gewöhnt hat, auf eigenen Füßen zu stehen. Es ist jetzt Zeit, dass er sein eigener Herr wird.«
»Alles?«, fragte Gandalf. »Auch den Ring? Du warst einverstanden gewesen, erinnerst du dich?«
»Nun, hm, ja, ich glaube schon«, stammelte Bilbo.
»Wo ist er?«
»In einem Umschlag, wenn du es unbedingt wissen musst«, sagte Bilbo ungeduldig. »Da, auf dem Kaminsims. Ach nein, hier in meiner Tasche.« Er zögerte. »Ist das nicht seltsam?«, sagte er leise zu sich. »Ja, warum eigentlich nicht? Warum sollte er da nicht bleiben?«
Gandalf sah Bilbo wieder sehr scharf an, und seine Augen funkelten. »Ich meine, Bilbo«, sagte er ruhig, »an deiner Stelle würde ich ihn zurücklassen. Willst du es nicht?«
»Nun ja – und nein. Jetzt, da es soweit ist, mag ich ihn ganz und gar nicht hergeben, das muss ich schon sagen. Und ich sehe auch nicht ein, warum ich es sollte. Warum willst du es unbedingt?«, fragte er, und seine Stimme klang merkwürdig verändert. Sie war scharf vor Misstrauen und Ärger. »Dauernd bedrängst du mich wegen meines Ringes; aber wegen der anderen Dinge, die ich auf meiner Reise bekommen habe, hast du mir niemals so zugesetzt.«
»Nein, aber ich musste dich bedrängen«, antwortete Gandalf. »Ich wollte die Wahrheit wissen. Es war wichtig. Zauberringe sind – nun ja, eben Zauberringe; sie sind selten und sonderbar. Ich war beruflich an deinem Ring interessiert, könnte man sagen; und ich bin es noch. Ich möchte gern wissen, wo er ist, wenn du wieder auf Wanderschaft gehst. Außerdem meine ich, dass du ihn lange genug gehabt hast. Du wirst ihn nicht mehr brauchen, Bilbo, wenn ich mich nicht sehr irre.«
Bilbo lief rot an, und seine Augen blitzten zornig. Sein freundliches Gesicht wurde hart. »Warum nicht?«, rief er. »Und was geht es dich überhaupt an, was ich mit meinen Sachen mache? Er gehört mir. Ich habe ihn gefunden. Er ist zu mir gekommen.«
»Ja, ja«, sagte Gandalf. »Aber deswegen brauchst du nicht zornig zu werden.«
»Wenn ich es bin, ist es deine Schuld. Es ist meiner, sage ich dir. Mein Eigen. Mein Schatz. Ja, mein Schatz.«
Das Gesicht des Zauberers blieb ernst und aufmerksam, und nur ein Flackern in seinen tiefliegenden Augen verriet, dass er bestürzt und sogar beunruhigt war. »So ist der Ring schon früher genannt worden«, sagte er, »doch nicht von dir.«
»Aber jetzt sage ich es. Und warum auch nicht? Selbst wenn Gollum einmal dasselbe gesagt hat. Jetzt gehört er nicht ihm, sondern mir. Und ich werde ihn behalten.«
Gandalf erhob sich. Er sprach streng. »Du bist ein Narr, wenn du ihn behältst, Bilbo. Mit jedem Wort, das du sagst, machst du es deutlicher. Der Ring hat schon viel zu viel Macht über dich. Gib ihn auf! Und dann kannst du gehen und bist frei.«
»Ich werde selbst bestimmen, was ich tue, und gehen, wie es mir beliebt«, erwiderte Bilbo dickköpfig.
»Nun, nun, mein lieber Hobbit«, beschwichtigte ihn Gandalf. »Dein ganzes Leben lang waren wir Freunde, und du verdankst mir einiges. Komm! Tu, was du versprochen hast: Gib ihn auf!«
»Wenn du meinen Ring selbst haben willst, dann sage es doch!«, rief Bilbo. »Aber du bekommst ihn nicht. Ich will meinen Schatz nicht hergeben. Das sage ich dir.« Seine Hand verirrte sich zum Heft seines kleinen Schwerts.
Gandalfs Augen funkelten. »Jetzt bin bald ich an der Reihe, zornig zu werden«, sagte er. »Wenn du das noch einmal sagst, ist es soweit. Dann wirst du Gandalf den Grauen unverhüllt sehen.« Er machte einen Schritt auf den Hobbit zu und schien groß und bedrohlich zu werden, sein Schatten erfüllte den kleinen Raum.
Bilbo wich zurück und stellte sich mit dem Rücken an die Wand; er atmete schwer, und seine Hand umklammerte die Tasche. Sie standen sich eine Weile gegenüber, die Luft im Raum prickelte. Gandalf ließ den Hobbit nicht aus den Augen. Langsam entspannten sich Bilbos Hände, und er begann zu zittern.
»Ich weiß nicht, was über dich gekommen ist, Gandalf«, sagte er. »So bist du doch niemals gewesen. Was soll das Ganze? Es ist meiner, nicht wahr? Ich habe ihn gefunden, und Gollum hätte mich getötet, wenn ich ihn nicht behalten hätte. Ich bin kein Dieb, was immer er auch gesagt hat.«
»Das habe ich niemals von dir behauptet«, antwortete Gandalf. »Und auch ich bin kein Dieb. Ich will dich nicht berauben, sondern dir helfen. Ich wollte, du würdest mir vertrauen wie früher.« Er wandte sich ab, und der Schatten verschwand. Er schien wieder zusammenzuschrumpfen zu einem alten grauen Mann, gebeugt und besorgt.
Bilbo fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Entschuldige«, sagte er. »Aber mir war so sonderbar zumute. Und doch würde es eine Erleichterung sein, nichts mehr mit ihm zu tun zu haben. In letzter Zeit hat er mich richtig bedrückt. Manchmal hatte ich das Gefühl, er sei wie ein Auge, das mich anschaute. Und dauernd habe ich den Wunsch, ihn aufzustreifen und zu verschwinden, weißt du? Oder ich mache mir Gedanken, ob er noch in Sicherheit ist, und hole ihn heraus, um mich zu vergewissern. Ich hatte versucht, ihn wegzuschließen, aber dann stellte ich fest, dass ich keine Ruhe fand, wenn ich ihn nicht in der Tasche hatte. Ich weiß nicht, warum. Und es scheint, als könnte ich mich zu nichts entschließen.«
»Dann vertraue mir. Meine Meinung steht fest. Geh fort und lass ihn zurück. Hör auf, ihn zu besitzen. Gib ihn Frodo, und um Frodo werde ich mich kümmern.«
Bilbo stand einen Augenblick starr und unentschlossen da. Plötzlich seufzte er. »Na schön«, sagte er angestrengt. »Ich bin einverstanden.« Dann zuckte er die Schultern und lächelte etwas wehmütig. »Schließlich war das ja der Zweck des ganzen Festes: eine Menge Geburtstagsgeschenke zu machen und es dadurch irgendwie zu erleichtern, gleichzeitig auch ihn wegzugeben. Zwar ist es dadurch doch nicht leichter geworden, aber immerhin wäre es schade, wenn alle meine Vorbereitungen umsonst gewesen wären. Es würde den Scherz ziemlich verderben.«
»Es würde in der Tat der ganzen Angelegenheit den einzigen Sinn nehmen, den ich je darin erkennen konnte«, sagte Gandalf.
»Na gut, er geht mit allem anderen an Frodo.« Bilbo holte tief Luft. »Und jetzt muss ich mich wirklich auf den Weg machen, sonst erwischt mich hier noch jemand. Ich habe Lebewohl gesagt und könnte es nicht ertragen, es noch einmal zu tun.« Er nahm seinen Beutel und ging zur Tür.
»Du hast ja den Ring immer noch in der Tasche!«, sagte der Zauberer.
»Ist das die Möglichkeit?«, rief Bilbo. »Und mein Testament und alle anderen Dokumente auch. Am besten nimmst du den Umschlag und lieferst ihn für mich ab. Das ist das Sicherste.«
»Nein, gib den Ring nicht mir«, erwiderte Gandalf. »Lege den Umschlag dort auf den Kaminsims. Da ist er sicher genug, bis Frodo kommt. Ich werde hier auf ihn warten.«
Bilbo zog den Umschlag heraus, aber gerade, als er ihn neben die Uhr stellen wollte, zuckte seine Hand zurück, und das Päckchen fiel auf den Boden. Ehe er es aufheben konnte, hatte sich der Zauberer gebückt und es auf den Kamin gelegt. In einem Anflug von Zorn verdüsterte sich das Gesicht des Hobbits. Aber dann sah er plötzlich erleichtert aus und lachte.
»So, das wär’s«, sagte er. »Nun fort mit mir!«
Sie gingen hinaus in die Halle. Bilbo suchte sich aus dem Ständer seinen Lieblingsstock heraus; dann pfiff er. Drei Zwerge kamen aus verschiedenen Räumen, wo sie beschäftigt gewesen waren.
»Ist alles fertig?«, fragte Bilbo. »Alles gepackt und beschriftet?«
»Alles«, antworteten sie.
»So, dann wollen wir aufbrechen!« Er ging zur Tür hinaus.
Es war eine herrliche Nacht, und der dunkle Himmel war mit Sternen übersät. Bilbo schaute hinauf und schnupperte in der Luft. »Was für ein Spaß! Was für ein Spaß, wieder loszugehen, unterwegs zu sein mit Zwergen! Das ist es, wonach ich mich seit Jahren wahrhaftig gesehnt habe.« Er blickte auf sein altes Heim und verneigte sich vor der Tür. »Lebt wohl!«, sagte er. »Leb wohl, Gandalf.«
»Leb wohl einstweilen, Bilbo. Gib gut auf dich acht! Du bist alt genug und vielleicht weise genug.«
»Achtgeben! Ich gebe nicht acht. Mach dir nur keine Sorgen um mich! Ich bin jetzt so glücklich, wie ich es nur jemals war, und das will sehr viel heißen. Aber nun ist es soweit. Endlich habe ich den richtigen Anlauf genommen.« Und mit leiser Stimme, wie für sich selbst, sang er im Dunkeln:
Die Straße gleitet fort und fort,
Weg von der Tür, wo sie begann,
Weit überland, von Ort zu Ort,
Ich folge ihr, so gut ich kann.
Ihr lauf ich raschen Fußes nach,
Bis sie sich groß und breit verflicht.
Mit Weg und Wagnis tausendfach.
Und wohin dann? Ich weiß es nicht.
Er hielt für einen Augenblick inne. Dann wandte er sich wortlos ab von den Lichtern und den Stimmen auf dem Feld und in den Zelten und ging, gefolgt von seinen drei Gefährten, hinüber in seinen Garten und trottete den langen, abschüssigen Pfad hinunter. Unten sprang er an einer niedrigen Stelle über die Hecke, schlug sich in die Wiesen und verschwand in der Nacht wie ein Rascheln des Windes im Grase.
Gandalf blieb noch eine Weile stehen und blickte ihm in der Dunkelheit nach. »Leb wohl, mein lieber Bilbo – bis zu unserm nächsten Treffen!«, sagte er leise und ging hinein.
Kurz danach kam Frodo und fand Gandalf im Dunkeln sitzend, tief in Gedanken. »Ist er fort?«, fragte er.
»Ja«, antwortete Gandalf. »Nun ist er fort.«
»Ich wünschte – ich meine, ich hatte bis heute Abend gehofft, es sei nur ein Scherz«, sagte Frodo. »Aber im Grunde meines Herzens wusste ich, dass er wirklich vorhatte, wegzugehen. Über ernste Dinge pflegte er immer zu scherzen. Ich wünschte, ich wäre früher hergekommen, um mich noch von ihm zu verabschieden.«
»Ihm war es wohl lieber, denke ich, in aller Stille zu verschwinden«, meinte Gandalf. »Mach dir nicht zu viel Sorgen. Er wird wohlauf sein – jetzt. Er hat ein Päckchen für dich dagelassen. Dort liegt es!«
Frodo nahm den Briefumschlag vom Kaminsims und warf einen Blick darauf, öffnete ihn aber nicht.
»Du wirst wohl sein Testament und all die anderen Dokumente darin finden«, sagte der Zauberer. »Jetzt bist du der Herr von Beutelsend. Und außerdem wirst du, vermute ich, einen goldenen Ring finden.«
»Den Ring!«, rief Frodo. »Hat er mir den dagelassen? Ich frage mich, warum. Immerhin, er mag nützlich sein.«
»Mag sein, und mag nicht sein«, antwortete Gandalf. »Ich würde keinen Gebrauch von ihm machen, wenn ich du wäre. Aber halte ihn geheim, und bewahre ihn gut! So, ich gehe jetzt ins Bett.«
Als Herr von Beutelsend empfand Frodo es als seine lästige Pflicht, sich von den Gästen zu verabschieden. Gerüchte von merkwürdigen Ereignissen hatten sich mittlerweile auf dem gesamten Feld verbreitet, aber Frodo wollte nichts sagen als: Gewiss wird sich morgen alles aufklären. Gegen Mitternacht kamen die Kutschen für die besseren Herrschaften. Eine nach der anderen rollten sie davon, mit satten, aber sehr unbefriedigten Hobbits. Wie verabredet, erschienen dann Gärtner und schafften mit Schubkarren jene weg, die versehentlich zurückgeblieben waren.
Langsam verstrich die Nacht. Die Sonne ging auf. Die Hobbits erhoben sich erheblich später. Der Vormittag zog sich hin. Leute kamen und begannen (auftragsgemäß) die Zelte abzubauen, Tische und Stühle, Löffel und Messer Flaschen und Teller, die Laternen und die blühenden Sträucher in Kübeln, die Krümel und das Papier der Knallbonbons, die vergessenen Taschen, Handschuhe und Taschentücher und die nicht aufgegessenen Leckerbissen (ein sehr unbedeutender Posten) wegzuräumen. Dann kam eine Reihe von Leuten (ohne Auftrag): Beutlins und Boffìns und Tuks und andere Gäste, die in der Nähe wohnten oder übernachtet hatten. Um die Mittagszeit, als selbst jene, die am meisten gegessen hatten, wieder auf den Beinen waren, hatte sich eine große Volksmenge in Beutelsend eingefunden, uneingeladen, aber nicht unerwartet.
Frodo empfing sie an der Tür; er lächelte, sah aber ziemlich müde und bekümmert aus. Er begrüßte die Besucher, doch konnte er ihnen nicht viel mehr sagen als am Vorabend. Auf alle Fragen antwortete er einfach: »Herr Bilbo Beutlin ist abgereist; soviel ich weiß, für immer.« Manche Besucher forderte er auf, näher zu treten, weil Bilbo »Botschaften« für sie hinterlassen hatte.
Drinnen in der Halle türmten sich alle möglichen Pakete und Päckchen und kleinere Möbelstücke. An jedem war ein Zettel befestigt. Verschiedene lauteten etwa derart:
Für ADELARD TUK zum BEHALTEN von Bilbo; an einem Regenschirm. Adelard hatte viele Schirme mitgehen lassen, die ihm nicht zugedacht waren.
Für DORA BEUTLIN zur Erinnerung an eine LANGE Korrespondenz in Liebe von Bilbo; an einem großen Papierkorb. Dora war Drogos Schwester und die älteste überlebende Verwandte von Bilbo und Frodo; sie war neunundneunzig und hatte seit einem halben Jahrhundert ganze Bände von guten Ratschlägen geschrieben.
Für MILO LOCHNER in der Hoffnung, dass es nützlich sein wird, von B. B.; an einer goldenen Feder und einem Tintenfass. Milo hatte niemals Briefe beantwortet.
Für ANGELIKA zum täglichen Gebrauch, von Onkel Bilbo; an einem runden, konvexen Spiegel. Sie war eine junge Beutlin und fand allzu offensichtlich ihr Gesicht sehr wohlgeformt.
Für die Sammlung von HUGO STRAFFGÜRTEL von einem Spender; an einem (leeren) Bücherregal. Hugo war groß im Bücherborgen und mit dem Zurückgeben noch saumseliger als andere.
Für LOBELIA SACKHEIM-BEUTLIN als GESCHENK; an einem Etui mit silbernen Löffeln. Bilbo glaubte, dass sie sich während einer seiner früheren Fahrten eine ganze Anzahl seiner Löffel angeeignet hatte. Lobelia wusste das ganz genau. Als sie etwas später an jenem Tage kam, begriff sie sofort, was gemeint war, aber die Löffel nahm sie.
Das ist nur eine kleine Auswahl der Geschenke, die vorbereitet worden waren. In Bilbos Behausung hatten sich im Laufe seines langen Lebens allerhand Dinge angesammelt. Hobbithöhlen waren im Allgemeinen mit Dingen vollgestopft: die Sitte, so viele Geburtstagsgeschenke zu machen, war weitgehend daran schuld. Natürlich waren die Geburtstagsgeschenke keineswegs immer neu; es gab ein oder zwei alte Mathoms, die im ganzen Bezirk von Hand zu Hand gingen, obwohl ihr Verwendungszweck längst vergessen war; Bilbo dagegen hatte gewöhnlich neue Geschenke gemacht und die, die er erhielt, behalten. Jetzt wurde in der alten Höhle ein wenig Luft geschaffen.
Jedes Einzelne der zahlreichen Abschiedsgeschenke war mit einem von Bilbo eigenhändig geschriebenen Zettel versehen. Mehrere Zettel enthielten eine Anspielung oder einen Scherz. Aber natürlich wurden die meisten Dinge dorthin gegeben, wo sie am dringendsten gebraucht wurden und willkommen waren. Die ärmeren Hobbits, besonders jene im Beutelhaldenweg, kamen sehr gut weg. Der Ohm Gamdschie erhielt zwei Sack Kartoffeln, einen neuen Spaten, eine Wollweste und ein Einreibemittel für knirschende Gelenke. Als Gegengabe für reichlich gewährte Gastfreundschaft bekam der alte Rorig Brandybock ein Dutzend Flaschen »Alter Wingert«: Ein kräftiger Rotwein aus dem Südviertel und jetzt ganz schön abgelagert, denn Bilbos Vater hatte ihn schon eingekellert. Nachdem Rorig die erste Flasche getrunken hatte, verzieh er Bilbo und nannte ihn einen Prachtskerl.
Für Frodo war von allem noch reichlich genug da. Und natürlich blieben die eigentlichen Schätze und auch die Bücher, Bilder und mehr Möbel, als er brauchte, in seinem Besitz. Indes war überhaupt nicht die Rede von Geld oder Schmuck: Nicht ein Pfennig und nicht eine Glasperle wurden verschenkt.
Frodo hatte eine sehr missliche Zeit an diesem Nachmittag. Ein falsches Gerücht, dass der ganze Haushalt aufgelöst und alles verschenkt würde, hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet; und es dauerte nicht lange, da wimmelte das Anwesen von Leuten, die hier nichts zu suchen hatten, aber nicht ferngehalten werden konnten. Zettel wurden abgerissen und durcheinandergebracht, und Zank und Streit brach aus. In der Halle versuchten manche Leute, einen schwunghaften Tauschhandel aufzuziehen; und andere wieder wollten sich mit kleineren Gegenständen, die ihnen nicht zugedacht waren oder unerwünscht oder unbewacht zu sein schienen, heimlich davonstehlen. Der Weg zum Tor war mit Schubkarren und Handwagen verstopft.
Inmitten dieses Tohuwabohus erschienen die Sackheim-Beutlins. Frodo hatte sich einen Augenblick zurückgezogen und seinen Freund Merry Brandybock gebeten, ein Auge auf alles zu haben. Als Otho lauthals nach Frodo verlangte, verbeugte sich Merry höflich.
»Es passt ihm gerade nicht«, sagte er. »Er ruht sich aus.«
»Versteckt sich, meinst du«, sagte Lobelia. »Jedenfalls wünschen wir ihn zu sehen und wir gedenken ihn auch zu sehen. Geh nun und sage ihm das!«
Merry ließ sie eine ganze Weile in der Halle warten, und sie hatten Zeit genug, ihr Abschiedspäckchen mit den Löffeln zu entdecken. Das besserte ihre Laune nicht gerade. Schließlich wurden sie ins Arbeitszimmer gebeten. Frodo saß an einem Tisch und hatte eine Menge Papiere vor sich liegen. Man sah ihm deutlich an, dass es ihm nicht gerade passte, die Sackheim-Beutlins zu sehen; und er stand auf und spielte mit etwas in seiner Tasche. Aber er sprach sehr höflich.
Die Sackheim-Beutlins waren ziemlich angriffslustig. Sie begannen damit, dass sie ihm für verschiedene wertvolle und nicht mit Zetteln gekennzeichnete Dinge, die sie ihm abkaufen wollten, schlechte Preise boten (wie unter Freunden). Als Frodo erwiderte, dass nur die von Bilbo ausdrücklich bezeichneten Sachen weggegeben würden, erklärten sie, die ganze Geschichte sei sehr verdächtig.
»Nur eins ist mir klar«, sagte Otho, »und zwar, dass du außerordentlich gut dabei weggekommen bist. Ich bestehe darauf, das Testament einzusehen.«
Ohne Frodos Adoption wäre Otho Bilbos Erbe gewesen. Jetzt las er das Testament sorgfältig durch und schnaubte wütend. Es war leider sehr klar und korrekt aufgesetzt (entsprechend den Rechtsbräuchen der Hobbits, die unter anderem sieben Zeugenunterschriften in roter Tinte verlangten).
»Wieder haben wir das Nachsehen!«, sagte er zu seiner Frau. »Und das, nachdem wir sechzig Jahre gewartet haben. Löffel? So ein Plunder!« Er warf Frodo einen vernichtenden Blick zu und stampfte von dannen. Aber Lobelia war nicht so leicht abzuschütteln. Etwas später kam Frodo aus dem Arbeitszimmer, um zu sehen, wie die Dinge stünden, und da war sie immer noch da, stöberte in allen Ecken und Winkeln herum und klopfte den Fußboden ab. Er geleitete sie entschlossen zum Tor, nachdem er sie um verschiedene kleine (aber ziemlich wertvolle) Gegenstände erleichtert hatte, die irgendwie in ihren Regenschirm hineingefallen waren. Ihr Gesicht sah aus, als ob sie krampfhaft über eine wirklich niederschmetternde Abschiedsbemerkung nachdächte; aber alles, was ihr einfiel, als sie sich auf der Schwelle umdrehte, war:
»Du wirst es noch bereuen, junger Freund! Warum bist du nicht auch gegangen? Du gehörst nicht hierher; du bist kein Beutlin – du – du bist ein Brandybock!«
»Hast du das gehört, Merry? Das war eine Beleidigung, wenn man so will«, sagte Frodo, als er die Tür hinter ihr schloss.
»Das war ein Kompliment«, meinte Merry Brandybock, »und darum natürlich nicht wahr.«
Dann gingen sie in der Höhle herum und warfen drei junge Hobbits hinaus (zwei Boffins und einen Bolger), die Löcher in eine Kellerwand geschlagen hatten. Auch hatte Frodo einen Strauß mit dem jungen Sancho Stolzfuß (dem Enkel des alten Odo Stolzfuß), der eine Ausgrabung in der größeren Speisekammer in Angriff genommen hatte, weil er dort ein Echo entdeckt zu haben glaubte. Die Legende von Bilbos Gold weckte sowohl Neugier als auch Hoffnung; denn legendäres Gold (auf geheimnisvolle Weise, wenn nicht gar unrechtmäßig erworben) gehört, wie jedermann weiß, demjenigen, der es findet – sofern er bei der Suche nicht gestört wird.
Nachdem er Sancho überwältigt und hinausbefördert hatte, sank Frodo auf einen Stuhl in der Halle. »Es ist Zeit, den Laden dichtzumachen, Merry«, sagte er. »Verriegele die Tür und lass niemanden mehr herein, und wenn sie mit einem Sturmbock kämen.« Dann ging er, um sich mit einer verspäteten Tasse Tee zu erfrischen.
Kaum hatte er sich hingesetzt, da klopfte es leise an der Tür.
»Höchstwahrscheinlich wieder Lobelia«, dachte er. »Sie muss sich etwas ganz besonders Boshaftes ausgedacht haben und zurückgekommen sein, um es zu sagen. Das kann warten.«
Er blieb bei seinem Tee sitzen. Es wurde wieder geklopft, jetzt viel lauter, aber er kümmerte sich nicht drum. Plötzlich erschien der Kopf des Zauberers am Fenster.
»Wenn du mich nicht hereinlässt, Frodo, dann blase ich dir deine Tür durch die ganze Höhle, dass sie am anderen Ende vom Bühl wieder herauskommt«, sagte er.
»Mein lieber Gandalf! Einen Moment bitte!«, rief Frodo und lief aus dem Zimmer zur Tür. »Komm herein! Komm herein! Ich dachte, es wäre Lobelia.«
»Dann sei dir verziehen. Ich habe sie vorhin in einem Pony-Zweisitzer nach Wasserau fahren sehen mit einem Gesicht, das frische Milch hätte gerinnen lassen.«
»Auch mir hat sie schon fast das Blut zum Gerinnen gebracht. Ehrlich, fast hätte ich Bilbos Ring ausprobiert. Ich hatte große Lust zu verschwinden.«
»Tu das ja nicht«, sagte Gandalf und setzte sich hin. »Sei vorsichtig mit dem Ring, Frodo! Tatsächlich bin ich teilweise deshalb gekommen, um dir ein letztes Wort darüber zu sagen.«
»Und das wäre?«
»Was weißt du bereits?«
»Nur, was mir Bilbo erzählte. Ich habe seine Geschichte gehört: wie er ihn fand und wie er ihn benutzte: auf seiner Reise, meine ich.«
»Welche Geschichte, möchte ich wissen«, sagte Gandalf.
»Oh, nicht die, die er den Zwergen erzählt und in seinem Buch berichtet hat«, erklärte Frodo. »Kurz nachdem ich zu ihm gezogen bin, hat er mir die wahre Begebenheit erzählt. Er sagte, du habest ihm so zugesetzt, bis er sie dir erzählte, und deshalb solle ich sie besser auch wissen. ›Keine Geheimnisse zwischen uns, Frodo‹, hat er gesagt, ›aber sie dürfen nicht weitererzählt werden. Jedenfalls gehört er mir.‹«
»Das ist interessant«, sagte Gandalf. »Und was hast du dir bei alledem gedacht?«
»Wenn du den ganzen Schwindel mit dem ›Geschenk‹ meinst, na, da kommt mir die wahre Geschichte sehr viel wahrscheinlicher vor, und ich verstehe wirklich nicht, warum er sich überhaupt eine andere ausgedacht hat. Es sah Bilbo gar nicht ähnlich, so etwas zu tun; ich fand es sehr merkwürdig.«
»Ich auch. Aber Leuten, die solche Schätze haben – und wenn sie sie benutzen –, widerfahren nun einmal merkwürdige Dinge. Lass es dir eine Warnung sein, sehr vorsichtig mit ihm umzugehen. Er mag noch andere Kräfte besitzen, als dass er dich lediglich unsichtbar macht, wenn du gern möchtest.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Frodo.
»Ich auch nicht«, antwortete der Zauberer. »Ich fange gerade erst an, mir über den Ring Gedanken zu machen, besonders seit gestern Abend. Kein Grund zur Sorge. Aber wenn ich dir einen Rat geben darf, benutze ihn sehr selten, wenn überhaupt. Zumindest bitte ich dich, ihn nicht in irgendeiner Weise zu verwenden, die Anlass zu Gerede gibt oder Verdacht erweckt. Ich wiederhole: Bewahre ihn gut und halte ihn geheim.«
»Du bist sehr geheimnisvoll. Was befürchtest du eigentlich?«
»Ich bin noch nicht sicher, deshalb will ich jetzt nicht mehr darüber sagen. Vielleicht kann ich dir etwas erzählen, wenn ich wiederkomme. Ich mache mich sofort auf den Weg; deshalb lebe wohl einstweilen.« Er stand auf.
»Sofort?«, rief Frodo. »Ich hatte geglaubt, du würdest mindestens noch eine Woche bleiben. Ich hatte darauf gerechnet, dass du mir hilfst.«
»Das hatte ich auch vor – aber ich habe es mir anders überlegt. Es mag sein, dass ich ziemlich lange fortbleibe; aber ich werde dich besuchen, sobald ich kann. Vorher anmelden werde ich mich nicht, sondern mich still und leise hier hereinschleichen. Ich werde nicht mehr häufig das Auenland offen besuchen. Ich habe nämlich festgestellt, dass ich ziemlich unbeliebt geworden bin. Sie sagen, ich sei eine Landplage und störe ihren Frieden. Manche Leute behaupten sogar, ich hätte Bilbo hinweggezaubert oder noch was Schlimmeres. Falls es dich interessiert, es ist die Rede von einem Komplott zwischen dir und mir, um uns sein Vermögen anzueignen.«
»Manche Leute!«, rief Frodo. »Du meinst Otho und Lobelia. Wie abscheulich! Ich würde ihnen Beutelsend und alles andere dazu geben, wenn ich Bilbo wiederhätte und mit ihm durch die Lande wandern könnte. Ich liebe das Auenland. Aber aus irgendeinem Grunde wünschte ich, ich wäre auch weggegangen. Ich frage mich, ob ich Bilbo je wiedersehen werde.«
»Das frage ich mich auch«, sagte Gandalf. »Und über vieles andere mache ich mir noch Gedanken. Aber jetzt auf Wiedersehen! Gib auf dich acht. Halte Ausschau nach mir, besonders zu unwahrscheinlichen Zeiten! Auf Wiedersehen!«
Frodo begleitete ihn zur Tür. Er winkte noch einmal mit der Hand und ging mit erstaunlich raschem Schritt davon; aber Frodo fand, dass der alte Zauberer ungewöhnlich gebeugt aussah, fast als ob er eine schwere Last trüge. Der Abend brach herein, und mit seinem grauen Mantel war Gandalf rasch im Dämmerlicht verschwunden. Frodo sah ihn lange Zeit nicht wieder.