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Mabberton brannte gut. In jenem Sommer brannten alle Dörfer gut. Makin sprach von einem heißen Hurensohn von Sommer, zu geizig, um Regen zu geben, und er hatte nicht Unrecht. Staub wirbelte hinter uns auf, wenn wir einen Ort erreichten; Rauch stieg gen Himmel, wenn wir ihn verließen.
»Wer möchte ein Bauer sein?« Makin stellte gern Fragen.
»Wer möchte eine Bauerntochter sein?« Ich nickte in Richtung Rike, der so müde war, dass er fast aus seinem Sattel rutschte. Ein dummes Grinsen lag auf seinem Gesicht und ein Ballen Samit auf seinem Plattenpanzer. Ich habe nie erfahren, wo er in Mabberton Samit entdeckt hatte.
»Bruder Rike genießt seine einfachen Freuden«, sagte Makin.
Das tat er. Rike war gierig danach. So gierig wie das Feuer.
Die Flammen fraßen Mabberton. Ich hielt die Fackel ans strohgedeckte Wirtshaus, und das Feuer jagte uns hinaus. Nur ein weiterer blutiger Tag im jahrelangen Todeskampf unseres gefallenen Reichs.
Makin wischte sich Schweiß ab und hinterließ Russ-Streifen in seinem Gesicht. Er hatte ein Talent dafür, schmutzig zu werden, dieser Makin. »Du selbst hast nicht über jenen Freuden gestanden, Bruder Jorg.«
Da konnte ich ihm nicht widersprechen. »Wie alt bist du?«, hatte der dicke Bauer wissen wollen. Alt genug, seinen Töchtern einen Besuch abzustatten. Das dicke Mädchen hatte viel zu sagen gehabt, genau wie ihr Vater. Hatte wie eine Schleiereule geschrien. Die ältere Tochter hatte mir besser gefallen. Die war ziemlich still gewesen. So still, dass man sie gelegentlich kneifen musste, um sicher zu sein, dass sie nicht vor Schreck gestorben war. Bestimmt sind sie beide nicht still geblieben, als das Feuer sie erreichte.
Gemt ritt heran und vertrieb meine Kopfbilder.
»Die Männer des Barons werden den Rauch aus einer Entfernung von zehn Meilen sehen können. Du hättest das Dorf nicht anzünden sollen.« Er schüttelte den Kopf, was seine dumme Mähne aus fuchsrotem Haar hin und her schwingen ließ.
»Hätteste nich!«, rief Gemts blöder Bruder von seinem Grauschimmel herab. Der Graue verließ die Straße nicht. Er war klüger als Maical.
Gemt wollte immer Dinge klarstellen. »Du hättest die Leichen nicht in den Brunnen werfen sollen, jetzt müssen wir durstig los.« »Du hättest den Priester nicht töten sollen, jetzt haben wir Pech.« »Wenn wir sie ein bisschen geschont hätten, könnten wir Lösegeld von Baron Kennick bekommen.« Am liebsten hätte ich ihm mein Messer in die Kehle gestoßen. Auf der Stelle. Am liebsten hätte ich mich vorgebeugt und ihm die Klinge in den Hals gerammt. »Wie war das? Was hast du gesagt, Bruder Gemt? Blubber, blubber? Ich hätte deinen verdammten Adamsapfel nicht zerstechen sollen?«
»O nein!«, rief ich und gab mich schockiert. »Schnell, Kleiner Rikey, piss auf Mabberton. Lösch das Feuer.«
»Die Männer des Barons werden’s sehen«, sagte Gemt stur und mit rotem Gesicht. Er wurde so rot wie Rote Bete, wenn man ihn ärgerte. Das rote Gesicht verstärkte meinen Wunsch, ihn zu töten. Aber ich hielt mich zurück. Als Anführer trägt man Verantwortung. Man muss darauf achten, nicht zu viele der eigenen Männer zu töten, denn wen soll man sonst anführen?
Die Brüder sammelten sich um uns herum, wie immer, wenn was passierte. Ich zog an Gerrods Zügeln – er blieb mit einem kurzen Wiehern stehen, das wie Kichern klang, und klopfte mit dem Huf. Mein Blick blieb auf Gemt gerichtet, und ich wartete. Ich wartete, bis sich alle achtunddreißig Brüder versammelt hatten und Gemts Gesicht so rot geworden war, dass man glauben konnte, gleich würde Blut aus seinen Ohren fließen.
»Wohin reiten wir, meine Brüder?«, fragte ich und richtete mich in den Steigbügeln auf, damit ich ihre hässlichen Gesichter sehen konnte. Ich stellte die Frage mit meiner leisen Stimme, und sie alle wurden still und lauschten.
»Wohin?«, fragte ich erneut. »Ich kann doch nicht der Einzige sein, der es weiß? Habe ich Geheimnisse vor euch, meine Brüder?«
Das schien Rike ein wenig zu verwirren, denn er zog die Stirn kraus. Der Fette Burlow brachte sein Pferd an meine rechte Seite, und links war der Nubier mit seinen strahlend weißen Zähnen im pechschwarzen Gesicht. Stille.
»Bruder Gemt kann es uns sagen. Er weiß, was sein sollte und was ist.« Ich lächelte, obwohl meine Hand noch immer schmerzte vor Verlangen, den Dolch in seinen Hals zu rammen. »Wohin reiten wir, Bruder Gemt?«
»Nach Wennith, an der Pferdeküste«, sagte er zögernd, denn es widerstrebte ihm, irgendeiner Sache zuzustimmen.
»Schön und gut. Wie gelangen wir dorthin? Eine so große Schar, fast vierzig, mit prächtigen, gestohlenen Pferden …«
Gemt zog eine finstere Miene. Er begriff, worauf ich hinauswollte.
»Wie können wir Wennith rechtzeitig erreichen und ein Stück vom Kuchen bekommen, solange er noch warm und saftig ist?«, fragte ich.
»Totenstraße!«, rief Rike und freute sich, die Antwort zu wissen.
»Totenstraße«, wiederholte ich, noch immer mit ruhiger Stimme, und lächelte. »Welchen anderen Weg könnten wir nehmen?« Ich sah den Nubier an und hielt den Blick seiner dunklen Augen fest. Ich wusste nicht, was in ihm vor sich ging, aber ich ließ ihn erkennen, was in mir geschah.
»Es gibt keinen anderen Weg.«
Rike ist in Fahrt geraten, dachte ich. Er weiß nicht, welches Spiel gespielt wird, aber es gefällt ihm, daran teilzunehmen.
»Wissen die Männer des Barons, wohin wir wollen?«, fragte ich den Fetten Burlow.
»Kriegshunde folgen der Front«, sagte er. Dumm ist er nicht gerade, der Fette Burlow. Seine Backen schwabbeln, wenn er spricht, aber dumm ist er nicht.
»Also …« Ich sah mich um, ganz langsam. »Also, der Baron weiß, wohin Räuber wie wir reiten, und er kennt den Weg, den wir nehmen wollen.« Ich ließ die Brüder darüber nachdenken. »Und ich habe gerade ein großes Feuer angezündet, um ihm zu sagen, dass es eine schlechte Idee wäre, uns zu folgen.«
Und dann stach ich das Messer in Gemts Hals. Es war nicht nötig, aber ich wollte es. Er tanzte richtig hübsch herum, gurgelte kräftig mit seinem munter sprudelnden Blut und fiel vom Pferd. Sein rotes Gesicht erbleichte schnell.
»Nimm seinen Kopf, Maical«, sagte ich.
Und das tat er.
Gemt hatte einfach einen schlechten Moment erwischt.