EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL

Es tut mir leid, Etzel«, sagte Wilhelmina, umklammerte die Hände des großen Mannes mit ihren beiden eigenen und drückte sie, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Ich hätte zuerst mit dir sprechen sollen. Das weiß ich. Doch es geschah so schnell, dass ich keine Zeit zum Nachdenken hatte. Und bevor es mir richtig klar wurde, haben wir eine Übereinkunft getroffen.« Sie beobachtete das breite, runde Gesicht in der Hoffnung, darin irgendein Zeichen der Vergebung zu entdecken. Doch die hellblauen Augen blieben niedergeschlagen und die Lippen fest zusammengepresst.

»Wir sind Partner«, erklärte er, ohne den Kopf zu heben.

»Ich weiß«, versicherte ihm Mina. »Das weiß ich nur zu gut - und das ist der Grund, weshalb ich mich wegen dieser Angelegenheit so schrecklich fühle. Ich habe einfach ... Bitte versteh doch! Ich habe einfach nur die günstige Gelegenheit gesehen und sie ergriffen. Das zu tun ist falsch von mir gewesen, und es tut mir leid. Wirklich!«

Sie hatte das Gefühl, als würde sie unter der Traurigkeit ihres Freundes und Partners in die Erde einsinken. Ihre Unterlippe zitterte, und ihre Stimme wurde brüchig. Eine Träne rollte ihr die Wange herab. »Bitte, sag doch irgendetwas, Etzel. Sag mir, dass du mir vergibst. Ich werde so etwas niemals wieder tun.«

Engelbert atmete tief ein und hob seine runden Schultern. »Ach, Mina«, seufzte er. »Wie kann ich nein sagen? Wir sind Partner, du und ich.« Er blickte sie traurig an. »Natürlich vergebe ich dir.« Er hob eine Hand und wischte mit seinem Daumen ihre Tränen weg. »Weine nicht. Ich bin nicht zornig auf dich.«

»Dann vergibst du mir wirklich?«, fragte sie schniefend.

»Wie könnte ich lange zornig auf dich sein?«, antwortete er. »Wenn es dich nicht gäbe, wäre ich längst wieder in Rosenheim und würde versuchen, meinem Vater und meinem Bruder zu willfahren. Und ich hätte kein Kaffeehaus. Natürlich vergebe ich dir.«

Sie nahm seine Hand und küsste sie. »Danke, Etzel. Es wird alles ausgezeichnet klappen. Das verspreche ich.«

Er spitzte die Lippen und nickte, während er nachdachte. Dann gestand er: »Ich habe keinerlei Zweifel, dass es zum Besten ist. Gemeinsame Geschäfte mit Herrn Arnostovi machen - wer hätte sich so etwas vorstellen können?«

»Obendrein gibt er uns eine Mietminderung für diesen Laden, und sobald irgendeines von seinen besten Häusern verfügbar ist, können wir als Erste wählen, ob wir es mieten wollen. Oh, Etzel, wir werden das beste Kaffeehaus und die beste Bäckerei in ganz Prag haben ... Nein, in ganz Europa!«

Bei diesen Worten erhellte ein engelhaftes Lächeln Etzels gutmütiges Gesicht. »Ich glaube, das haben wir schon.«

»Aber das neue Geschäft wird noch besser sein. Und es wird eine angemessene Bäckerei für dich dabei sein - mit großen Backöfen und einer guten Küche. Wir werden sogar Küchenpersonal haben, das uns helfen wird. Es wird wundervoll sein. Du wirst sehen.«

Daraufhin lachte er. So niedergeschlagen Wilhelmina gewesen war, weil sie ihren Freund verletzt hatte, so guter Laune war sie nun wieder, als sie seine glücklichen Laute hörte, auf denen ihr Herz wegzufliegen schien.

»Du bist ein guter Mann, Etzel«, sagte sie und gab ihm einen dicken, feuchten Kuss auf die runde Wange.

Sein Lächeln schwoll an, sodass sein Kopf bald zu platzen schien, und er wurde ganz rot im Gesicht.

Ein paar Tage später löste Arnostovi sein Versprechen ein. »Kommt mit mir«, sagte er zu Wilhelmina, als er in das Kaffeehaus schritt; unter den Arm hatte er sich sein kleines schwarzes Buch geklemmt. »Ich muss Euch etwas zeigen.«

»Möchtet Ihr zuerst Euren Kaffee, Herr Arnostovi?«

»Nicht jetzt. Wir müssen uns beeilen. Vorwärts!«

Er wandte sich um und ging wieder durch die Tür hinaus. Auf der Straße forderte er Mina durch Handzeichen auf, ihm zu folgen.

Mina wandte sich um und rief nach Engelbert, der gerade ein Tablett mit Backwaren vom Ofen nahm. Er kam zu ihr und dem Geschäftsmann an die Tür. Dort teilte Mina dem jungen Bäcker mit, dass Arnostovi mit ihr fortgehen wollte.

»Ja, geh nur«, erwiderte er daraufhin. »Ich werde hier auf alles aufpassen. Geh nur - ich vertraue deiner Entscheidung.«

Kaum hatte Etzel diese Worte gesprochen, machte sich Arnostovi auf den Weg.

»Wozu die Eile?«, fragte Mina, als sie nach wenigen Schritten zu ihm aufgeschlossen hatte.

Seine Absätze klickten, während er in einem ziemlich schnellen Schritttempo vorwärtshastete. Dabei erzeugte er leichte Luftbewegungen, in denen die lange weiße Feder, die in seinem grünen Hut steckte, hin und her wogte.

»Es kommen Leute, die mich an dem Objekt treffen wollen«, erwiderte er. »Sie werden es bekommen, wenn Ihr es nicht vorher nehmt.«

»Oh«, entfuhr es Mina. Obwohl sie die Worte ihres neuen Geschäftspartners nicht ganz begriff, erklärte sie: »Ich verstehe.«

Zügig marschierten sie weiter zum Altstädter Ring.

»Da hinten!«, verkündete Arnostovi und wies über den Marktbereich hinweg auf die Nordseite des großen Platzes.

Dort stand eine Reihe von hübschen Geschäften, die sich ein mit Kupfer überzogenes Vordach teilten, das die Ladeneingänge vor Wind und Regen schützte. Die Vorderseiten der Ladenlokale waren nach Süden gerichtet und zeichneten sich durch schöne, große Glasfenster aus - von einer Beschaffenheit, wie man sie nur bei sehr wenigen Gebäuden am Platz finden konnte.

»Das da«, sagte Arnostovi und wies mit der Spitze seines Ziegenbartes auf die Ladenlokalreihe.

»Welcher Laden?«

»Der an dem Ende, das dem Uhrenturm am nächsten ist.«

Beim Anblick des Gebäudes weiteten sich Wilhelminas Augen. »Das da?«

»Ja.« Er drehte den Kopf, um auf sie zu schauen, wobei er sein Schritttempo nur geringfügig verringerte. »Was ist los?«

»Nichts! Es ist ... das beste Gebäude am Platz!«

»Das kann man wohl so sagen.« Er beschleunigte wieder seine Schritte.

»Und Ihr gebt es uns?«, fragte sie und kämpfte sich durch das Gedrängel, um wieder zu ihm aufzuschließen.

»Ich gebe Euch überhaupt nichts. Ich biete es Euch zur Miete an, wie wir vereinbart haben.« Kaum hatten sie den Platz überquert, lief er rasch zur Tür des Ladens und holte aus der Ledertasche, die an seiner Seite hing, einen großen Eisenschlüssel hervor. »Kommt. Beeilt Euch! Wir haben nicht viel Zeit.«

Als ob sie seinen Worten Dringlichkeit verleihen wollte, begann die Uhr im großen Steinturm laut die Stunde zu schlagen. Arnostovi schloss die Ladentür auf und öffnete sie weit für Mina, die sogleich eintrat.

Das Erdgeschoss bestand aus einem einzigen großen Raum, in dem es keinerlei Mobiliar gab. Doch was sie sehen konnte, zeugte von Luxus und Qualität: überall Messing und Kristall, auf dem Boden weißer Marmor und Walnusstäfelung an den Wänden, Reihen teurer blauer Fliesen rund um die Fenster und die Tür. In der Mitte des Raums hing ein dreistöckiger Kronleuchter von der bemalten Decke herab; und die östliche Wand wies einen kunstvollen Kachelofen auf - einen Herd, der mit funkelnden weißen und blauen Fliesen ummauert war.

»Nun?«, fragte Arnostovi. »Was denkt Ihr?«

»Es ist wunderschön.«

»Gut. Dann ist es entschieden, ja?«

»Ich würde es natürlich gerne haben. Aber wie teuer ist es?«

Er nahm sein Buch in die Hände und begann, die Seiten durchzublättern. »Die Männer, die kommen, haben fünfundzwanzig Guldiner Miete pro Monat angeboten. Ihr werdet mit dreißig einverstanden sein.«

»Oh, Herr Arnostovi«, erwiderte Mina, »das ist zu viel. Wir werden niemals in der Lage sein, uns das leisten zu können.«

»Vielleicht nicht heute«, räumte er ein. »Aber Ihr werdet es Euch leisten können - und zwar sehr bald.«

»Aber wie ...?«

»Durch Euer geschäftliches Wachstum, das dieser Ort Euch bringen wird. Auch werdet Ihr die Preise erhöhen. Ihr berechnet zu wenig.«

Wilhelmina biss sich auf die Lippen. Voller Zweifel schaute sie sich um. »Ich kann mir nicht vorstellen, was Engelbert dazu sagen würde.«

»Er hat gesagt, dass er Euch vertraut, die richtige Entscheidung zu treffen«, erklärte der raffinierte Geschäftsmann. »Nun bitte ich Euch, mir zu vertrauen.« Er starrte sie an; sein Blick war grimmig und fordernd zugleich.

»Was ist mit Lager- und Wohnräumen?«, fragte sie. »Und mit einer Küche?«

»In den oberen Stockwerken werdet Ihr alles finden, was Ihr braucht«, antwortete Arnostovi. »Ich werde Euch jede Küche bauen und einrichten lassen, die Ihr wünscht.«

Wilhelmina schaute sich um und dachte nach, wobei sich ihre Stirn in Falten legte. Sollte sie es wagen, so viel zu riskieren?

»Mein verehrtes Mädchen«, sagte der Hausbesitzer mit sanfter Stimme, »bedenkt, was ich Euch anbiete. Dieser Laden wird das Stadtgespräch in ganz Prag sein. Die besten Leute werden herkommen. Eure Kundschaft wird jeden Preis zahlen, den Ihr verlangt. Der Erfolg wird beispiellos sein. Doch bitte hört auf mich, wenn ich sage, dass Ihr sofort zustimmen müsst.«

Mit starren Blicken betrachtete Mina den leeren Raum und konnte ihn voller glänzender, polierter Tische sehen, an denen vornehme Damen und Herren saßen, die sich unterhielten und lachten, Kaffee tranken und Etzels gute Backwaren aßen. Es war ein verlockendes Bild, das der Hausbesitzer ihr vor Augen geführt hatte, und sie wollte, dass es Wirklichkeit wurde. »Ich bin einverstanden.«

Mit einem leisen Knall schloss Arnostovi sein Buch. »Gut.«

Ein Schatten verdunkelte den Eingang.

»Sie sind da«, fuhr Arnostovi fort. »Geht nach hinten und überlegt, wo Ihr die Küche haben wollt. Doch seid still. Diese Männer werden enttäuscht und verärgert sein. Ich werde mich um sie kümmern.«

Mina nickte und ging in den hinteren Bereich des Geschäftslokals. Dort tat sie, was der Hausbesitzer ihr vorgeschlagen hatte: Sie begann zu überlegen, wie der Raum am besten aufgeteilt werden konnte, um die Öfen und Arbeitsflächen unterzubringen, die sie vor ihrem inneren Auge erblickte. An der Vorderseite des Geschäfts hörte sie ein Klopfen an der Tür. Arnostovi öffnete sie, woraufhin Stimmen zu hören waren. Man tauschte Grüße aus, und dann wurde es ruhiger. Sie gestattete sich, einen Blick über die Schulter zu werfen, um zu sehen, was gerade passierte. Arnostovi und drei Männer, die Lodenmäntel und federgeschmückte Hüte trugen, standen zusammengedrängt im Ladeneingang.

Noch während Mina hinsah, klopfte einer der Männer mit dem Ende seines Spazierstocks wütend auf den Boden. Es wurden heftige Worte gewechselt, und die Stimmen klangen eindringlicher und schärfer. Arnostovi breitete die Hände auseinander und zuckte mit den Schultern. Dann hielt er die Tür auf und geleitet die Männer vom Gebäude weg. Ein paar Augenblicke später kehrte er lächelnd zurück und summte vor sich hin.

Mina konnte nicht anders, als ihn zu fragen: »Worum ging es da eigentlich?«

»Die Wahrheit ist, dass ich dieses Gebäude gar nicht besitze«, gestand er. »So gerne ich es auch besitzen würde - meine Mittel reichen noch nicht aus, um ein so teures Objekt zu erwerben.«

»Wem gehört es dann?«

»Ein so prachtvolles Gebäude ...« Er blickte anerkennend umher. »Es gehört Erzherzog Matthias.«

Wilhelmina benötigte einen Augenblick, um diese Information richtig einzuschätzen. Während ihrer relativ kurzen Zeit in Prag hatte sie begonnen, ein paar praktische Kenntnisse über höfische Angelegenheiten zu sammeln. »Der Erzherzog ... Ihr meint den Bruder des Kaisers?«

»Genau den«, bestätigte Arnostovi. »Der Erzherzog hat viele Besitzungen in der Stadt - zusätzlich zu den Landgütern natürlich.«

»Natürlich«, wiederholte Mina, die ziemlich verwirrt war. »Aber wenn das so ist ... wie habt Ihr dann ...?«

»Wie habe ich es gerade Euch vermieten können?« Arnostovi gefiel es, ein listiges, verschwörerisches Lächeln zu zeigen. »Natürlich verwaltet Erzherzog Matthias seine Besitztümer nicht selbst. Das liegt ihm fern. Mit dieser Aufgabe betraut er Minister. Der oberste von ihnen ist Herr Wolfgang von Rumpf, er steht sehr hoch in der Rangordnung bei Hofe. Zufällig ist von Rumpf ein Glücksspieler, und vor allem liebt er das Kartenspiel. So manchen Abend verbringt er an den Kartentischen in den eleganteren Häusern der Stadt. Und ich spiele auch Karten.«

»Ihr überrascht mich, Herr Arnostovi«, mokierte sich Mina. »Fahrt fort.«

»Bitte verratet es keinem - ich bin ein fürchterlicher Kartenspieler«, gab er gutgelaunt zu. »Nichtsdestotrotz bin ich besser als von Rumpf. Seit Monaten, vielleicht sogar seit Jahren, habe ich versucht, zu seinem Tisch eingeladen zu werden. Gestern Abend ist es endlich geschehen. Zusammen mit gemeinsamen Bekannten haben wir zu Abend gegessen und dann gespielt.« Ein breites, strahlendes Lächeln erhellte sein Gesicht. »Ich habe gewonnen.«

Wilhelminas Augen weiteten sich. »Ihr meint ...?«

»Nein. Er mag zwar ein schlechter Kartenspieler sein, aber er ist kein Dummkopf.«

»Was habt Ihr dann genau gewonnen?«

»Ich bekam von ihm das Versprechen, mir zu gestatten, dieses Gebäude für ihn zu verwalten - und für den Erzherzog, nicht zu vergessen. Natürlich erhalte ich dafür einen kleinen Anteil an den Gewinnen, die dieses Objekt einbringt.«

»Ich verstehe.« Wilhelmina runzelte die Stirn.

»Nein, nein! Es ist nicht so. Mir geht es nicht um das Geld. Ich möchte das nur als ein Mittel benutzen, um einen Zutritt zum Hof zu gewinnen. All das ist zum Wohl meiner geschäftlichen Interessen - und auch Eurer, wie ich hinzufügen möchte.«

»Meiner?«

»Schifffahrten nach Venedig. Der Erzherzog besitzt Schiffe.«

»Oh, ich glaube, ich beginne zu verstehen.«

»Doch von Rumpf hat es mir nicht einfach gemacht«, erklärte Arnostovi, der nun im Raum hin und her ging. »Die Bedingungen unserer Übereinkunft lauten, dass ich einen Mieter finden muss - mich selbst ausgenommen, versteht Ihr -, bevor diese anderen Interessenten heute Morgen kommen, um dieses Ladenlokal zu übernehmen ...«

»Die Männer gerade eben.«

»Genau die. ›Macht das, und dann werdet Ihr der Verwalter dieses Gebäudes sein‹, hat von Rumpf gesagt.«

»Andernfalls würde es den anderen zufallen«, schlussfolgerte Mina. Sie nickte anerkennend. »Ihr habt mich benutzt, Herr Arnostovi.«

»Ja, in der Tat - aber Ihr werdet erkennen, dass Ihr nicht missbraucht wurdet. Das ist nur der Anfang.« Er breitete die Arme aus, als wollte er die ganze Stadt umfassen. »Meine teure Freundin, Ihr habt mir geholfen, und Ihr werdet es nicht bereuen. Das verspreche ich Euch. Unsere Vermögen werden zunehmen.«

»Gut und schön«, meinte Wilhelmina, schaute umher und betrachtete den Geschäftsraum mit kritischeren Blicken. »Wir werden allerdings auch ein ziemlich großes Vermögen benötigen, wenn wir diesen Ort in einer angemessenen Weise einrichten wollen.«

»Habt keine Sorge«, gluckste Arnostovi, der ganz entzückt von sich und der ganzen Welt war. »Überlasst nur alles mir.«

Zurück im Kaffeehaus zeigte sich Engelbert recht skeptisch, nachdem Mina ihm alles erzählt hatte.

»Es ist eine sehr große Geldsumme«, hob er hervor.

»Es ist jeden kleinen Silbergroschen wert. Warte, bis du es gesehen hast, Etzel. Wir werden das Stadtgespräch sein. Es ist wirklich wunderbar!«

Er nickte zwar, doch er war weiterhin nicht von der Sache überzeugt.

Sie schwieg, um zu überlegen, wie sie ihn am besten beruhigen konnte. »Bedenke doch, Etzel - das Eigentum des Erzherzogs«, erklärte sie schließlich. »Es wird der perfekte Ort sein, um der Öffentlichkeit all deine wundervollen Backwaren zu zeigen und sie richtig zur Geltung zu bringen. Aus einem Umkreis von etlichen Kilometern werden Leute zu uns kommen, um alles zu sehen und um in unserem wunderschönen neuen Kaffeehaus gesehen zu werden. Und sie werden uns alle mit einem Laib von deinem himmlischen Brot verlassen.«

»Ein guter Standort macht den entscheidenden Unterschied«, gab Engelbert zu, der sich an der Idee zu erwärmen begann.

»Und das ist der beste Standort in der ganzen Stadt - sogar noch besser als der Palast.«

»Du hast das Richtige für uns getan, Herzerl.«

Dieses Wort ließ Minas Herz höher schlagen; ein ganzes Leben schien vergangen zu sein, seitdem sie diesen Begriff zuletzt gehört hatte. Sie lächelte den ganzen Tag.

Am Ende der Woche schlossen sie den Laden in der engen Nebenstraße und erzählten ihrer ständig zunehmenden treuen Kundschaft, dass sie ihr Geschäft sehr bald wiedereröffnen würden - in einem prächtigen neuen Ladenlokal am großen Marktplatz. Am nächsten Morgen kam ein Bote von der Schifffahrtsgesellschaft, um zu berichten, dass die Lieferung von Kaffeebohnen sichergestellt sei und das Schiff sich auf dem Rückweg befinde. Als Engelbert und Wilhelmina diese Neuigkeiten erhielten, setzen sie sich nieder und begannen, bei zwei Tassen mit dampfendem Kaffee Pläne für ihr neues Kaffeehaus und die neue Bäckerei zu schmieden.

Es würde runde Tische in drei verschiedenen Größen geben, und in der Nähe des Kachelofens sollte eine lange Eckbank stehen. Die Stühle und Sessel sollten hervorragend gearbeitet und sehr bequem sein und so den Kunden ermöglichen, darin gemütlich zu verweilen und sich an ihrer täglichen Tasse Kaffee zu erfreuen. In Zinnkannen mit polierten Holzgriffen würde der Kaffee aufgetragen und aus Tassen getrunken werden, die von feinster Qualität waren, die sie finden konnten. Zusätzlich zum Kaffee würde es ein neues Sortiment an Kuchen und Gebäck geben - spezielle Kreationen von Wilhelmina, die noch keiner zuvor in Böhmen gesehen hätte.

»Mach dir darüber keine Gedanken«, sagte sie zu Etzel, als er sich fragte, wo sie die Rezepturen für diese neuen Backwaren herbekommen sollten. »Ich habe genug für drei oder vier neue Ladenlokale, und zwar genau hier.« Bei diesen Worten tippte sie mit einem Finger gegen ihre Schläfe. Dann fügte sie in einem leicht wehmütigen Ton hinzu: »Wenn wir nur Schokolade hätten ... Doch das macht nichts. Wir werden uns mit Mandelpaste und Kirschwasser behelfen.«

»Was ist mit den Küchenhilfen?«, wollte er wissen.

»Wir werden für den Anfang vier zusätzliche Helferinnen brauchen«, entschied sie. »Zwei für die Arbeit rund um die Tische - sie müssen servieren, alles wieder wegräumen und den Kaffee machen. Und zwei, die dir in der Küche beim Backen helfen. Und sie sollen alle übereinstimmende Dienstkleidung tragen: grüne Jacken und Schürzen sowie kleine weiße Hauben.«

Engelbert war ganz begeistert von der Idee. »Wie Dienerinnen in den feinen Häusern.«

»Ja, genau wie Dienerinnen in den großen Häusern. Wir wollen, dass sich unsere Kunden wie hochwohlgeborene Herren und Damen fühlen - als ob sie am Hofe des Kaisers eingetroffen wären.«

»Vielleicht wird ja Erzherzog Matthias kommen?«

»Ich wäre überhaupt nicht überrascht, wenn Kaiser Rudolf höchstpersönlich kommt, um Engelberts Spezialstollen zu kaufen.«

Engelbert strahlte bei diesem Gedanken. »Glaubst du das wirklich?«

Wilhelmina nickte ernst. »Warum nicht? Wir steigen in der Welt auf, Etzel. Die Dinge werden sich ändern.«

Die Zeitwanderer
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