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Rettung in höchster Not
Sam landete in dem Pferch, rollte sich auf die Füße und hob einen faustgroßen Stein auf. Hinter ihm ließ der Spegel die kaputte Steinstange fallen und brach durch das Tor. Sam holte aus und schleuderte ihm den Stein an den Kopf, worauf der Spegel einen Moment lang die Orientierung verlor. Sam fuhr herum und hielt nach einem Fluchtweg oder einem Versteck Ausschau.
Ihm stockte der Atem. In dem Pferch war noch ein anderes Rieseninsekt, eines, das sich vor ihm aufbäumte … und mit vertrautem Blick auf ihn herabstarrte.
»Cheep!«, zirpte das Ungetüm.
Sam starrte es an. »Du bist es!« Vor ihm stand sein letzter Gegner aus der Arena, dessen Leben er verschont hatte.
Hinter ihm schnaufte der Spegel wütend. »Schnell«, rief Sam und eilte auf das riesige Insekt zu. »Ich verstecke mich hinter dir.« Aber das Wesen wich zurück und rollte sich zu einer großen Kugel zusammen, so dass Sam nicht an ihm vorbeigelangte. Er verdrehte die Augen. »Keine Sorge, du Angsthase. Ich tu dir nichts. Ich will mich nur hinter dir verstecken.« Unter seinem Schwanz, den es über den Kopf geschlagen hatte, lugte das Ungetüm zu ihm hoch.
Sam blickte über die Schulter. Der Spegel hatte sich von dem Steintreffer erholt. Er schäumte vor Wut, stand wieder sicher auf seinen vielen Beinen. Sam geriet in Panik. »Cheep!«, brüllte er dem riesigen, bockigen Insekt in der Ecke zu.
Es hob den Kopf. »Cheep?«
»Cheep! Cheep!«, versuchte Sam verzweifelt, die Stimme seines ehemaligen Widersachers zu imitieren, in der Hoffnung, dass das Ding sich endlich rühren würde.
Das Insekt entrollte sich. Ihm den Rücken zugewandt, wich Sam vor dem Spegel zurück, der auf ihn zutrat und das runde Maul so weit aufriss, dass Sam ihm in die Speiseröhre schauen konnte. Zu seinem Entsetzen erblickte er darin ein Gebräu aus Speichel und halb verdauten Käferteilen. Bitte, lass das nicht das Letzte sein, was ich im Leben sehe, dachte er.
Der Spegel richtete sich auf, um sich mit tödlicher Wucht auf Sam herabfallen zu lassen. Sam öffnete den Mund, wollte schreien. Aber statt auf ihn zu fallen, stieg der Spegel immer weiter in die Höhe.
»Cheep!«, bellte das Rieseninsekt hinter Sam, während es den fetten Angreifer mit den Vorderbeinen packte und mühelos hochhob wie ein Spielzeug. »Cheep«, zirpte es wieder und schleuderte den Spegel über Sam hinweg aus dem Pferch.
Sam eilte zur Trennwand und sah, wie die Fressmaschine in die Dunkelheit davontrippelte. Er atmete tief durch und wandte sich zu seinem Verbündeten um. »Du hast mir das Leben gerettet!«, rief er aus. »Danke … Cheep.«
Das Insekt wackelte mit dem Kopf wie ein hechelnder Hund. Es blickte Sam mit seinen riesigen klaren Augen treuherzig an, und Sam hätte schwören können, dass es glücklich aussah. »Cheep!«, erwiderte es.