EINUNDZWANZIG
Als die Installation der Benimmregeln – durch Wyatts Firewall neutralisiert – abgeschlossen war, wusste Tom, dass es nun Zeit wurde. Er nahm den ausgeklügelten Plan in Angriff, den er auf einer Idee von Vik aufgebaut hatte. Der Programmierkurs hatte sich in dieser Hinsicht als hilfreich erwiesen. Tom hackte sich direkt in das zentrale Abwassersystem der Stadt ein.
»In meiner Grundschule in Delhi haben wir mal so einen Streich gespielt«, hatte Vik ihm erzählt, und Tom fand diesen absolut genial.
Er koppelte den Beringer Club vom Abwassersystem ab und hielt kurz inne. Vik hatte ihm zwar eine komplizierte Abfolge von Codes gegeben, doch Tom erkannte dieses System nicht wieder. Es ähnelte nicht dem Schaltbild, das Vik ihm von dem anderen Klärbehälter gezeigt hatte.
Bestürzt bekam er Zweifel. Doch dann beschloss er, es mit etwas zu versuchen, das er beherrschte. Die gleiche Art, mit der er sich mit dem Turm verbunden hatte, den Satelliten, den Überwachungskameras …
Tom biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich. Er spürte die Verbindung, spürte das komplexe System von Codes und Befehlen und Algorithmen, die diese Maschine steuerten. Die elektrischen Impulse in seinem Gehirn lösten etwas aus …
Und er war nicht mehr ganz in seinem Gehirn. Sein organischer Körper fühlte sich weit weg an. Er war ein kaltes, taubes Etwas, im Gegensatz zu dem Teil seines Gehirns, der die Abwasseranlage des Beringer Clubs steuerte.
In diesem losgelösten Zustand kam wilde Panik in ihm auf, denn da waren so viele Daten und Codeströme, die ihn in alle Richtungen zogen, und er war sich nicht sicher, was er …
Tom Raines. Ich bin Tom Raines.
Der Gedanke war seine Rettung. Er brachte ihn so weit in Sicherheit, dass Tom dies eine benutzte, was er besaß und was keine Maschine hatte. Einen Willen. Er hatte einen Willen, und die Maschine arbeitete lediglich nach einem festgelegten Programm, das seine Funktionen vorschrieb, und die Codes, die er eingab, begannen ihre Funktionen zu ändern …
Es fügte sich alles.
Tom betrat den Clubraum für den ersten Akt der Show. Er ging durch die Reihen der gut gekleideten Manager, ihrer Lieblingsabgeordneten des US-Kongresses und ihrer Vorzeigefrauen. Er sah Dalton und Karl im Gespräch mit Mr Carolac, dem Vorstandsvorsitzenden von Dominion Agra, und gesellte sich zu ihnen.
Dalton bezog Tom sofort in das Gespräch ein. »Mr Carolac, das ist er. Unsere neuste Akquisition. Thomas Raines.«
Mr Carolac war ein kränklich wirkender Mann mit Tränensäcken unter den Augen und einem gräulichen Hautton. Er gab Tom die Hand und musterte ihn dabei wie einen Ausrüstungsgegenstand. »Ich habe schon viel von dir gehört, Tom.«
»Ich habe von Ihnen auch schon viel gehört, Mr Carolac.« Tom lächelte, wohl wissend, dass der Trojaner, den er Karl eingepflanzt hatte, als dieser am vergangenen Abend das Bewusstsein verloren hatte, sich genau jetzt aktivieren würde.
»Du und Karl, ihr macht uns sehr …«
Karl furzte.
Mr Carolac richtete schockiert seinen wässrigen Blick auf Karl.
Karl wurde knallrot. »Ich … ich …«
Er furzte erneut, dieses Mal so laut, dass im ganzen Raum ein grollendes Geräusch zu vernehmen war.
Karls Augen weiteten sich und richteten sich abrupt auf Tom, denn auf seinem Infoscreen musste in diesem Moment »Widerwärtiges Dauerfurzen« eingeblendet worden sein, und erst in diesem Moment schien er zu begreifen, was hier vor sich ging.
»Du!« Karl wies vorwurfsvoll mit dem Finger auf Tom. »Seine Programmierung funktioniert nicht!«
Mit Unschuldsmiene runzelte Tom die Stirn, während Karl erneut furzte. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Karl. Schieb es nicht mir in die Schuhe, wenn du dich falsch ernährst.«
Drohend trat Karl einen Schritt auf Tom zu, wobei ihm bei jeder Bewegung ein Furz entwich. Der Gestank verpestete inzwischen die Luft.
Dalton packte ihn. »Karl, gehen Sie auf die Toilette, um Himmels willen.«
»Das ist nicht meine Schuld. Das ist Raines! Ich sagte Ihnen doch, er …«
»GEHEN SIE!«
Karl stürmte durch die Menge der verstummten Partygäste. In Anbetracht des grauenhaften Geruchs, der die Luft durchdrang, hielten sich weit und breit alle die Nase zu.
Dass es gar nicht Karl war, der so stank, begriffen sie zunächst nicht.
Es war der Abwasserbehälter, dessen Funktionalität Tom neu programmiert hatte. Dutzende Liter Abwasser wurden zurückgepumpt, füllten die Abwaschbecken und Toiletten und würden schon bald überlaufen und den Boden fluten.
Tom räusperte sich. »Nun, das war einfach nur scheußlich.« Er lachte gekünstelt und schaute alle Erwachsenen um sich herum an. »Ich werde den Damen und Herren etwas zu trinken holen, damit wir so tun können, als wäre nichts geschehen.«
Mr Carolac wirkte besänftigt. »Wenigstens mit einem von ihnen haben Sie es hinbekommen, Dalton.«
»Ich muss mich für Karl entschuldigen, Sir …«, stammelte Dalton, während Tom sich abwendete.
Doch Tom ging nicht zu Bar. Stattdessen schlenderte er zur Tür hinaus und war schon jenseits des Fallgitters, als Karl aus der Toilette heraus anfing, wegen der überlaufenden Jauche herumzuschreien. Tom schloss das Fallgitter und veränderte dessen voreingestelltes Passwort in ein neues, das aus dreißig Ziffern bestand.
Karls Rufe schlossen sich erst Daltons und dann den Rufen anderer Partygäste an. Der Geruch wurde so ekelerregend, dass Tom sich fast erbrochen hätte. Er setzte sich auf die Stufen und beobachtete die Manager von Dominion Agra durch die Gitterstäbe hindurch. Er hörte die angewiderten Schreie, während die Jauche aus den Toiletten und Urinalen herausdrang und unter der Tür hindurch in den Clubraum strömte.
Mr Carolac schrie, sie sollten alle den Raum verlassen. Als niemand das elektronische Fallgitter zu öffnen vermochte, schlug jemand kreischend vor, man solle technische Unterstützung herbeirufen. Tom fing an zu lachen. Er lachte noch mehr, als er die Leute brüllen hörte, ihre Mobiltelefone funktionierten nicht. Das musste Medusas Beitrag sein. Tom haute es einen Moment lang regelrecht um. Sie hatte Satelliten gehackt und außer Gefecht gesetzt. Satelliten! Er war nicht einmal sicher, ob Wyatt so etwas hinbekommen würde.
Danke, Medusa, dachte Tom grinsend.
Doch sie war offensichtlich noch nicht fertig mit ihrem Werk. Laute Musik plärrte los. Es ähnelte allerdings weniger einer Musik, was aus den Boxen drang, als vielmehr einem Kreischen von Metall auf Metall, ohrenbetäubend und schmerzhaft. Die Leute hämmerten mit den Fäusten an die Ausgangstüren, rüttelten mit den Händen am Fallgitter.
Zwischen den Stahlstäben tauchte nun Dalton auf und versuchte seinerseits, das Gitter hochzuziehen. Tom stolzierte auf ihn zu. Als Dalton ihn erblickte, schien er erleichtert. »Tom. Tom! Gott sei Dank bist du es. Du bist nicht hier drinnen gefangen. Geh los und hol uns Hilfe.«
Tom vergrub die Fäuste in seinen Taschen und ließ seinen Blick lange und träge über die missliche Lage schweifen, in der Dalton sich befand. »Hm. Ich denke, das werde ich nicht tun.«
Abwasser schwappte über Daltons Lederschuhe. Tom weidete sich an dem schockierten Ausdruck in seinem Gesicht.
»Tom!« Er hämmerte gegen das Fallgitter. »Hol uns sofort Hilfe!«
Den Blick auf Dalton geheftet schüttelte Tom den Kopf. Er sprang auf die unterste Stufe, wobei seine Schuhe in dem Abwasser ein quatschendes Geräusch verursachten.
»Ich könnte es aufmachen, Dalton.« Tom beugte sich dicht zu dem Fallgitter vor, achtete jedoch darauf, außerhalb von Daltons Reichweite zu bleiben. »Das könnte ich, wenn Sie auf die Knie gehen und darum betteln.«
»SOFORT AUFMACHEN, TOM!«
Wohl wissend, dass er grinste wie ein Irrer, schüttelte Tom den Kopf. Daltons hilflose Wut war so herrlich, dass er es sich nicht verkneifen konnte. »Nein, Dalton. Knien Sie nieder und flehen Sie mich an. Flehen Sie mich an, Sie freizulassen. Andernfalls dürfen Sie sich die ganze Nacht lang in dem Abwasser suhlen. Und ihr Boss gleich mit Ihnen.« Er kratzte sich am Kopf. »Mann, Mann, was soll der bloß von dem heutigen Abend halten? Erst Karls Verdauungsprobleme, und nun auch noch das hier … Alles, was wir tun, fällt auf Sie zurück, war das nicht so?«
Dalton starrte ihn mit offenem Mund an, als könnte er nicht verstehen, dass sich sein braver, kleiner Tom gegen ihn wendete.
»Es liegt an Ihnen, Dalton. Auch wenn Sie mich nicht anflehen, wird das Abwasser in etwa einer halben Stunde nicht mehr weiter überlaufen, also werden Sie nicht ertrinken. Sie werden den Gestank aushalten müssen, bis dort draußen jemand begreift, dass Sie Hilfe benötigen. Und hey« – Tom blinzelte Dalton so an, wie dieser es einige Zeit zuvor bei ihm getan hatte, so als erzählten sie sich einen Witz – »immerhin ist die Bar ja geöffnet.«
»Wage es nicht, uns hier allein zu lassen!«
»Das war die falsche Antwort.« Tom wirbelte herum und schlenderte auf die Treppen zu.
»Warte, warte! Tom, bitte.« In Daltons Stimme schlich sich ein Anflug von Hysterie.
Tom warf einen unbekümmerten Blick über seine Schulter, kehrte aber nicht zurück. »Sie sind nicht auf die Knie gegangen, Dalton. Diese Bedingung ist für mich nicht verhandelbar. Ich denke, nachdem ich einen Monat lang vor Ihnen Männchen gemacht habe, ist das Mindeste, was Sie tun können, vor mir auf die Knie zu gehen.«
»Mein Anzug hat zwanzigtausend Dollar gekostet.«
»Das ist nicht mein Problem.«
Dalton starrte ihn an, während hinter ihm die Musik plärrte und der Abwassergestank dick in der Luft hing. Dann ging er in der Jauche auf die Knie. »Bitte öffne es.« Sein unbewegtes, grimmiges Gesicht war von harten Falten zerfurcht, und in seiner Stimme lagen Wut und verletzter Stolz. »Bitte lass uns raus, Tom.«
Tom heftete weiter den Blick auf Dalton und dachte dabei an den Zigarrenrauch und die Kamera von Karl und wie hauchdünn er selbst vor der Vernichtung gestanden hatte. »Nein.« Er ging die Stufen hoch.
Die Schreie verfolgten ihn: »DAFÜR TÖTE ICH DICH, RAINES! DU BIST TOT, JUNGE, HÖRST DU MICH? ICH BRINGE DICH UM! DU BIST TOT! DU WIRST ES BEREUEN, GEBOREN WORDEN ZU SEIN, DAFÜR WERDE ICH …«
Tom stieg weiter die Stufen hinauf, bis Daltons Stimme leiser klang. Als er auf die Straße hinaustrat, achtete er darauf, die Tür hinter sich zu verschließen und drehte das Schild auf »Vorsicht vor dem Hund« um, damit niemand in den Club kommen und die dort gefangenen Manager von Dominion befreien würde.
Tom steckte die Hände in die Taschen, trat die verschmutzten Lederschuhe von sich und schlenderte die Straße in Richtung der weit entfernten Kuppel des Kapitols entlang. Es war die Jahreszeit, in der die Kirschbäume in voller Blütenpracht standen. Als Tom auf einen Brunnen stieß und dort seinen Kopf ins Wasser tauchte, um sich das Haargel abzuwaschen, wirbelten rosafarbene Blütenblätter in dem Wasser umher. Dann erblickte er einen Straßenverkäufer, der an einem Stand Touristen Souvenirs von Washington verkaufte. Er tauschte bei dem Mann seinen Elftausend-Dollar-Anzug gegen ein großes Hemd mit der Aufschrift »Made in the USA«, eine Hose mit amerikanischer Flagge und den Turnschuhen des Verkäufers ein.
Schließlich erreichte Tom die U-Bahn-Station und ließ Dominion Agra und den Beringer Club weit hinter sich.
Obwohl Tom berichtete, was passiert war, und Karl ihn bei seiner Rückkehr zum Turm am folgenden Morgen mit einem vernichtenden Blick bedachte, waren seine Freunde auf der Hut vor einer eventuellen Rückkehr von Zombie-Tom. Doch Zombie-Tom war nicht das Problem. Tag für Tag fühlte sich der alte Tom elender, so als zöge da eine Gewitterwolke auf, der er nicht entkommen konnte. Er versuchte, sich normal zu verhalten, indem er lachte und Witze machte und sich in Simulationen stürzte. Aber dies änderte nichts daran, dass er sich nicht wohlfühlte.
Eines Tages stürmte er bei Angewandte Simulationen nicht mit dem Rest der römischen Legion über die Felder, um in die Schlacht gegen Königin Boudicca zu ziehen. Wyatt fand ihn an einem Baum zusammengesackt, die Sandalen im Schlamm vergraben. »Du bist doch nicht wieder der andere Tom, oder?«
»Nein.«
Wyatt trat von einem Bein auf das andere. »Aber die anderen kämpfen, und du sitzt hier. Du liebst doch Kämpfe.«
»Ich denke nach, okay? Darf ich etwa nicht mehr nachdenken?«
»Im Allgemeinen tust du so etwas nicht.« Sie nahm neben ihm Platz, achtete jedoch darauf, sich nicht in den Schlamm zu setzen.
Tom schaute sie lustlos an. Auch sie war in letzter Zeit nicht die Alte gewesen, und er war sich ziemlich sicher, dass es daran lag, was mit Blackburn schiefgegangen war. Er hatte genug von ihrem Gespräch in seinem Büro gehört, um es zu begreifen. Sie hatten einen Draht zueinander gehabt. Und dann war er gekommen und hatte alles zerstört.
Er rieb sich die Stirn. »Habe ich mich eigentlich jemals entschuldigt? Dafür, dass ich Blackburn habe glauben lassen, dass …«
»Ich habe es dir schon einmal gesagt, das warst nicht du.« Sie schlang die Arme um die Knie. »Ich weiß noch immer nicht, was Roanoke bedeutet. Jedenfalls nicht mehr als das Offensichtliche: diese Kolonie im frühen Amerika.«
»Vengerov wusste es«, murmelte Tom. »Ich habe gehört, wie er es gesagt hat. Er wusste genau, welche Knöpfe er bei Blackburn drücken musste. Er hat dafür gesorgt, dass es mir eingespeist wurde.« Er schüttelte den Gedanken ab. »Hör zu, Wyatt, ich werde ihm erzählen, was wirklich passiert ist …«
»Nein! Sprich das nicht mehr an, okay? Bestimmt redet Lieutenant Blackburn eines Tages wieder mit mir, wenn du es einfach auf sich beruhen lässt. Das muss er doch, oder nicht?«
Diese Frage konnte Tom ihr nicht beantworten. Stattdessen hob er die Hände. »Gut. Das ist ganz deine Sache.«
»Ist es das, was dich bedrückt?«
»Mich bedrückt nichts.«
»Doch, das tut es. Deswegen bin ich hier – damit wir über deine Gefühle sprechen können.«
Tom stieß ein ungläubiges Lachen aus. »Über meine Gefühle sprechen?«
Sie rutschte unbehaglich hin und her und wand sich dabei regelrecht. »Elliot hat mir gesagt, ich soll mehr emotionale Sensibilität an den Tag legen. Das hört sich ziemlich unkompliziert an. Wenn du es versuchen willst, kannst du Sätze verwenden, die mit ›Ich habe das Gefühl‹ beginnen. Und ich werde ruhig und unvoreingenommen zuhören.«
Tom schnaubte.
»Außerdem hat er gesagt, ich kann dieses Gespräch führen, indem ich empathische Dinge sage wie zum Beispiel: ›Ich habe das Gefühl, du bist traurig, Tom.‹« Sie nickte. »Bist du traurig, Tom?«
»Nein«, knurrte Tom, auf einmal aufgebracht. »Ich bin nicht traurig. Ich bin wütend, okay? Du willst einen Gefühlssatz? Ich habe das Gefühl, ich sollte jemanden umbringen. Ich denke immerzu darüber nach, wie mich diese Sache fertiggemacht hat, und ich habe das Gefühl, ich hätte diesen Club samt Dalton Prestwick abfackeln sollen, okay? Ich habe nicht einmal kapiert, dass etwas nicht stimmte! Ich habe mir vier Wochen lang am Stück die Haare gegelt und mich bei Karl eingeschleimt und dabei nicht einmal mitbekommen, dass etwas anders war!«
»Das Programm hatte ein Rootkit. Es war darauf angelegt, sich vor dir zu verbergen.«
»Darum geht es nicht, okay? Ich hätte begreifen müssen, dass da etwas im Busch war, weil ich begann, Dalton zu vertrauen. Ausgerechnet Dalton Prestwick! Ich hasse diesen Typ, okay? Er behandelt meine Mom wie Müll. Seinetwegen habe ich keine Familie! Und plötzlich bekomme ich ein einziges Programm in das Gehirn geknallt, und schon halte ich ihn für den tollsten Kerl auf der Welt? Ich meine, ich habe ernsthaft geglaubt, er täte alles zu meinem eigenen Wohl! Das habe ich geglaubt und mir nicht einmal Gedanken darüber gemacht!«
»Auch wieder das Programm. Es ist so angelegt.«
»So etwas tue ich nicht, okay? Ich weiß immer, wenn mich jemand bescheißen will. Ich vertraue nicht einfach jemandem blind. So vertraut habe ich nicht einmal meinem Dad!«
Wyatt sah ihn scharf an. Dann biss sie sich auf die Lippe, weil selbst sie begriff, dass dies der Punkt war, an dem man besser keine weiteren Fragen stellte.
Tom starrte auf das Schlachtfeld. Immer wieder musste er daran denken, wie Dalton ihm gezeigt hatte, wie man eine Krawatte band, und dann wünschte er sich nur, er könne irgendwie in der Zeit zurückreisen und ihn mit dem Ding erwürgen. Ihm war zumute, als hätte er etwas Furchtbares getan, so als hätte er seinen Dad verraten. Denn selbst jetzt konnte er sich noch daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, jemandem so total zu vertrauen, so bedingungslos zu glauben, alles, was Dalton tat, sei zu seinem eigenen Wohl gewesen …
Und das Beschämendste war, er vermisste dieses Gefühl so sehr, dass er sich jetzt innerlich leer fühlte.
Tom sprang auf und zog sein Schwert. »Das ist dumm.« Er musste kämpfen. Vorgetäuschte Gewalt gegen vorgetäuschte Menschen würde alles wiedergutmachen. »Vergiss einfach alles.«
»Also hast du keine ›Ich-habe-das-Gefühl‹-Sätze mehr auf Lager?«
Tom lachte barsch und brach in Richtung der Schlacht auf. »Wyatt, nimm’s mir nicht übel, aber du bist beschissen darin, den Therapeuten zu spielen. Wie wäre es, wenn du wieder du wirst, ich wieder ich werde und wir beide vergessen, dass dies hier jemals stattgefunden hat, okay? Aber trotzdem danke.«