Kapitel achtundvierzig

NORDUGANDA

27. November, 19:04 Uhr GMT+3

 

 

Caleb Bahame marschierte auf der Lichtung auf und ab. Seine Schritte wurden mit der Zeit immer schneller und steifer. Die meisten seiner Männer zogen sich in den Schutz des Dschungels zurück, doch ein paar Neulinge, die ihn noch nicht kannten, versäumten es, sich in Sicherheit zu bringen.

Omidi sah auf seine Uhr. Schon zwei Stunden Verspätung.

Es gab keine Möglichkeit, den Waffentransport auf seinem Weg zu kontaktieren. Bahames Leute hatten sich seit der Übernahme der Waffen nicht mehr gemeldet.

Die Situation war auch ohne die Verspätung schon schwierig genug. Sembutu war bereit gewesen, Omidi ohne Wissen der westlichen Geheimdienste durch Uganda reisen und auch die iranische Waffenlieferung passieren zu lassen, doch jetzt schien er einmal mehr kalte Füße bekommen zu haben. Wenn er dummerweise beschlossen haben sollte, dass es doch zu riskant sei, Bahame zu bewaffnen, auch wenn es letztlich ihm selbst nützte, dann konnte sich die Lage schnell und dramatisch verschlimmern.

Ein junger Soldat kam plötzlich aus dem Dschungel gelaufen. Er geriet ins Stolpern und verlor das Gleichgewicht, als Bahame die Machete hochriss und zu brüllen begann. Der Junge hob schützend die Hand und plapperte unverständliche Worte. Die zerstörerische Wut, die in den Augen des Kultführers brannte, verflog so plötzlich, als wäre sie nie da gewesen, und anstatt dem Kind einen Arm abzuhacken, half er ihm fröhlich auf die Beine.

Auch ohne Sprachkenntnisse verstand man sofort, was geschehen war. Die Waffenlieferung war auf dem Weg zum Lager.

Es vergingen weitere fünfzehn Minuten, ehe der erste Lastwagen auf der holprigen Straße auftauchte, die für den Transport der Infizierten angelegt worden war. Der Laster trug das Logo einer der vielen Hilfsorganisationen, die im Land tätig waren, und als die ersten Kisten von der Ladefläche geworfen wurden, kullerten Lebensmittel heraus.

Trotz ihrer offensichtlichen Unterernährung interessierten sich die jungen Soldaten, die zwischen den Bäumen hervorkamen, kaum für das Essen. Erst als jemand mit einer Brechstange eine Kiste mit Granatwerfern öffnete, brandete Jubel auf.

Bahame überwachte das Abladen persönlich und dirigierte die Kisten mit den Pistolen, Gewehren und Minen zu verschiedenen Punkten am Rande des Lagers, nachdem er die Waffen mit besessenem Blick begutachtet hatte.

Als der zweite Laster auftauchte, wandte er sich ihm zu, um die riesige Kiste zu öffnen, die die ganze Ladefläche ausfüllte. Omidi lächelte unmerklich. Er war sich nicht sicher gewesen, ob auch diese eine ankommen würde, aber wieder einmal hatte Gott ihnen geholfen.

»Das ist ein Geschenk«, sagte der Iraner. »Von seiner Exzellenz Ayatollah Khamenei an dich.«

Bahame sprang auf die Ladefläche und rief nach Helfern. Die Kiste wurde an einem Ende aufgestemmt und Bahame verschwand im Inneren. Wenig später hörte man seine aufgeregten Rufe, während er die Seitenwände mit Fußtritten öffnete.

Als er fertig war, sah man in dem zersplitterten Holz ein gedrungenes Gebilde stehen, das wie ein kleiner Panzer aussah, mit dicken Plexiglasfenstern und einem einzigen Sitz.

»Es stammt von einer amerikanischen Firma und ist für Bombenentschärfungskommandos der Polizei gedacht«, erläuterte Omidi. »Es soll sogar einer raketengetriebenen Granate standhalten und über sechzig Stundenkilometer erreichen.«

Bahame sprang von der Ladefläche und schnappte sich ein Maschinengewehr von einem seiner Soldaten. Es war klar, was als Nächstes passieren würde, und Omidi warf sich auf den Boden, während seine Ohren von automatischem Gewehrfeuer dröhnten, das gegen den Stahl des Fahrzeugs prasselte.

Als er wieder aufstand, war der Afrikaner schon wieder auf dem Laster und stieg über die Leiche eines Mädchens, das nicht schnell genug geflüchtet war. Bahame strich prüfend über die unbeschädigte Oberfläche des Fahrzeugs. Er öffnete die Tür, zwängte sich in den engen Innenraum und suchte nach dem Zündschlüssel. Im nächsten Augenblick erwachte der Motor brüllend und schwarzen Dieselrauch hustend zum Leben.

Omidi zog sich zu dem behelfsmäßigen Podium am Waldrand zurück und wählte eine Nummer an seinem Telefon. Es klickte einige Male, dann hörte er eine vertraute Stimme.

»Ja?«

»Die beiden ersten Lastwagen sind da.«

Bahame schaffte es, das Fahrzeug die Rampe hinunter zu manövrieren, und hetzte seine erschrockenen Leute über die Lichtung.

»Heißt das, wir sollen alles vorbereiten?«

»Unverzüglich.«

»Wir warten auf Ihr Signal.«

Bahame riss den Wagen herum und brauste in seine Richtung, doch Omidi rührte sich nicht von der Stelle. Wenn er eines ganz sicher wusste, dann dass der Afrikaner niemals die Bühne beschädigen würde, auf der er den anderen seine Göttlichkeit vorführte.

Die Ares Entscheidung
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