Freundschaften entrümpeln

Du schaust dich in deinem Freundeskreis um und hast keine Lust. Weder auf Ulrike noch auf Gabi. Immer wenn du mit Ulrike unterwegs warst, kommst du völlig entnervt nach Hause. Ulrike hat seit zwanzig Jahren das gleiche Problem und es wird jedes Mal wieder gedreht und gewendet. Wenn du sagst, dass es dir beschissen geht, dann schaut Ulrike dich an und erzählt dir, wie gut du es hast. Vielleicht stimmt das sogar, aber sie erzählt es dir vor allem, um dir nicht zuhören zu müssen. Deine Treffen mit Ulrike werden immer seltener. Hast du schon mal daran gedacht, die Freundschaft zu Ulrike einfach einschlafen zu lassen? Nein? Warum nicht? Kannst du dir diese Zeit- und Gute-Laune-Killer wirklich noch leisten?

Natürlich, du bist mit Ulrike seit zwanzig Jahren befreundet. Damals ward ihr in der gleichen Situation, nämlich auf der Suche nach einem Mann. Und? Was verbindet euch heute noch? Du bist inzwischen das zweite Mal verheiratet und Ulrike sucht immer noch.

Mit Gabi geht es dir ähnlich. Gabi hast du in der Krabbelgruppe deiner Ältesten kennen gelernt. Ihr habt zusammen mit den Kinderwagen lustige Ausflüge gemacht. Während du, seitdem deine Jüngste in die Schule kam, immer gearbeitet hast, lebt Gabi von ihrem geschiedenen Ehemann und das nicht schlecht. Die Treffen mit Gabi fangen immer ganz harmlos an, enden aber immer bei Gabis Selbstmitleid. Irgendwann schaust du verstohlen auf die Uhr und murmelst was von „mein Mann wartet“. Wenn du ehrlich mit dir selbst bist, gibt es vielleicht außer ein paar lustigen Erinnerungen an Kindergeburtstage bei McDonald’s und wie ihr sie überlebt habt, wirklich nichts, worüber du mit Gabi reden könntest. Warum also spielst du die treu sorgende Freundin?

Und dann ist da noch Stefanie, sie war früher in der Schule deine beste Freundin. Stefanie ist Professorin für ostasiatische Kunst und lebt mit einem Architekten zusammen. Wenn du bei den beiden eingeladen bist, ziehst du dich extra warm an, weil es in ihrem Haus so aussieht, als ob die kleine Eiszeit ausgebrochen ist. Beim Essen fragst du dich, ob das, was da auf dem Tisch steht, zum Verzehr oder zur Dekoration bestimmt ist. Mühsam sucht ihr nach Themen, über die ihr euch unterhalten könnt. Du findest moderne Architektur beziehungsweise das, was der Angetraute deiner Freundin daraus macht, schrecklich und enthältst dich jeder Bemerkung über seine neuesten Objekte, die für deinen Geschmack aussehen wie Frauengefängnisse oder Bunkeranlagen. Auch über Kunst kannst du mit Stefanie nicht reden, denn alles, was auch nur einen Touch europäisch ist, kommentiert sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. Natürlich traust du dich auch nicht, von deinem letzten Urlaub auf Mallorca zu erzählen, denn dann folgt sofort ein Bericht über die Wahnsinnsausstellung in Singapur, zu der sie mal eben gejettet sind. Ich kann dich trösten, auch Stefanie und ihr Architekt fühlen sich bei euch zu Hause nicht wohl. Sie nennen dich, wenn sie unter sich sind, „Laura Crashley“ und futtern vor jedem Besuch Magentabletten. Warum zum Teufel tut ihr euch das an? So lustig war eure Abi-Fete doch gar nicht, dass ihr dreißig Jahre davon zehren könntet.

Wenn du also schon dabei bist, dich von all dem Seelenmüll zu trennen, der dich zu vergiften anfängt, dann überleg doch gleich, ob du dich mit anderen Menschen nicht viel wohler fühlen würdest. Du meinst, die müsstest du erst einmal kennen lernen? Schau doch mal ins Internet. Der Vorteil dieses Mediums ist, dass du gezielt nach Menschen suchen kannst, die genau die gleichen Interessen haben wie du. Und die ändern sich nun mal bekanntlich im Laufe des Lebens.

Mein letzter Tampon
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