Kapitel vierundsiebzig

ÜBER DEM ZENTRALIRAN

4. Dezember, 10:14 Uhr GMT+3:30

 

 

Der alte russische Hubschrauber fühlte sich an, als würde er jeden Moment auseinanderfallen, während er über den Bergkamm hinwegflog. Smith hielt sich an der rostigen Instrumententafel fest, als der Boden unter ihnen wegbrach und Farrokh ins Tal hinabtauchte.

Sie hatten ihm untersagt, zu telefonieren, und er hatte nur ausweichende Antworten bekommen, wenn er danach fragte, wie man die Suche nach Omidi und dem Parasiten angehen würde, wohin Peter Howell verschwunden war und wann sie, verdammt nochmal, endlich etwas unternehmen würden.

»Da!«, rief Farrokh über dem Knattern der Rotoren. Er zeigte auf eine Gruppe von etwa fünfzig Leuten, die noch kaum zu erkennen waren, manche in militärischen Formationen, andere in schneller Bewegung, möglicherweise auf einer Hindernisstrecke.

»Unser neuestes Trainingsgelände«, erläuterte der Iraner, während er einen weiten Bogen flog und schließlich vor einer hoch aufragenden Klippe landete. »Früher haben wir uns ganz auf Strategien des friedlichen Protests beschränkt, unterstützt durch moderne Technologie. Aber je erfolgreicher wir werden, umso verzweifelter und gewalttätiger reagiert die Regierung.«

»Dann entwickeln Sie also auch einen militärischen Arm?«

Der Iraner stellte den Motor ab und sprang aus dem Cockpit, und Smith direkt nach ihm. »Ja, aber das war nie als Angriffstruppe gedacht. Ich glaube daran, dass wir auch ohne Blutvergießen gewinnen können, wenn wir geduldig sind. Es wäre eine schlechte Strategie, wenn wir versuchen würden, die alten Männer in unserer Regierung mit Gewalt zu Fall zu bringen.«

»Besser warten, bis sie sterben und man ihre Positionen übernehmen kann.«

»Genau«, stimmte Farrokh zu. »Offene Gewalt wäre eine Katastrophe für uns in der öffentlichen Wahrnehmung. Ich schätze, in den Vereinigten Staaten wäre es auch nicht anders. Da könnte eine Regierung noch so verhasst sein, es wäre trotzdem ziemlich unpopulär, wenn eine Gruppe versuchen würde, sie mit Gewalt zu stürzen. Andererseits erscheint es mir verantwortungslos, überhaupt keine Möglichkeit zu haben, unsere Leute zu schützen.«

»Man hofft das Beste und bereitet sich auf das Schlimmste vor«, meinte Smith. »Mit dieser Strategie bin ich auch immer gut gefahren.«

Er schirmte seine Augen gegen die Sonne ab und sah zwei Männer beim vergeblichen Versuch, eine drei Meter hohe Hinderniswand zu überwinden. Rechts davon schossen mehrere Männer in Bauchlage mit unterschiedlichem Erfolg auf fünfzig Meter entfernte Zielscheiben. Ein Ausbilder ging ungeduldig hinter ihnen auf und ab und blieb hin und wieder stehen, um die schlechte Haltung eines Schützen zu korrigieren oder einen Rat zu geben. Sein Gesicht war von einem breiten Strohhut abgeschirmt, doch seine Haltung und seine Bewegungen verrieten die Energie, die in ihm steckte.

»Wenn Sie mich kurz entschuldigen«, sagte Farrokh und ging zu einer kleinen Gruppe von Männern hinüber, die irgendetwas zu studieren schienen, das auf einem Klapptisch ausgerollt war.

Smith nickte und ging zum Schießstand weiter. »Peter!«, rief er, als er fast dort war.

Howell drehte sich um und rief den Männern am Boden ein knappes Kommando zu. Im nächsten Augenblick liefen sie in Formation zu einem Gerüst, von dem mehrere Kletterseile hingen.

»Ich hab mir schon Sorgen um dich gemacht, alter Junge«, sagte er und schüttelte Smith herzlich die Hand.

»Das könnte ich auch sagen. Aber dir scheint es ja prächtig zu gehen.«

»Eine Pritsche und drei Mahlzeiten am Tag – was können Männer wie wir mehr verlangen?«

Eine interessante philosophische Frage, über die er jetzt jedoch nicht weiter nachdenken konnte. »Wie sieht’s aus?«, fragte Smith.

»Achtundvierzig Mann mit einigen Monaten Ausbildung und neun Armeeveteranen, von denen zwei sogar bei den Sondereinsatzkräften waren. Sie sind aber eher wie ich – nicht mehr die Jüngsten.«

»Was ist mit den achtundvierzig Mann? Können sie kämpfen?«

Howell runzelte die Stirn. »Sie sind entschlossen und verdammt helle Köpfe. Aber sie kommen ein bisschen schnell ins Schwitzen.«

»In die Schlacht zieht man mit der Armee, die man hat, nicht mit der, die man gern hätte.«

»Stimmt. Pass trotzdem auf, dass du hinter ihnen bist, wenn sie anfangen zu schießen.«

Die Ares Entscheidung
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