24
»Heho! Hauptmann Coddin!« Kurz vor Mittag ging ich in bemerkenswert guter Stimmung die Treppe hinunter.
Der Hauptmann verbeugte sich steif, die Lippen zu einem geraden Strich zusammengepresst. In einer Ecke gaben sich die jüngeren Brüder Roddat, Jobe und Sim ihrem Katzenjammer hin. Burlow lag unter einem Tisch und schnarchte.
»Ich dachte, Ihr seid nach Chelny Ford zurückgekehrt, um unsere Grenzen vor den Überfällen von Schurken und Halunken zu schützen«, sagte ich fröhlich.
»Man war mit der Ausübung meiner Pflicht unzufrieden. Gewisse Stimmen am Hof behaupteten, ich hätte in letzter Zeit zu viele Schurken und Halunken an meiner Garnison vorbeigelassen. Man hat mich für den Eskortendienst in Crath City eingeteilt.« Er deutete zur Straßentür. »Wenn Prinz Jorg bereit ist …«
Ich fand, dass mir der Mann gefiel. Was mich überraschte. Eigentlich neige ich nicht dazu, irgendjemanden zu mögen. Vermutlich lag es an meiner besonderen Stimmung. Eine Hurennacht ist besser als alles andere dafür geeignet, einem Mann die Härte zu nehmen.
Coddin und vier seiner Soldaten brachten uns durchs Westtor. Makin begleitete mich natürlich, und Elban, so alt er auch war – es gab nicht viele unter den Brüdern mit mehr als nur einem halben Hirn.
Den Nubier nahm ich ebenfalls mit. Ich war mir nicht ganz sicher warum, aber er hatte an der Theke gesessen und einen Apfel gegessen, mit der großen Armbrust im Schoß, und da war ich auf die Idee gekommen, ihn meinen Begleitern hinzuzufügen.
Wir nahmen die Alte Straße durch den Rennat-Wald, etwa zwölf Meilen in gerader Linie, und die Alte Straße ist natürlich gerade. Sie folgt dem Weg, den die Männer von Rom vor ewigen Zeiten geschaffen haben.
Coddin ritt an der Spitze, flankiert von seinen Soldaten, und wir folgten ihm und genossen den Tag. Makin lenkte Feuersprung neben Gerrod, und die beiden Pferde wechselten jene Art von Drohungen, die bei Hengsten üblich sind.
»Du hättest mich Sir Galen überlassen sollen, Jorg«, sagte Makin.
»Glaubst du vielleicht, du wärst imstande gewesen, ihn zu besiegen?«, fragte ich.
»Nein. Er wusste mit dem Schwert umzugehen, der Teutone.« Makin wischte sich mit der Hand über den Mund. »Ich bin nie gegen einen besseren Mann angetreten.«
»Er war nicht der bessere Mann«, sagte ich.
Für einige Sekunden herrschte Stille zwischen uns. Elban beendete sie.
»Makin fand einen Mann, den er nicht besiegen konnte? Sir Makin? Ich fasse es nicht.« Seine Lippen machten aus dem »Sir« ein lispelndes »Sör«.
Makin drehte sich im Sattel und sah Elban an. »Es ist wahr. Der Meisterkämpfer des Königs hat mich kalt erwischt. Aber Jorg hat ihn erledigt.« Er nickte dem Nubier zu. »Mit einer Armbrust. Du wärst stolz auf ihn gewesen.«
Der Nubier strich mit einer pechschwarzen Hand über das Eisen seiner Armbrust und berührte die Darstellungen heidnischer Götter. »Mit Stolz hat dies nichts zu tun, Makin.«
Ich konnte den Nubier nie deuten. In einem Moment wirkte er so schlicht wie Maical, und im nächsten erschien er mir tiefer als der tiefste Brunnen. Manchmal war er beides zugleich.
»Maical«, sagte ich und erinnerte mich. »Was ist eigentlich am Ende mit unserem Idioten geschehen? Ist er gestorben? Ich habe vergessen zu fragen.«
»Wir haben ihn in Norwood gelassen. Mit der Wunde im Bauch hätte er tot sein sollen, aber er klammerte sich am Leben fest und stöhnte die ganze Zeit über«, sagte Elban. Er wischte sich Spucke vom Kinn.
»Zu dumm, um zu sterben«, sagte Makin und lächelte. »Wir mussten ihn zu einem Haus am Rand der Ortschaft tragen. Der Kleine Rikey wollte ihm den Gnadenstoß versetzen, damit er endlich Ruhe gab.«
Wir lachten ein bisschen darüber.
»Im Ernst, Jorg, du hättest mich Galen überlassen sollen«, sagte Makin. »Dann säßest du jetzt ruhig und bequem am Hof. Du bist noch immer der Thronerbe. Früher oder später hättest du die hübsche Prinzessin bekommen. Die Rote Burg ist eine Todesstrafe für die Zerstörung des blöden Glasbaums. Und dafür, dass du die Frau des Königs Scorron-Hure genannt hast. Dein Vater verzeiht nicht so leicht.«
»Du hättest Recht, Makin, wenn sich mein Ehrgeiz darauf beschränken würde, ›ruhig und bequem‹ zu sitzen«, entgegnete ich. »In dem Fall hätte ich dich dem Teutonen und damit dem Tod überlassen. Zum Glück für dich will ich den Hundertkrieg gewinnen, das Gefallene Reich wiedervereinen und Kaiser werden. Und im Vergleich damit dürfte die Einnahme der Roten Burg mit zweihundert Mann ein Kinderspiel sein.«
An einem Meilenstein unweit des Waldrands aßen wir zu Mittag. Hammelfleisch, aus der Tavernenküche geklaut. Wir leckten uns noch das Fett von den Fingern, als wir unter die ersten Baumwipfel ritten – hauptsächlich große Eichen und Buchen, die, vom ersten Frost des Herbstes geküsst, ein scharlachrotes Gewand trugen. Als wir unter jenen Zweigen ritten, als ich hörte, wie welke Blätter unter den Hufen der Pferde knisterten und ich die Atemwolken unserer Rösser sah … Da fühlte ich ihn erneut, den süßen Haken, wie er sich mir tief ins Fleisch bohrte. Es heißt, ein Mann kann sein ganzes Leben auf Reisen sein, ohne dem Zauber der Täler von Ankrath zu entkommen.
Ich gähnte und öffnete den Mund dabei so weit, dass die Kiefer knackten. Es lag keine Nacht des Schlafes hinter mir. In einen warmen Mantel gehüllt ließ ich mich von Gerrod schaukeln.
Nach einer Weile stellte ich fest, dass ich an glatte Gliedmaßen und weiche Haut dachte. Meine Lippen sprachen den Namen, als wollten sie ihn kosten.
»Katherine?«, fragte Makin. Ruckartig drehte ich den Kopf und begegnete seinem Blick. In seiner ärgerlichen Art und Weise hatte er eine Braue hochgezogen.
Ich sah zur Seite. Links von uns wuchsen Hakendorn-Sträucher an den Stämmen dreier Buchen. Ein solcher Strauch hatte mir in einer stürmischen Nacht eine schmerzhafte Lektion erteilt. Es war nicht nur die Schönheit des Landes, die Haken in mich geschlagen hatte.
Töte sie.
Ich drehte mich im Sattel, aber Makin hatte sich ein wenig zurückfallen lassen und scherzte mit dem Nubier.
Töte sie, und du bist für immer frei.
Die Stimme schien aus der Dunkelheit im Innern der Dornensträucher zu kommen. Sie flüsterte auch im Knistern der welken Blätter unter den Hufen unserer Pferde.
Töte sie. Eine alte Stimme, trocken, von Gnade unberührt. Für einen Moment sah ich Katherine, mit Blut, das ihr über die weißen Zähne quoll, die Augen groß und verblüfft. Ich fühlte das Messer in meiner Hand, das Heft an ihrem Bauch, und spürte, wie mir warmes Blut über die Finger strömte.
Gift wäre stiller. Tod aus der Ferne.
Die letzte Stimme … Es konnte meine sein, oder die des Hakendorn. Sie klangen gleich.
Stärke erfordert Opfer. Jede Schwäche hat ihren Preis. Das war ich, kein Zweifel. Wir hatten die Dornensträucher hinter uns gelassen, und der Tag wurde kalt.
Die Waldwache fand uns recht schnell. Ich hätte mir Sorgen gemacht, wenn das nicht der Fall gewesen wäre. Eine aus sechs Männern bestehende Patrouille, alle in Schwarz und Grün gekleidet, kam zwischen den Bäumen hervor, hielt uns an und fragte, warum wir auf der Straße des Königs unterwegs waren.
Ich gab Coddin keine Gelegenheit, mich vorzustellen. »Ich bin gekommen, um mit dem Kommandeur der Wache zu sprechen«, sagte ich.
Die Wächter wechselten Blicke. Wir waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen, und nur Makin hatte etwas Höfisches – seine Rüstung glänzte blitzsauber, als wollte er an einer Parade teilnehmen. Ich trug meinen alten Straßenpanzer, und was Elban und den Nubier betraf … Ihr Aussehen hätte ihnen die Räuberschlinge auch ohne die Mühsal eines Prozesses eingebracht.
»Dies ist Jorg, Prinz von Ankrath, Erbe des Throns«, verkündete Coddin.
Seine Worte mochten schwer zu verdauen sein, aber sie hatten das Gewicht einer Uniform hinter sich. Die Wächter starrten überrascht.
»Er ist gekommen, um mit dem Kommandeur der Wache zu sprechen«, fügte Coddin hinzu.
Das setzte die Männer in Bewegung, und über Wildpfade führten sie uns tief in den Wald. Zuerst ritten wir hintereinander, aber schließlich stiegen wir ab, als wir es statt hatten, dass uns dauernd Zweige ins Gesicht schlugen. Die Waldwächter marschierten ziemlich schnell und nahmen keine Rücksicht auf Königlichkeit oder schwere Rüstungen.
»Wer ist überhaupt der Wachkommandeur?«, fragte ich kurzatmig und rasselte laut genug über den Pfad, um Bären am Winterschlaf zu hindern.
Einer der Wächter sah zu mir zurück, ein alter Bursche, knorrig wie die Bäume. »Lord Vincent de Gren.« Er spuckte ins Gebüsch, um zu zeigen, was er von ihm hielt.
»Euer Vater hat ihn dieses Frühjahr zum Kommandeur ernannt«, sagte Hauptmann Coddin hinter mir. »Ich schätze, es war eine Art Bestrafung.«
Das Hauptquartier der Waldwache befand sich bei der Rulow-Kaskade, dort, wo der Fluss Temus mäanderte, bevor er seinen Mut sammelte und über eine sechzig Meter hohe Stufe im Grundgestein sprang. Große Hütten, mindestens ein Dutzend und mit Schindeln gedeckt, standen zwischen den Bäumen. Eine verlassene Mühle, aus Granitblöcken direkt neben dem Wasserfall errichtet, diente dem Kommandeur als Kastell.
Mehrere Dutzend Wächter kamen aus den Hütten und beobachteten, wie wir uns dem Kastell näherten. Ich schätzte, hier gab es nicht viel Unterhaltung.
Der alte Wachmann ging voraus, um uns vorzustellen, während wir die Pferde anbanden. Er beeilte sich nicht, und deshalb warteten wir. Kalter Wind wehte und wirbelte Laub auf. Die anderen Wächter blieben bei uns, mit flatternden schwarzgrünen Mänteln. Die meisten von ihnen waren mit Kurzbögen bewaffnet. Ein Langbogen bleibt leicht im Gebüsch hängen, und im Wald braucht man keine große Reichweite. Hier gab es keinen Robin Hood, die Wächter waren keine fröhliche Schar, und sie waren bereit zu töten, wenn man aus der Reihe tanzte.
»Prinz Jorg.« Die Tür des Kastells öffnete sich, und ein in Hermelin gekleideter Mann trat nach draußen, die Daumen hinter einen Gürtel aus Goldplatten gehakt.
»Lord Vincent de Gren, nehme ich an.« Ich schenkte ihm mein unaufrichtigstes Lächeln.
»Ihr seid also gekommen, um uns zu sagen, dass wir alle sterben müssen, wegen eines dummen Versprechens, mit dem ein Junge seinen Vater beeindrucken wollte!«, sagte er und sprach laut genug, damit ihn die ganze Lichtung hörte.
Das musste ich Lord Vincent lassen: Er kam ohne Umschweife zur Sache. Und das gefällt mir bei einem Mann, ganz ehrlich. Aber mir gefiel nicht, wie er es sagte. Er hatte irgendwie ein verkorkstes Gesicht, unser Lord Vincent, als hätte die Welt für ihn einen sauren, bitteren Geschmack. Was mir seltsam erschien, denn er hatte jene Fettkloß-Gestalt, die man durch ernsthaftes Schlemmen bekommt, und der dicke Leib war in reichlich Hermelin gehüllt. Ich schätzte ihn auf um die dreißig, aber bei solchen Fettsäcken ist das schwer zu sagen, weil sie keine Haut für Falten übrig haben.
»Gewisse Nachrichten verbreiten sich schnell.« Ich fragte mich, ob Vater sich meine Niederlage noch mehr wünschte als die Rote Burg. In gewisser Weise wäre es ein Kompliment gewesen, denn es hätte darauf hingewiesen, dass er einen Erfolg meinerseits für möglich hielt.
Aber nein, dies fühlte sich nach einer Frau an, vielleicht nach einer, die sich über »Scorron-Hure« ärgerte. Nach einer Frau, die daran gewöhnt war, ihrem Gemahl im Bett Geheimnisse zu entlocken. Nach einer Frau, der es einfallen mochte, Reiter in den Rennat-Wald zu schicken. Und möglicherweise auch nach Gellem.
Ich trat auf den Fettwanst zu. »Ich frage mich, Lord de Gren, ob Eure Männer Euch in den Tod folgen würden. Es beeindruckt mich, dass Ihr so schnell den Respekt dieser Soldaten gewonnen habt. Wie ich hörte, ist die Waldwache ein zäher Haufen, mit allen Wassern gewaschen. Und da wir gerade bei Wasser sind …« Ich legte ihm den Arm um die Schultern. Das gefiel ihm nicht, aber als Prinz kann man sich gewisse Dinge erlauben. »Kommt mit mir.«
Ich ließ ihm keine Wahl und führte ihn dorthin, wo der Temus in die Tiefe stürzte. »Nicht so schüchtern!«, rief ich den anderen zu. »Dies ist kein privates Gespräch.«
Auf nassem Stein blieben wir stehen, fünfzig Meter von der alten Mühle entfernt, wo das Wasser weiß über Felsen schäumte und sich auf den Sprung in die Tiefe vorbereitete.
»Prinz Jorg, ich …«, begann Lord Vincent.
»Du, komm her!« Ich ließ den Lord los und zeigte auf den alten Wächter, der im Wald nach der Nennung von de Grens Namen gespuckt hatte. Ich musste rufen, um die Stimme des Flusses zu übertönen.
Der alte Soldat kam zu uns.
»Und wer ist dieses stolze Beispiel der Wache, Kommandeur?«, fragte ich.
Die Gesichter dicker Menschen bilden eine prächtige Leinwand für Emotionen. Das galt zumindest für Lord Vincent. Ich konnte sehen, wie seine Gedanken über die Stirn huschten, in den schwabbeligen Backen zitterten und über die Speckrollen am Hals kletterten. »Ich …«
»Es gibt zweihundert von den Burschen. Ihr könnt sie natürlich nicht alle kennen«, sagte ich mitfühlend. »Wie lautet dein Name, Wachmann?«
»Keppen, Euer Hoheit«, sagte er und schien sich an einen anderen Ort zu wünschen. Seine Augen waren hellwach und suchten nach einem Ausweg.
»Befehlt ihm zu springen, Kommandeur«, sagte ich.
»W-was?« Lord Vincent wurde sehr schnell sehr blass.
»Er soll springen«, sagte ich. »Befehlt ihm, hier beim Wasserfall in die Tiefe zu springen.«
»Was?« Lord Vincent schien Mühe zu haben, mich im Tosen des hinabstürzenden Wassers zu hören.
Keppens Hand tastete nach dem Heft seines Dolchs. Ein kluger Bursche.
»Wenn Eure Männer alle wegen eines dummen Versprechens sterben werden, das ein Junge seinem Vater gab … Nun, dann ist es doch nur vernünftig von dem Jungen festzustellen, ob sie Euren Befehlen gehorchen, wenn sie sicheren Tod bedeuten«, führte ich aus. »Und wenn Ihr jetzt noch einmal ›Was‹ sagt, schneide ich Euch hier und jetzt auf.«
»W … Aber mein Prinz … Prinz Jorg …« Er versuchte zu lachen.
»Befehlt ihm zu springen, und zwar sofort!« Ich schleuderte die Worte in de Grens Gesicht.
»S-spring.«
»So nicht. Legt mehr Nachdruck hinein. Er springt nicht, wenn Ihr es wie einen Vorschlag klingen lasst.«
»Spring!«
»Schon besser«, sagte ich. »Noch einmal mit Gefühl.«
»Spring!« Lord Vincent schrie das Wort dem alten Keppen entgegen. Die Farbe kehrte jetzt in sein feistes Gesicht zurück und gab ihm ein kräftiges Scharlachrot. »SPRING! Spring, verdammt!«
»Von wegen!«, rief Keppen zurück. Er zog sein Messer, ein ziemlich böse aussehendes Stück Stahl, und wich zurück.
Ich zuckte die Schultern. »Nicht gut genug, Lord Vincent. Einfach nicht gut genug!« Und ich gab ihm einen Stoß, der ihn in die Tiefe schickte. Kein Schrei kam von ihm, und ich hörte auch kein Platschen.
Dann bewegte ich mich sehr schnell. Mit zwei Schritten war ich bei Keppen, packte ihn an der Kehle und hielt mit der anderen das Messer von mir fern. Er war so überrascht, dass er sich gar nicht zur Wehr setzte, und mit einem weiteren Schritt hatte ich ihn über dem Rand des Abgrunds, mit seinen Füßen in der Luft. Nur meine Hand an seinem Hals sorgte dafür, dass er bei uns blieb.
»Nun, Keppen«, sagte ich. »Willst du für den neuen Wachkommandeur sterben?« Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln, aber vermutlich bemerkte er es nicht. »Dies ist die Stelle, an der du ›Ja‹ sagst. Und du solltest es besser ernst meinen, denn es gibt viel schlimmere Dinge als leicht zu sterben, wenn man den Befehl dazu erhält.«
Er bekam ein »Ja« an meinen Fingern vorbei.
»Coddin.« Ich deutete auf ihn. »Ihr seid der neue Kommandeur.«
Ich stellte Keppen auf feuchten Stein und ging zum Kastell. Sie alle folgten mir.
»Wenn ich euch auffordere, für mich zu sterben, erwarte ich, dass ihr wann und wo fragt«, sagte ich. »Aber ich habe es nicht eilig damit, eine solche Aufforderung an euch zu richten. Es wäre eine Verschwendung. Die Waldwache besteht aus den gefährlichsten zweihundert Soldaten, die Ankrath hat, ob mein Vater davon weiß oder nicht.«
Es war nicht ganz und gar Schmeichelei. Im Wald waren dies tatsächlich die besten Leute, die wir hatten. Mit einem guten Kommandeur waren sie das schärfste Schwert in der Rüstkammer, und zu klug, um einfach zu springen, wenn man es ihnen sagte.
»Kommandeur Coddin hier wird euch nach Gelleth führen.« Ich beobachtete, wie sich bei diesen Worten einige Lippen schürzten. Lord Vincent mochte in die Tiefe gestürzt sein, aber ich war trotzdem ein Junge, und die Rote Burg lief noch immer auf Selbstmord hinaus. »Ihr nähert euch der Roten Burg bis auf zwanzig Meilen, nicht weiter. Zwei Wochen werdet ihr in den Otton-Wäldern damit verbringen, Bäume zu fällen, Holz für Belagerungsmaschinen zu schneiden und alle Patrouillen zu vernichten, die euch folgen. Wachkommandeur Coddin wird euch den Rest erklären, wenn es so weit ist.«
Ich wandte mich um und öffnete die Tür des Kastells. »Coddin, Makin!«
Sie folgten mir hinein. Der Eingangsbereich gewährte Zugang zu einem gemütlichen Esszimmer, dessen Tisch gedeckt war mit kaltem Gänsebraten, Brot und Herbstäpfeln. Ich nahm einen Apfel.
»Mein Dank, Prinz Jorg.« Coddin gab mir eine weitere seiner steifen Verbeugungen. »Ihr habt mich vor dem Eskortendienst in Crath City bewahrt. Jetzt kann ich mich darauf freuen, den Winter damit zu verbringen, durch die Wälder von Gelleth zu stapfen.« Die Andeutung eines Lächelns umspielte seine Lippen.
»Ich begleite euch. Verkleidet. Es ist ein streng gehütetes Geheimnis, und Ihr werdet dafür sorgen, dass es bekannt wird«, sagte ich.
»Und wo werdet Ihr tatsächlich sein?«, fragte Makin.
»In der Leucrota-Klamm«, antwortete ich. »Ich habe vor, dort mit Monstren zu plaudern.«