SECHS

Vik erklärte, dass bei Angewandte Simulationen Gruppen von Rekruten unter der Führung von Mitgliedern der Camelot Company gegen simulierte Feinde kämpften. Vik mochte seine Gruppe total, weil sie von Heather geleitet wurde, die offenbar sehr umtriebig war, ein Gedanke, der Tom verrückt vor Eifersucht machte. Yuri dagegen machte sich nichts aus seiner Gruppe. Er war in einer, die von einem Kombattanten namens Karl Marsters geleitet wurde, der immer die blutrünstigsten und gewalttätigsten aller verfügbaren Simulationen für seine Rekruten auswählte. Offenbar liebte er es vor allem, die Rolle des Namensgebers seiner Division, Dschingis Khan, einzunehmen und seinen Rekruten zu befehlen, die Köpfe von Dorfbewohnern aufzutürmen.

Tom und Beamer betraten einen Übungsraum im zwölften Stockwerk. Dieser erinnerte an denjenigen, den ihm Marsh und Olivia auf seiner Führung gezeigt hatten; er war ausgedehnt und abgedunkelt, und in einem Kreis standen eine Reihe von Feldbetten, an deren Kopfenden EKG-Monitore befestigt waren.

»Müssen wir Elektroden anlegen oder so etwas?«, fragte Tom Beamer und deutete dabei auf die EKGs.

»Nein. Unter dem Feldbett befindet sich ein Neuronalkabel, und das wird an den neuronalen Zugangsport an deinem Hirnstamm angeschlossen.«

Tom legte sich unwillkürlich die Hand auf den Nacken, auf den runden Port, den er bereits einmal ertastet hatte.

»Auf diese Weise klinkst du dich in Simulationen ein und lädst dir auch die Downloads herunter«, fügte Beamer hinzu. »Steck das Kabel einfach ein, den Rest erledigt der Neuronalprozessor.«

Sie nahmen jeweils auf einem leeren Bett Platz. Tom erspähte Wyatt Enslow, die bereits auf einem der Betten saß, ihre langen Beine vor sich aufgestellt.

»Hey«, begrüßte Tom sie.

»Sch!«, erwiderte sie.

Ich freue mich auch, dich zu sehen, dachte Tom.

Immer mehr Rekruten drängten sich in den Raum, und dann kam Elliot Ramirez und glitt auf den Rand des letzten freien Feldbetts. Das Licht des flimmernden EKG-Monitors tauchte sein schwarzes Haar in blassgrünen Glanz. »Gut, dass ihr alle pünktlich seid.« Er strahlte Tom an. »Und jetzt wollen wir unser neues Mitglied Tom herzlich willkommen heißen.«

Verlegener Beifall setzte ein. Einen seltsamen Moment lang war Tom zumute, als wäre er aus Versehen in eine Selbsthilfegruppe geraten.

»Weißt du, Tom«, fuhr Elliot fort, »ich werfe meine Rekruten nicht Hals über Kopf in eine Simulation, wie das viele andere Ausbilder tun. Es ist mir wichtig, dass wir vorher Gelegenheit zum Plaudern haben, ein wenig über unsere Gefühle sprechen, um den Stress des Tages abzubauen. Ich versuche, positive gruppendynamische Prozesse mit meinen Leuten in Gang zu setzen. Heute werden wir über etwas sehr Wichtiges sprechen. Es ist vielleicht sogar der wichtigste Gedanke überhaupt: Selbstverwirklichung.«

Elliot schwieg einen Moment, damit sich die gestelzten Worte setzen konnten. Dann begann er eine ermüdende Beschreibung von etwas, das Maslows Bedürfnispyramide hieß. Er verband diese Bedürfnisse mit Anekdoten aus seinem Leben und bewegenden Erzählungen von überwundenen Widrigkeiten aus Briefen seiner zahlreichen Fans, die ihn anbeteten. Anschließend lenkte er das Thema auf den Triumph des menschlichen Geistes.

Das Gerede von positiver Gruppendynamik machte Tom derart nervös, dass er sein Gewicht verlagerte und dabei fast vom Feldbett gefallen wäre. Er wusste, ja er wusste es einfach, dass Heather und sogar dieser Typ von der Dschingis Division, Karl Marsters, ihre jeweiligen Gruppen bereits seit mehr als einer halben Stunde fantastische Simulationen durchlaufen ließen. Elliot dagegen saß in diesem Vorschulkreis hier mit ihnen herum und ergötzte sich am Klang seiner eigenen Stimme.

Nach einer schier endlosen Zeit zuckte Elliot zusammen. »Wow. Ist schon eine halbe Stunde herum? Die Zeit ist wie im Flug vergangen, nicht wahr?«

Tom lachte. Er dämpfte das Geräusch hinter seiner vorgehaltenen Hand und tat so, als müsste er husten. Elliot warf ihm einen kurzen Blick zu, kaufte es ihm jedoch ab. Wyatt machte ein böses Gesicht, während Beamer ihn mit einem nicht besonders subtilen verschwörerischen Grinsen bedachte.

»Dann lasst uns alle mit der Simulation beginnen«, rief Elliot. »Klinkt euch ein.«

Ein schlurfendes Geräusch erfüllte den Raum, als alle Rekruten sich bückten, um die Neuronalkabel unter den Feldbetten zu ergreifen. Dann schlossen sie diese an ihre Stammhirnschnittstellen an und legten sich auf ihr jeweiliges Bett. Tom hörte es überall klicken, und nun langte auch er nach unten, um sein Kabel zu ergreifen. Er war plötzlich so aufgeregt, dass seine Hände zitterten, während er es auseinanderwickelte.

»Warte mal, Heißsporn.«

Erst als er Elliots Griff auf seiner Schulter wahrnahm, begriff Tom, dass die Worte an ihn gerichtet gewesen waren.

Elliot hob einen Finger. Er setzte sich auf das Fußende von Toms Feldbett und wartete, bis sich die anderen in der Simulation befanden. Binnen weniger Momente waren sie so gut wie allein. Die anderen Rekruten waren in Schweigen verfallen und lagen völlig reglos da. Die EKG-Monitore zeichneten die gleichmäßigen elektrischen Linien ihres Herzschlags auf.

»Stimmt was nicht?«, platzte es aus Tom heraus.

»Tom, ich weiß, dass wir keine regulären Militärs sind, aber ich bin dein Vorgesetzter, und du musst mich mit Sir anreden.«

»Okay.«

Elliot wartete.

»Okay, Sir

Elliot nahm Tom die Kabelspule aus den Händen und wickelte sie mit einer anmutigen, fließenden Handbewegung ab. »Nun, Tom, weißt du schon viel über Angewandte Simulationen?«

»Ich weiß genug«, erwiderte Tom. »Wir steigen in eine Gruppensimulation ein, arbeiten als Team zusammen, führen irgendeinen Auftrag aus. Es spielt sich alles nur im Gehirn ab, so wie Fitnessübungen ohne Konditionstraining.«

»Nicht ganz, Tom. Bei Fitnessübungen werden dir falsche Bilder vorgegaukelt, aber du bist dir deines Körpers trotzdem bewusst. Bei Angewandte Simulationen bekommst du, entsprechend der vorgegebenen Simulation, sensorische Informationen direkt aus deinem Neuronalprozessor. Dir wird die Art und Weise vermittelt, wie sich der Neuronalprozessor mit Kampfmaschinen kurzschließt. Das Einklinken fühlt sich an, als wäre man in einem neuen Körper. Vielleicht erinnerst du dich nicht an dich selbst, vielleicht weißt du nur, was deine Figur in der Simulation weiß, das hängt von den Parametern des Programms ab. Manch einer findet das bei den ersten Malen erschreckend, weil es eine Erfahrung totalen Eintauchens ist. Der Schwerpunkt liegt auf Teamwork.«

»Hört sich super an.«

»Das sagst du, aber ich wette, du bist nervös.«

»Bin ich nicht, wirklich.«

»Oh, natürlich nicht.« Elliot bedachte ihn mit einem wissenden Blick, der Tom überhaupt nicht gefiel. »Also, Tom, wenn man sich das erste Mal einklinkt, kann das gruselig sein. Ich begleite meine Rekruten dabei gern persönlich.«

»Ich werde schon klarkommen, Sir.«

Trotzdem ging Elliot hinüber auf die andere Seite des Feldbetts. »Beug dich mal vor.«

Tom stützte sich mit den Händen auf dem Rand der Matratze ab und neigte den Kopf. Eine Hand umklammerte seine Schulter, um ihn stabil auszurichten. Tom biss die Zähne zusammen. Elliot war so nah, dass Tom seinen heißen Atem in seinem Nacken spürte.

»Du kannst es mir sagen, wenn du Angst bekommst oder dir unbehaglich zumute wird. Das kommt ziemlich häuf…«

»Das bekomme ich schon hin«, unterbrach ihn Tom. »Sir«, fügte er dann hinzu.

Das Kabel schloss sich an den Port an seinem Stammhirn an, und die Welt verdichtete sich zu Schwärze. Mit einer schockierenden Jähheit schwand sämtliches Gefühl aus seinen Gliedmaßen.

»Das ging jetzt aber schneller, als ich …« Toms Stimme verschwamm mitten im Satz.

Den letzten flüchtigen Blick, den er durch seine eigenen Augen erhaschte, war der von einer nach unten wegdriftenden Welt, während er selbst das Bewusstsein verlor.

Und dann war Tom nicht mehr Tom.

Blendende Helligkeit umgab ihn von allen Seiten. Unter einem grauen Himmel drängte sich eine eisige Tundra. Frostiger Wind stach ihm in die Augen, auf die Haut, und doch fühlte es sich perfekt für ihn an, anregend.

Ein seltsames Gefühl durchzuckte ihn, seine Muskeln, seine Sehnen. Blut, Lebenskraft, Leben. Er machte einen Sprung nach vorn, trat mit seinen Pfoten auf kalten, harten Schnee, und die Gerüche, die in seine Nase drangen, überwältigten ihn. Sein Sehvermögen nahm eine untergeordnete Rolle ein, und er konnte nur noch dastehen und die verschiedenen Gerüche im Wind auf sich einwirken lassen.

Der erdige Geruch von Freunden.

Ein scharfer, schwerer Geruch von Beute.

Das verwirrte ihn. Er hob die Schnauze in den Wind und sog die Luft tief ein, während der reizende, verlockende Geruch seine Aufmerksamkeit weckte. Doch da lag noch etwas anderes in der Luft.

Gefahr.

Er wühlte mit der Schnauze im eisigen Boden und überprüfte ihn. In seinem Kopf tauchte ein Bild auf. Es war der muffige, weiße Pelz eines Raubtiers mit blutverkrusteten Pfoten, ein leises Brüllen.

Die Gefahr ist für den Moment vorbei. Ein massiges Raubtier. Es pirscht sich über den Schnee an. Jetzt ist es weg.

Hingerissen nahm er weitere Gerüche in sich auf. Eis … Metall … Erde … Mensch …

Ein Heulen.

Der Ruf seiner Freunde durchschnitt die Luft. Unwillkürlich stürzte er auf sie zu, jagte über die schneebedeckte Ebene, getrieben von einem unstillbaren Verlangen, zu diesem Geräusch beizutragen. Der Geruch von Familie wurde stärker in seiner Nase, und dann befand er sich inmitten der anderen Wölfe seines Rudels und warf den Kopf zurück, während sich der Laut tief aus seiner Kehle erhob. Das Heulen schien den Himmel über ihnen zu durchdringen und erfüllte das Tal, während ein nie gekanntes Gefühl der Gemeinschaft in ihm aufstieg.

Der größte und stärkste Wolf stürmte in ihre Mitte. Unterwürfig ließen die anderen Wölfe den Schwanz hängen. Das Alphatier bellte wie wild, peitschte dann herum und jagte auf diesen vom Wind herangetragenen Geruch zu, auf die Süße der Beute mit ihrem frischen, pulsierenden Blut und ihrem zarten Fleisch. Das Rudel verwandelte sich in eine graue, über die Ebene hinwegschießende Woge und folgte mit gestreckten Schwänzen seinem Anführer.

Der warme, satte Geruch von Beute waberte durch die Luft, und seine zunehmende Anziehungskraft war die einzige Zeiteinheit. Sie hielten sich im Wind, sodass die eisigen Böen den Geruch zu ihnen trugen, jedoch dem Opfer nicht verrieten, dass sie sich näherten.

Schließlich fielen sie über ihre Beute her. Der Elch hob seinen massigen Kopf. Er wusste, dass sie ihn umzingelt hatten. Er sprang vor und wollte davongaloppieren, doch der Alphawolf fletschte die Zähne und schnitt ihm den Fluchtweg ab. Das Beutetier wusste, dass es ihnen nicht entkommen konnte. Als das Alphatier auf den Elch zuhielt, drehte dieser sich und beugte seine gewaltigen Schaufeln, bereit, es zu durchbohren. Doch der Alphawolf sprang instinktiv beiseite.

Nun umringte der Rest des Rudels den Elch, biss mit knirschenden Zähnen zu. Gebell und Geheul und dazu das Gebrüll des mächtigen Tieres erfüllten die Luft. Hufe hämmerten herab, und der blutige Geruch des ersten getöteten Wolfs – Beamer – rief in Tom etwas Menschliches hervor.

Zwei weitere Wölfe wurden Opfer dieser mächtigen Schaufeln, doch der Alphawolf umkreiste seine Beute weiter und hinterließ kleine klaffende Wunden am Körper dieses großartigen Wesens, das einfach zu stark war, um von so einer kläglichen Attacke zu Fall gebracht werden zu können.

Tom hielt sich zurück.

Er ignorierte den Ruf seines Instinkts, der von ihm forderte, sich dem nutzlosen Angriff anzuschließen, und ignorierte auch das Unterprogramm, das ihn zwingen wollte, sich dem Plan des Alpharüden anzuschließen. Stattdessen schaute er zu, so wie Tom, der Junge, es in den VR-Hallen getan hatte. Als er dann seine Chance witterte, zögerte er nicht. Er sprang in das Gewühl, flog dicht über die Köpfe der anderen hinweg, bewegte sich schneller, als sich ein Mensch hätte bewegen können, und schoss nach vorn, um seine Zähne in der Kehle des Elches zu versenken. Mit einer fließenden Bewegung riss er an Knorpel und Fleisch und warf sich im gleichen Moment beiseite. Warmes Blut bespritzte ihn, aber er befand sich außer Reichweite, bevor die tödlichen Hufe ihm das Gehirn hätten zerschmettern können.

Es war vorbei. Das mächtige Tier taumelte, während ihm dunkles Blut aus der Wunde am Hals herausschoss. Es sackte auf die Knie, erhob sich mit großer Anstrengung noch einmal, doch nun rissen weitere Wölfe an seinen Sehnen, seinen Hinterhänden, seinem weichen, verletzlichen Bauch. Tom leckte über das frische Blut auf seinen Lippen, fühlte sich so lebendig und gefährlich in diesem Augenblick, dass er gar nicht wollte, dass die Simulation endete.

Plötzlich vernahm er ein leises Grummeln. In der eisigen Luft braute sich Gefahr zusammen.

Tom bemerkte, dass Elliot auf ihn zuhielt, die Beine stocksteif, den Wolfsschwanz nach vorn geringelt, die Ohren angelegt, die gezackten Zähne gebleckt. Er reagierte damit auf seinen offenen Ungehorsam. Toms Instinkt warnte ihn, und Elliots zu Schlitzen verengte, auf ihn gerichtete Augen und sein gesträubtes Fell verrieten ihm, was er vorhatte. Tom bewegte sich nicht. Aus Elliots Kehle quoll ein grimmiges Knurren hervor.

Tom verstand den Befehl. Instinkt und Parameter in seinem Gehirn drängten ihn dazu, dem Alphatier zu gehorchen, doch das Blut auf seinen Lippen schmeckte süß, und schon allein die Vorstellung, herumzurollen und seinen Bauch und seine Kehle zu entblößen und eine Pose der Unterwürfigkeit einzunehmen, widerstrebte ihm bis ins Mark, selbst wenn er dafür zerrissen werden sollte. Ein Gefühl der Macht durchfuhr ihn. Er konnte das Alphatier besiegen, davon war er überzeugt. Er konnte das Rudel für sich beanspruchen, es in Besitz nehmen. Er spürte ein Kribbeln, als sich an seinem ganzen Körper das Fell sträubte. Seine Lippen rollten sich zurück, und nun bleckte auch er die Zähne, während das Geheul in seiner Kehle anschwoll.

Der andere Wolf stellte sich auf die Hinterbeine und hob in einer absolut menschlichen Geste eine Pfote über den Kopf. Und auf diese Weise beendete Elliot die Simulation.

Tom öffnete die Augen und blickte auf die gezackte Linie des EKG, die den Standardrhythmus durchbrach. Während das Gefühl der Gemeinschaft, der Zusammengehörigkeit verblasste und verschwand, registrierte Tom einen hohlen Verlust in sich. Er setzte sich so schnell aufrecht, dass ihm einen Moment schwarz vor Augen wurde. Auch alle anderen um ihn herum erwachten nun.

Außer den Toten. Beamer war bereits auf und hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt. Er zuckte mit den Achseln. »Todesursache: Elch.«

Der Neuronalprozessor in Toms Kopf signalisierte, dass mehr als zwei Stunden vergangen waren. Als Wolf kam der Zeit eine völlig andere Bedeutung zu.

»Wow«, flüsterte Tom völlig perplex.

Elliot setzte sich aufrecht hin, verstaute sein Kabel unter dem Feldbett und wies die anderen an, sich zur Nachbesprechung wieder hinzusetzen. Er stieß einen lautstarken Seufzer aus, richtete seine Aufmerksamkeit auf Tom und verschränkte die Arme vor der Brust. »So, Tom, jetzt sag mir mal, was du falsch gemacht hast, ja?«

»Was?«

»Sag mir, was du falsch gemacht hast.«

Tom schaute in die bewusst ausdruckslosen Gesichter um ihn herum und dann wieder zu Elliot. »Habe ich etwas falsch gemacht?«

»Bei Angewandte Simulationen«, erklärte Elliot und wies dabei in Richtung seines Nackens, »geht es nicht bloß darum, sich an die Vorstellung zu gewöhnen, sich mental von seinem Körper loszulösen und sich mithilfe des Neuronalprozessors mit einem anderen Wesen zu verbinden. Es geht darum, Teamwork zu praktizieren.«

»Das weiß ich. Davon hattest du vorher gesprochen.«

»Offensichtlich weißt du es nicht. In dem Szenario ging es um emotionale Bindung: Ein Rudel Wölfe arbeitet zusammen, um einen Elch zu erlegen. Du hättest dem Rudel helfen sollen, die Beute zu töten. Stattdessen hast du mit dem Team gebrochen und im Alleingang gehandelt. Anschließend hast du versucht, meine Führung des Rudels infrage zu stellen. Für mich deutet das darauf hin, Tom, dass du dich nicht als Teamspieler fühlst. Du hattest keine Lust, mit der Strategie des Teams mitzuziehen. Das bereitet mir Sorgen.«

»Aber die Strategie des Teams war scheiße. Drei von uns waren bereits tot.«

»Dann sag mir, Tom: Wie nennt man einen einsamen Wolf, der nicht mit anderen zusammenarbeitet?«

Ein wenig verblüfft dachte Tom darüber nach. Das war eine Fangfrage, oder? »Äh, man nennt ihn einen einsamen Wolf.«

Elliot klappte den Mund auf und wieder zu – so als wäre er darauf nicht gefasst gewesen, weil er an so etwas nicht einmal gedacht hatte. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Tom. Man nennt ihn Kojote.«

Schweigen erfüllte den Raum.

Wyatt hob die Hand und wartete darauf, dass Elliot es bemerkte, so als säßen sie hier alle in einem Klassenzimmer. Als er ihr gnädigerweise erlaubte zu sprechen, platzte sie mit genau dem heraus, was Tom dachte: »Präriewölfe beziehungsweise Kojoten sind keine Wölfe. Kojoten und Wölfe sind zwei vollkommen verschiedene Spezies.«

Falls Elliot nun aufging, dass er gerade etwas erstaunlich Dummes gesagt hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Stattdessen nickte er, so als hätte Wyatt sein Argument untermauert. »Genau, Wyatt. Genau.« Er wandte sich wieder Tom zu. »Denk darüber nach, was sie gesagt hat, Tom. Wölfe und Kojoten sind vollkommen unterschiedliche Spezies. Denk mal gut und ganz in Ruhe darüber nach.«