32 DiE fragE
»Das ist eine ziemlich hässliche Verbrennung«, bemerkte Coach Straw, als sie mich auf der Treppe zur Kabine entdeckte. Ich drückte den Arm eng an meine Seite, um die tiefe, rote, mit Blasen bedeckte Schramme zu verbergen.
»Ja, wahrscheinlich schon«, murmelte ich, ohne sie anzuschauen, und wünschte mir, ich könnte einen Ärmel über das Schandmal ziehen.
Coach Straw hielt inne und sah mich an. Ihr prüfender Blick ließ meinen Magen grummeln. Schließlich nickte sie langsam, machte nachdenklich: »Hmm«, und fügte abschließend hinzu: »Wir sehen uns draußen.« Dann ging sie an mir vorbei zum Spielfeld.
Ihre kühle Reaktion ließ mich verwirrt zurück.
»Kommst du?«, fragte Sara und schlenderte ebenfalls an mir vorbei.
»Ja«, antwortete ich und verdrängte meine paranoiden Gedanken.
»Ich kann dir gar nicht sagen, wie erleichtert ich über deine SMS gestern war«, sagte Sara auf dem Weg zur Aschenbahn.
»Ich hab dir doch gesagt, du sollst dir keine Sorgen machen.«
»Ja«, neckte sie mich, »und aus deinem Mund glaubt man diese Worte sofort.«
Ich lachte. In den zwei Minuten, die ich gebraucht hatte, um aus meinem Zimmer zu klettern, war ich wahrscheinlich um Jahre gealtert. Während wir unsere Aufwärmrunden drehten, erzählte ich Sara von meinem nächtlichen Abenteuer.
Sie antwortete langsam: »Wow. Vermutlich sollte es mich nicht überraschen, dass er Sex hatte. Hat es dich gewundert?«
»Na ja, ein bisschen schon«, gab ich zu. »Eigentlich sollte es mir egal sein – die Liste ist ja auch nicht gerade lang. Aber es ist seltsam, ihn mir mit einer anderen vorzustellen.«
»Glaubst du nicht, er empfindet das Gleiche bei Drew und dir? Und er muss Drew jeden Tag sehen.«
»Ja, ich weiß«, erwiderte ich und wurde von einer Welle schlechten Gewissens überrollt. »Aber ich wäre mit Drew auch niemals so weit gegangen.«
»Glaubst du, dass du mit Evan so weit gehen wirst?«, fragte sie und wartete gespannt auf meine Antwort.
Mir wurde ganz heiß bei dem Gedanken.
»Du hast daran gedacht, stimmt’s?«, rief Sara, als ich schwieg.
Ich zuckte die Achseln und kniff den Mund zusammen, um mein verlegenes Grinsen zu unterdrücken.
»Wir sind noch nicht besonders lange zusammen«, sagte ich schließlich, als ich meine Stimme wiedergefunden hatte.
»Aber ihr kennt euch doch schon fast ein ganzes Jahr«, wandte sie ein. »Und auch wenn du es nicht zugeben möchtest: Ihr wart praktisch vom ersten Moment an wild aufeinander. Vielleicht seid ihr erst seit wenigen Wochen ein Paar, aber ihr habt euch schon viel länger gefunden.«
Ich sagte nichts. Schweigend joggten wir nebeneinanderher, bis Coach Straw das Team für die weiteren Übungseinheiten zusammenpfiff. Den Rest des Trainings war ich ziemlich abgelenkt. Saras Frage folgte mir an diesem Abend ins Bett, ich lag im Dunkeln wach und dachte über die Antwort nach.
»Hi«, sagte Evan am nächsten Morgen, als ich in sein Auto stieg.
»Hi«, antwortete ich und wurde vor Verlegenheit prompt knallrot. Als wir losfuhren, starrte ich aus dem Fenster und hoffte, dass er nichts davon bemerkt hatte.
»Schlechter Start in den Tag?«, fragte er.
»Äh, nein«, entgegnete ich hastig und versuchte die Frage, die mich seit meinem Gespräch mit Sara beschäftigte, aus meinem Kopf zu verbannen.
»Okay«, meinte Evan verwundert. »Hab ich irgendwas verpasst?«
»Nein«, beteuerte ich schnell und biss mir auf die Unterlippe, um nicht zu grinsen.
Dann zwang ich mich, ihn anzuschauen, damit er sich keine Sorgen machte. Meine Wangen schmerzten, so sehr versuchte ich, das Grinsen zu unterdrücken. Schnell richtete ich meinen Blick wieder aus dem Seitenfenster.
»Ich hab eindeutig was verpasst«, stellte Evan fest und betrachtete meinen komischen Gesichtsausdruck mit zusammengekniffenen Augen.
Ich stieß ein verlegenes Lachen aus und flehte mein Gehirn an, an etwas anderes zu denken – irgendetwas.
»Aber du willst mir nicht sagen, was«, fuhr Evan fort. »Hat Sara etwas damit zu tun?«
Ich lachte wieder. »In gewisser Weise. Aber keine Sorge, ich komm schon drüber weg.«
Doch ich schaffte es nicht. So gern ich auch nicht mehr darüber nachgedacht hätte, was das Schicksal wohl für mich bereithielt, erwischte ich mich trotzdem immer wieder dabei, wie ich Evan im Unterricht anstarrte. Ich war überzeugt, dass es nicht in nächster Zukunft passieren würde – aber würde es mit ihm passieren? Ich konnte nicht leugnen, wie ich auf seine Nähe reagierte. Ich fühlte seine Anwesenheit sogar dann, wenn er nicht direkt neben mir saß.
In der Schule küsste Evan mich nur, wenn wir allein waren. Er hielt mich auch nicht auf eine Weise im Arm, die allen zeigte, dass wir ein Paar waren. Wir bekundeten unsere Zuneigung subtiler, aber ich bekam trotzdem Herzflattern, sobald er mich berührte. Mein ganzer Körper begann zu kribbeln, wenn er mir etwas ins Ohr flüsterte und sein Atem dabei meinen Nacken kitzelte. Er brauchte mich gar nicht anzufassen – allein schon durch seine Aufmerksamkeit, allein durch die Tatsache, dass er mich zur Kenntnis nahm, stoben in meinem Inneren die Funken.
Als wir endlich einen Moment ungestört waren, pulsierte mein Körper förmlich, weil ich den ganzen Tag in seiner Nähe gewesen war. Ich gab mir alle Mühe, mich einigermaßen zu beherrschen, als ich seine Lippen berührte und mit den Händen über seinen Rücken strich, aber es fiel mir schwer, gegen die Erregung anzukämpfen – und gegen das Verlangen, ihm noch näher zu sein.
Seit Sara mir die Frage in den Kopf gesetzt hatte, fand ich es plötzlich schwierig zu atmen, wenn Evan allzu dicht neben mir stand. Ich zögerte instinktiv, bevor ich ihn anfasste, weil ich befürchtete, mein Übereifer würde die Gedanken offenbaren, die an mir zehrten. So blieb es die ganze Woche, ganz gleich, wie sehr ich mich auch anstrengte, die Frage wegzuschieben.
Aber dann kam eines Tages Carol zu mir in die Küche – und bewies mir, wie schnell ich die Frage vergessen konnte.
»Mach den Kühlschrank zu, blöde Kuh«, fuhr sie mich an.
»Wie bitte?« Ich schaute mich um und merkte, dass ich die Hand an der geöffneten Kühlschranktür hatte. Schnell griff ich nach der Milch und schlug die Tür zu.
Carol stand an der Theke, trank ihren Kaffee und beobachtete meine zerstreuten Bewegungen.
»Warum ist in deinem Zimmer das Fliegengitter offen?«
Ich schluckte und gab mir Mühe, die Milch nicht zu verschütten, die ich gerade über mein Müsli goss. Plötzlich fiel mir ein, dass ich tatsächlich vergessen hatte, das Fliegengitter wieder zu schließen, nachdem ich aus dem Fenster gestiegen war.
»Äh«, begann ich und räusperte mich. »Ich hatte eine Spinne im Zimmer und hab das Fenster aufgemacht, um sie rauszuschmeißen. Anscheinend hab ich danach vergessen, das Fliegengitter zu schließen. Tut mir leid.«
Ich steckte einen Löffel Müsli in den Mund, mied aber Carols Blick. »Du bist echt zu allem zu blöd«, knurrte sie, ging der Sache aber nicht weiter nach.
»Ich hab ein paar Kisten hinten im Auto, die müssen ins Haus, bevor du gehst. Du kannst sie ins Esszimmer stellen.«
»Okay«, murmelte ich mit vollem Mund. Dann schaufelte ich schnell den Rest des Müslis in mich hinein, denn ich wollte weg von ihr, bevor sie noch mehr Fragen stellen und meine Lügen durchschauen konnte.
Ich wusch meine Schüssel aus und stellte sie in die Spülmaschine, dann verließ ich durch die Hintertür das Haus. Als ich den Kofferraum des Jeeps öffnete, fand ich dort drei große Pappkartons, so groß, dass ich beide Arme brauchte, um eine davon hochzuheben. Das Riesending nahm mir völlig die Sicht, war aber zum Glück nicht ganz so schwer, wie ich befürchtet hatte.
»Sei bloß vorsichtig damit«, warnte Carol, die mich von der Veranda aus beobachtete.
Ich versuchte, sie zu ignorieren und ging an ihr vorbei ins Haus. Sie stand einfach nur da und sah zufrieden zu, wie ich mich mit der überdimensionalen Kiste abmühte. Als ich mit der dritten kam, dachte ich, sie wäre endlich im Haus verschwunden – aber ich hätte es besser wissen müssen.
Ich trat sicher mit dem rechten Fuß auf die zweite Treppenstufe. Dann wollte ich den linken Fuß nachziehen und stieß unvermutet auf einen kaum merklichen Widerstand. Mit dem Riesenpaket auf dem Arm reichte er aus, um mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mein rechtes Knie knickte unter mir weg, und ich knallte mit meinem ganzen Gewicht gegen die Kante der nächsten Stufe. Ich stürzte auf die Knie. Die Kiste landete sicher auf dem nächsten Absatz, immer noch fest von meinen Händen umklammert.
Um ein Haar hätte ich laut aufgeschrien, als ein heißer, stechender Schmerz durch mein Bein schoss, aber ich biss tapfer die Zähne zusammen.
»Wir kann man nur so ungeschickt sein!«, schimpfte Carol hinter mir. »Ich hoffe, du hast es nicht kaputtgemacht. Wenn doch, wirst du es bezahlen.«
Ohne sich weiter um mich zu kümmern, ging sie an mir vorbei ins Haus. Mit wütendem Blick folgte ich ihr und hatte alle Mühe, meine hasserfüllten Gedanken für mich zu behalten.
Vorsichtig schob ich die Kiste vollends auf die Veranda und zog mich mühsam am Geländer hoch. Als ich mein Knie durchstreckte, erstarrte ich, denn der Schmerz war sofort wieder da. Mit einem erstickten Schrei verlagerte ich das Gewicht instinktiv aufs andere Bein, hinkte so die Stufen empor und hob die Kiste hoch, um sie ins Haus zu bringen.
Ich verdrängte den pochenden Schmerz, so gut ich konnte. Evan würde jede Minute hier sein, und ich wollte nicht, dass er mich humpeln sah. Also packte ich meine Taschen und hinkte hinaus. Carol war inzwischen oben und kümmerte sich um die Kinder. Hoffentlich würde der Schmerz in meinem Knie nachlassen, bis wir in der Schule waren.
Als ich ans Ende der Auffahrt kam, wartete Evan dort bereits. Ich gab mir große Mühe, so normal wie möglich zu laufen, aber mein Knie wollte unter meinem Gewicht nachgeben, und ich hätte am liebsten frustriert geschrien.
»Was ist passiert?«, fragte Evan erschrocken und stieg hastig aus.
Ich schüttelte abwehrend den Kopf, schaffte es aber nicht ganz, meine Wut zu verbergen. »Alles in Ordnung«, stieß ich trotzdem hervor und nahm vorsichtig auf dem Beifahrersitz Platz. Evan setzte sich wieder ans Steuer, schloss die Tür und sah mich mit gerunzelter Stirn an.
»Em, ehrlich, was ist passiert?«, wollte er wissen. Ich wusste, er machte sich Sorgen, aber in seiner Stimme lag ein aufgebrachter Unterton, der mir überhaupt nicht gefiel.
»Ich bin auf der Treppe gestürzt«, erklärte ich. »Ich hab eine Kiste ins Haus geschleppt und konnte nicht sehen, wo ich hintrete. Da bin ich gestolpert und mit dem Knie gegen die Stufenkante geschlagen. Aber das wird schon wieder. Anscheinend bin ich direkt auf der Kniescheibe gelandet, deshalb tut es momentan höllisch weh.«
»Du bist gestolpert?«, hakte er argwöhnisch nach, fuhr aber endlich los, weg vom Haus.
»Ja. Ich bin gestolpert.«
Das war nicht gelogen, ich erzählte ihm nur nicht, wer mich zu Fall gebracht hatte. Ich war mir zwar nicht sicher, ob er mir meine Erklärung abkaufte, aber ich würde ihm nicht freiwillig gestehen, dass Carol etwas damit zu tun hatte. Mit zusammengebissenen Zähnen zog ich meine Jeans hoch, um das Knie in Augenschein zu nehmen. Evan lugte neugierig herüber.
Die Stelle, die mit der Stufenkante Bekanntschaft gemacht hatte, war gerötet, mehr war nicht festzustellen – bis jetzt jedenfalls.
»Siehst du«, sagte ich und präsentierte Evan mein Knie, »ich bin bloß blöd aufgekommen. Es wird bestimmt schnell wieder besser.«
Leider irrte ich mich. Den ganzen Vormittag kämpfte ich zähneknirschend gegen den Schmerz. Als ich Evan wiedersah, konnte ich das rechte Bein schon nicht mehr belasten.
»Dir geht es nicht gut«, beharrte er und sah mir in mein schmerzverzerrtes Gesicht.
»Na schön, mir geht es nicht gut«, räumte ich widerwillig ein. »Ich glaube, ich geh mal zur Krankenstation und hol mir ein bisschen Eis. Anscheinend schwillt mein Knie an.«
»Ich komme mit.«
»Evan, das musst du nicht. Es ist wirklich keine große Sache.«
»Warten wir’s ab«, antwortete er streng und nahm mir meine Bücher aus der Hand. Ich war überzeugt, er hätte auch mich getragen, wenn ich es zugelassen hätte.
Als ich für die Krankenschwester vorsichtig mein Hosenbein hochzog, stöhnte Evan hinter mir unwillkürlich auf.
»Oh, Schätzchen, das sieht aus, als würde es ordentlich weh tun«, stellte die Frau mit den kurzen weißen Haaren und den freundlichen Augen fest. Auf meinem Knie prangte ein großer knallroter Fleck. Inzwischen war es so geschwollen, dass die Kniescheibe so gut wie unsichtbar war. »Du musst es kühlen und das Bein hochlegen.«
Ich sah Evan an, der mit verkniffenem Mund auf den grotesken roten Albtraum starrte, zu dem mein Knie geworden war. Als die Schwester hinausging, um eine elastische Binde aus dem Cheftrainerzimmer zu holen, fragte er nachdrücklich: »Und du schwörst, dass du wirklich hingefallen bist?«
Ich schaute in seine ängstlichen graublauen Augen und bestätigte: »Ja, ich bin hingefallen.«
Die Schwester gab mir die Anweisung, den Rest des Tages Eis auf das Knie zu legen. Zu meinem Entsetzen bestand sie auch darauf, dass ich das Bein nicht belastete und die Krücken benutzte, die sie für mich aus dem Wandschrank holte. Gemeinsam gingen Evan und ich zum Mathekurs, der bald zu Ende sein würde. Unser Auftritt war natürlich ein peinliches Schauspiel, denn alle starrten mich und meine Krücken neugierig an. Ich bereitete mich innerlich auf das unvermeidliche Getuschel vor.
»Du bist hingefallen?«, fragte auch Sara argwöhnisch. Den gleichen Zweifel hatte ich vorhin schon in Evans Stimme gehört. Während der Mittagspause legte ich mein Bein neben mich auf einen Stuhl, einen Eisbeutel auf dem Knie. Evan saß mir gegenüber mit einem Essenstablett für uns beide.
»Warum glaubt ihr zwei mir eigentlich nicht?«, wollte ich etwas aufgebracht wissen.
»Weil ich weiß, dass du lügst«, konterte Sara genauso erregt. Evan sah nachdenklich zwischen uns hin und her.
»Du lügst?«, fragte er enttäuscht.
»Natürlich lügt sie«, antwortete Sara für mich. »So ungeschickt ist sie nämlich gar nicht. Normalerweise hat sie Hilfe bei solchen Unfällen.«
»Hör auf, Sara«, verlangte ich und sah ein Flackern in Evans Augen. »Ich bin wirklich gestolpert und hingefallen. Worüber ich gestolpert bin, weiß ich nicht, weil die Kiste mir die Sicht versperrt hat. Carol war in der Nähe, aber ich habe absolut keine Ahnung, weshalb ich gestürzt bin. Natürlich hat sie sich gefreut, als ich zu Boden gegangen bin, das bestreite ich nicht. Aber ich bin wirklich hingefallen.«
Evans Unterkiefer spannte sich an. Sara schüttelte frustriert den Kopf.
»Vor uns musst du sie nicht in Schutz nehmen«, meinte Sara scharf. »Das bedeutet also, sie hat dich wieder auf dem Kieker, richtig?«
Ich zuckte die Achseln, aber ich brachte keinen Bissen mehr hinunter.
»Vielleicht kannst du heute bei mir übernachten, morgen schreiben wir den Zulassungstest für die Uni, da müssen wir früh aufstehen«, schlug Sara vor. »Ich ruf nachher in der Lernstunde meine Mom an, sie soll Carol fragen.«
Mir wurde eng um die Brust, wenn ich daran dachte, wie Carol sich an meinem auf Krücken herumhumpelnden Anblick weiden würde.
»Du bist gestolpert?« wiederholte Coach Straw, als sie und der Cheftrainer mein inzwischen violettes, ja fast schwarzes Knie in Augenschein nahmen.
Warum fragte mich das jeder?
»Ja«, antwortete ich trotzig.
»Wenigstens scheint es nicht gebrochen zu sein«, meinte der Cheftrainer, nachdem er festgestellt hatte, dass sich mein Knie bewegen ließ. »Gegen die Schwellung müsste das Eis bald helfen, aber versuch, das Bein übers Wochenende nicht zu belasten. Wenn es am Montag noch geschwollen ist oder du nicht auftreten kannst, dann geh bitte zum Arzt und lass es röntgen.«
Bis Montag musste es einfach besser sein. Der Gedanke, ins Krankenhaus zu müssen, war schlimm genug, aber bei der Vorstellung, Carol und George zu fragen, ob sie mich hinbrachten, wurde mir schlecht.
»Sieht aus, als würdest du heute nicht am Training teilnehmen können«, verkündete Coach Straw. »Fährst du mit Sara nach Hause?« Dass sie so viel über mein Leben außerhalb des Sportplatzes wusste, beunruhigte mich ein wenig.
»Ja«, flüsterte ich.
Sie dachte einen Moment nach. »Du kannst dich auf die Tribüne setzen, dein Knie kühlen und dir das Baseballspiel anschauen, wenn du magst.«
»Echt?« Um ein Haar hätte ich gelächelt – ich war noch nie bei einem von Evans Spielen gewesen! Unsere Stundenpläne harmonierten nicht gut miteinander, keiner von uns hatte frei, wenn der andere bei einem Wettkampf mitmachte oder ein Spiel hatte.
»Ist nicht dein Freund in der ersten Schulmannschaft?«, hakte Coach Straw tatsächlich nach. Woher wusste sie das nur alles?
»Ja«, antwortete ich rasch. »Danke.«
»Und?«, fragte Sara sofort, als ich aus dem Cheftrainerzimmer kam.
»Ich darf mir nachher das Baseballspiel anschauen«, verkündete ich mit einem breiten Grinsen.
»Toll. Aber wie geht’s deinem Knie?«, hakte sie ungeduldig nach.
»Ich darf das Bein nicht belasten und muss abwarten, wie es sich bis Montag entwickelt«, berichtete ich.
»Heute schläfst du bei mir, aber ich hab leider auch schlechte Nachrichten«, sagte sie und kniff den Mund zusammen. »Mein Großvater ist mal wieder im Krankenhaus, deshalb fahren wir morgen nach den Tests gleich nach New Hampshire und besuchen ihn. Das bedeutet, du kannst morgen nicht bei mir übernachten.«
»Oh«, antwortete ich leise. »Ich hoffe, es geht deinem Großvater bald besser.«
»Ach, ihm geht es garantiert bald wieder gut«, meinte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Wahrscheinlich hat er was Falsches gegessen und leidet jetzt unter Verstopfungen oder so. Es ist nie was Ernstes: tut mir ehrlich leid.«
»Schon gut«, beruhigte ich sie und bemühte mich, nicht enttäuscht zu klingen. »Wenigstens muss ich heute Abend nicht nach Hause.«
Draußen trennten sich unsere Wege. Sara versprach, nach dem Training zu mir zu kommen, falls das Spiel dann noch nicht vorbei war. Ich humpelte zur Tribüne am Baseballfeld hinüber. Die Teams waren noch dabei, sich warmzulaufen. Voller Vorfreude auf das bevorstehende Spiel ließ ich mich in der ersten Reihe nieder, machte es mir auf dem harten Sitz so bequem wie möglich und legte mein Bein auf die Metallplanke.