Mit dem Körper sprechen
Erinnern wir uns noch mal an Madamchen in der Pizzeria. Sie hat uns ziemlich eindeutig mit ihrer Körpersprache gezeigt, für was sie sich hält. Nun setzen wir uns mal in die S-Bahn. Da betritt eine Frau in unserem Alter das Abteil. Sie hat Hängeschultern, einen verkniffenen Mund und quetscht sich in die hinterste Ecke, obwohl fast alle Plätze leer sind. Was schließen wir daraus? Sie ist unglücklich oder deprimiert.
In einer anderen Ecke des Abteils steht ebenfalls eine Frau in unserem Alter. Sie schaut interessiert allen Neuankömmlingen in die Augen, steht gerade und lächelt, wenn sich jemand an ihr vorbeidrängt. Die Frau sieht zehn Jahre jünger aus als die Dame, die sich mit hängenden Schultern und verkniffenem Mund in die hinterste Ecke gequetscht hat. Durch ihre Körpersprache signalisiert sie uns, dass sie auf dem Sprung ist, bereit, der Welt lächelnd ins Auge zu blicken.
Dann betritt ein mittelaltes Paar das Abteil. Er stürzt auf den Plan, um zu schauen, wo er aussteigen muss. Sie sucht derweil einen Platz, von dem aus sie den Überblick hat. Als er sich neben sie setzt, lächelt sie ihn an und schlägt ihre Beine so übereinander, dass sie ihm zugewandt sind. Eigentlich wundert es uns jetzt nicht mehr, dass er irgendwann ihre Hand nimmt. Denn die Frau hat uns mit ihrer Körpersprache bereits zu verstehen gegeben, dass sie den Mann liebt.
Und dann kommt noch ein Paar in den Zug. Er hält einen kleinen Hund, sie setzt sich ans Fenster, verschränkt die Arme und starrt hinaus. Monsieur lässt sich, etwas abgewandt, neben sie fallen und betrachtet fasziniert sein Tier. Die beiden reden genauso wenig miteinander wie unser händchenhaltendes Paar. Dennoch sehen wir, dass die beiden sich nicht so recht verstehen.
Nun können wir natürlich nicht leugnen, dass jeder von uns seine Stimmungen hat. Jeder ist mal unglücklich, deprimiert, glücklich oder gut gelaunt. Dennoch sollten diese kleinen Beispiele uns klar machen, wie viel wir allein mit unserem Körper und mit unseren Augen über unsere Befindlichkeiten verraten.
Nicht immer sind hängende Schultern, verkniffene Münder oder ein zu Boden gerichteter Blick nur ein Ausdruck von Unglück oder Depression. Die meisten Menschen sind sich gar nicht bewusst, dass sie so durch die Welt laufen, weil sie sich daran gewöhnt haben. Also, wenn es kein akutes Problem gibt, dann sollten wir uns mal selbst beobachten und unsere Schlüsse daraus ziehen.
Entsinne dich doch mal, wie es war, als du vierzehn warst. Wetten, dass du dich in jedem Schaufenster, an dem du vorbeigelaufen bist, gespiegelt hast? Das war sogar notwendig, denn so ist ganz langsam in dir selber ein Bild von dir entstanden. Wann hast du dich das letzte Mal in einem Schaufenster gespiegelt?