12
»Entschuldigen Sie, Sir.« Warren nahm seinen Hut ab. »Wir sind in einer Polizeiangelegenheit hier. Wie heißen Sie?«
Der Mann stand in Jeans und Muskelshirt da und hielt eine Heckenschere in der Hand. Er sah sehr gepflegt und tadellos aus, ebenso der Rasen hinter ihm, der genauso grün wie ein Smaragd war. Er starrte Kojozian an. Dessen Hemd stand offen, die Brust glitzerte voller Schweiß.
»Was schauen Sie so?«, fragte Kojozian. »Noch nie zuvor einen Cop gesehen?«
»Nein … nein ... es ist nur … hm …«
»Ich habe Sie nach Ihrem Namen gefragt.«
»Äh … Ray Donnel. Was ist hier los … worum geht’s?«
Kojozian kicherte. »Er will wissen, worum es geht.«
»Klar will er das«, erwiderte Shaw. »Er ist nur ein besorgter Bürger, das ist alles.«
Aber Warren schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Mr. Donnel. Das ist eine Polizeiangelegenheit und wir können uns nicht die Freiheit herausnehmen Einzelheiten zu erläutern. Wir benötigen eine Schaufel, vielleicht auch diese Heckenschere.«
Donnel schaute von einem zum anderen. Das Blut war aus seinem Gesicht gewichen. »Ich habe Werkzeug im Schuppen.«
»Er sagt, sie sind im Schuppen«, sagte Kojozian.
»Klar, wo sollten sie sonst sein?«, meinte Shaw.
Donnel führte sie hinters Haus. Sie alle kommentierten seinen Garten, wie schön er war, wie grün das Gras war, die schöne Kante, die er an seinem Weg angebracht hatte. Sie waren alle wirklich beeindruckt und sagten es ihm. Im Schuppen standen Regale voller Gartenwerkzeuge, makellos und glänzend. Schaufeln der Größe nach sortiert. Donnel war definitiv ein Kerl, der glaubte, dass alles seinen Platz hat und es einen Platz für alles gibt.
Warren griff nach der Schaufel und bewunderte, wie sauber sie glänzte. »Schön. Echt schön. Wir versuchen, sie nicht zu sehr zu verdrecken.«
»Das ist okay«, stammelte Donnel. »Ich bin … ich bin einfach ein Putzteufel, denke ich.«
»Daran ist nichts auszusetzen«, sagte Shaw und wischte sich weiteren Schweiß aus dem Gesicht.
»Solang ich sie zurückbekomme, mache ich mir keine Sorgen.«
Warren gab Kojozian die Schaufel. »Sie bekommen sie zurück. Ich werde mich darum kümmern. Wir sind Cops und Sie können uns vertrauen. Wir sind keine Diebe, wissen Sie.«
»Oh, so habe ich das nicht gemeint.«
»Glaubst du diesem Kerl, Kojozian?«, fragte Shaw. »Er denkt, dass du ein Dieb bist. Denkt, dass du seine Schaufel nicht zurückbringst. Was hälst du davon?«
Der große Polizist wurde zornig. »Das gefällt mir überhaupt nicht.«
Donnel schaute sie an, als wäre es vielleicht ein Witz. Aber sie sahen todernst aus. Sie fanden einen Typen wie ihn gar nicht witzig, der Bullen für Diebe hielt. Eigentlich gab es in ihren Augen nichts Schlimmeres, als einen Kerl wie ihn, der den Bullen nicht vertraute.
Was ist nur aus der Welt geworden?
Donnel schüttelte seinen Kopf und roch etwas an diesen Dreien, das ihm nicht behagte. Etwas Wildes, etwas Extremes.
»Hören Sie, Officer, so habe ich es nicht gemeint. So habe ich es ganz und gar nicht gemeint.«
Die drei umkreisten ihn jetzt, als wollten sie verhindern, dass er entkam. Donnel spürte es deutlich. Ihre Gesichter erstarrten, ihre Augen glänzten wie Basalt. Sie leckten mit ihren rosa wurmartigen Zungen über die Lippen. Shaws Magen knurrte.
»Vielleicht will er seine Schaufel ja sofort zurück«, sagte Warren. »Gib sie ihm lieber.«
Kojozian zuckte mit den Achseln und schwang die Schaufel mit voller Kraft gegen Donnels Kopf. Es schepperte. Donnel fiel vor ihnen auf den Boden, eine klaffende Wunde zog sich von seinem linken Ohr zu seiner rechten Augenbraue. Blut strömte heraus. Kojozian trat ihn mit seinem blutverkrusteten Schuh, aber Donnel bewegte sich nicht. Er blutete nur noch mehr.
»Was für ein Typ«, sagte Shaw. »Man kann mit manchen von ihnen einfach nicht vernünftig reden, wisst ihr das, Jungs?«
Sie wussten es, okay.
Sie nahmen drei Schaufeln, einen Rechen und eine Schubkarre, mit der sich die Leiche leichter bewegen lassen würde. Shaw und Kojozian traten ins Sonnenlicht hinaus.
»Hey«, sagte Warren. »Ihr lasst ihn nicht einfach hier liegen, oder?«
»Warum nicht?«, wollten sie wissen.
Warren schüttelte den Kopf. »Dieser Typ mag es ordentlich. Wir sollten das respektieren. Helft mir mal …«
Kojozian hievte die Leiche hoch, bis an den Platz, an dem ein Haken an der Wand hing. Während er Donnel festhielt, pressten Shaw und Warren die Leiche fest gegen den Haken. Mit einem feuchten, knirschenden Geräusch drang er knapp unterhalb des Hinterkopfes ein. Donnel hing da ziemlich gut.
»Das ist besser«, sagte Warren. »Donnel hätte es zu schätzen gewusst.«
»Ich hoffe, ich sehe auch so sauber aus, wenn ich tot bin«, bemerkte Shaw.
Kojozian betrachtete das ganze Blut an seinen Händen. Es faszinierte ihn auf eine Art, wie Blut ihn vorher niemals fasziniert hatte. Er schnüffelte immer wieder an den Fingern. Schließlich rieb er mit einem lässigen und fast skurrilen Lächeln Blut über seinen rechten Zeigefinger und bemalte sein Gesicht damit. Ein riesiges, rotes X verlief vom Kiefer zur Schläfe und der Scheitelpunkt lag exakt in der Mitte seiner Nase.
Die anderen beiden schienen es nicht zu bemerken.
Sie standen alle einfach für einige Minuten da und begutachteten, was sie getan hatten. Donnel hing an der Wand, Blut floss an seinem Gesicht herab und aus dem linken Auge heraus. Sie hörten eine Zeit lang zu, wie es auf den Boden tropfte, dann gingen sie los, um sich um den Jungen zu kümmern.