Epilog
Cornelius, Chris, Max und ich standen auf dem Friedhof vor den Gräbern meiner Familie. Es war einer dieser ersten frühlingshaften Märztage, und ich hatte auf jedes Grab eine Vase mit einem üppigen Strauß Tulpen gestellt.
Hinner hatte in dem Bunker schließlich gestanden, Vera, Nora und Margo getötet zu haben. So berichtete es Konrad hinterher. Und auch, dass Hinner genau wie Leo ausgerechnet zuvor zu ihm, dem unbescholtenen Blutsbruder, gekommen war und ihm vorgeschlagen hatte, Claudias Tod zu rächen und Leo aus seinem Versteck zu locken. Hinner war sicher, dass Leo zur Beerdigung unserer Mutter kommen würde. So wie er sicher gewesen war, dass sie immer Kontakt zu ihm hatte.
Es war Zufall, dass Siggi neben Margo wohnte. Der Zufall spielte aber insofern keine Rolle, als Siggi mich ohnehin für Hinner überwacht hatte. So hatten wir uns auch vor Margos Haus getroffen. Siggi war überrascht, als wir Margos Leiche fanden, und er benutzte die erstbeste Gelegenheit, sich davonzumachen.
Konrad wusste bis zu jener Nacht nicht, ob Leos oder Hinners Version stimmte. Deshalb hatte er bei beiden mitgespielt. Er hatte es als Wink des Schicksals begrüßt, als ich ihn gebeten hatte, mit mir ins Krankenhaus einzubrechen.
Carsten Unruh bereitete gegen Kortner eine interne Untersuchung wegen Amtsmissbrauchs, und eine Anklage wegen Vertuschung eines Mordes und Erzwingung von Falschaussagen vor.
Der Prozess gegen Hinner begann in Kürze. Er wurde wegen Mordes an Vera und Nora Schnitter sowie wegen Mordes an Margo Swann angeklagt.
Von den Toten in meiner Familie war niemand ohne Schuld.
Mein Bruder Leo war ein Vergewaltiger, Erpresser und Mörder, und er hatte meine Eltern in einen Abgrund gerissen.
Meine Mutter hatte Charles erschossen und Adam und mich jahrelang belogen.
Mein Vater hatte seinen Sohn gerichtet und dann sich selbst.
Unwillkürlich fröstelte ich, als ich darüber nachdachte.
»Gehen wir?«, fragte Cornelius, und ich nickte. Und dann gingen wir wie eine ganz normale Familie an einem ganz normalen Sonntagnachmittag zurück zu Cornelius’ Eltern, tranken Kaffee und aßen selbstgebackene Himbeertorte, während zwei ausgelassene Jungen auf dem Sofa »Mario Kart« spielten – und das Mädchen in meinem Bauch zum ersten Mal kräftig zutrat.