Das Bild von Bertil Olofsson war deutlicher geworden, allerdings nur ein wenig. Man wußte, daß er mit gestohlenen Autos gehandelt hatte, die er wahrscheinlich umlackierte und mit neuen Schildern versah, ehe er sie verkaufte. Man nahm auch an, daß er Rauschgift verkaufte. Er war kein großer Händler sondern gehörte mit ziemlicher Sicherheit zu der Gruppe von Rauschgiftsüchtigen, die den Stoff verkaufen, um ihren eigenen Bedarf zu finanzieren. Keines dieser Ergebnisse war besonders sensationell. Da Olofsson der Polizei seit Jahren bekannt war, wußte man schon so ungefähr, womit er sich beschäftigte. Das, was Malm eventuell hätte verraten können, mußte erheblich mehr Bedeutung gehabt haben, wenn Olofsson sich genötigt gesehen hatte, ein so großes Risiko einzugehen, um ihn aus dem Weg zu räumen. Wenn es überhaupt Olofsson gewesen war, der den kleinen Apparat in Malms Matratze angebracht hatte. Trotz allem war das nur eine Vermutung und eine Behauptung, die vorläufig nicht zu beweisen war. Aber in der Fahndungszentrale gab es zu diesem Zeitpunkt niemanden, der an der Richtigkeit dieser Mutmaßung zweifelte.
Fredrik Melander hatte zu Beginn Pech mit seinen Nachforschungen in der Unterwelt. Zum ersten stellte sich heraus, daß einer seiner zuverlässigsten Kontaktleute, ein ehemaliger Bankräuber, der mehrere Jahre lang den schmalen Pfad der Tugend gewandelt war, rückfällig geworden war und schon seit neun Monaten eine dreijährige Gefängnisstrafe in Härlanda absaß. Dann stellte er fest, daß die Bierstube im Stadtteil Söder, in der die Männer verkehrt hatten, die Malm und Olofsson eventuell kennen konnten und mit deren Inhaberin er außerdem auf gutem Fuß gestanden hatte, längst nicht mehr existierte, da das Haus, in dem die Kneipe sich befunden hatte, abgerissen worden war. Die Besitzerin war aus Stockholm weggezogen, und man erzählte sich, daß sie einen Tabakladen in Kumla aufgemacht hatte. Nach diesen Schlappen hatte Melander sich zu einem drittklassigen Restaurant, ebenfalls im Stadtteil Söder, aufgemacht, das ein paar alte Einbrecher zu seinen Stammgästen zählte, die in ihren guten Stunden wertvolle Tips weitergaben, wenn man ihnen einen oder zwei Whisky-Soda spendierte. Aber auch hier hatte er kein Glück. Das Lokal hatte den Namen gewechselt, und über der Tür verkündete ein Schild HEUTE ABEND TANZ. In den Fenstern sah er große Farbfotografien, die das Orchester zeigten, eine Gruppe schwarzhaariger Männer mit eigenartigen Instrumenten in den Händen, die von den weiten, mit Rüschen besetzten Hemdsärmeln fast ganz verdeckt wurden. Im Schaukasten, in dem früher auf einem anspruchslosen, handgeschriebenen Speisezettel Kohlrouladen und Erbsensuppe angeboten worden waren, hing jetzt eine bunte Speisekarte in spanischer Sprache.
Melander trat ein, stellte sich an die Tür und blickte in den Saal.
Die Decke war abgesenkt worden, die Beleuchtung schummriger, die Tische waren zahlreicher und neuerdings mit karierten Tischtüchern bedeckt. An den Wänden hatte man Plakate mit Bildern von Stierkämpfen und Flamencotänzern aufgehängt. Es war Freitagabend, und ungefähr die Hälfte der Tische war von jugendlichen Gästen, die einen ziemlichen Lärm machten, besetzt. Niemand nahm Notiz von ihm; nach einer Weile entdeckte er eine Kellnerin die er wiedererkannte. Sie war angezogen wie für einen Maskenball, und er konnte sich nicht entscheiden, ob sie sich als Mädchen aus Dalarna oder als Carmen verkleidet hatte.
Melander winkte sie zu sich heran und fragte, wo die ehemaligen Gäste jetzt verkehrten. Sie wußte es und nannte ihm ein Lokal etwas weiter unten in der gleichen Straße. Melander dankte und ging dorthin.
Hier hatte er mehr Glück. Auf einem Sofa an der hinteren Schmalseite saß ein ihm bekannter Mann und schlürfte gelangweilt an seinem Silbergrog. Das war einer der Kerle, nach denen er suchte. Früher war dieser Mann mal ein geschickter Fälscher gewesen, aber das beginnende Alter und der Alkohol hatten ihn gezwungen, diese lohnende Beschäftigung aufzugeben. Er hatte auch eine kurze, aber unglückliche Karriere als Einbrecher hinter sich. Jetzt gelang es ihm kaum noch, ein Paar Strümpfe bei EPA zu stehlen, ohne festgenommen zu werden. Er wurde Rotfuchs genannt wegen seines lockigen rotblonden Haars, das er lange, ehe es Mode wurde, halblang und offen trug, obwohl gerade diese ungewöhnliche Frisur dazu beitrug, daß er leicht wiedererkannt und mehrere Male dann auch prompt festgenommen wurde. Melander setzte sich Rotfuchs gegenüber, und dieser wurde sofort freundlich, in der Aussicht, zu einem Whisky-Soda eingeladen zu werden. »Na, Rotfuchs, wie geht's dir?« fragte Melander.
Rotfuchs schwenkte den Rest der Flüssigkeit in seinem Glas und goß ihn in einem Schluck herunter.
»Ausgesprochen mies. Keine Mäuse und kein Quartier. Ich hab schon dran gedacht, mir Arbeit zu suchen.«
Melander wußte, daß Rotfuchs in seinem ganzen Leben noch keine Öre ehrlich verdient hatte, und daher ließ ihn die Neuigkeit kalt. »Aha, du hast also keine Unterkunft.«
»Im Winter hab ich ja 'ne Zeitlang im Altersheim Hägalid gewohnt. Da hat's mir aber gar nicht gefallen.«
Eine Kellnerin zeigte sich in der Tür zur Küche, und Rotfuchs fügte schnell hinzu: »Und verdammt durstig wird man auch.« Melander winkte der Kellnerin.
»Wenn du bezahlst, kann man vielleicht zu was Besserem übergehen«, meinte Rotfuchs und bestellte ein Achtel Gin und Tonic.
Melander bat um die Speisekarte. Als die Bedienung verschwunden war, fragte er: »Was trinkst du denn sonst?«
»Klaren und Zucker. Wirklich kein Göttertrank, aber ich muß mit jeder Öre rechnen.«
Melander nickte zustimmend. Hier war er absolut einer Meinung mit dem Mann. Aber diesmal bezahlte der Staat, auch wenn es auf Umwegen geschah, und er bestellte Eisbein und Kartoffelbrei mit Kohlrüben für sie beide, obwohl Rotfuchs protestierte. Als das Essen auf den Tisch kam, hatte Rotfuchs seinen Gin bereits ausgetrunken, und Melander bestellte großzügig noch einmal dasselbe. Da er befürchtete, daß Rotfuchs in kurzer Zeit zu betrunken sein würde, um noch ein ordentliches Gespräch mit ihm zu führen, beeilte er sich, sein Problem vorzubringen.
Rotfuchs ließ den Namen und den Gin auf der Zunge zergehen. Dann fragte er:
»Bertil Olofsson, wie sieht der aus?«
Melander war Olofsson zwar noch nie begegnet, aber er hatte eine Fotografie gesehen und hatte die Beschreibung im Kopf. Rotfuchs strich sich nachdenklich über das berüchtigte Haar.
»Ja, dann weiß ich, wen du meinst. Stoff, nicht? Autohandel und so, von jedem etwas. Kenn den Kerl selbst nicht so gut, aber ich weiß, wen du meinst. Was willst du über ihn wissen?«
Melander schob den Teller weg und begann in seiner Pfeife zu bohren. »Ist das alles, was du weißt?« fragte er. »Weißt du zum Beispiel, wo er jetzt ist?« Rotfuchs schüttelte den Kopf. »Nee, hab ihn 'ne ganze Weile nich gesehen. Aber der verkehrt ja auch in ganz anderen Kreisen wie ich. Feine Lokale, wo unsereiner nich hinkommt. Da gibt es zum Beispiel so 'ne Art Klub, nicht weit von hier, ich glaub, da is er meistens. Eigentlich sind da nur die Jungen, Olofsson gehört ja zu den Älteren.«
»Was macht er denn so außer Stoff und Autos?«
»Weiß ich nicht. Aber ich hab gehört, er arbeitet für wen, den Namen kenn ich aber nich. Olofsson war nie 'ne große Nummer, aber vor. einem Jahr oder so is er plötzlich im Geschäft gewesen. Ich glaub, er arbeitet für einen, der ganz groß drinsitzt. Wird viel geredet, weißt du, aber keiner weiß was Genaues.« Rotfuchs' Worte kamen bereits undeutlicher. Melander fragte, ob er Göran Malm kannte.
»Hab ihn nur 'n paarmal im Uven gesehen. Is der nich in dem Haus umgekommen, das da abgebrannt ist? Er war nur ein kleiner Händler, nichts Besonderes. Und außerdem isser ja nu tot, der arme Hund.«
Bevor Melander ging, steckte er nach kurzem Zögern zwei Zehn-Kronen-Scheine in Rotfuchs' Hand und sagte: »Ruf mich an, wenn dir noch was einfallt. Kannst dich ja mal vorsichtig 'n bißchen umhören.« Als er sich in der Tür umdrehte, sah er, wie Rotfuchs der Kellnerin winkte. Melander suchte den Klub, von dem der Mann gesprochen hatte. Als er das jugendliche Publikum bemerkte, das sich davor drängte, wurde ihm klar, daß er in dieser Umgebung so unauffällig wirken würde wie ein Vogel Strauß im Hühnerhof. Also machte er kehrt und ging nach Hause.
Von dort wollte er Martin Beck anrufen und ihn fragen, ob man es wagen könnte, Skacke mit einem Besuch in diesem Klub zu beauftragen.
Benny Skacke war begeistert. Gleich nachdem Martin Beck aufgelegt hatte, rief er seine Freundin an und sagte die abendliche Verabredung ab, da er einen wichtigen Fahndungsauftrag erhalten habe. Er erklärte geheimnisvoll, daß es darum ginge, einen Mörder zu finden. Aber ihr schien das wenig zu imponieren, sie wurde ziemlich ärgerlich.
Den größten Teil des Tages verbrachte er nach dem Programm, das er sich für jeden dienstfreien Tag zurechtgelegt hatte. Erst machte er eine halbe Stunde Gymnastik, dann fuhr er zum Hallenbad in Äkeshov, ging in die Sauna und schwamm tausend Meter, und als er wieder zu Hause war, setzte er sich an seinen Schreibtisch und klemmte sich hinter juristische Fachbücher.
Am späten Nachmittag begann er zu überlegen, was er anziehen sollte. Normalerweise kleidete er sich durchschnittlich und korrekt. Er konnte sich zum Beispiel nicht vorstellen, ohne Krawatte zur Arbeit zu gehen. Da Skacke alles andere als ein Gesellschaftsmensch war und nur äußerst selten ein Restaurant oder eine Bar aufsuchte, war er sich nicht ganz im klaren, was man bei solchen Unternehmungen trug. Auf jeden Fall nicht einen der unauffälligen Konfektionsanzüge, die in seinem Schrank hingen. Schließlich fuhr er in die Wohnung seiner Eltern nach Kungsholmen und lieh sich von seinem jüngeren Bruder einen Anzug. Seine Mutter hatte zum Abendbrot Hacksteak zubereitet, und er blieb gleich zum Essen da. Bei Tisch gab er mit seinem gefahrvollen Leben als Detektiv an, erzählte einige völlig aus der Luft gegriffene Geschichten und brüstete sich vor seinen erstaunten und stolzen Eltern mit einem Vorfall, den Gunvald Larsson einmal erlebt hat.
Als er nach Abrahamsberg zurückkam, zog er sofort den Anzug an. Er fühlte sich etwas fremd darin, war aber sofort zufrieden, als er sich im Spiegel sah. Bestimmt besaß keiner seiner Kollegen bei der Polizei ein ähnliches Schmuckstück.
Die Jacke war lang und lag eng um die Hüfte; sie hatte schräg eingesetzte Taschen und einen großen Kragen. In die Hosen mußte er sich hineinzwängen; um die Oberschenkel saßen sie wie ein Trikot und wurden nach unten immer weiter. Wenn er sich bewegte, flatterten sie störend um die Fußgelenke. Der Anzug war aus hellblauem Manchestersamt, dazu gehörte ein grell orangefarbenes Oberhemd mit Polokragen.
Benny fühlte sich bis zur Unkenntlichkeit verkleidet, als er kurz nach zehn den Nachtklub betrat. Das Lokal befand sich in einem Keller (ehe er die Treppe hinuntergehen durfte, wurden ihm fünfunddreißig Kronen als Mitgliedsbeitag abgeknöpft) und bestand aus zwei großen Räumen und einem kleineren Raum. Es roch nach Zigarettenqualm und Körperausdünstungen. In dem einen der großen Räume wurde zu den ohrenbetäubenden Klängen einer Pop-Band getanzt, in dem anderen trank man Bier. Verständigen konnte man sich nur schreiend. Nur in dem kleineren Raum war es relativ ruhig. Er schien denjenigen vorbehalten zu sein, die am Tisch sitzen und etwas essen, eine Flasche Wein trinken oder einfach beim flackernden Kerzenschein Händchen halten wollten. Daß sich die Gäste hier drin so ruhig verhielten, war wahrscheinlich den Kerzen zuzuschreiben. Natürlich erstickten die Anwesenden beinahe aus Mangel an Sauerstoff.
Er drängte sich an die Bar, und nach einer Weile gelang es ihm, einen Humpen Bier zu ergattern. Mit dem Steinkrug in der Hand wanderte er umher und besah sich das Publikum. Viele Mädchen sahen aus, als ob sie vierzehn und keinen Tag älter seien, und er sah mindestens fünf männliche Gäste, welche die Fünfzig überschritten hatten, aber sonst lag das Durchschnittsalter zwischen fünfundzwanzig und dreißig.
Skacke beschloß, sich erst einmal anzuhören, worüber die Gäste sprachen, ehe er selbst eine Unterhaltung anfing. Er schob sich geschickt in die Nähe von vier Männern, die in einer Ecke standen. Den Gesichtern nach zu urteilen, war ihr Gesprächsthema ernster Natur, sie zogen die Stirn kraus, nippten nachdenklich an ihren Bleigläsern, hörten dem, der gerade sprach, aufmerksam zu und ergänzten seine Worte ab und zu mit vielsagenden Gesten. Skacke verstand kein Wort, ehe er direkt neben ihnen stand.
»Die weiß doch gar nicht, was eine Libido ist«, bemerkte einer von ihnen. »Eher würde ich schon Rita vorschlagen.«
»Die macht es nur allein«, sagte ein anderer. »Da ist Bebban schon besser.« Die anderen beiden brummten zustimmend.
»Also los«, sagte der erste. »Wir nehmen Bebban, dann haben wir wenigstens drei. Kommt, suchen wir sie.«
Die vier verschwanden zwischen den Tänzern. Benny Skacke blieb stehen und überlegte, was eine Libido wohl sein mochte. Er würde im Lexikon nachschlagen, wenn er zu Hause war.
Das Gedränge an der Theke hatte sich gelichtet, und es gelang Skacke, sich nach vorn durchzuboxen. Als der Barmann zu ihm kam, bestellte er ein Bier und fragte nebenher: »Hast du Berra Olofsson hier gesehen?«
Der Mann trocknete sich die Hände an seiner karierten Schürze ab und schüttelte den Kopf. »In den letzten Wochen nicht.«
»Ist von seinen Freunden einer da?«
»Weiß nicht. Ach ja, doch. Olle war vorhin hier.«
»Wo ist er denn jetzt?«
»Irgendwo wird er sein.« Der Mann ließ seinen Blick über die Menge gleiten. Er nickte einer Gruppe schräg hinter Skacke zu. »Da steht er ja.«
Skacke drehte sich um und sah mindestens fünfzehn Personen, die gemeint sein konnten.
»Wie sieht er denn aus?«
Der Mann hinter der Theke zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Ich dachte, du kennst ihn. Da drüben steht er. Der mit dem schwarzen Pullover und den Koteletten.«
Skacke nahm sein Bier, legte das Geld auf die Theke und drehte sich um. Er erkannte den Mann, der Olle hieß, sofort. Er stand mit den Händen in den Taschen da und sprach mit einer kleinen Blondine mit Turmfrisur und großen Brüsten.
Skacke ging hin und schlug dem Mann leicht auf die Schulter.
»Hallo, altes Haus.«
»Hallo«, entgegnete der andere unsicher.
Skacke nickte der Blondine zu, und sie blickte ihn gnädig an.
»Wie geht's denn so?« fragte der Mann mit den Koteletten.
»Gut. Ach hör mal, ich such nach Berra. Berra Olofsson. Hast du ihn kürzlich gesehen?«
Olle nahm die Hände aus der Tasche und setzte einen Zeigefinger auf Skackes Brust.
»Nee. Du kommst mir gerade richtig. Ich hab nämlich schon selber nach ihm gesucht. Aber zu Hause ist er nicht. Weiß Gott, wo der sich rumtreibt.«
»Wann hast du ihn denn zuletzt gesehen?«
»Das ist schon verdammt lange her. Warte mal. Anfang Februar. An einem der ersten Februartage. Er wollte 'ne Woche oder so nach Paris fahren, hat er gesagt. Danach hab ich ihn nicht mehr gesehen. Was willst du denn von ihm?« Die Blondine war ein paar Meter weiter zu einer Gruppe gegangen, ab und zu schielte sie herüber in Skackes Richtung.
»Ach, ich will mit ihm 'ne Sache besprechen«, gab Skacke vage zurück.
Olle hielt ihn am Arm fest und lehnte sich zu ihm hinüber. »Wenn es um Weiber geht, kannst du auch mit mir sprechen. Ich hab 'n paar von Berra übernommen.«
»Na, irgendwer muß den Laden ja in Schuß halten, solange er unterwegs ist.« Olle grinste. »Na?« fragte er.
Skacke schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht um Weiber. Andere Sachen.«
»Aha, ich versteh. Nee, da kann ich dir nicht helfen. Ich hab kaum so viel, daß es für mich selber reicht.«
Die Blondine kam heran und zog Olle am Ärmel.
»Ich komm schon, Stummel«, sagte der. Das Mädchen zog ihn auf die Tanzfläche.
Skacke war kein besonders guter Tänzer, aber er ging los und forderte eine Dame auf, die zu Olofssons oder Olles Stall zu gehören schien. Sie sah ihn gelangweilt an, ging aber mit auf die Tanzfläche und begann, sich mechanisch zu bewegen. Ein Gespräch kam nur langsam in Gang, aber er erfuhr, daß sie Olofsson nicht kannte.
Nach vier angestrengten Tänzen mit verschiedenen mehr oder weniger gesprächigen Partnerinnen kam Skacke an die Richtige.
Das fünfte Mädchen war ungefähr so groß wie er, hatte hellblaue Kuhaugen, einen dicken Hintern und schmale, spitze Brüste.
»Berra«, sagte sie. »Sicher kenn ich Berra.«
Er stand wie festgenagelt, während sie ihr Hinterteil schwenkte, mit den Brüsten wackelte und mit den Fingern schnipste. Skacke brauchte praktisch nur vor ihr stehenzubleiben.
»Aber für den arbeite ich nicht mehr«, fügte sie hinzu. »Ich bin jetzt selbständig.«
»Weißt du, wo er jetzt ist?«
»Er ist in Polen, hab ich neulich einen sagen hören.«
Sie wiegte sich in den Hüften, und Skacke schnipste ein wenig mit den Fingern, um nicht ganz untätig auszusehen.
»Bist du sicher? In Polen?«
»Ja. Irgendwer hat das gesagt. Weiß nicht mehr, wer das war.«
»Seit wann denn?«
Sie zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Er ist 'ne Weile weg, wird schon wieder auftauchen. Was willst du denn von ihm haben? Stoff?«
Sie mußten sich anbrüllen, um die Musik zu übertönen.
»Kann ich dir vielleicht besorgen«, schrie sie. »Aber nicht vor morgen früh.«
Skacke traf dann noch drei Mädchen, die Bertil Olofsson kannten, aber nicht wußten, wo er sich aufhielt. Keine hatte ihn in den letzten Wochen gesehen. Kurz vor drei Uhr fing man an, mit dem Licht zu flackern, um die Gäste darauf aufmerksam zu machen, daß gleich geschlossen werden sollte. Skacke ging ein Stück zu Fuß, ehe er ein Taxi fand. Sein Kopf brummte vom Bier und von der schlechten Luft, und er sehnte sich nach seinem Bett.
In den Taschen hatte er die Telefonnummern von zwei Mädchen, die sich angeboten hatten, ihm nackt Modell zu stehen, von einer, die nur ganz allgemein an ihm interessiert war, und von dem Mädchen, das ihm Rauschgift verkaufen wollte. Im übrigen war das Ergebnis des Abends dürftig. Am nächsten Morgen sollte er Martin Beck berichten, aber eigentlich hatte er nur erfahren, daß Bertil Olofsson verschwunden war.
Zwei Einzelheiten hatte er allerdings auf dem Pluskonto. Er wußte, wann ungefähr Olofsson verschwunden war. Und das mit Polen.
Immerhin etwas. Dachte Benny Skacke.