Epilog
1
Louis schlurfte durch die Straßen und er trug einen Knochen.
Er klatschte den dicken Endknorpel in seine andere Handfläche und wusste, dass er gefährlich sein konnte, wusste, dass er Feinde erledigen konnte und auch Beute. Und ein Mann, das wusste er, wurde nach den Waffen beurteilt, die er trug, und nach dem Wild, das er tötete.
Ich muss das Mädchen finden. Es ist ihre Zeit.
Er hatte sich selbst mit Flussschlamm bedeckt, damit seine Feinde ihn nicht so leicht entdecken konnten. Der Geruch des Flussbettes bewirkte, dass sein Geruch schwerer zu bestimmen war. Er wusste diese Dinge, ohne drüber nachzudenken. Sie waren ein fester Bestandteil von ihm. Auf den Bauplan seines Lebens gedruckt.
Er hatte den Rest des Clans gefunden.
Irgendetwas war passiert. Sie waren alle davongestürmt und hatten ihn zurückgelassen. Im Fluss fand er Hunderte Leichen. So viele, dass er über sie hinüber hätte laufen können, ohne nasse Füße zu bekommen. Er begriff nur, dass sie tot waren. Es bedeutete ihm nichts weiter als das. Er wusste nicht, dass das Gen, das in ihnen aktiviert worden war, in einer sinnlosen Massenwanderung Erfüllung gefunden hatte, in der jeder – oder fast jeder – der früheren Stadtbewohner dem Ruf der Wildnis folgte und in einem wahnsinnigen Rausch aufbrach. Sie hatten sich gegenseitig zertrampelt, weil jeder vom unerklärlichen Verlangen gepackt worden war zu rennen und zu rennen und zu rennen, um neue Futterstellen und Brutgebiete zu suchen. Die Alten, die Verwundeten, die Schwachen und die Kranken waren dabei eliminiert worden. Die übrigen rannten weiterhin durch die Felder und Wälder, bis das, was in ihnen steckte und sie vorantrieb, schließlich aufhörte.
Und bis dahin war nur noch ein Drittel von ihnen am Leben.
In den kommenden Tagen würden sie sich neu formieren und Stammeseinheiten für die Jagd bilden.
Louis bemerkte davon nichts. Solche Dinge betrafen ihn nicht. Er war nur daran interessiert Nahrung, Unterschlupf, Wasser und möglicherweise eine Partnerin zu finden. Sobald er die ersten Dinge besaß, würde das Letztgenannte folgen, denn Weibchen kamen immer, wenn sich ein Männchen eine stattliche Höhle gebaut hatte.
Er lief durch die Stadt und pisste seinen Geruch durch die Gegend, damit andere ihn rochen und wussten, dass er sich hier befand.
Er stieg über verstümmelte Kadaver und knurrte Hunde an, die daran herumfraßen. Ein paar Leute wühlten in umgekippten Mülltonnen herum. Er beachtete sie nicht. Und die paar anderen auch nicht, die mit affenartigen Schritten an ihm vorbeiliefen. Er verscheuchte Fliegen aus seinem Gesicht und sah nur Greenlawn, das wie eine verstümmelte und geschändete Leiche vor ihm lag.
Mithilfe seines Instinkts und seines Gedächtnisses fand er das Haus.
Die Wände waren mit Exkrementen und Blut bemalt. In der Ecke lagen ein Kadaver und eine Sammlung guter Messer. Jemand hatte sich ein bequemes Nest aus Laub und Zweigen und Ästen gebaut. Darin würde er schlafen. Das würde seine Höhle sein. Er konnte etwas sehr Vertrautes hier riechen. Eine Fährte der Frau, mit der er unter dem Schafspelz gelegen hatte. Sie interessierte ihn nicht.
Sie hatte einst einen Namen gehabt und ihre Haut sich samtig angefühlt, ihr Geschmack war wie der von Honig und geheimer Süße gewesen …
Er studierte die mit Kot und Blut an die Wände geschrieben Symbole. Er zerrte an dem Schorf an seinem Fuß herum, begutachtete die zahlreichen Verletzungen, berührte sie, stocherte in ihnen herum, bis frisches Blut floss. Er roch an seinen Achselhöhlen, an seinem Schritt, leckte seine Fingerspitzen ab und erinnerte sich an die Schafswiese. Er konnte sich noch schwach daran erinnern.
Das Mädchen.
Ja, an das Mädchen konnte er sich erinnern.
Es war jung und reif und blühend.
Sie würde kommen, ja, er wusste, dass sie kommen würde. Gerade jetzt suchte sie wahrscheinlich nach ihm, so wie er in den Straßen nach ihr gesucht hatte. Er hatte mit seinem Urin überall in der Stadt Pfosten markiert. Sein Geruch würde das Mädchen hierher führen.
Während er sich am Po kratzte, summte er ein Lied, stocherte in seinen Zähnen herum und fand leckere Brocken, die darin festklemmten. Jeder einzelne erinnerte ihn an etwas. Vieles ergab keinen Sinn.
Unter einem Stuhl fand er ein Stück Fleisch. Es war alt und roch faszinierend. Je stärker etwas roch, je mehr wollte sich ein Mann manchmal darin wälzten und es probieren.
Er aß das Fleisch und machte es sich im Nest gemütlich.
Er schlief.
2
Er wachte zu einem herben und anzüglichen Blutgeruch auf. Das Mädchen, das über ihm stand und ihn beobachtete, sonderte ihn ab. Ja, das Mädchen. Sie hatte ihn gefunden. Er schaute in ihre großen, schokobraunen Augen, betrachtete die Rundung ihrer kleinen Brüste, und ihre Hüften und ihre wirren, strohblonden Haare. Ihre Haut war mit Blut verkrustet.
Er knurrte sie an.
Das Mädchen leckte über seine fülligen Lippen, sammelte mit der Zunge Spucke auf, spuckte ihn dann an, damit er ihren Geruch erkannte. Er rieb die Spucke des Mädchens an seinen Fingern, roch daran und kostete davon. Es war angenehm und gut.
Das ist das Mädchen, das in meinem Herzen lebte. Sie ist hierhergekommen. Es ist ihre Zeit.
Er stand auf und fasste sie grob an. Sie wehrte sich und kratzte und er warf sie in das Nest. Er urinierte auf sie, um sie mit seinem Geruch zu markieren. Danach fand sie sich damit ab und wehrte sich nicht mehr.
Er besprang sie und presste eine Hand auf ihren Mund und sie biss hinein. Er schlug sie und sie kratzte ihn. Das Mädchen fand das Spiel scheinbar amüsant. Sie beobachtete ihn, als er seine Beine spreizte und sich bereit machte, sie zu nehmen. Er drang in sie ein und sie keuchte, knirschte mit den Zähnen und fauchte ihn an. Davon und nur davon hatte sie geträumt, sogar in jener Zeit, an die das Mädchen sich nicht mehr erinnern konnte. Sie wusste, dass sie das gewollt und es in ihrem Blut gespürt hatte. Die Hitze, die zuvor köchelte, ließ das Mädchen jetzt brennen.
Als er in sie hineinrammte, grunzte und knurrte, strömte ein Licht durch die Augen des Mädchens und in diesem flüchtigen blitzartigen Licht war absolutes Grauen zu erkennen, weil es so überhaupt nicht sein sollte, oh lieber Gott, nicht so, nicht so, nicht so … oh bitte, Louis, so sollte es nicht sein.
Aber dann war es verwunden und er hämmerte in das Mädchen hinein und sie krümmte sich vor Pein, während sie wusste, dass dies genau das war, wer und was sie war und wer und was er war, dass sie im Ur-Tanz der Hitze miteinander verbunden wurden. Seine Hände legten sich um den Hals des Mädchens und ihre Fingernägel bohrten sich tief in sein Fleisch und das Blut floss.
Dem Mädchen wurde schwarz vor Augen und eine Stimme in ihrem Kopf schrie, bis ein Jammern daraus wurde, ein atavistisches Gekläff, während jede Zelle in ihrem Körper mit hungrigem Ur-Geschlechtstrieb elektrisch aufgeladen wurde, ja, ja, ja, genau so, genau so, mach schneller und schneller, töte mich töte mich töte mich.
– Ende –