So wirst Du schon erblicken

Die Sonn’ der schönsten Freud!«

 

Die Sprecherin hörte, daß Gustel noch immer weinte; aber dieses Weinen war ruhiger geworden. Dann erklang es von drüben herüber: »Und doch kommt Gott nicht mehr vom Himmel auf die Erde herab, wie es nach der Bibel früher geschehen sein soll!«

»Aber er machte seine Boten zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen!«

»Das heißt; er schickt irdische Helfer.«

»Ja. Nimm Dir nur einen tüchtigen Advocaten an! Ich habe gehört, daß man keinen Unschuldigen ohne Advocaten und Vertheidigung verurtheilen darf.«

»Das hat mir auch der Wachtmeister bereits gesagt. Aber was kann mir das für später helfen? Ob ich verurtheilt werde oder nicht, so komme ich doch nach Hause, wo sie bereits so elend sind. Und dieses Elend wird durch mich nur noch schlimmer. Denke Dir, was ich erwarte! O Gott, das Kind – – das Kind!«

Und wieder begann sie zum Erbarmen zu schluchzen. Engelchen fühlte das tiefste Mitleiden. Sie sagte sich, daß Gustel sich ganz besonders fürchte, ihren armen Eltern zur Last zu fallen, und daß es vielleicht besser sei, ihr die Wahrheit zu sagen. Darum entfuhr es ihr: »Du brauchst Dir wegen zu Hause keine Sorge zu machen!«

»Keine? Das ist ja meine größte Sorge! Was soll werden, wenn auch ich noch komme, und – nicht ich allein!«

»Du wirst den Eltern nicht beschwerlich werden.«

»Nicht? Wieso?«

»Deine Mutter ist – liebe Gustel, Du wirst doch nicht darüber erschrecken?«

Da fuhr die Genannte von ihrem Lager empor und sagte:

»Erschrecken? Gott, was meinst Du! Was werde ich hören? Was ist geschehen, daß ich darüber erschrecken könnte?«

»Hast Du es wirklich noch nicht erfahren?«

»Was denn? Ich weiß nichts, gar nichts. Ich weiß nur, daß der Vater entlassen ist.«

»Wer hat es Dir gesagt?«

»Der Actuar und der Wachtmeister.«

»Und sie haben Dir weiter nichts gesagt?«

»Nein.«

»Von Deiner Mutter?«

»Nein, kein Wort! Was ist mit ihr? Engelchen, mach schnell! Sage es mir! Herr Jesus! Der Gensd’arm war bei uns. Ich sollte gestohlen haben! Mutter war so sehr krank. Sie hat gehört, daß man mich und den Vater fortgeschafft hat, und da – da – Engelchen, sag’s! Sie ist noch kränker geworden?«

»Ja, liebe Gustel!«

»Nicht nur kränker geworden! Sie ist sogar gestorben, gestorben vor Schreck und Herzeleid?«

Engelchen antwortete auf diese Frage nicht, darum fügte ihre Freundin noch hinzu:

»Gestehe es nur! Sie ist todt! Nicht wahr?«

»Ja,« erklang es leise und zögernd.

Engelchen hatte erwartet, daß ihre Mitgefangene nun in laute Klagen ausbrechen werde; aber das geschah nicht, sie blieb ruhig; sie ließ keinen Laut hören. Es trat eine tiefe Stille ein, welche umso bedrückender umso beängstigender wirkte, je länger sie dauerte. So vergingen fünf Minuten, zehn Minuten, ja wohl eine ganze Viertelstunde. Engelchen lauschte angestrengt; aber es war nicht das Geringste zu hören. Da wurde es ihr bange und immer banger, sie konnte es nicht mehr aushalten und sagte, leise rufend: »Gustel!«

Sie erhielt keine Antwort.

»Gustel! Hörst Du mich?«

Jetzt war nur ein leises Rascheln des Lagers zu hören.

»Gustel, antworte! Mir wird es sonst ganz bange!«

Da erklang es unter einem Schluchzen, wie Engelchen es in ihrem ganzen Leben noch nicht gehört hatte:

»Todt! Todt! Meine Mutter ist todt!«

»Tröste Dich! Sei ruhig! Sie ist gut aufgehoben!«

»Meine Mutter! Meine liebe, liebe, gute Mutter!«

»Nicht so, nicht so, liebe Gustel! Weine lieber! Weine Dich aus! Das erleichtert das Herz!«

»O Du mein Gott! Meine Mutter ist todt! Meinetwegen ist sie gestorben! Was soll ich thun? Wenn ich nur auch gleich sterben könnte! Wäre ich doch weg, weg von der Welt!«

Das arme Mädchen war auf das Tiefste erschüttert. Engelchen versuchte Alles, die Freundin zu trösten, aber ihre gut gemeinten Worte fanden keine Beachtung. Erst mit der Zeit wurde der erste Eindruck dieser traurigen Botschaft überwunden, und die tiefe Erschütterung löste sich in Thränen auf. Dann fragte die Weinende: »Wann ist sie denn gestorben?«

»Gleich als sie hörte, daß man Euch arretirt und nach der Amtsstadt geschafft habe.«

»Gleich da! Also vor Schreck! Wie entsetzlich! Wer kann sich da beruhigen! Wer kann sich darüber hinwegsetzen!«

»Und doch giebt es auch dabei einen Trost!«

»Welchen? Ich weiß keinen!«

»Daß Deine Mutter einen guten Tod gehabt hat.«

»Vor Schreck! Nennst Du das gut?«

»Sie ist schnell gestorben; sie hat nicht zu leiden gehabt.«

»Aber sie ist doch gestorben, vor Schreck, vor Entsetzen! Das ist fürchterlich! Das kann ich nimmermehr verwinden! Sie todt, und ich mit dem Vater gefangen! Was ist da mit den armen, kleinen Geschwistern geschehen?«

»Da brauchst Du Dich nicht zu kränken! Sie sind gut versorgt!«

»Versorgt? O, man wird sie in das Armenhaus geschafft haben. Und wie sie es dort haben, wie es dort zugeht, das weiß man ja ganz genau!«

»Es ist wahr, sie sind zunächst nach dem Armenhause geschafft worden; aber sie sind nur wenige Stunden dort geblieben. Der Herr Pastor hat sie geholt!«

»Der? Gott segne ihn! Er hat sie zu sich genommen?«

»Nein; aber er hat sie zu Hausers gethan.«

»Zu Hausers? Da sind sie gut aufgehoben! Hausers sind ja brave Leute. Aber bei ihnen ist die Armuth daheim. Sie haben selbst zu schaffen, um zur Noth auszukommen. Wie wollen sie jetzt für so Viele sorgen können!«

»Auch da ist geholfen. Es ist nämlich ein fremder Herr zu dem Pfarrer – ah, hast Du schon von dem Fürsten des Elendes gehört?«

»Nein. Wer ist das?«

»Das ist ein sehr geheimnißvoller Mann, der zuerst in der Residenz aufgetreten ist. Wo irgend wer in Noth und Sorge gewesen ist, da ist dieser Mann gekommen und hat geholfen. Wo es irgend einen Jammer, ein Elend gegeben hat, da ist er schnell bei der Hand gewesen. Darum hat man ihn eben den Fürsten des Elendes genannt.«

Gustel machte zu diesen Auseinandersetzungen keine Bemerkung; sie hörte nur zu. Darum fuhr Engelchen fort: »Jetzt nun ist er auch im Gebirge aufgetaucht.«

»Um zu helfen?«

»Ja.«

»Wohl auch bei uns, in unserem Städtchen?«

»Ja. Und zwar seid Ihr die Ersten gewesen, denen er seine Hilfe gebracht hat.«

»Wir? Meine Geschwister?«

»Ja. Er ist am Sonntage in der Dämmerung zum Pfarrer gekommen und hat sich nach Euch erkundigt.«

»O, der kann nichts Uebles von uns sagen!«

»Nein, und darum ist dieser fremde Herr auch gleich zur Hilfe bereit gewesen.«

»Wie will ich ihm dafür danken, wenn ich wieder frei bin.«

»Das wird Dir sehr schwer werden, denn er hüllt sich in das tiefste Geheimniß. Kein Mensch kennt ihn; kein Mensch hat erfahren, wer er eigentlich ist.«

»O, ich werde so lange forschen, bis ich es erfahren habe! Was hat er denn für die Geschwister gethan?«

»Zunächst hat er eine Summe Geldes zum Begräbnisse Deiner Mutter gegeben.«

»Gott sei Dank! Sie ist also nicht in einem Communsarge begraben worden?«

»Nein.«

»Das ist wenigstens ein kleiner Trost. Ein Communsarg! Das ist schrecklich! Man nennt diese Särge nur Nasenquetschen!«

»Und sodann hat er Geld hergegeben für Hausers, damit Deine Geschwister keine Noth zu leiden brauchen.«

Gustel holte tief Athem.

»Das ist wieder ein Trost,« sagte sie. »Nun fallen sie also den armen Hausers nicht zur Last.«

»Nein. Und ferner ist er hierher gegangen und hat mit dem Untersuchungsrichter gesprochen, um Euch frei zu machen. Dich hat man nicht losgeben können; aber Deinen Vater hat man entlassen, weil der Fürst des Elendes eine Caution bezahlt hat.«

»Also deshalb! Ich dachte, der Vater sei freigesprochen worden. Wo befindet er sich denn jetzt? Daheim? Hat er die Geschwister wieder zu sich genommen?«

»Nein.«

»So sind sie auch jetzt noch bei Hausers?«

»Sie werden für immer dort bleiben.«

»Aber der Vater? Du sagtest vorhin, daß er keine Arbeit habe. Er muß doch leben!«

»Für ihn ist auch gesorgt, liebe Gustel.«

»Ohne Arbeit? Sagest Du denn nicht, daß er bei der Mutter sei?«

»Ja.«

»Aber diese ist ja todt. Wie kann er bei ihr sein?«

Engelchen schwieg. Sie wußte nicht, was sie antworten solle, und darum zog sie vor, lieber gar nichts zu sagen. Also entstand eine Stille, während welcher Gustel auf eine Antwort wartete. Als diese aber nicht erfolgte, kam es plötzlich über sie wie ein Verständniß dessen, was Engelchen eigentlich gesagt hatte.

»Herrgott!« sagte sie. »Verstehe ich Dich recht, Engelchen?«

»Was meinst Du?«

»Du sagst, daß für den Vater gesorgt sei?«

»Ja. Er hat keine Noth.«

»Er ist bei der Mutter?«

»Gustel, bitte, ergieb Dich darein.«

Da stieß das arme Mädchen einen Schrei aus, so schrill und laut, daß er in allen Corridoren des Gefängnisses zu hören war. Dann war es still, ganz still in der Zelle und draußen. Bald aber hörte man Schritte, Schlüssel und Riegel rasselten, und fragende Stimmen erklangen. Dann wurde die Thür geöffnet. Der Wachtmeister trat herein und ließ das Licht der Laterne auf die beiden Lager fallen.

Gustel lag regungslos, mit geschlossenen Augen auf dem ihrigen; Engelchen aber hatte sich in sitzende Stellung empor gerichtet.

»Haben Sie den Schrei gehört?« fragte er.

»Ja.«

»Ihre Nachbarn sagten, es war hier.«

»Ja, Herr Wachtmeister, es war hier.«

»So! Wer war es denn?«

Engelchen deutete stumm nach ihrer Freundin.

»Die? Warum?«

»Sie erfuhr, daß ihr Vater und ihre Mutter gestorben sind.«

»Hm! Und Sie haben es ihr gesagt?«

»Ja.«

»Das hätten Sie unterlassen sollen!«

»Ich konnte nicht anders. Sie fragte nach den Eltern.«

»Die Hausordnung verbietet überhaupt solche Unterredungen zwischen den Gefangenen. Wenn sich solche Fälle wiederholen, muß ich Sie Beide auseinander nehmen.«

Er trat näher und leuchtete auf Gustel nieder. Sie behielt die Augen geschlossen und bewegte sich nicht.

»Fräulein Beyer!« sagte er.

Da öffnete sie langsam die Augen und richtete den starren Blick auf ihn.

»Fehlt Ihnen etwas?«

Es war, als ob sie sich erst besinnen müsse; dann schüttelte sie langsam den Kopf, doch ohne ein Wort zu sagen.

»Sie sind erschrocken. Wenn Sie etwas wünschen, so sagen Sie es mir!«

Sie schüttelte abermals mit dem Kopfe. Er wurde nun doch besorgt und fragte darum:

»Warum sprechen Sie nicht? Können Sie nicht reden?«

Da endlich richtete sie sich auf den Ellenbogen auf und antwortete:

»Ich danke, Herr Wachtmeister! Ich brauche nichts!«

»Gut! Wer wird denn so erschrecken! Wir müssen ja Alle sterben, und Ihren Eltern ist nun wohl. Trösten Sie sich also, und vermeiden Sie in Zukunft solche aufregende Gespräche!«

»Verzeihen Sie!«

»Dieses Mal mag es so hingehen, aber vergessen Sie nur nicht wieder, daß unsere Hausordnung eine sehr strenge ist!«

Er ging. Man hörte draußen, nachdem er wieder zugeschlossen hatte, seine Schritte verhallen, und dann trat die vorige Stille ein.

Engelchen bereute jetzt, Alles gesagt zu haben. Aber sie war gefragt worden. Hätte sie Lügen machen sollen? Was hätte sie denn sagen können? Sie hüllte sich in ihre Decke, schloß die Augen und versuchte einzuschlafen. Aber sie kam nicht dazu, denn nach einiger Zeit flüsterte Gustel: »Engelchen!«

Die Angerufene antwortete nicht. Sie wollte lieber so thun, als ob sie eingeschlafen sei.

»Engelchen, schläfst Du schon?«

Und als keine Antwort erfolgte, setzte sie sich auf und sagte:

»So schnell kannst Du nicht eingeschlafen sein. Willst Du Dich verstellen? Da komme ich hinüber!«

»Wir dürfen doch nicht sprechen!«

»O doch!«

»Der Wachtmeister hat es ja verboten!«

»Nur nicht laut sollen wir reden!«

»Und nicht von diesen Dingen!«

»Aber ich muß nun auch das Weitere erfahren!«

»Jetzt nicht! Du erschrickst und wirst dann laut.«

»Nun nicht mehr. Es ist überwunden. Wir werden nur ganz leise flüstern, so daß uns Niemand hört.«

»Wird es nicht besser sein, wir schlafen?«

»Denkst Du, daß ich schlafen kann? Schlafen, nach Dem, was ich von Dir erfahren habe?«

»Versuche es, liebe Gustel!«

»Es geht nicht. Sei gut! Sei barmherzig! Sage mir, was weiter geschehen ist?«

»Magst Du nicht warten bis morgen früh, bis es wieder Tag geworden ist.«

»Das kann ich nicht; das ist ganz unmöglich! Engelchen, wenn Du wirklich meine Freundin bist, so laß Dich erbitten!«

»Du Ärmste! Wie dauerst Du mich! Aber ich habe Sorge, daß Du wieder laut sein wirst.«

»Nein; ich werde ganz leise sprechen. Was Du mir noch sagen wirst, das kann nicht so schrecklich sein wie das, was ich bereits gehört habe. Also, mein Vater ist wirklich auch todt?«

»Ja, er ist gestorben.«

»Aber er war ja gar nicht krank. Was ist denn die Ursache seines Todes gewesen?«

»Das kann ich Dir auch nicht sagen. Man hat ihn erst gefunden, als er bereits todt war.«

»Wo?«

»Auf dem Kirchhofe!«

»Auf dem Kirchhofe! Herr, mein Gott! Ist es wahr?«

»Ja. Deine Mutter lag im Leichenhause. Der Todtengräber kam früh, um das Grab zu graben, und da fand er Deinen Vater bei Deiner Mutter.«

»To-o-odt?« erklang es stockend.

»Ja. Denke Dir nur! Er war entlassen worden, hatte sich aber gar nicht sehen lassen. Er saß bei Deiner Mutter und hatte sie in den Armen.«

»Mein Vater! Mein lieber, lieber, armer Vater! Ich weiß nun, woran er gestorben ist!«

»Woran?«

»Vor Jammer und – vor Kälte!«

»Es ist so rührend gewesen. Sie haben Herz an Herz gelegen. Man hat da so recht deutlich sehen müssen, wie lieb sie einander gehabt haben!«

»Ja, lieb haben sie sich gehabt! Lieb haben wir uns Alle gehabt. Es hat bei uns Beides gegeben: Viel Liebe und viel Elend!«

Ihre Stimme erstarb in einem Schluchzen, dem man es anhörte, daß es nur mit allergrößter Anstrengung unterdrückt wurde. Sie hätte vor Herzeleid laut hinaus schreien mögen. Sie warf sich auf dem Lager hin und her; sie biß in die Decke, um ihren Kummer nicht laut werden zu lassen. So verging eine längere Zeit, bis sie fragte: »Sind sie begraben?«

»Heute noch nicht.«

»Wann denn!«

»Morgen am Vormittage. Die Mutter hätte nach dem Gesetze heute begraben werden müssen; aber weil die Zeit bei Deinem Vater erst morgen um ist, und weil Beide in ein und dasselbe Grab kommen sollen, wartet man bis morgen.«

»Morgen früh!« hauchte sie.

Engelchen bekam wieder Sorge. Sie bat:

»Sei ruhig! Fasse Dich! Es ist ein großes, großes Leid; aber Du wirst es mit Gottes Hilfe verwinden!«

»Morgen früh! Und ich stecke hier! Ich kann nicht mit!«

»Bete recht herzlich zu Gott, liebe Gustel! Das wird Dich ganz sicher beruhigen.«

»Morgen früh! Man wird sie einscharren! Man wird fragen, wo ihre Tochter ist, und man wird antworten: ›Sie ist eine Diebin und steckt im Gefängnisse. Sie hat gestohlen, und darum mußten diese Beiden sterben, die Eine vor Schreck, und der Andere vor Seelenschmerz und Kälte!‹«

»Nein, nein! Das wird man nicht sagen! Bitte, mache Dir keine solchen entsetzlichen Gedanken!«

»Morgen früh! Und ich bin nicht dabei! Ich werde sie nicht wiedersehen, den Vater nicht und die Mutter nicht, niemals, niemals! Herr, mein Gott! Was habe ich denn gesündigt, daß Du das über mich schickst! Könnte ich noch einmal die Stimme der Eltern hören und ihnen noch einmal in das Gesicht sehen! Könnte ich noch einmal ihnen die kalten Hände drücken, nur noch ein einziges Mal, und ihnen eine Blume in das Grab nachwerfen, eine Blume, eine einzige, kleine, arme Blume! Aber ich liege hier, und morgen wirft man die Erde auf sie. Dann sind sie weg, fort; Herr, mein Heiland, wie soll ich das ertragen!«

Engelchen hielt es für das Beste, Nichts zu sagen. Von dem anderen Lager erklang ein herzbrechendes Stöhnen, leise, immer leiser – dann war es still.

Bald lag Engelchen im Schlafe; aber die Sterne, welche zu dem schmalen, niedrigen Loche hereinblickten, welches hier Fenster genannt wurde, schauten auf ein Menschenkind, welches sich ruhelos auf dem Strohsacke hin und her wälzte, und dessen Inneres so vom Schmerz erschüttert und zerrissen wurde, daß die Gestalt sich dann plötzlich erhob und sich vor das andere Lager niederkauerte.

»Engelchen!«

Die Angerufene erwachte. Sie konnte sich nicht sofort orientiren, wo sie sich befand. Sie erschrak. Der Schein der Sterne fiel auf eine Gestalt, welche vor ihr hockte.

»Mein Gott! Wer ist das?« fragte sie.

»Ich, Beyers Gustel!«

Jetzt erst erinnerte sich Engelchen, daß sie nicht zu Hause sei, sondern sich bei der Freundin in der Zelle befinde.

»Was willst Du?« fragte sie.

»Du hast ihn nicht ermordet?«

»Ermordet? Wen denn?«

»Seidelmann!«

»Ach so! Nein. Ich habe Dir ja bereits gesagt, daß ihn der Schuß nur gestreift hat.«

»Nur gestreift! Warum hast Du nicht besser gezielt?«

Diese Worte wurden zischend zwischen den Zähnen hervorgestoßen. Engelchen fühlte eine wachsende Bangigkeit. Sie sagte: »Gustel, mir wird es angst vor Dir!«

»Angst? Warum?«

»Du bist so eigenthümlich, so ganz anders als immer.«

»O, Dir werde ich nichts thun! Weißt Du, wer die Schuld trägt, daß ich hier bin?«

»Seidelmann.«

»Ja, er! Und wer ist schuld daran, daß meine armen Eltern sterben mußten?«

»Auch Seidelmann!«

»Ja, er, er! Und Du hast ihn nicht erschossen!«

»Das wollte ich ja auch gar nicht!«

»Aber ich will es!«

»Mein Gott! Sprich nicht solche Worte!«

»O, ich werde nicht nur sprechen, sondern handeln! Mag man mich verurtheilen oder nicht, einmal werde ich doch wohl wieder frei. Meinst Du nicht?«

»Ganz gewiß!«

»Dann gehe ich hier fort, nach Hause. Und weißt Du, was ich thun werde?«

»Nein«

»Ich werde mir eine Waffe verschaffen, ein scharfes Messer, ein Gewehr – und wenn ich es stehlen soll! Und dann, o, dann wird dieser Teufel nicht blos wieder gestreift werden, sondern die Kugel oder die Klinge soll ihn in das Herz treffen!«

»Gustel, willst Du mich zum Fürchten machen? Mir graut fast vor Dir!«

»Ah! Graut Dir vor mir? Wirklich?«

»Ja; sehr!«

»Nun, sei ruhig! Dir werde ich nichts thun; aber ihm soll noch viel mehr vor mir grauen, ihm, dem Mörder meiner Jugend, meiner Ehre, meines Lebens und meiner Eltern! Das mußte herunter vom Herzen; das mußte ich Dir noch sagen! Nun aber werde ich Dich nicht mehr belästigen. Schlaf wohl!«

»Nein, nein! So schlafe ich nicht wieder ein! Gustel, Du mußt mir versprechen, von diesem Gedanken zu lassen!«

»Kann ich, wenn der Gedanke nicht von mir läßt?«

»Bete, o bete: Führe uns nicht in Versuchung!«

»Vielleicht hast Du Recht! Es ist ein Teufel, welcher in Gestalt dieses Gedankens mich erfassen will. Ich werde mit ihm ringen. Ich werde bis morgen keine Ruhe mehr finden. Du aber, schlafe ruhig, Engelchen! Gute Nacht!«

»Gute Nacht, Du Arme, Arme!« – – –

– – – Kurz nach dem Mittage des verflossenen Tages, also ungefähr um die Zeit, in welcher Fritz Seidelmann mit dem Kaufmann Winkler im Gasthofe zum grauen Wolf gesessen hatte, ging der Knappschaftsarzt durch das kleine Gebirgsstädtchen. Er trat in ein armseliges Häuschen, stieg eine Treppe empor und öffnete eine Thür, ohne vorher angeklopft zu haben. Ein geradezu dick zu nennender, fürchterlicher Dunst schlug ihm entgegen, so daß er zurückfuhr und nur nach augenblicklicher Ueberwindung seines Wiederstrebens einzutreten vermochte.

»Guten Tag,« sagte er.

»Guten Tag, Herr Doctor! Willkommen!«

Der das sagte, war ein bleicher, fahlwangiger Mann, welcher an einem Tische gesessen hatte, auf welchem ein Reißbret lag. Er stand vom Stuhle auf.

»Sapperment, Wilhelmi, welche Luft haben Sie hier!«

Der Mann zuckte traurig die Achseln.

»Ich kann nicht dafür,« antwortete er.

»So lüften Sie doch!«

»Es ist so kalt, Herr Doctor! Und Diese da liegen ja im Fieber. Wie darf ich da lüften!«

Er deutete nach einer Ecke der Stube. Es war ein schauderhafter Anblick, welcher sich dort bot. Auf kurzem Stroh und alten Lumpen lagen da eine Frau und drei Kinder, welche fast gar nicht das Aussehen von Menschen hatten. Ihre Gesichter waren von einer scheußlichen Kruste bedeckt, und ihre Hände und ihre Körper ebenfalls, wie man leicht sehen konnte, da die Glieder nur ganz nothdürftig mit alten Kleidungsstücken bedeckt waren.

In dieser Stube herrschten die Blattern, die bösartigen Menschenpocken!

»Und doch müssen Sie lüften!«

»Kalt, kalt!« rief die kranke Frau.

»Hören Sie?« sagte der Mann. »Bitte, schließen Sie die Thür! Die Frau kann den Tod davon haben. Sie liegt im Fieber, und hier zieht es. Die Blattern vertragen solche Kälte nicht!«

»Feuern Sie doch!«

Der Mann deutete nach dem Ofen und fragte:

»Womit?«

»Mit Holz, Kohlen – mir ganz egal! Aber gefeuert muß natürlich werden.«

»Herr, Kohlen und Holz kosten Geld.«

»Nun, Sie verdienen ja Geld!«

»Ich? Wie viel? Wissen Sie das?«

Er trat zur Thür und machte sie zu, trotz des mißbilligenden Blickes, den ihm dabei der Arzt zuwarf.

»Jedenfalls so viel, wie Sie brauchen. Sie sind ja Musterzeichner. Das ist ein lohnendes Geschäft.«

»Musterzeichner bei der Firma Seidelmann und Sohn. Wissen Sie vielleicht was das heißt?«

»Sie wollen doch nicht sagen, daß diese beiden Herren ihre Arbeiter nicht bezahlen!«

»O nein! Sie bezahlen schon, aber wie!«

»Wieviel verdienen Sie?«

Der Mann deutete auf das Reißbret und antwortete:

»Hier sehen Sie fünf neue Muster. Ich habe sie selbst componirt und zwei Wochen daran gearbeitet. Herr Seidelmann wird mir für jedes zwei Gulden bezahlen, also zehn Gulden. Aber er wird mit diesen Mustern, welche das Gesetz für ihn schützt, Tausende verdienen!«

»Zehn Gulden! Das ist doch keine Kleinigkeit!«

»Keine Kleinigkeit? Herrgott! Pro Woche fünf Gulden, und dabei vier Blatternkranke und noch zwei Esser!«

Er deutete dabei auf sich und hinter den kalten Ofen, wo auf einem niedrigen Schemel eine alte Frau hockte, die den frierenden Oberkörper in einen zerrissenen, flanellenen Unterrock gewickelt hatte.

»Ihre Schwiegermuter?« fragte der Arzt.

»Ja.«

»Das sind allerdings sechs Esser. Aber warum arbeiten Sie nicht fleißiger?«

»Nicht fleißiger? Herr Doctor, ich habe Tag und Nacht gearbeitet. Meine Augen schmerzen. Wenn das so fortgeht, muß ich das Augenlicht verlieren.«

»Hm! Das sind die gewöhnlichen Klagen! Wie geht es mit den Patienten?«

»Wie zuvor. Gebessert hat es sich nicht, eher verschlimmert.«

»Wollen sehen!«

Er trat zu der Frau und that, als ob er einen Blick auf sie werfe, während er doch nur einen unüberwindlichen Abscheu fühlte.

»Allerdings noch nicht besser,« sagte er. »Sorgen Sie für Wärme.«

Der Mann zuckte traurig die Achsel.

»Wie steht es mit der Medizin? Sie scheint alle zu sein.«

»Nein. Ich habe keine geholt.«

»Nicht? Warum nicht? Ich habe das Recept ausgefertigt und Ihnen befohlen, es in die Apotheke zu tragen!«

Diese Worte waren im Tone eines Vorgesetzten gesprochen. Wilhelmi richtete seine Gestalt empor und fragte: »Befohlen?«

»Nun ja! Oder sagen wir, ich habe es angeordnet.«

»Das lasse ich gelten. Ich bin aber auch in der Apotheke gewesen, Herr Doctor.«

»Nun?«

»Ich bin dort bereits vier Gulden schuldig.«

»So! Warum bezahlen Sie nicht?«

»Weil ich kein Geld habe. Ich erfuhr, daß die neue Medizin anderthalb Gulden kosten werde –«

»So wird es ungefähr sein.«

»Ich wurde gefragt, ob ich fünf und einen halben Gulden mit habe. Ich hatte keinen Kreuzer in der Tasche.«

»Ja, so ist es! Die Herren Pharmaceuten sollen ihre Waaren immer auf Credit geben.«

»Da sagte man mir, daß ich die Medizin holen solle, sobald ich Geld habe. Das ist der Grund, daß ich sie noch nicht habe.«

»Aber Mann! Die Medizin wird gebraucht!«

»Das ist sehr wahrscheinlich! Aber ich habe kein Geld. Herr Doctor, Sie sind ja Knappschafts-und Armenarzt. Könnten Sie es denn nicht befürworten, daß ich die Medizin umsonst oder doch wenigstens auf Credit erhalte?«

Der Arzt zuckte die Achsel, lächelte überlegen und antwortete:

»Ja, freilich kann ich das! Es ist sogar meine Pflicht, dies zu thun, mein Bester.«

»Dann bitte ich recht herzlich um ihre Fürsprache!«

»Gern, sehr gern! Aber, haben Sie mit Herrn Seidelmann bereits darüber gesprochen?«

Das Gesicht Wilhelmi’s verdüsterte sich und seine Lippen preßten sich zusammen.

»Ja,« antwortete er.

»Was sagte er?«

»Was er zu dem Schreiber Beyer gesagt hatte, als dieser wegen seiner kranken Frau mit ihm redete.«

»Das weiß ich nicht auswendig.«

»Er will es nicht leiden, daß seine Angestellten sich an den Armenarzt wenden.«

»Das Recht dazu ist ihm nicht abzusprechen. Sie sind als Musterzeichner bei ihm angestellt.«

»So mag er mich doch so bezahlen, daß ich mich nicht nach Unterstützung umzusehen brauche!«

»Suchen Sie sich andere Arbeit!«

»Ich habe nichts Anderes gelernt.«

»So zeichnen Sie für einen Andern!«

»Giebt es hier Einen?«

»Dann würde ich an Ihrer Stelle mich weiter wenden!«

»Das geht nicht. Das Fortziehen kostet Geld, und ein Anderer wird mir keine Arbeit geben. Dafür sorgt Herr Seidelmann!«

Sein von der Noth und Sorge fast abgezehrtes Gesicht hatte einen starren Ausdruck angenommen. Er war jedenfalls ein ganz braver Mann, aber unter den Erfahrungen, welche er gemacht hatte, war er verschlossen und verbittert worden.

»Nun, so entscheiden Sie!« meinte der Arzt. »Soll ich Sie als Hilfsbedürftigen melden?«

»Dann bekomme ich keine Arbeit mehr!«

»Nun, so lassen Sie sich von Herrn Seidelmann einen kleinen Vorschuß geben!«

»Den erhalte ich nicht. Er hat mir bereits zwei Gulden geborgt!«

»Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen! Wie steht es mit dem Essen? Ist Appetit da?«

»Nicht nur Appetit, sondern sogar Hunger!«

»Was haben die Kranken genossen?«

»Seit vorgestern zwei solche Brodchen.«

Er zog den Tischkasten auf und nahm ein hartes, altes Dreierbrodchen heraus.

»Zwei? Vier Personen?«

»Ja. Ich hatte nicht mehr.«

»Sie haben ja noch eins!«

»Mein letztes; weiter habe ich nichts. Es ist für heute. Jeden Tag ein Dreierbrodchen, in Wasser aufgeweicht.«

»Hm! Und was speisen Sie?«

Der Mann wendete sich ab und warf den starren Blick zum Fenster hinaus.

»Nichts!« sagte er.

»Aber, Sie müssen doch Etwas essen!«

»Eigentlich, ja. Ich werde noch die ganze folgende Nacht arbeiten. Morgen früh habe ich die Muster fertig und erhalte acht Gulden heraus. Dann werden wir einmal essen können.«

Der Arzt schüttelte den Kopf.

»Ich begreife solche Verhältnisse nicht,« sagte er. »Vierzehn Tage nichts, und dann auf einmal acht ganze Gulden! Es muß doch am Mangel an richtiger Eintheilung, an Wirtschaftlichkeit liegen.«

Er bückte sich zu dem neben der Frau liegenden Kinde nieder.

»Sapperment!« sagte er. »Das ist ja todt!«

Der Musterzeichner griff sich mit der Hand nach dem Herzen.

»Ja!« stieß er hervor.

»Wann ist es gestorben?«

»Vor zwei Stunden.«

»Hm! Lassen Sie einmal sehen!«

Er nahm seinen Stock, betastete mit demselben die Pockenkruste, welche das Gesichtchen der kleinen Leiche dick bedeckte, und sagte dann im schärfsten Tone: »Herr Wilhelmi, ich bin gezwungen, Sie anzuzeigen!«

Der Mann warf ihm einen Blick zu, in welchem ein greller, feindseliger Blitz aufloderte, fragte aber in scheinbar ganz ruhigem Tone: »Mich anzeigen? Warum?«

»Das Kind ist keines natürlichen Todes gestorben!«

»Ah! So!«

»Ja. Es ist vernachlässigt worden.«

»Von wem?«

»Von Ihnen natürlich. Es ist erstickt und verhungert.«

»Herr Doctor, können Sie das beweisen?«

»Jawohl! Die Kruste bedeckt den Mund und das Näschen über einen Zoll hoch. Sie mußten dafür sorgen, daß Oeffnung geschafft wurde.«

»Ist das wirklich meine Pflicht gewesen?«

»Natürlich!«

»Sie meinen, daß ich den Schnitt hätte vornehmen sollen?«

»Sie? Was verstehen Sie davon! Sie hätten jedenfalls daneben geschnitten.«

»Nun wohl! Ich habe nicht weniger als fünfmal zu Ihnen geschickt, und einmal bin ich selbst bei Ihnen gewesen.«

»Ich war nicht daheim.«

»Ich habe Ihre Frau Gemahlin von dem Stande der Dinge benachrichtigt. Sie haben mir durch dieselbe sagen lassen, daß Sie kommen würden, wenn es nöthig sei.«

»Ich konnte nicht wissen, daß es so sehr dringlich sei.«

»Ich habe Ihrer Frau Gemahlin mitgetheilt, daß das Leben des Kindes auf dem Spiele steht.«

»Jeder, der zu mir kommt, pflegt seine Angelegenheit so schlimm wie möglich darzustellen. Wenn man dem glauben wollte, würde man in einem Monate todt gehetzt!«

»Nun, so lassen wir lieber einen Patienten sterben.«

»Uebrigens giebt es mehrere Ärzte.«

»Die ich aber nicht gesetzlich zwingen kann, zu mir zu kommen. Ich war bei allen, doch vergebens. Wer nun ist der Mörder meines Kindes?«

»Das ist eine sehr müßige Frage! Haben Sie den Todesfall bereits gemeldet?«

»Ich war bei der Leichenfrau.«

»Sie wird doch bald kommen? Die Leiche darf nicht hier liegen bleiben! Sie muß fort!«

»Gewiß muß sie fort. Ich habe bereits eine alte Kiste ausgeräumt.«

Der Arzt blickte den Mann fragend an.

»Eine alte Kiste? Wozu?«

»Als Sarg.«

»Was? Sie wollen das Kind in einer Kiste begraben lassen?«

»Ja. Ich kann keinen Sarg bezahlen.«

»Der Tischler wird Ihnen Credit geben.«

»Ich kann ihn nicht darum bitten, denn ich weiß, daß er ebenso arm ist wie ich, und daß ich den Sarg später ebenso wenig bezahlen kann, wie jetzt. Das Begräbniß wird auch ohnedies die acht Gulden, welche ich morgen erhalte, auffressen. Zu allem Elende des Lebens kommt der Schluß, daß man nicht einmal umsonst sterben darf!«

»Sie sind ein Welt-und Menschenfeind!«

»Ich bin es nicht, und wenn ich es wäre, so hätte ich alle Ursache dazu, es zu sein. Aber bitte, Herr Doctor, sehen Sie die beiden anderen Kinder an. Auch sie können kaum noch athmen. Wird keine Oeffnung gemacht, so ersticken auch sie.«

Doctor Werner zog die Brauen zusammen. Mit Blatternkranken hatte er gar nicht gern Etwas zu thun. Aber eins der Kinder war, weil er nicht gekommen war, bereits gestorben; er sah ein, daß er gezwungen sei, seine Pflicht zu thun.

»Kommen Sie her, und halten Sie die Patienten!« befahl er. »Ich werde den Schnitt vornehmen.«

Der Musterzeichner gehorchte. Er brachte die beiden Kinder in die passende Lage, und der Arzt, welcher keines von ihnen mit der Hand berührte, machte ihnen mit dem Messer einen Schnitt durch die Kruste, so daß der Zutritt der Luft zum Munde ermöglicht wurde. Dabei aber war ihm anzusehen, mit welchem Abscheu er diese Operation eigentlich unternahm.

»Vor zwei Stunden wäre es hier auch noch Zeit gewesen,« sagte Wilhelmi, indem er auf die Leiche deutete.

»Ich hatte keine Zeit und bin nicht allwissend,« antwortete Doctor Werner barsch. »Nun aber haben diese Beiden nicht nur Luft, sondern sie verlangen auch Nahrung.«

»Wie aber sollen sie diese zu sich nehmen? Sie haben auch den Mund voller Pocken.«

»Sie binden ein Stück Darm an eine Federspule. Die Spule wird den Patienten in den Mund gesteckt, und in den Darm gießen Sie die Milch.«

»Also Milch?«

»Ja, und Bouillon!«

»Schön! Bouillon!« nickte der Musterzeichner grimmig vor sich nieder. »Vielleicht von Fleischextract?«

»Ja. Doch müssen Sie dabei auch einige Bouillonknochen mit verwenden.«

»Bouillonknochen! Ja, ja! Gut! Schön!«

»Und ganz nothwendig ist die Medizin! Die müssen Sie unbedingt holen. Die Frau bekommt zweistündlich einen Eßlöffel voll und jedes Kind halb so viel.«

»Dann ist beim dritten Mal Einnehmen die Medizin für anderthalb Gulden alle geworden.«

»So holen Sie eine zweite Flasche.«

Jetzt konnte sich der arme Teufel nicht mehr halten. Er fragte:

»Nicht wahr, in der Löwenapotheke soll ich sie holen.«

»Natürlich! Dort ist sie besser als in der Mohrenapotheke.«

»Der Mohrenapotheker aber sagt, daß Sie nur deshalb Ihre Patienten in die Löwenapotheke schicken, weil Sie dort dreiunddreißig Prozent von dem Preise Ihrer Recepte Antheil erhalten.«

Der Arzt fuhr zornig auf.

»Was? Das hat er behauptet?«

»Ja.«

»Zu wem?«

»Zu mir und zu Anderen. Verklagen Sie ihn, wenn es nicht wahr ist! Ich bin bereit, Ihnen zu zeugen.«

»Pah! Mit einem solchen Menschen streite ich mich nicht an einer Gerichtsstelle herum! Eine solche niederträchtige Verleumdung wird durch sich selbst gerichtet. Ich werde nächstens wiederkommen. Adieu!«

Er ging.

Der Musterzeichner trat an das zugefrorene Fenster, hauchte eine Oeffnung in das Eis und blickte ihm nach. Es war ihm ganz so, als müsse er sich durch einen lauten, wilden Schrei Luft machen. Er faltete ganz unwillkürlich die Hände.

»Herr, hilf uns! Wir verderben!«

Dieses Stoßgebet wollte sich ihm auf die Lippen drängen, aber er schluckte es wieder hinab. Früher hatte er gebetet, ja; dann aber hatte er es verlernt. Im tiefen Schlamme des Elendes steckend, hatte er sich vergeblich nach Hilfe umgeschaut, und da war ihm der Glaube an Gott und die Menschen verloren gegangen. So wenigstens dachte er. Er hielt es nicht für wahr, daß dieser Glaube eigentlich unveräußerlich sei.

Da fühlte er eine Hand auf seiner Schulter. Seine alte Schwiegermutter war zu ihm getreten. Sie war eine fromme Frau und eine gute Mutter. Sie hatte mit ihm gehungert, gelitten und gefroren, und stets hatte sie ein Trosteswort für ihn gehabt. Sie kannte ihn. Sie wußte, was in ihm vorging. Sie hatte das alte, halb zerfetzte Gesangbuch in der Hand, hielt ihm ohne ein Wort zu sagen, eine aufgeschlagene Seite entgegen und deutete mit dem hageren, abgezehrten Finger auf die Stelle:

»Gott unser Heil, ach wende

Der Zeiten schweren Lauf;

Thu Deine milden Hände,

Den Schatz der Allmacht auf!

Was nur ein Leben hat,

Nährst Du mit Wohlgefallen.

O, schaffe doch uns Allen

In unserer Armuth Rath!«

 

»Was soll das?« fragte er. »Kann das alte Buch uns denn Hilfe bringen?«

»Weiter!« sagte sie, indem sie mit dem Finger nach unten zeigte:

 

»Herr, der Du auch uns schufest,

Hör unser Angstgeschrei!

Allmächtiger, Du rufest

Dem Nichts, damit es sei.

Zu Helfen ist Dir leicht;

Du kannst dem Hunger wehren,

Im Mangel uns ernähren,

Wenns uns unmöglich deucht!«

 

Er stieß ihre Hand mit dem Buche zurück und sagte:

»Ich fragte, ob dieses Buch uns Hilfe bringen kann?«

»Das Buch nicht, aber wohl Der, von dem darin die Rede ist.«

»Gott etwa?«

»Ja.«

»Pah! Der wird sich viel um uns bekümmern!«

»Mein Sohn, versündigen Sie sich nicht! Er ließ Elias durch die Raben speisen; er sättigte Tausende mit fünf Broden und zwei Fischen, darum –«

»Lassen Sie, Mutter, lassen Sie!« fiel er ihr in die Rede. »Ich wäre ganz froh, wenn ich jetzt nur ein Brod hätte, und auf die Fische verzichte ich von vornherein. Haben Sie gehört, was der Doctor verlangte?«

»Ja.«

»Milch, Bouillon, Fleischextract, Knochen, Medizin! Wissen Sie, wieviel Geld ich habe?«

»Wohl keins!«

»Keinen Kreuzer! Alles fehlt, Alles? Holz, Kohlen, Licht! Und doch brauche ich das Letztere, um nächste Nacht arbeiten zu können. Ich habe drei Tage lang nichts genossen, als den ausgekochten Kaffeesatz, den ich mir in der Schänke heimlich von der Frau gebettelt habe. Und Sie –«

»O,« unterbrach sie ihn. »Mich hungert nicht!«

»Ja! Sie scheinen gar keinen Magen mehr zu haben. Sie werden geradezu vom Hungern satt. Aber den Frost können Sie doch nicht verbergen. Wenn der Magen schreit und brüllt, das braucht man nicht zu verrathen; wenn aber die Kälte die Glieder schüttelt, das kann man nicht verbergen.«

»Es ist nicht so schlimm, mein Sohn. Dieser alte Rock ist noch ganz hübsch warm. Flanell ist ja Wolle. Aber mir ist nur um die Kranken. Nahrung und Feuerung Ist ihnen nothwendig, wenn sie gerettet werden sollen.«

»Woher nehmen und nicht stehlen?«

»Wollen Sie es denn nicht noch einmal mit Seidelmann versuchen?«

»Der giebt Nichts.«

»Warum sollte er Sie heute fortweisen, da Sie doch morgen Arbeit liefern?«

»Ich kenne ihn!«

»So machen Sie ihn auf seine Kasse aufmerksam.«

»Welche Kasse?«

»Die Kasse der Brüder und Schwestern der Seligkeit.«

Es war ihm trotz seines Elendes, als ob er laut auflachen müsse. Er schüttelte den Kopf und sagte:

»Ich war am Sonntag nicht in der Schänke, als der fromme Schuster seinen Vortrag hielt.«

»Aber ich. Es ist gesammelt worden.«

»Ich habe davon gehört. Bei der hiesigen Armethei wird aber auch viel zusammengekommen sein.«

»O, es hat ein Jeder gegeben!«

»Ein Jeder?«

»Ja. Es hat sich wohl kein Mensch ausgeschlossen.«

»Ah! Auch Sie wohl nicht?«

Die alte, brave Frau erröthete, als ob sie bei einem recht schlechten Streich ertappt worden sei. Sie antwortete zögernd: »Konnte ich anders?«

»Ich denke, Sie haben kein Geld?«

»O, ich habe in meinem Bette, als Sie dachten, daß ich schliefe, für die Frau Lehrerin ein Paar Strümpfe gestrickt. Das kann man auch ohne Licht fertig bringen.«

Jetzt zog über sein leidendes Gesicht sich eine leichte Röthe.

»Ja, ja, so ist es!« sagte er. »Statt im Bette, was aber überhaupt kein Bett, sondern nur ein Lumpenhaufen zu nennen ist, auszuruhen und sich einigermaßen zu erwärmen, opfern Sie Ihre kurz zugemessene Ruhe und Ihre Gesundheit! Wieviel haben Sie denn erhalten?«

»Dreißig Kreuzer.«

»Gut! Das ist Ihr Verdienst, und ich habe also gar nichts darnach zu fragen. Aber wissen möchte ich doch gern, was Sie mit dem Gelde gemacht haben.«

»Das möchte ich doch lieber nicht sagen.«

»Wenn ich Sie nun recht herzlich bitte?«

»Na,« lächelte sie, »einer solchen Bitte kann man doch wohl nicht widerstehen. Sie erinnern sich, daß ich droben im Commodenkasten, ganz hinten unter alten Sachen, ein Paar Cigarren gefunden habe?«

»Ja. Es waren sieben Stück. Ich muß sie früher, in glücklicheren Zeiten, als ich noch Cigarren zu sehen bekam, einmal hineingelegt und dann vergessen haben.«

»O, so Etwas vergißt ein Mann wohl nicht! Sie hatten kurz vorher einmal gesagt, daß Sie sich ganz glücklich fühlen würden, wenn Sie wieder einmal eine Cigarre schmecken würden.«

»Ja, ich erinnere mich. Ich ließ mich einmal gehen, und da fuhren mir die dummen Worte heraus.«

»Nun, da ließ auch ich mich gehen, nämlich zu der Lehrerin. Ich fragte sie, ob sie nicht eine kleine Arbeit für mich habe, und da gab sie mir das Strickgarn und borgte mir die Nadeln, denn wir haben keine mehr. Da habe ich des Nachts gestrickt und dreißig Kreuzer erhalten.«

»Herrgott! Jetzt ahne ich! Was haben Sie mit dem Gelde gemacht?«

»Ich habe Cigarren gekauft, nur von der billigsten Sorte, vier Kreuzer das Stück. Sie sind jetzt so theuer. Da bekam ich sieben Stück.«

»Und dann sagten Sie, Sie hätten sie gefunden?«

»Ja.«

Ihr Auge glänzte. Sie hatte gehungert und gekummert. Und sie hatte Nächte geopfert, um ihrem Schwiegersohne einen unbesonnen ausgesprochenen Wunsch zu erfüllen. Es überkam ihn eine tiefe, tiefe Rührung. Er mußte sich abwenden, um eine Thräne zu verbergen. Dann aber drehte er sich ihr rasch wieder zu, zog sie an sich und gab ihr einen Kuß.

»Mutter,« sagte er. »Wahrhaftig, Sie sind nicht meine Schwieger-sondern meine rechte Mutter! Die Cigarren haben mir sehr gut geschmeckt! Nicht?«

»Sie sagten es, und das freute mich sehr.«

»Und dabei hungerten Sie?«

»Sie gingen früh eine halbe Stunde aus, und da wurde stets eine Cigarre geraucht. Ich saß daheim und dachte daran, wie gut sie Ihnen schmecken würde.«

»Ja, ja! Ich that nur so! Ich habe nicht geraucht.«

»Nicht? Wirklich?« fragte sie erstaunt.

»Nein, keine einzige. Ich habe sie verkauft, drei Kreuzer das Stück; das macht einundzwanzig Kreuzer. Dafür kaufte ich die Brodchen, von denen ich hier das letzte habe. Wir haben also sieben Kreuzer eingebüßt.«

Trotz dieser letzten Worte lächelten sie einander ganz glücklich an.

»So ist es, wenn man Geheimnisse hat,« sagte die Schwiegermutter. »Man hat allemal Verlust dabei. Aber die Cigarren kosteten achtundzwanzig Kreuzer; ich behielt also zwei übrig, und diese habe ich am Sonntag in die Kasse der Brüder und Schwestern der Seligkeit gegeben.«

»Das Scherflein der Wittwe, welches tausendfach vergolten wird, wie Christus sagt. – Wenn es wahr wäre!«

Er trat abermals an das Fenster. Sie folgte ihm, legte ihm die Hand wieder auf den Arm und sagte:

»Werden Sie zu Seidelmann gehen?«

Da gab er ihr die Hand und antwortete:

»Sie sind so opferfreudig, daß ich mich nicht beschämen lassen kann. Es ist ein saurer Gang, aber ich werde ihn doch thun.«

»Wann?«

»Jetzt gleich. Das wird am Besten sein.«

»Thun Sie das. Der liebe Gott wird das Herz des reichen Mannes lenken, daß er Ihren Wunsch erhört!«

Wilhelmi griff zur Mütze und ging. Der ältere Seidelmann befand sich in seinem Bureau. Er machte ein erwartungsvolles Gesicht, als er den Musterzeichner eintreten sah.

»Bringen Sie die neuen Muster?« fragte er.

»Noch nicht. Sie werden erst morgen früh fertig.«

Sofort verfinsterte sich das Gesicht des Kaufmannes.

»So haben Sie wohl eine Frage in Bezug auf die Zeichnung?«

»Eine Frage? Ja. Aber in anderer Beziehung.«

»Reden Sie!«

»Heute ist mein ältestes Kind gestorben, Herr Seidelmann –«

»Seien Sie froh! Das ist ein wahres Glück für Sie!«

Es war Wilhelmi, als ob er den Sprecher beohrfeigen müsse; aber er beherrschte sich und sagte:

»Sie haben vielleicht Recht. Und doch kommt mir dieser Todesfall höchst ungelegen.«

»Wieso?«

»Weil mit ihm Geldausgaben verknüpft sind, denen ich gerade heute noch nicht gewachsen bin!«

»Ah so!« dehnte Seidelmann, indem er seine Stirn in sehr bedenkliche Falten zog.

»Die Frau liegt mit den anderen Kindern schwer an den Blattern darnieder; man will leben und braucht theure Medizin. Morgen früh bringe ich die Muster. Heute aber brauche ich auf das Nöthigste zwei Gulden. Würden Sie mir diese vorschießen, Herr Seidelmann?«

»Nein,« lautete es kurz und scharf.

»Sie sind Ihnen doch sicher!«

»Sie sind mir bereits zwei schuldig.«

»O, Sie sind reich. Ihnen ist es ganz gleich, ob Sie mir morgen zwei Gulden oder vier abzuziehen haben!«

»Nein, das ist mir ganz und gar nicht gleich! Da irren Sie sich! Ein Geschäftsmann muß ganz streng nach gewissen Grundsätzen handeln. Weicht er davon ab, so hat er es stets zu bereuen.«

»Ich bin mir nicht bewußt, Ihnen je einmal Grund zur Reue gegeben zu haben.«

»O doch, mein Bester!«

»Wann wäre das gewesen?«

»Jetzt, heute! Sie wissen, daß es mein Grundsatz ist, niemals Gehaltszulage zu geben, und ebenso wenig pflege ich Vorschüsse zu leisten. Ich habe mich verleiten lassen, bei Ihnen eine Ausnahme zu machen, und – sehen Sie wohl – sofort tritt die Reue ein! Ich gab Ihnen zwei Gulden, und anstatt mich zu bezahlen, kommen Sie und verlangen einen zweiten Vorschuß. Das ist sehr auffällig, mein Lieber! Wenn ich das einreißen ließe, kämen Sie gar nicht aus den Schulden heraus. Sie sehen ein, daß ich um Ihres eigenen Wohles Ihnen die Bitte abschlagen muß.«

»Aber, Herr Seidelmann! Die Leiche im Hause, die Kranken! Sodann diese Kälte! Ich brauche den kleinen Betrag, bei Gott, zur allerhöchsten Noth!«

»Das verfängt bei mir nicht! Ich kenne das! Ihr Leute befindet Euch stets in der allergrößten Noth, und dabei denkt Ihr unausgesetzt, daß wir nur da sind, Euch fort und fort aus dieser Noth zu befreien. Ich kann Euch nur den sehr gut gemeinten Rath geben, Eure Einkünfte besser zusammen zu halten.«

»Zehn Gulden in zwei Wochen! Nennen Sie das Einkünfte?«

»Wie sonst? Fünf Gulden wöchentlich ist für Sie genug!«

Der Musterzeichner mußte seine ganze Selbstbeherrschung zusammennehmen, um scheinbar ruhig zu bleiben. Er trat einen Schritt zurück und fragte: »Es ist also Ihr unerschütterlicher Entschluß, mir den erbetenen Vorschuß zu verweigern?«

»Ja.«

»Nun wohl, so schreite ich zu einer zweiten Bitte.«

»Noch eine! Sie wird doch nicht etwa mit der ersten Ähnlichkeit haben?«

»Leider doch!«

Und indem er weiter sprach, vermochte er nicht, das Zittern seiner Stimme, welches eine Folge seiner gewaltsam unterdrückten Aufregung war, ganz zu verbergen.

»Herr Seidelmann, Sie kennen mich. Es kann mir kein Mensch etwas Unrechtes nachsagen –«

»Bis jetzt noch nicht!« fiel ihm der Kaufmann in die Rede.

»Ich glaube, daß es auch in Zukunft so bleiben wird. Ich habe stets ein reges Ehrgefühl besessen, und war ich einmal in Noth, so ließ ich es keinem Menschen merken. Ich habe noch Niemand angebettelt. Mein ganzes Wesen sträubt sich dagegen; heute aber ist mir das Wasser bis an den Hals gestiegen, und darum will ich einmal gegen meinen Character handeln.«

»Thun Sie das nicht! Unterlassen Sie das lieber!« sagte Seidelmann, der nichts Erwünschtes ahnte.

»Ich muß es thun. Ich bin Familienvater.«

»Ich auch.«

»Aber es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen uns: Sie sind reich, und ich bin arm. Sie verweigern mir den Vorschuß. Würden Sie mir auch eine kleine Unterstützung, eine Liebesgabe verweigern?«

»Eine Unterstützung? Donnerwetter, wie meinen Sie das?«

»Ein Geschenk, meine ich. Ich bitte Sie, mir die zwei Gulden zu schenken, da es gegen Ihr Prinzip ist, sie mir vorzuschießen.«

»Ah! Sie betteln!«

»Ja, wenn Sie es so nennen wollen.«

»Das ist stark. Das ist mehr als stark!«

»Aber wohl verzeihlich!«

»Nein. So etwas kann ich weder dulden noch verzeihen.«

»Herr Seidelmann, die Noth ist viel, viel wichtiger, als der Wille des Menschen!«

»Das ist nicht wahr. Der Wille eines charactervollen Mannes muß stärker sein als alle Noth. Glauben Sie etwa, daß ich Leute beschäftige, welche betteln?«

»Darauf weiß ich nicht zu antworten.«

»Aber ich. Die Antwort lautet: Wenn Jemand, der bei mir in Dienst oder in Arbeit steht, sich nicht zu betteln schämt, so entlohne ich ihn. Lassen Sie sich das gesagt sein! Uebrigens habe ich für Supplikanten kein Geld!«

»Nun gut! So will ich meine Bitte auch gar nicht an Ihren Geldschrank richten sondern –«

»Wohin denn, he? Wenn ich nämlich fragen darf.«

»An die andere Kasse, welche Sie in den Händen haben.«

»Welche wäre das?«

»Die Kasse des Vereins der Brüder und Schwestern der Seligkeit, Herr Seidelmann.«

»Sapperment! Wie kommen Sie auf diesen Gedanken?«

»Er liegt sehr nahe. Der Verein hat doch auch den Zweck der Unterstützung Bedürftiger.«

»Allerdings.«

»Ich wende mich jetzt als ein solcher Bedürftiger an den Verein.«

»Da dürfen Sie Ihr Gesuch nicht an mich richten.«

»An wen denn?«

»An den Vorsteher.«

»Also an Ihren Herrn Bruder?«

»Ja.«

»Ich hoffe, daß er mich nicht abweisen wird. Und selbst wenn dies der Fall sein sollte, so wird er Ihnen als seinem Bruder sicher keine Vorwürfe machen, wenn Sie so freundlich sind, einmal zu meinen Gunsten zu disponiren.«

»Das geht nicht! Ich habe zwar die Kasse, darf Zahlungen aber nur auf Anweisung des Vorstehers leisten.«

»Ist der Herr Vorsteher verpflichtet, über seine Disposition Rechenschaft abzulegen?«

»An wen?«

»An die Vereinsmitglieder?«

»Wo denken Sie hin! Das ist ja ein Ding der Unmöglichkeit! Aber, da fällt mir ein: Haben Sie mit zu dieser Kasse gesteuert?«

»Nein.«

»Sie haben wohl an unserer Versammlung am Sonntage gar nicht mit theilgenommen?«

»Auch nicht.«

»So sind Sie also kein Mitglied unseres Vereines?«

»Ich bin allerdings nicht beigetreten.«

»Ah! So ist es! Da brauche ich Ihnen nur mitzutheilen, daß Sie absolut Nichts bekommen können.«

»Warum nicht?«

»Weil nur Vereinsmitglieder unterstützt werden. Das können Sie sich doch denken!«

»So muß ich mich allerdings bescheiden, Herr Seidelmann. Aber, ob dann morgen meine Arbeit fertig wird, kann ich nicht sagen.«

»Warum sollte sie nicht fertig werden?«

»Weil ich nicht eher nach Hause gehe, als bis ich irgendwo die zwei Gulden erhalte. Da versäume ich viel Zeit.«

»Gehen Sie zu Ihrem Bruder.«

»Der ist so arm wie ich.«

»Ein Müller, der seine eigene Mühle hat?«

»O, seit der Baron von Helfenstein ihm die große Dampfmühle in den Weg gestellt hat, ist es aus. Und was die Mühle als Eigenthum betrifft, so weiß er sich vor Hypotheken kaum zu retten. Er kann mir nichts geben.«

Da stand Seidelmann auf und ging hin und her, indem er sich stellte, als ob er überlege. Dann blieb er vor dem Musterzeichner stehen und sagte: »Wilhelmi, Sie wissen, daß ich Ihnen stets wohlgewollt habe!«

Der Supplikant antwortete nicht. Darum fragte Seidelmann:

»Ist das so oder nicht?«

»Sie wissen auch, daß ich stets gut gearbeitet habe!« antwortete der Gefragte.

»Das mag sein. Dennoch kann ich Ihretwegen nicht gegen meine Grundsätze verstoßen. Aber die Sache läßt sich vielleicht auf andere Weise machen.«

»Das wäre mir freilich lieb.«

»Wie haben Sie jetzt gearbeitet? Nach den Farben oder in’s Ganze?«

»In’s Ganze.«

»So sind also einige Muster von den fünf fertig?«

»Ja. Viere nämlich. Das letzte habe ich gestern am Vormittage angefangen.«

»So schneiden Sie doch die vier ab, und bringen Sie sie mir herüber. Ich kann Ihnen dann Ihren Lohn zahlen, ohne meine Grundsätze zu verletzen.«

»Ah, richtig! Daran habe ich gar nicht gedacht.«

»Also gehen Sie! Ich werde Sie hier erwarten.«

Wilhelmi eilte fort. Seidelmann stieß ein höhnisches Lachen aus und murmelte vor sich hin:

»Der Kerl glaubt wirklich, daß er Geld bekommt! Ich brauche ihn nothwendig bei den Paschern. Ich habe ihn bereits in der Hand, und je tiefer er in Noth geräth, desto mehr ist er mein Eigenthum. Geld bekommt er hier nicht geborgt. Er ist ganz auf mich angewiesen und darf mir nicht entgehen.«

Dem Musterzeichner war das Herz leicht geworden. Als er bei sich eintrat, hatte sein Gesicht einen ganz anderen Ausdruck angenommen. Seine Schwiegermutter bemerkte das sofort. Darum sagte sie: »Nun, Sie sind glücklich gewesen?«

»Noch nicht.«

»Wie? Aber Sie sehen doch ganz glücklich aus!«

»Ich werde Geld bekommen.«

»Vorschuß?«

»Nein.«

»Vielleicht gar Geschenk?«

»Auch nicht, obgleich ich die Wohlthätigkeitskasse der Brüder und Schwestern der Seligkeit in Erwähnung gebracht habe.«

»Auf welche Weise denn?«

»Ich soll die fertigen Muster liefern.«

»Geht das denn?«

»Warum nicht?«

»Und wie viele haben Sie fertig?«

»Viere.«

»O, da ist ja Alles gut! So bekommen wir ja, selbst wenn er die zwei Gulden in Abzug bringt, volle sechs Gulden. Dann ist uns für heute geholfen.«

Er nahm das Messer, schnitt die Zeichnungen, welche wirklich meisterhaft gelungen waren, ab und eilte dann fort. Er fand Seidelmann seiner wartend.

»Na, zeigen Sie her!« sagte dieser.

Er nahm die Zeichnungen in die Hand und betrachtete sie. Sein Gesicht nahm einen Besorgniß erregenden Ausdruck an. Er trat an das Fenster, scheinbar um besser sehen zu können.

Er fand die Arbeit außerordentlich wohl gelungen, aber es lag gar nicht in seiner Absicht, dies einzugestehen.

»Hm! Oh!« brummte er verdrießlich.

Wilhelmi fühlte eine gewisse Angst. Er räusperte sich. Da drehte Seidelmann sich zu ihm um und fragte: »Ist das Original?«

»Natürlich!«

»Sie haben nicht so etwas Ähnliches vorher gesehen?«

»Nie.«

»Hm! Dann müßte ich mich sehr irren. Besinnen Sie sich!«

»Ich kann mich keines Musters erinnern, welches einem der hier vorliegenden ähnlich wäre.«

»Auch hier bei mir nicht?«

»Nein.«

»Und doch lag ein solches Muster hier, als Sie das letzte Mal bei mir waren.«

»Ich habe es nicht gesehen.«

»Es lag dort auf dem Tische, gerade vor Ihren Augen.«

»Ich versichere, daß ich es nicht gesehen habe.«

»Unmöglich! Es hatte sich ein Musterzeichner um Arbeit gemeldet, und einer meiner Auftraggeber schickte mir eins seiner Originale ein. Das lag dort auf dem Tische. Ihr Auge ist darauf gefallen, und, vielleicht ohne sich dessen bewußt zu werden, sind Ihnen die Farben und Linien gegenwärtig geblieben.«

»Das ist kaum glaublich!«

»Aber es muß doch so sein; denn alle diese vier Zeichnungen sind diesem Originale ähnlich. Sie sind nichts als nur Complikationen oder Variationen desselben.«

»Das kann ja gar nicht passiren!«

»Warum nicht? Das kann dem größten Künstler, dem besten und zuverlässigsten Arbeiter geschehen.«

»So haben Sie die Güte, zu vergleichen.«

»Das ist unmöglich, mein Lieber!«

»Ich hoffe, daß Sie mir den Gefallen thun werden!«

»Ich wiederhole, daß es unmöglich ist, denn ich habe jene Zeichnung wieder zurückgeschickt.«

»O wehe!« entfuhr es Wilhelmi.

»Ja, o wehe! Sie werden natürlich einsehen und auch eingestehen, daß ich unter diesen Verhältnissen Ihre Arbeit nicht gebrauchen kann.«

»Dann wäre es mit meiner Hoffnung aus!«

»Allerdings. Thut mir sehr leid, ist aber leider trotz des besten Willens nicht zu ändern. Sie müssen sich natürlich bemühen, unter allen Umständen originell zu bleiben.«

»Ich habe fest geglaubt, es zu sein.«

»So befanden Sie sich für dieses Mal im Irrthume.«

»Aber ist denn ein Vergleich mit jener Zeichnung ganz und gar unmöglich, Herr Seidelmann?«

»Gerade unmöglich nicht. Wir müßten Ihre Arbeit einsenden.«

»Oder jenes Original wiederkommen lassen.«

»Gewiß! Eins von Beiden. Welches würde Ihnen lieber sein?«

»Natürlich das Letztere.«

»Daß wir es kommen lassen?«

»Ja. Dann könnte ich mich selbst überzeugen.«

»Aber selbst besten Falls verstreicht eine Zeit, die uns verloren geht. Für jetzt muß ich bei der Bestimmung bleiben, daß ich Ihre Arbeit nicht gebrauchen kann.«

»Ich hoffe doch nicht, daß diese Bestimmung etwa Einfluß auf die Bezahlung hat?«

»Natürlich hat sie das! Es ist ja gar nicht anders möglich!«

»Himmel! So erhalte ich heute kein Geld!«

»Sie können doch nicht verlangen, daß ich eine Arbeit bezahle, welche ich nicht gebrauchen kann!«

»Gott! Was wird meine Schwiegermutter sagen!«

»Sie ist eine verständige Frau; darum weiß ich, was sie sagen wird; sie wird mir Recht geben.«

»Sie hatte sich so sehr auf die sechs Gulden gefreut.«

»Es gehen oft die besten Hoffnungen nicht in Erfüllung.«

»Aber wir brauchen es so nothwendig!«

»Ich kann nichts ändern!«

Der Musterzeichner drehte nicht nur verlegen, sondern geradezu bestürzt die Mütze in den Händen. Er hätte entweder laut fluchen oder gerade hinaus weinen mögen. Er war bereits abgewiesen worden; aber seine Bedrängniß gab ihm den Muth, abermals zu fragen: »Auch den Vorschuß werden Sie mir nicht gewähren?«

Seidelmann that, als ob er außerordentlich erstaunt sei, und antwortete ziemlich barsch:

»Wo denken Sie hin? Diese Frage habe ich allerdings nicht von Ihnen erwartet!«

»Ich kann aber wohl kaum ohne Geld nach Hause kommen.«

»Das geht mich nichts an! Ich habe Ihnen keinen Vorschuß gegeben, als ich überzeugt war, daß Sie morgen Arbeit bringen würden; ich kann Ihnen denselben jetzt noch viel weniger gewähren, da ich weiß, daß Wochen vergehen werden, ehe Sie wieder Neues liefern.«

»Wovon soll ich bis dahin leben?«

»Da siehe zu!«

Die Zähne des Musterzeichners drückten sich knirschend auf einander. Dann sagte er:

»Wissen Sie, wem das Wort galt, welches Sie soeben ausgesprochen haben?«

»Es ist eine Redensart.«

»Aber eine sehr bedeutungsvolle. Diese Antwort erhielt Judas Ischarioth, als er seine That bereute und den Priestern die dreißig Silberlinge vor die Füße warf.«

»Das mag sein.«

»Er ging darauf hin und erhängte sich.«

»Er war ein Esel!«

»Soll ich etwa dasselbe thun?«

»Sie sind zu klug dazu. Was sollte Ihrer Familie Ihr Tod nützen? Solche Lagen sind Prüfungen, aus denen der Mensch gestärkt und geläutert hervorgeht.«

»Oder in denen er untergeht. Wenn Gott wirklich die Liebe ist, so kann er keinen Menschen in Versuchung oder Prüfung führen.«

»Das sind theologische Finessen, zu denen ich jetzt keine Zeit habe. Ich bin sehr beschäftigt.«

»Also wirklich keinen Vorschuß?«

»Nein.«

»Auch kein Geschenk?«

»Noch viel weniger. Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich Einen, welcher sich zum Bettler herabwürdigt, ablohnen würde.«

»So sind also alle meine Bitten vergebens?«

»Alle! Bemühen Sie sich weiter nicht.«

»Und was wird mit diesen vier Zeichnungen?«

»Die behalte ich einstweilen zur Vergleichung hier. Für heute sind wir fertig. Adieu!«

Er drehte sich ab.

»Adieu!« sagte Wilhelmi.

Er brachte diesen Gruß kaum heraus. Es war ihm, als ob ihm die Kehle zugeschnürt sei. Er ging nicht, sondern er wankte hinaus. Er hatte das Gefühl, als ob er schwitze. Draußen aber warf sich ihm die winterliche Kälte entgegen. Das trieb ihm das congestirende Blut aus dem Kopf zurück. Er blieb stehen und blickte die Gasse hinab.

»Was nun?« fragte er sich.

Da kam ihm das Wort Seidelmann’s in den Sinn:

»Gehen sie zu Ihrem Bruder.«

Ja. Der Bruder befand sich zwar selbst in Noth, aber er war ein Verwandter. Er gab, wenn er auch nicht helfen konnte, wenigstens einen Rath; er hatte ein freundliches, theilnehmendes Wort.

 

Ohne es sich eigentlich klar bewußt zu werden, schritt der Musterzeichner die Gasse hinab und dann auf einem Seitenwege aus dem Städtchen hinaus. Dieser Weg führte nach dem Haingrunde, und ehe man diesen erreichte, kam man an eine Mühle, welche aus Ziegeln gebaut und weder beworfen, noch abgeputzt war. Da in Folge dessen das Gebäude eine rothe Farbe hatte, wurde die Mühle in der ganzen Umgegend die rothe Mühle genannt.

Sie lag mitten im Walde in einem engen Thale und war ein altes, dem Verfalle rasch entgegengehendes Gebäude. Der jetzige Besitzer hatte hier lange Jahre als Knappe gearbeitet und dann die Tochter seines Meisters geheirathet. Er hatte dann die Mühle nebst allen Schulden geerbt, war aber fleißig und ehrlich gewesen und hatte bis vor einigen Jahren die Hoffnung gehegt, daß er sich doch noch emporarbeiten werde.

Da aber hatte der Besitzer des Kohlenschachtes »Gottes Segen«, der Baron Franz von Helfenstein, gerade oberhalb eine riesige Dampfmühle nach amerikanischem System hingebaut, und seit dieser Zeit stand die »rothe Mühle« ganz natürlich auf dem Aussterbeetat.

Wilhelmi schritt das Thal entlang und sah dann den Rauch aus dem Schornstein der Mühle emporsteigen.

»Die können sich wenigstens eine warme Stube machen,« sagte er zu sich. »Sie haben das Holz nahe. Ich aber schäme mich, in den Wald zu gehen und als halber Holzdieb zu gelten.«

Als er in den Flur trat, kam ihm ein angenehmer, erquickender Duft in die Nase.

»Braten!« sagte er, ganz verwundert. »Und noch dazu Wild, wie es scheint! Wie kommt der Bruder dazu? Er wird doch nicht etwa – –«

Er klopfte an; drinnen erklang ein lautes »Herein!« Als er eintrat, sah er seinen Bruder und dessen Frau essend am Tische sitzen. Er grüßte, und die Beiden dankten freundlich.

Der Müller sah ihm ähnlich, war aber besser genährt, und seine Frau war beinahe dick zu nennen. Doch sah man es ihrem Gesichte an, daß sie von Sorgen auch nicht verschont geblieben seien.

»Setze Dich her!« sagte der Müller. »Du kommst da gerade zur rechten Zeit.«

»Hm! Wild! Nicht wahr?« fragte der Musterzeichner.

»Ja. Eine Rehkeule.«

»Sapperlot! Wie kommst Du zu einem solchen Braten?«

»Geschenk.«

»Von wem?«

»Das ist Geheimniß.«

»Dann danke ich!«

»Unsinn! Sei nicht dumm.«

»Wenn Du nicht sagen kannst, von wem die Keule ist, so geht es nicht mit rechten Dingen zu, und ich muß danken!«

»Nun, wenn es Dich beruhigt: Ich weiß, von wem sie ist.«

»Von Einem, der so Etwas verschenken kann?«

»Das denke ich wohl. Setz Dich!«

»Na, da mag es sein.«

Er nahm einen Stuhl und setzte sich an den Tisch. Die Müllerin hatte einen Teller nebst Messer, Gabel und Löffel geholt und nahm dann wieder Platz. Sie hatte trotz des delicaten Bratens, der vor ihr lag, ein gedrücktes Aussehen.

Wilhelmi griff zu Messer und Gabel, und schnitt sich ein Stück herab. Aber als er im Begriffe stand, den ersten Bissen zum Munde zu führen, setzte er die Gabel wieder ab.

»Was ist’s?« fragte sein Bruder.

»Ach, meine Frau!«

»Na, was denn?«

»Und meine Kinder!«

Dabei legte er das Fleisch wieder auf den Teller.

»Sei nicht dumm, sondern iß.«

»Das begreifst Du wohl nicht?« fragte seine Frau.

»Was soll ich denn begreifen?«

»Er kann nicht essen, weil Frau und Kinder zu Hause nichts haben. Nicht wahr Schwager?«

Wilhelmi nickte mit dem Kopfe und sagte:

»Der Bissen würde mir im Munde quellen!«

Sein Bruder nickte ihm lächelnd zu und sagte:

»Ja, ja, so bist Du! Äußerlich ein harter Kerl und innerlich doch ganz Herz und Gemüth! Wenn es aber nur das ist, so lange getrost zu. Wir haben auch für Deine Frau und die Kinder etwas.«

»Ihr dürft Euch nicht berauben!«

»Das thun wir auch nicht. Wir haben nämlich nicht nur die Keule, sondern ein ganzes Reh geschenkt erhalten.«

»Von wem?«

»Das sage ich Dir nachher.«

»Ich glaube, es errathen zu können.«

»Nun? Rathe einmal!«

»Vom alten Förster Wunderlich. Der hat solche Mucken, wenn er Jemand in Noth weiß.«

»Hm! Ich sage jetzt nicht ja und nicht nein. Jetzt essen wir, und dann sollst Du es erfahren. Lange getrost zu!«

Jetzt ließ Wilhelmi sich nicht länger bitten. Er langte zu und ließ es sich schmecken. Er hatte so lange, lange Zeit nicht Fleisch gegessen, und wußte fast gar nicht mehr, wie Fleisch schmeckte.

»Sapperment, schlägst Du heute eine Klinge!« meinte der Müller. »Du hast wohl jetzt Halbfasten gehabt?«

»Nicht halb sondern ganz.«

»O weh! Seit wann?«

»Heute ist Donnerstag. Am Sonnabend habe ich das letzte Mal gegessen.«

»Herrgott! Ist’s wahr?«

»Leider! Mir ist’s schlecht ergangen.«

»Und da kommst Du nicht zu uns?«

»Was soll ich bei Euch? Ihr habt für Euch zu sorgen.«

»Da sehe mir Einer den Menschen an! Wenn ein Bruder hungert, kann der andere doch wohl mit hungern!«

Die Müllerin musterte ihren Schwager mit einem Blicke, in dem sich die tiefste, wärmste Theilnahme aussprach. Es war ihr anzusehen, daß sie eine gutmüthige, menschenfreundliche Frau war. Nur lag es heute, wie bereits gesagt, wie Wolken auf ihrem sonst so freundlichen Angesichte.

»Wie geht’s der Schwägerin?« fragte sie.

»Davon nachher! Jedenfalls nicht so luxurios wie Euch. Ihr habt Braten, eine warme Stube, und – wie ich zu meiner Freude schon vom Weiten bemerkte – auch Arbeit. Ich hörte die Mühle klappern, bereits ehe ich sie sah.«

»Ja, Gott sei Dank, Arbeit haben wir,« sagte der Müller. »Wenn es nur so bleiben wollte!«

Die Müllerin ließ trübe den Kopf sinken. Man sah es ihr an, daß ihr eine Bemerkung auf die Lippen kam, aber von ihr unterdrückt wurde.

Am Schlusse des Mahles ertönte draußen die Klingel. Der Müller mußte hinaus, um frisch aufzuschütten. Also befand sich der Musterzeichner mit seiner Schwägerin allein. Er benutzte das, indem er fragte: »Dir liegt Etwas auf dem Herzen?«

»Und wie schwer!« seufzte sie.

»Mangel an Geld oder Arbeit?«

»Etwas anderes.«

»Darf man es erfahren?«

»Er wird es Dir wohl selbst sagen. Aber, Schwager, ich bitte Dich um Gottes willen, rathe ihm ab!«

»Wovon?«

»Du wirst’s noch erfahren.«

»So ist’s etwas Ungutes?«

»Sogar etwas Schlimmes.«

»Da kannst Du Dich darauf verlassen, daß ich ihm nicht zurathen werde!«

»Wende nur Alles an, um ihn davon abzubringen!«

Jetzt kam der Müller zurück. Er warf einen forschenden Blick auf seine Frau und mochte ahnen, daß sie geplaudert habe, denn er fragte seinen Bruder: »Nicht wahr, sie hat nicht schweigen können?«

»Natürlich haben wir miteinander gesprochen!«

»Aber wovon? Hat sie Dir nicht die Noth geklagt?«

»Sie hat mir nichts anvertraut.«

»Na, Du wirst’s auch ohnehin erfahren. Trage ab, Pauline, und komme dann wieder herein! Eheleute müssen aufrichtig gegen einander sein. Du mußt auch hören, was der Bruder dazu sagt.«

Sie gehorchte dieser Aufforderung und nahm dann, als sie fertig war, bei den beiden Männern wieder Platz.

»Nun zunächst zu Dir!« begann der Müller. »Also daheim geht es schlecht?«

»Schlechter wie jemals. Es fehlt nicht weniger als Alles.«

»Daß Du nichts zu beißen hast, hast Du schon gesagt. Bei uns war es auch so.«

»Keine warme Stube!«

»Herrgott! In dieser Kälte! Konntest Du nicht zu uns kommen? Ein Füderchen Holz oder Reisig hätte ich schon noch für Dich gehabt.«

Wilhelmi antwortete hierauf nicht, sondern fuhr fort:

»Die Älteste ist todt.«

»Doch nicht! Wann?«

»Vor drei Stunden wohl.«

»Welch’ ein Herzeleid! Es war so ein gutes Kind!«

Der Müllerin traten die Thränen in die Augen. Wilhelmi sah es, und nun war es ihm nicht länger möglich, die so lang beherrschte Wallung zurück zu halten. Er weinte laut auf, legte die Arme auf den Tisch, den Kopf darauf und schluchzte zum Erbarmen fort.

Der Müller wollte ein tröstendes Wort sprechen, aber seine Frau winkte ihm ab. Sie hatte Recht. Wenn der Musterzeichner sich ausweinte, so wurde ihm das Herz leicht. So ließen sie ihm gewähren, bis er den Kopf von selbst wieder erhob und sich die Thränen trocknete.

»Ihr dürft Euch nicht wundern, daß es hier losbricht,« sagte er. »Aber daheim darf ich mir doch nicht merken lassen, wie es mir zu Muthe ist«

»Du hast es recht gemacht, Schwager,« sagte die Müllerin. »Nun ist die Last vom Herzen weg, und Du kannst reden. Das Kind ist zwar todt, und das thut Einem innig wehe; aber Du mußt Dir sagen, daß es ihm wohl ist!«

»Das gebe ich zu, Schwägerin. Wenn es nur nicht eines so grausamen Todes gestorben wäre!«

»Grausam? Wieso? Doch an den Blattern?«

»Ja, aber es ist erstickt und verhungert.«

»Herrgott! Ist’s wahr?«

»Ja. Die Pocken hatten sich zolldick über das Gesichtchen gelegt. Der Mund und das Näschen wurden zu.«

»So mußte der Arzt schneiden?«

»Er kam aber nicht!«

»Du hast nach ihm geschickt?«

»Geschickt und bin auch selbst dort gewesen. Er ist doch nicht gekommen. Wird ein Reicher krank, dem es nur am Ellbogen juckt, so laufen sich gleich zehn Ärzte die Beine weg; wenn aber ein armes, elendes Volkskind verhungert und erstickt, so ist nicht Einer zu haben.«

»Du mußt ihn anzeigen, und zwar sofort!« rieth der zornige Müller. »Er muß bestraft werden!«

»Das bilde Dir nicht ein. Ein Arzt braucht gar nicht zu kommen, wenn er gerufen wird.«

»Wozu aber ist er da?«

»Für die Reichen!«

»Aber wir haben doch auch Armenärzte!«

»Die aber auch reiche Patienten behandeln, und da kommt der Reiche natürlich vorher. Oder es liegt so ein Doctor in seinem weichen Bette und es träumt ihm, daß er den Schnupfen hat. Da klingelt es, und er soll zu einem armen Teufel kommen, der sich verbluten will. Was antwortet der Doctor? Daß er nicht kommen kann, weil er gerade jetzt im Schweiße liegt; das sei lebensgefährlich für ihn, und so ein kostbares Leben müsse er doch seinen Patienten zu erhalten suchen.«

»So ist es, obgleich nicht zu bestreiten ist, daß es auch viele brave Ärzte giebt, die ganz ohne Ansehen der Person und auch ganz heldenhaft ihre Pflicht thun. Etwas Leichtes und Angenehmes ist es nicht, Pockenkranke zu behandeln.«

»Das weiß ich gar wohl. Meine Frau kann weder sehen noch hören noch schmecken oder riechen. Und so ist es auch mit den Kindern. Nun habe ich die Leiche. Die muß doch begraben werden.«

»Das macht Kosten. Der Sarg, das Grab, der Pfarrer, die Leichenfrau, Alles das will bezahlt sein!«

»Und ich habe doch keinen Kreuzer in der Tasche!«

»Gar nichts? Wirklich?«

»Keinen rothen Heller. Und dabei verordnet der Doctor Milch und Bouillon und verschreibt eine Medizin, von welcher ich an einem Tage für drei Gulden verbrauchen kann.«

»Hast Du nicht den Seidelmann?«

»Den? Laßt mich in Ruhe mit ihm!«

»Er kann Dir doch gern einen Vorschuß geben. Er hat es Deinen Mustern zu verdanken, daß er bei seinen Auftraggebern einen solchen Stein im Brette hat.«

»Ich habe es versucht; er aber hat mich abgewiesen.«

»Das ist doch kaum zu glauben!«

Wilhelmi erzählte, wie es ihm heute bei Seidelmann gegangen war Als er geendet hatte, schlug der Müller auf den Tisch und rief: »Das ist schlecht von ihm, grundschlecht! Ich habe es ihm nicht zugetraut, weil er so freundlich gegen uns gewesen ist.«

»Gegen Euch?«

»Ja.«

»Wann denn und wie?«

»Nun, er hat uns Arbeit geschickt. Wir mahlen für ihn; darum geht heute nach langer Zeit einmal unsere Mühle.«

»Für ihn? Wozu braucht er denn Mehl, und woher nimmt er die Körner? Seine Familie ist doch nicht so groß, daß er wegen des Brodmehles zum Müller muß!«

»Es ist eine Speculation. Er hat Getreide von jenseits der Grenze erhalten; ich mahle es, und er verkauft das Mehl im Großen. Er sagt, daß dabei ein Geld zu verdienen sei.«

»Wo liegt denn das Getreide?«

»Droben in der Dampfmühle. Die können es aber nicht ermachen, und darum soll ich mithelfen. Ich habe für längere Zeit zu thun, und da hat er, um das Geschäft fest zu machen, mir gleich hundert Gulden Vorschuß gegeben.«

»Hm! Das sieht ihm doch gar nicht ähnlich!«

Die Müllerin warf ihrem Mann einen verstohlenen Blick zu, winkte zu seinem Bruder hinüber und machte dann, aber so, daß der Letztere es nicht bemerken konnte, mit den Fingern die Bewegung des Geldzählens. Ihr Mann nickte ihr beistimmend zu und sagte: »Du siehst also, daß wir für die nächste Zeit keine Sorge zu haben brauchen. Ich habe so sehr viel Geld nicht einmal nöthig. Zwanzig Gulden kann ich ganz gut entbehren. Wenn Du sie brauchst, kannst Du sie haben.«

Das electrisirte den Musterzeichner. Er sprang von seinem Stuhle auf, blickte die Beiden mit blitzenden Augen an und fragte in freudigstem Tone: »Ist’s wahr?«

»Gern!«

»Und auch Du, Schwägerin?«

»O,« antwortete sie; »ich habe nichts dagegen!«

»Wirklich nicht? Wirklich?«

»Nein. Ich habe dem Manne ja erst zugewinkt, daß er Dir es anbieten soll!«

»Ha, Ihr seid gut! Und das werde ich Euch niemals vergessen. Nun kann ich Athem holen! Nun ist mir leicht. Meine armen Leute können essen und trinken, und auch die Medicin sollen sie haben. Ich bin wie neugeboren. Es ist geradeso, als ob mir Engel geholfen hätten.«

»Na, na,« lächelte die Müllerin. »Wir sind nur Menschen, und noch dazu mit Dir verwandt. Da ist es ja unsere Pflicht, zuzugreifen, wenn es möglich ist!«

»Das ist wieder ein Beweis, was für eine gute Schwägerin ich habe! Aber, laßt mich gehen, Ihr Leute! Daheim sitzen und liegen sie im Elende. Ich darf sie keine Secunde länger in Sorgen lassen, als es unbedingt nothwendig ist!«

Da machte der Müller eine abwehrende Handbewegung, deutete auf den Stuhl, von welchem sein Bruder aufgestanden war, und sagte: »Warte noch eine kleine Weile! So schlimm es zu Hause bei Dir aussehen mag, haben sie es so lange Zeit getragen, können sie es auch noch eine Viertelstunde aushalten. Ich muß Dir nämlich Etwas erzählen und Dich dann um Deinen Rath fragen. Ich möchte gern hören, was Du zu der Sache sagst.«

»Ja, das sagtest Du bereits vorhin, und in meiner Freude dachte ich nicht mehr daran. Was ist es denn?«

Er setzte sich wieder nieder. Der Müller kratzte sich verlegen in den Haaren und wendete sich an seine Frau: »Na, Pauline, wie soll ich denn anfangen? Es ist das doch eine sehr bedenkliche und fatale Geschichte!«

»Erzähle es ganz so in der Reihe, wie es geschehen ist,« rieth sie ihm.

»Das geht nicht, absolut nicht! So eine Sache will ganz apart angegriffen sein.«

»Ach, warum denn? Er ist ja Dein Bruder! Ihm wirst Du doch Vertrauen schenken!«

»Das wohl! Aber, hol’s der Teufel, ich finde trotzdem den richtigen Anfang nicht!«

»Ist es denn gar so bedenklich?« fragte Wilhelmi.

»Das versteht sich!«

»Was betrifft es denn?«

»Hm! Ein Geschäft.«

»Mit wem?«

»Mit – hm! – – na, heraus damit: Mit dem Waldkönig.«

»Mit dem Waldkönige?« rief der Musterzeichner.

Dieses Wort hatte auf ihn einen eigenthümlichen Eindruck gemacht. Er war von seinem Stuhle empor geschnellt, und sein Gesicht war nicht nur blaß, sondern geradezu leichenfahl geworden.

»Herrjesses, wie der Kerl erschrickt!« sagte der Müller. »Pauline, sieh’ Dir ihn doch einmal an!«

»Es ist auch zum Erschrecken,« antwortete sie. »Wer mag sich an den Waldkönig binden!«

Wilhelmi hatte sich von seinem Schreck erholt. Er ließ sich langsam wieder auf den Stuhl niedersinken und sagte: »Hat er Dir einen Boten gesandt?«

»Nein.«

»So ist er selbst gekommen?«

»Ja.«

»Und Du hast mit ihm gesprochen?«

»Mit ihm selbst.«

»Wann ist das gewesen?«

»Am Montag des Abends.«

»Erzähle es mir!«

»Nun, Du weißt, daß meine Frau und die Försterin Wunderlich gut zusammenhalten. Am Montag Abend ging Pauline nach dem Forsthause, um die Freundin zu besuchen. Ich blieb ganz allein bis vielleicht eine Stunde vor Mitternacht. Da klopfte es an den Laden. Ich dachte daß es meine Frau wäre, und wunderte mich darüber, da sie doch ganz leicht und ohne meine Hilfe durch die Hinterthür herein könne. Aber als ich vorn die Thür aufmachte, trat eine Mannsperson herein.«

»Das war der Waldkönig?«

»Ja.«

»Wie sah er aus?«

»Zuerst sah ich es nicht, denn er war sehr schnell hereingetreten, und ich hatte kein Licht im Hausflur.«

»Sind Sie allein?« fragte er mich.

»Ja,« antwortete ich.

»Ich habe gesehen, daß Ihre Frau beim Förster ist. Darum komme ich. Ich habe mit Ihnen zu reden. Kommen Sie herein in die Stube!«

»Er ging voran, und ich folgte ihm. Da stand er denn gerade so da, wie er gewöhnlich beschrieben wird.«

»Wie denn?« fragte der Musterzeichner.

»Schaftstiefeln mit den Hosen drin, kurze Jacke und Hut.«

»Ueber dem Gesicht eine schwarze Maske?«

»Ja.«

»Was hatte er für eine Stimme?«

»Das kann ich wirklich nicht sagen. Sie klang ganz hohl unter der Larve hervor.«

»Was wollte er denn? Ich platze fast vor Begierde. Ich ahne es nämlich bereits.«

»Nein, Du kannst es nicht ahnen.«

»O doch!«

»Ganz unmöglich. Es ist etwas ganz Sonderbares, was er von mir verlangte.«

»Sonderbar? Nun, so ist meine Vermuthung richtig.«

»Du müßtest allwissend sein, um es zu wissen.«

»Nun, so will ich es Dir sagen: Er wollte etwas von Dir pachten oder miethen?«

»Wahrhaftig, Du hast es errathen! Aber was?«

»Den hinteren Keller.«

Da blickte der Müller seinen Bruder in unverhohlenem Erstaunen an, schlug mit der Faust auf den Tisch und rief: »Auch das ist richtig! Kerl, wie kannst Du das wissen?«

»Ich werde Dir es nachher sagen. Bist Du den Handel eingegangen?«

»Ja.«

»O weh! Warum hast Du das gethan!«

»Konnte ich anders? Denkst Du etwa, daß er mich groß gefragt oder gebeten hat?«

»Nun, fragen hat er Dich doch müssen!«

»Das ist ihm gar nicht eingefallen. Er hat gesagt, daß er der Waldkönig ist und meinen Keller braucht. Er hat verlangt, daß ich ihm denselben abtrete, und mir dreihundert Gulden Pacht dafür geboten.«

»Jährlich?«

»Natürlich! Er hat mir auch sogleich die Hälfte angezahlt.«

»Was! So ist das Geld, welches Du mir borgen willst, vom Waldkönig?«

»Nein, sondern von Seidelmann.«

»Aber weißt Du denn, in welche Gefahr Du Dich da begeben hast?«

»Sie ist nicht groß.«

»Er wird Deinen Keller als Pascherniederlage benutzen wollen. Das ist doch klar!«

»O nein. Das ist ja eben das ganz und gar Eigenthümliche und Unbegreifliche! Er zahlt mir jährlich dreihundert Gulden dafür, daß er meinen Keller zuschütten darf. Später, wenn unser Uebereinkommen abgelaufen ist, kann ich ihn mir wieder ausgraben lassen.«

Der Musterzeichner stieß einen leisen Pfiff zwischen den Zähnen hervor und sagte:

»Das begreife allerdings auch ich nicht. Ich denke mir nur, daß er Dich täuschen wird!«

»Nein. Er schüttet den Keller zu.«

»Durch wen?«

»Das weiß ich nicht. Ich habe ihn bis übermorgen zu räumen und dann den Schlüssel stecken zu lassen. In vierzehn Tagen erhalte ich den Schlüssel wieder, um mich zu überzeugen, daß der Keller wirklich zugeschüttet ist.«

»Und wer erhält dann den Schlüssel?«

»Ich behalte ihn. Du siehst also, daß ich mich keineswegs in Gefahr befinde.«

Der Musterzeichner schüttelte langsam den Kopf und sagte:

»Ich halte da mein Urtheil noch zurück, werde es Dir aber nach einiger Zeit sagen. Ich will mich erkundigen.«

»Du? Erkundigen? Bei wem? Wer wird Dir denn Auskunft über solche Heimlichkeiten des Waldkönigs geben können!«

»Er selbst.«

»Was? Er selbst? Bist Du des Teufels?«

»Kann ich nicht auch mit ihm zusammentreffen, gerade so wie Du. Er kann ja auch mit mir Geschäfte haben.«

Der Müller starrte ihn eine Weile an und sagte dann:

»Mensch, Du bist ein Pascher!«

»Warum?«

»Weil Du mit dem Waldkönige zu thun hast!«

»Pah! Das ist kein Grund, das zu denken, denn dann wärst Du ja auch ein Pascher. Wenn der Waldkönig von Einem etwas verlangt, so muß man gehorchen, sonst ist man des Lebens nicht mehr sicher – – –«

»Ja. Er hat mir auch gedroht.«

»Das kann ich mir denken! Jetzt, Schwägerin, will ich Dir sagen, daß Du noch keine Angst zu haben brauchst. Wir werden in einigen Tagen darüber sprechen. Von Vortheil scheint die Sache für Euch zu sein!«

»Das ist es ja,« fiel der Müller ein. »Der König drohte mir mit dem Tode, falls ich mich weigern sollte. Und im Gegentheile meinte er, falls ich ihm den Willen thun wolle, werde ich sogleich merken, daß es sich mit mir zum Besten wende. Ich schlug also ein, nachdem er mir versprochen hatte, die Sache so einzurichten, daß ich nie mit der Polizei in Conflict kommen könne. Und was geschah bereits am nächsten Tage? Das Glück ging los! Seidelmann kam und brachte mir die Arbeit. Gestern abend trat ich vor die Thür; da lag ein Reh mit einem Zettel, auf welchem stand: ›Geschenk vom Waldkönige‹. Dumm war es freilich, daß meine Frau dazu kam, als ich mit ihm verhandelte. Sie war leise hinten hereingetreten und hörte Alles an, wobei sie in der Küche steckte. Erst als er fort war, trat sie hervor. Sie ist voller Angst, daß mir dieses Geschäft Schaden bereiten wird.«

»Vielleicht hat sie Recht; vielleicht irrt sie sich auch.«

»Ich werde mich wohl nicht irren,« fiel Frau Pauline ein. »Der Waldkönig handelt gegen das Gesetz. Er ist nicht nur ein Pascher, sondern auch ein Mörder. Und wer mit ihm ein Abkommen eingeht, der unterstützt ihn und ist also strafbar.«

»Aber, Frau,« sagte ihr Mann. »Du magst da ganz Recht haben, aber Du mußt auch bedenken, welche Drohung der Pascherkönig gegen mich ausgestoßen hat. Wäre ich nicht auf seinen Vorschlag eingegangen, so hätte ich ihn mir zum Feinde gemacht.«

»Lieber ihn als das Gesetz zum Feinde!«

»Wie Du doch nur so sprechen kannst! Er ist gefährlicher als das Gesetz. Das Gesetz mordet nicht; um mich aber wäre es geschehen gewesen, wenn ich ihm nicht gehorcht hätte.«

»Ja, das traue ich ihm zu,« stimmte der Musterzeichner ein. »Er ist rücksichtslos und grausam; das habe ich auch an mir erfahren.«

Der Müller warf einen forschenden Blick auf ihn und sagte:

»Aus Deinen Reden läßt sich schließen, daß auch Du mit ihm in Beziehung stehst!«

»Hm! Vielleicht!«

»Kerl, Du bist doch nicht etwa dennoch ein Pascher?«

»Nein; aber ich soll einer werden.«

»Um Gotteswillen! Das darfst Du nicht thun!«

»Bis jetzt ist es ihm noch nicht gelungen, mich soweit zu bringen, obgleich er sich alle Mühe gegeben hat.«

»So hat er auch mit Dir gesprochen? Er ist persönlich mit Dir verkehrt?«

»Ja. Er ist sogar zuweilen in meine Wohnung gekommen.«

»In Gegenwart Deiner Frau?«

»Nicht nur das, sondern auch in Gegenwart meiner Schwiegermutter.«

»Welch eine Unvorsichtigkeit von ihm!«

»Unvorsichtigkeit? Ah, Du kennst ihn schlecht. Er ist ein schlauer Patron und versteht es, zu berechnen.«

»In einer solchen Unvorsichtigkeit kann doch unmöglich eine Berechnung liegen!«

»Es ist eben keine Unvorsichtigkeit. Er wußte, daß ich arm bin und mich in Noth befand. Noth bricht Eisen und bethört das Gewissen. Wenn man im Elende steckt und eine Mutter ihre Kinder hungern sieht, sehnt sie sich nach Hilfe, ohne zu prüfen, ob dieselbe auf einem gesetzlichen Wege erlangt wird. Darum hat der Pascherkönig mich in Gegenwart meiner Frau und Schwiegermutter aufgesucht. Er bot einen hübschen Lohn; wir brauchten Geld; was er von mir verlangte, war nicht direct etwas Unrechtes; meine Frau jammerte; das Geld stach ihr in die Augen – na, ich wurde schwach, und da er mich bedrohte, falls ich ihm nicht gehorsam sei, ging ich darauf ein. Das ist die Sache.«

»Was hast Du denn für ihn zu thun gehabt?«

»Hm! Es ist nicht nothwendig, davon zu reden. Du hast vielleicht gehört, wie er die Ausplauderei bestraft.«

»Ja. Aber ich habe Dir doch auch verrathen, welches Geschäft ich mit ihm gemacht habe.«

»Das kannst Du. Ich bin Dein Bruder.«

»Und ich bin der Deinige!«

»Das ist richtig. Na, Du wirst es ja nicht weiter reden. Ich habe zuweilen einen Brief besorgt.«

»An wen?«

»Das darf ich ganz gewiß nicht sagen.«

»Hast Du nicht gewußt, was darin steht?«

»Nein. Denkst Du, der Waldkönig weiht seine Boten in seine Geheimnisse ein? Das darfst Du ihm nicht zutrauen.«

»Aber die Sache ist gefährlich für Dich!«

»Das sehe ich auch ein. Ich werde mich nicht lange mehr mit ihm abgeben.«

»Pah! Er hat Dich fest und wird Dich zwingen. Wer dem Teufel einmal einen Finger giebt, dem zwingt er auch nach und nach die ganze Hand ab!«

»Das ist eine Redensart. Ich bin schwach gewesen und habe ihm den Finger gegeben; mehr aber bekommt er nicht, darauf kannst Du Dich verlassen. Und wenn er mir droht, so weiß ich, was ich thue.«

»Nun, was?«

»Ich stelle mich so, als ob ich ihm gehorche, thue aber trotzdem, was ich will.«

»Bruder, wage Alles, nur dieses nicht!«

Der Musterzeichner zog die Brauen zusammen und antwortete:

»Vergiß nicht, daß ich kein Kind bin! Ich habe die Armuth und das Elend kennen gelernt, aber mit den Gerichten habe ich noch nichts zu schaffen gehabt, und davor werde ich mich auch in Zukunft hüten. Der Waldkönig mag bestehen, so lange er will; einmal aber kommt doch seine Zeit, einmal bricht seine ganze Sache zusammen, und dann sind auch alle Diejenigen verloren, die es mit ihm gehalten haben. Ich mag nicht dabei sein!«

»Das ist Alles recht gut; aber er hat Dich einmal fest, und ich glaube nicht, daß er Dich wieder aus dem Garne läßt.«

»Er wird mich schon herauslassen müssen. Will er mich zwingen, so kehre ich den Spieß um. Wenn nur – hm!«

Er hielt inne und blickte nachdenklich vor sich nieder.

»Was meinst Du?« fragte sein Bruder.

»Wenn ich nur einmal Einen, nur diesen Einen treffen und mit ihm sprechen könnte!«

»Mit wem?«

»Mit dem Fürsten des Elendes.«

»Sakkerment! Ja, da hast Du Recht. Der ist ganz gewiß dem Waldkönige gewachsen.«

»Und – was nämlich die Hauptsache ist – er hat die Absicht, ihn zu fangen. Das merkt man aus Allem, was man von ihm hört.«

»Ja, aber wie und wo ihn treffen!«

»Das habe ich mich auch gefragt, und da bin ich auf einen recht guten Gedanken gekommen. Du weißt doch, daß er bei dem Pfarrer gewesen ist?«

»Ja, am Sonntage. Er hat für die Kinder Beyers gesorgt.«

»Nun, es läßt sich erwarten, daß er sich einmal nach ihnen erkundigt. Und wo wird er das thun?«

»Jedenfalls beim Pfarrer.«

»Entweder bei diesem oder bei Hausers, wo die Kinder untergebracht worden sind. Ich werde also zum Pastor und zum alten Hauser gehen. Kommt der Fürst des Elendes zu ihnen, so mögen sie es ihm sagen, daß ich mit ihm zu sprechen habe.«

»Ganz gescheidt! Und gerade von diesen Beiden hast Du nicht zu befürchten, daß sie Dich verrathen werden.«

»O nein. Das sind zwei sichere Männer. Und wenn er dann zu mir kommt, soll ich auch von Dir mit ihm reden?«

»Wegen meines Kellers?«

»Ja.«

»Hm! Das will überlegt sein!«

»Nein, das braucht gar nicht überlegt zu werden,« bemerkte da die Müllerin. »Der Fürst des Elendes ist der Mann dazu, Alles zum Besten zu lenken.«

»Aber es ist gefährlich!«

»Warum denn?«

»Ich muß doch eingestehen, daß ich mit dem Waldkönige einen Packt geschlossen habe!«

»Was schadet das?«

»Ich bin doch strafbar!«

»Bis jetzt ist noch gar nichts Unrechtes geschehen. Und denkst Du etwa, daß der Fürst des Elendes ein Richter ist, der gleich mit dem Strafgesetzbuche droht?«

»Nein, das denke ich nicht. Aus Allem, was man sich von ihm erzählt, geht hervor, daß er dem Bedrängten Hilfe bringt. Er wird keinen Menschen in’s Elend stürzen.«

»Na also! Wenn Du aufrichtig mit ihm sprichst, wird er wohl einen Weg finden, Dich von dem Waldkönige los zu bringen, ohne daß man erfährt, daß Du diesem den Keller verpachtet hast. Also kannst Du dem Schwager ganz ruhig erlauben, daß er mit ihm auch von Dir spricht.«

»Ich kann es Dir nicht Unrecht geben, Bruder, thue, was Du willst. Gelingt es Dir wirklich, mit ihm zusammen zu treffen, so wirst Du schon merken, ob es gerathen ist, auch mich mit zu erwähnen. Du bist kein dummer Kerl, und ich kann mich auf Dich verlassen. Nun aber sehe ich, daß Du unruhig wirst. Dich treibt’s nach Hause?«

»Ist’s ein Wunder? Die Meinen haben nichts zu essen.«

»Gut! Ich will Dir das Geld holen.«

Er ging und brachte ihm nach kurzer Zeit zwanzig Gulden. Die Augen des Musterzeichners wurden feucht, als er das Geld einsteckte.

»Bruder, das ist Hilfe in der höchsten Noth!« sagte er. »Jetzt können meine Leute essen.«

»Vielleicht langt es auch noch für ein Weiteres!« meinte der Müller lächelnd.

»Für Weiteres? Was meinst Du da?«

»Nun, Ihr habt doch auch noch andere Bedürfnisse als blos essen und trinken.«

»Das ist richtig; aber zwanzig Gulden sind keine Million. Wie bald werden sie alle sein. Ich muß den Sarg bezahlen; denn nun denke ich nicht mehr daran, mein Kind in einem Kasten begraben zu lassen; das Begräbniß kostet Geld; ich habe Schulden in der Apotheke – ich glaube, daß ich äußerst sparsam sein muß. Aber ich werde diese Nacht arbeiten, um einige neue Muster zu entwerfen, von denen ich überzeugt bin, daß sie originell sein werden.«

Die Müllerin gab ihrem Manne einen heimlichen Wink. Dieser verstand sie und sagte zu ihm: »Wir haben jetzt selbst Mangel gelitten, aber nun ich die Arbeit für Seidelmann habe, ist uns geholfen. Ich werde einmal sehen, ob nicht drüben in der Mühle eine Kleinigkeit für Dich zu finden ist.«

»Vielleicht hast Du eine Hand voll Zargmehl übrig,« nickte der Musterschläger zustimmend. »Es würde das doch eine kleine Mahlzeit geben.«

»Zargmehl? Sandmehl? Welches zwischen den Mühlsteinen zurückgeblieben ist? Nein, Bruder, das gebe ich Dir nicht. Das ist ungenießbar.«

»Oder Staubmehl.«

»Welches ich in den Winkeln zusammenkehre? Das ist für das Vieh. Ich bringe Dir Anderes. Seidelmann wird es nicht merken, wenn ihm zwei oder drei Pfund fehlen. Uns ist ja das Recht zum ›Metzen‹ angeboren.«

Er ging und brachte bald in einem weißen, reinlichen Tuche einen Vorrath von Mehl, mit welchem der Musterzeichner sich und die Seinigen für einige Male zu sättigen vermochte.

Er verließ die Mühle unter ganz anderen Gefühlen, als diejenigen gewesen waren, mit denen er sie betreten hatte.

Das war am Nachmittage. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde Eduard Hauser am Föhrensteige ergriffen und nach Hause geschafft. Wie bereits erwähnt, hatte Fritz Seidelmann sich dabei befunden, war aber später vom Staatsanwalte veranlaßt worden, sich zu entfernen.

Er ärgerte sich darüber, und als er an der Schänke vorüber kam, kam ihm der Gedanke, diesen Ärger hinab zu spülen. Er traf einige Gäste an, denen er erzählte, was geschehen war. Natürlich gab er sich dabei alle Mühe, seinen Antheil, welchen er an dem Ereignisse hatte, in das rechte Licht zu stellen. Später kamen noch mehrere Gäste, welche sich natürlich auch von dem Geschehenen unterhielten. Er gab sich als den Helden des Tages und machte es sich zum Vergnügen, das Geschehene wieder und immer wieder zu erzählen. So verging die Zeit, und er verwunderte sich, als er, nach der Uhr blickend, bemerkte, daß es bereits Mitternacht sei. Er brach auf.

Zu Hause wurde er vom Vater mit keiner allzu großen Freundlichkeit empfangen.

»So spät!« sagte dieser. »Wo steckst Du denn eigentlich?«

»Ich war in der Schänke.«

»Konntest eher kommen. Bist ja bereits am Vormittage mit Winkler fort. Ich sitze da und vergehe vor Verlangen, Etwas zu hören.«

»So weißt Du bereits, was geschehen ist?«

»Natürlich! Es ist ja bereits in der ganzen Stadt herum. Und zu meinem größten Erstaunen erfahre ich, daß Du selbst auch mit dabei gewesen bist?«

»Das versteht sich ganz von selbst,« sagte Fritz mit Selbstgefühl. »Ich habe den Anführer gemacht.«

»So erzähle!«

Der Sohn berichtete dem Vater, was er in der Schänke bereits mehr als zehnmal erzählt hatte. Der Vater hörte mit großer Spannung zu und sagte dann: »Das ist glänzend gelungen! Er ist nach der Amtsstadt transportirt worden, und das Engelchen dazu.«

»Ich hörte das auch.«

»Also auf Dich geschossen hat dieses Frauenzimmer? Es ist mehr als toll!«

»Ich konnte des Todes sein!«

»Hm! Zeige einmal her!«

Er betrachtete sich das Ohr und meinte dann lachend:

»Na, an das Leben wird es Dir nicht gehen. Uebermorgen wird das Ding bereits heil sein.«

»Dennoch werde ich dieses Frauenzimmer so streng wie möglich bestrafen lassen!«

»Pah! Wenn die Herren vom Gerichte Deine fürchterliche Verletzung sehen, wird von Strafe nicht sehr die Rede sein. Ein Gedanke kommt mir freilich! Hm!«

»Was?«

»Wenn die Wunde größer wäre!«

»Dann wäre auch die Strafe größer, meinst Du?«

»Ja. Hat der Staatsanwalt Dein Ohr angesehen?«

»Nein.«

»Oder ein Anderer?«

»Der eine Grenzer. Aber er wird wohl auch nur blos so oberflächlich hingeschielt haben. Die Kerls thaten wirklich so, als ob es mir ganz recht geschehen sei.«

»Und der Staatsanwalt befahl Dir, Dich zu entfernen?«

»Ja. Ich hätte diesen Kerl beohrfeigen können!«

»Nun, wir wollen ihn in’s Bockshorn jagen. Deine Wunde muß unbedingt gefährlicher werden.«

»Donnerwetter! Wie meinst Du das?« fragte Fritz einigermaßen erschrocken.

»Wir machen sie gefährlicher!«

»Unsinn!«

»Das heißt, wir vergrößern sie.«

»Du bist wohl verrückt geworden? Ich glaube gar, Du willst mir das Ohr heraus reißen!«

»Nein, sondern ich will Dir nur die Schramme etwas weiter aufschlitzen.«

»Damit bleibe mir vom Leibe!«

»Es thut ja gar nicht wehe!«

»Wehe oder nicht! Ich will nicht mit einem aufgeschlitzten Ohre in der Welt herumlaufen.«

»So willst Du also, daß Hofmanns Mädchen freigesprochen wird?«

»Man wird sich hüten, sie frei zu sprechen!«

»Pah! Das kenn ich! Sie war aufgeregt.«

»Das ist kein Grund, Jemand zu erschießen!«

»Du bist eben gar nicht erschossen worden. Und die Aufregung ist stets ein Milderungsgrund.«

»Ich werde schon dafür sorgen, daß man nicht an eine Milderung denkt!«

»Und sodann konnte sie nicht wissen, ob das Gewehr geladen war oder nicht.«

»Gerade darum sollte sie es nicht angreifen. Nein, nein, mein Ohr lasse ich mir nicht verschimpfiren!«

»Ganz wie Du willst! Aber weiß man, daß Du nur von einem Schrote getroffen worden bist?«

»Hm! Warum fragst Du?«

»Wie nun, wenn Du noch eine andere Wunde hättest?«

»Wo denn?«

»Näher am Herzen.«

Fritz blickte schnell auf die Stelle seines Rockes, unter welcher das Herz zu suchen war.

»Sapperment!« sagte er. »Ich werde doch nicht etwa an einer anderen Stelle getroffen worden sein!«

»Warum nicht?«

»Das wäre verteufelt! Ich werde doch lieber einmal nachsehen!«

»Unsinn! Wenn Du noch eine zweite Blessur hättest, so hättest Du es schon längst gefühlt. Ich meine es anders.«

»Wie denn?«

»Wir haben auch Schrot!«

»Das weiß ich.«

»Wir laden ein einziges Korn in einen Revolver.«

»Wozu?«

»Ich nehme den Revolver, ziele genau und schieße Dir den Schrot recht vorsichtig so unter den linken Arm hinein, daß er in gleicher Höhe mit dem Herzen durch Rock und Weste und das Hemde dringt und Dir eine kleine Schramme in die Haut reißt.«

»Danke, danke! Ich bin keine Königsscheibe.«

»Es thut Dir ja gar nichts!«

»Das will ich gar nicht versuchen!«

»Aber es wird die Strafe verschärfen!«

»Das würde mir sehr angenehm sein, ist aber doch kein Grund, bei lebendigem Leibe auf mich schießen zu lassen.«

»Kerl, ich glaube gar, Du hast Angst!«

»Fällt mir gar nicht ein! Aber schießen lasse ich auf keinen Falle nach mir!«

»Du bist ein Dummkopf! Was aber wird mit Hofmann?«

Der verlorne Sohn
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