Oktober 2007

 

Elena Fuchs wurde durch das Geräusch quietschender Reifen aus dem Schlaf geschreckt. Drei Uhr morgens, und immer noch fuhren Autos mit übersetzter Geschwindigkeit durch die Quartierstrassen. Die Vorstadtstrasse in Küttigen wurde oft als Schleichweg benutzt, und immer wieder kam es zu Beinahe-Unfällen mit Fussgängern, Kindern oder Tieren. Automatisch tastete sie im Dunkeln nach Kater Pharao – er lag Gott sei Dank friedlich schnarchend auf der Bettdecke. Als er ihre Hand spürte, drehte er sich wohlig zur Seite und bot ihr seinen Bauch zum Streicheln dar. Bleib schön hier, flüsterte sie, es ist viel zu gefährlich für dich, nachts auf die Pirsch zu gehen. Als erfahrene Katzenmama wusste sie natürlich, dass er trotz ihrer Warnungen kommen und gehen würde wie es ihm passte. Die Katzentüre zum Garten war immer offen, seine Aufgabe war es, sein Revier zu verteidigen und Mäuse zu fangen, die er ihr dann jeweils als Geschenk auf dem Küchenboden präsentierte. Sie liebte ihren rot getigerten Kater über alles, liebte überhaupt Tiere, manchmal mehr als Menschen.

Sie schloss das Fenster, legte sich wieder hin, und Pharao schmiegte sich schnurrend an ihre warmen Beine. Noch drei Stunden Ruhe, bevor es wieder Morgen war und sie sich mit den vielfältigen Personalproblemen des Grand Casinos auseinander setzen musste. Nur nicht ins Grübeln kommen jetzt, sonst wäre an Schlaf nicht mehr zu denken. Sie schaffte es, sich zu entspannen und wachte nicht auf, als Pharao einige Zeit später über ihre Beine kletterte, geräuschvoll ein paar Bissen Trockenfutter verspeiste und sich auf den Weg machte zu seinen eigenen geheimnisvollen Pflichten. Später war sie unter der Dusche und hörte nicht, dass draussen wieder Bremsen quietschten, dass jemand anhielt, aus dem Auto stieg und nach kurzer Zeit wieder weg fuhr. Um halb acht Uhr, als sie ihren Kaffee trank und sich innerlich geruhsam auf den Arbeitstag vorbereitete, kam die Nachbarin mit dem leblosen roten Fellbündel im Arm, Tränen in den Augen. Es sei ein grosser dunkler Geländewagen gewesen, die Nummer habe sie nicht erkennen können.