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Die Tierfänger
PJ und Sam sprangen auf, jeder in Erwartung, dass sein Vater hereinspaziert kommen würde. Stattdessen traten zwei bleiche Gestalten in langen staubigen Umhängen in den Raum – eine junge Frau und ein Albino. Das Paar schlug die Kapuzen zurück und kniff im hellen Neonlicht der Station die Augen zusammen. Ihre Umhänge waren schiefergrau und bedeckten vollständig ihre Körper, bis auf die Füße, die in primitiven Stiefeln steckten.
Wenn sie vor einer Steinmauer stünden, dachte Sam, würde man die beiden kaum erkennen.
Der Albino war vielleicht zwanzig Jahre alt. Seine Haut, sein Haar und die Augenbrauen waren schlohweiß, fast durchsichtig. Sogar seine Pupillen schienen farblos zu sein.
Die Frau war etwas jünger, siebzehn oder achtzehn – etwa in PJs Alter, schätzte Sam. Ihr schwarzes Haar war mit einem dicken Metallring am Hinterkopf zusammengerafft und verschwand im Nacken unter ihrem Umhang. Im scharfen Kontrast zu ihrer Haarfarbe hatte sie einen fast milchweißen, ebenmäßigen Teint. Auch ihre Lippen waren ausnehmend hell und hoben sich kaum von der Gesichtshaut ab, dafür stachen ihre wachsamen grünen Augen umso stärker hervor.
»Lasst mich raten«, sagte PJ. »Ihr seid die Tierfänger, die ich angerufen habe, stimmt’s?«
Die beiden sahen sich an. Der Mann bedeutete der Frau zu schweigen und sprach mit einem vage kanadisch klingenden Akzent. »In der Tat, wir kommen wegen des … Tiers.«
Sam flüsterte PJ zu: »Tierfänger tragen normalerweise weiße Overalls, keine grauen Umhänge.«
»Ist doch egal«, sagte PJ, »solange sie nur diese Bestie mitnehmen.«
»Erwartet ihr noch jemanden?«, fragte der Albino.
»Mann, hoffentlich nicht«, entgegnete PJ. »Kommt, da drüben ist das Vieh.«
Der Mann und die Frau folgten PJ. Sam versuchte die Aufmerksamkeit des älteren Jungen auf sich zu ziehen. »Außerdem sind sie viel zu früh hier«, sagte er.
»Dafür, dass sie so schnell gekommen sind, sehe ich ihnen ihre Billig-Uniform nach«, sagte PJ. »So, und jetzt hältst du den Mund und lässt mich uns aus diesem Schlamassel rausholen.« Er führte den Mann und die Frau zur Zelle.
Als das Zottelwesen die Fremden sah, begann es wie verrückt herumzuspringen. Es rüttelte am Fenstergitter und hämmerte gegen die Wand, schien plötzlich unbedingt fliehen zu wollen.
»Wisst ihr, was das für ein Tier ist?«, fragte Sam.
»Ja«, entgegnete der Albino, ohne eine Erklärung zu liefern.
»Super«, sagte PJ, »ihr könnt es gerne mitnehmen.«
Die Frau schaute dem Wesen in die Augen. »Es wird sich wehren«, sagte sie.
»Ja, es hat ein kleines Wutproblem«, stimmte PJ ihr zu.
»Hat es irgendeine Waffe da drin?«, fragte der Mann.
»Es hat einen üblen Schwung mit dem Baseballschläger«, antwortete PJ.
»Ja, sie lieben Kampfspiele«, entfuhr es der Frau, und sofort bedeutete ihr der Mann, den Mund zu halten.
»Ich glaube nicht, dass es ein Spiel war«, erwiderte PJ, »außer mein Kopf sollte der Ball sein. Aber keine Sorge, der Schläger ist aus Schaumgummi. Es ist nicht wirklich schlimm, wenn man damit getroffen wird.«
»Das bekommen wir schon hin«, sagte der Mann.
PJ schob den Schlüssel ins Schloss. »Gut, denn ich –«
»Arrgh!« Das Wesen stürmte ans Gitter und stieß PJs Hand weg. Es war so schnell draußen, dass PJ kaum Zeit blieb herumzufahren, bevor das Wesen Sam in Footballspielermanier umrammte. Der kleine Junge flog zurück und schlug mit einem dumpfen Knall an die Wand. Benommen sackte er zu Boden.
Das Zottelwesen wirbelte herum und riss mit gefesselten Händen die Feueraxt an sich, die neben der Hintertür an der Wand hing.
PJ packte den erstbesten Gegenstand, den er fand. Er fuhr zu dem fauchenden Tier herum und hob den Baseballschläger. Die Axt sauste auf seinen Kopf zu. PJ warf sich zu Boden, gerade als die Schneide den Schaumgummi spaltete und ihm haarscharf am Ohr vorbeipfiff.
Die Fremden schlugen ihre Umhänge zurück.
Schink! Schhhink!
Der Mann und die Frau rissen zwei lange dünne Rapierschwerter aus verborgenen Scheiden. Sie bewegten sich so schnell, dass Sam nur einen verschwommenen Blick auf die Klingen erhaschte, die in schimmernden Bögen durch die Luft schwangen.
Zonk-zonk!
Das Wesen erstarrte. Schwarze Flüssigkeit spritzte ihm aus zwei Bauchwunden. Das Zeug sprudelte wie aus einem abartigen Springbrunnen auf Sam und PJ herab. Sam versuchte sich aufzurappeln, rutschte aber in der Lache aus, die sich um ihn herum bildete, und stürzte bäuchlings in sie hinein.
Die beiden Fremden traten zurück; ihr verheerendes Werk war vollbracht.
Die eklige Flüssigkeit sprudelte weiter aus dem schwankenden Wesen heraus. Sie roch nach heißem Schlamm, und das Geschöpf sah aus wie ein Baum, der gleich umkippen würde. Die gelben Augen hefteten sich auf Sam, aber ihr Blick war leer. Das Wesen begann zusammenzuschrumpfen, während ihm der Lebenssaft entrann; die Haut wurde welk, faltig und schrumpelig, und Sam wurde klar, dass das Wesen auslief. Die Handschellen rutschten ihm über die Handgelenke und fielen klappernd zu Boden. Schließlich knickten die Beine ein, und das Tier fiel in sich zusammen wie ein Ballon, dem die Luft entwich.
PJ und Sam standen auf, schwarzer Schleim troff an ihnen herab. Sie starrten auf die Fremden mit den Schwertern. »Ich glaube nicht, dass die beiden normale Tierfänger sind«, flüsterte Sam.
»Ihr habt ihn getötet«, sagte PJ zu ihnen.
»Nur weil du zugelassen hast, dass er sich mit einer Axt bewaffnen konnte«, entgegnete der Albino.
»Diese Oberweltler hätten nichts hiervon sehen dürfen«, sagte die Frau zu ihm.
»Sei still.« Der Mann runzelte die Stirn. »Ich muss überlegen, was wir mit ihnen anstellen.«
Sam gefiel nicht, was er da hörte. Die beiden hatten ihre Schwerter noch nicht weggesteckt.
PJ stellte sich neben Sam und hob den halbierten Baseballschläger auf. »Immer mit der Ruhe«, sagte er. »Ihr wollt uns jetzt doch nicht mittelaltermäßig abmurksen, oder?«
»Natürlich nicht«, schnaubte der Mann. »Wir kämpfen nicht gegen Menschen.«
»Wir dienen ihnen«, fügte die Frau hinzu.
PJ blickte auf den schrumpeligen Hautsack, der von dem Tier übrig geblieben war, und auf den vollgespritzten Fußboden der Polizeistation. »Heißt das, dass ihr hier sauber macht?«, fragte er.