Die Umsetzung der KBC-Methode
In der Einleitung habe ich Ihnen bereits
kurz die Grundzüge und den großen Nutzen des
KAIROS-Biografie-Coachings (KBC) skizziert. Jetzt wenden wir uns
der Umsetzung der KBC-Methode für Ihre ganz persönliche berufliche
Orientierung und Ihre Karrierepraxis zu. Um Ihre Biografie zur
Kraftquelle für Ihre beruflichen und persönlichen Entscheidungen zu
machen, arbeiten Sie in der KBC-Methode mit dem KAIROS-Datenchart:
eine systematische und strukturierte Sammlung biografischer Fakten,
aufgegliedert in Lebensbereiche, die sogenannten Lebensstränge. Das
Grundelement des Datencharts ist jeweils eine Lebensphase. Unter
einer Lebensphase verstehen wir in der KBC-Methodik Abschnitte von
sieben Lebensjahren: Lebensphase 1 mit den Lebensjahren eins bis
sieben, Lebensphase 2 mit den Lebensjahren acht bis 14 und so
weiter. Jede Lebensphase wird auf einem Blatt dargestellt.
Das ordnende Prinzip der Siebenergliederung
bietet zunächst in grafischer Hinsicht die optimale Übersicht. Die
psychologische Forschung zur menschlichen Wahrnehmung hat
herausgefunden, dass sieben Elemente einer Dateneinheit weder unser
Auge noch unseren Arbeitsspeicher überfordern. Ein Zehnerraster
wäre zu umfangreich für den Überblick, weniger Elemente als sieben
wiederum würden den Verlauf des Lebens zu kleinteilig abbilden und
somit verhindern, dass man sich einen guten Überblick verschaffen
kann. Die Aufteilung der Biografie in Lebensabschnitte von sieben
Jahren geht außerdem auf eine verbreitete Tradition in der
Biografiearbeit zurück; diese lässt sich wiederum auf die religiöse
Zahlenmystik sowie die Biologie des Menschen zurückführen (siehe
Kasten). Ganz zentral in der KBC-Methode ist jedoch der
individuelle Rhythmus, sprich eine freie Interpretation des
jeweiligen Biografieverlaufs. Das bedeutet nichts anderes, als dass
Sie in Ihrer Biografie unbedingt Ihre persönlichen Zeitmuster
erkennen sollen. Sie werden individuelle Subrhythmen innerhalb der
Siebenjahresabschnitte finden, und manchmal auch übergreifende
Zeitraster. Eine spezielle Übung, »Die KAIROS-Rhythmusanalyse«,
wird Sie beim Aufspüren Ihres individuellen Lebensrhythmus
unterstützen.
Die anthroposophische Auffassung, dass
bestimmte Themen zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben »anfallen«
oder »an der Reihe sind«, teile ich allerdings aus meiner Erfahrung
als Coach so nicht uneingeschränkt. Angesichts des »Verschwindens
der Normalbiografie«3 sind in den
Lebensphasen meiner Coachees so manche Lebensthemen wild
durcheinandergewürfelt. Das Thema »Kinder bekommen« erleben
Menschen mit 21, aber auch 20 Jahre später. »Ein Karriereplateau
erreichen« mag für viele Mittvierziger ein Thema sein, die bereits
seit 15 oder 20 Jahren in der gleichen Firma oder einer ähnlichen
Position arbeiten. Andere hingegen, wie ich selbst, wagen in diesem
Alter einen völligen Neubeginn und brechen beispielsweise in die
Selbstständigkeit auf: Mit Mitte vierzig steckte ich wieder mitten
in einer aufregenden Aufbauphase!
Die Zahl 7 in der Biografiearbeit
Grundlegend basiert der Siebenerrhythmus
in der Biografie des Menschen auf biologischen Gegebenheiten. Im
Alter von etwa sieben Jahren verliert man die letzten Milchzähne,
mit 14 Jahren leiten die hormonellen Veränderungen die Pubertät
ein. Erst mit 21 Jahren war man früher volljährig, denn erst dann
ist der Schädel des Menschen annähernd ausgewachsen. Vollständig
abgeschlossen gilt das Wachstum mit 28 Jahren (4 × 7). Mit etwa 49
Jahren kommt es bei beiden Geschlechtern zu hormonellen
Veränderungen, die man bei Frauen als Wechseljahre bezeichnet und
die das »mittlere Lebensalter« markieren, mit dem Ende der
Reproduktionsfähigkeit. Die jeweiligen biologischen Veränderungen
gehen natürlich mit psychischen Anpassungen einher, sodass man
richtigerweise von unterschiedlichen Lebensphasen sprechen kann.
Als Maß für die Betrachtung einer Lebensphase werden in der
Biografiearbeit daher häufig sieben Jahresabschnitte oder auch 2 ×
7 = 14 Jahre als separate Lebensphase betrachtet, zum Beispiel in
der Tradition der griechischen Antike.
Auch in der Philosophie und in vielen
Weisheitstraditionen spielt die Sieben als Zahl der Gliederung eine
bedeutende Rolle. Sieben Tage umfasst der biblische
Schöpfungsmythos, der unsere Woche bis heute gliedert. Ebenso
bedeutsam ist in vielen mythologischen Systemen die Unterteilung in
Dreier- und Viererrhythmen, die sich zu Siebenerrhythmen addieren.
Besonders Vertreter der auf Rudolf Steiner basierenden
anthroposophischen Biografiearbeit arbeiten mit Phasen im
Siebenerzyklus. Diese Philosophie geht davon aus, dass bestimmte
Lebensthemen zu einem bestimmten Zeitpunkt von einem Menschen
bearbeitet werden »müssen«.
Die Auswertungselemente der KBC-Methode
Bevor Sie mit dem Ausfüllen des
Datencharts beginnen, möchte ich Ihnen die Auswertungselemente der
Methode vorstellen. Falls Sie nicht alle sieben Schritte
chronologisch durchgehen möchten, können Sie anhand dieses
Überblicks besser bestimmen, welche Methoden für Ihre konkrete
Fragestellung infrage kommen. Wenn Sie direkt starten wollen,
können Sie auch einfach direkt zur Übung 1 »Ausfüllen des
KAIROS-Datencharts« weitergehen. In jedem Fall empfehle ich Ihnen
jedoch, mit dem ersten Kapitel Lifestory: Das gesamte Leben
betrachten und dort mit der Übung 2 »Das Leben in
Überschriften«, zu beginnen. Diese Übung ermöglicht Ihnen den
besten Überblick über ihre gesamte Biografie.4
Alle sieben Elemente der KBC-Methode sehen Sie
im Überblick in der Datenchart-Grafik Die 7 Elemente der
KBC-Methode. Darin ist der grundsätzliche Aufbau einer Seite
des KAIROS-Datencharts exemplarisch abgebildet.
1. Die Lebensphase
Dieses Auswertungselement bearbeiten Sie
mit der Methode »Das Leben in Überschriften«. Dazu geben Sie jeder
Siebenjahresphase Ihres Datencharts eine eigene Überschrift, ganz
so wie die Kapitel eines Buches. Sie starten mit der Lebensphase 1,
eins bis sieben Jahre, und finden eine passende Überschrift für
Ihre Kindheit, zum Beispiel »Kindheit wie in Bullerbü« oder »Auf
wackeligen Beinen in die Welt«, je nachdem, wie Sie Ihre Kindheit
empfunden haben. So gehen Sie weiter durch alle weiteren
Lebensphasen und finden jeweils eine für sie passende und möglichst
bildhafte Überschrift. Methodische Hinweise, wie Sie die
Überschriften für Ihre Lebensphasen finden, gebe ich Ihnen in der
Übung »Das Leben in Überschriften«.
2. Die Lebensstranganalyse
In diesem Element schauen wir uns einen
Lebensstrang oder auch Lebensbereich Ihrer Biografie separat an.
Wie Sie sehen, sind die Lebensstränge als horizontale Zeilen im
Datenchart grafisch abgebildet. Wenn Sie wollen, können Sie so
zeilenweise über Ihren ganzen Lebensverlauf einem biografischen
Strang in seiner Entwicklung folgen. So könnten Sie Ihre
Berufsbiografie, Ihre Beziehungsbiografie, die Biografie mit Ihrer
Herkunftsfamilie, Ihre Gesundheitsbiografie oder andere Aspekte
Ihres Lebens einmal separat im Verlauf betrachten. Eine spezielle
Methode, seine Berufsbiografie zu analysieren, ist die Fragetechnik
nach den »Karriereankern« (Edgar Schein). Die Fragen für diese
Methode finden Sie im Kapitel Lebensstranganalyse.
Sie können auch noch andere Lebensstränge
analysieren, wenn diese für Ihren beruflichen Lebensweg wichtig
waren. Zum Beispiel könnte der Lebensbereich der Religionsbiografie
als Lebensstrang relevant sein, wenn Sie einmal einen geistlichen
Beruf ergreifen wollten. Oder im Lebensstrang Körper/Gesundheit
könnte Ihre Sportbiografie von Bedeutung sein, wenn Sie einmal
Leistungssportler/-in waren oder werden wollten.
3. Die Lebensthemen
Beim Lebensthema handelt es sich um eine
besondere Kategorie der Auswertung. Der Begriff ist aus der
Entwicklungspsychologie entlehnt. Damit gemeint sind vor allem die
psychischen Wachstumsprozesse, die ein Mensch im Verlauf seiner
Entwicklung in unserer westlichen Gesellschaft durchlaufen wird.
Vermutlich werden Sie bereits, wenn Sie Ihr Leben in Überschriften
oder einen einzelnen Lebensstrang angesehen haben, ganz bestimmte
Themen erkennen können, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in Ihrem
Leben wichtig waren. In Pubertät und Jugend sind das zum Beispiel
Themen der Identitätsfindung und der Abgrenzung. In den Jahren vom
21. bis 28. Geburtstag stehen die Suche und Experimente rund um das
Thema Berufs- und Partnerwahl im Vordergrund. Lebensthemen sind so
etwas wie die Großwetterlage Ihres Lebens: die Themen, um die es
übergeordnet gerade geht. Ihre beruflichen Entscheidungen sind ein
Teil dieser Lebensthemen. Eine Analyse der Lebensthemen kann
besonders wichtig sein, wenn Sie sich vage unzufrieden fühlen, Ihr
Arbeitszeitmodell ändern wollen oder gar überlegen zu kündigen, um
sich selbstständig zu machen.
4. Die Kompetenzanalyse
In Ihren unterschiedlichen beruflichen
Stationen, aber auch in Ihrem privaten Leben haben Sie sich
unzählige Fähigkeiten angeeignet, die man in Kompetenzen
zusammenfassen kann. Diese Kompetenzen zu analysieren ist für Sie
entscheidend, wenn Sie überlegen, das Unternehmen zu wechseln oder
sogar in einem neuen Berufsfeld einen Quereinstieg zu versuchen.
Mit der Kompetenzanalyse werden Sie herausfinden, was Sie ganz
besonders gut können, was Sie persönlich ausmacht, und das über
alle Lebensbereiche hinweg. Aus dieser Kompetenzanalyse werden Sie
gestärkt und mit großem Selbstbewusstsein hervorgehen. So können
Sie mit der Kraft aus Ihrer Biografie überzeugend
Initiativbewerbungen verschicken und beruhigt in
Vorstellungsgespräche gehen.
5. Die Werteanalyse
Werte geben uns Orientierung und lassen
uns Sinn erleben. Auf das, was uns wertvoll ist, wollen wir nicht
verzichten. Wenn Sie eine wichtige berufliche Entscheidung treffen
möchten, spielen Werte und, wie diese sich im Lauf der
Berufsbiografie verändernd, eine sehr wichtige Rolle. Werte sind
außerdem mit Ihren Kompetenzen eng verbunden, denn wir bilden
Kompetenzen häufig in den Bereichen aus, die uns auch wertvoll und
wichtig sind. Hingegen sind Kompetenzen nutzlos, wenn wir sie in
Bereichen ausgeprägt haben, die für uns keinen Sinn (mehr) machen.
Dies ist häufig der Fall bei der »Karrierefalle«. In dem Kapitel
Werte: Was mir wichtig ist begegnet Ihnen unter anderem das
Werterad, das Ihnen helfen wird, Ihre Werte und deren
Erfüllungsgrad zu erkennen. Daraus werden Sie Rückschlüsse für Ihre
berufliche Wahl ziehen können.
6. Analyse der Charakterstärken
Unter Charakterstärken verstehen wir
Eigenschaften des Menschen, die kulturübergreifend auf der ganzen
Welt als Teil eines guten und wünschenswerten Charakters geschätzt
werden. Aus der umfangreichen, kulturübergreifenden Forschung der
Positiven Psychologie wurden schließlich 24 Charakterstärken
herausgefiltert.5
Charakterstärken sind ein Teil der Persönlichkeit. Sie machen aus,
wer wir sind, wie unsere Unterschrift. Sie sind allerdings nicht
genetisch festgelegt, sondern sie lassen sich, ähnlich wie
Kompetenzen, auch entwickeln und trainieren. Besonders um eine
neues Vorhaben anzugehen, kann sehr hilfreich sein zu wissen,
welche Stärken unsere ganz besonderen Ressourcen und Schätze sind.
Zu Charakterstärken gehören zum Beispiel Mut, Durchhaltevermögen,
aber auch Neugier, der Sinn für das Schöne oder soziale
Intelligenz.
7. Rhythmusanalyse – die Zyklusjahre
Das siebte Element der KBC-Methode ist
zentral mit dem Zeitaspekt des KAIROS-Prinzips verknüpft. Wie
bereits erwähnt, meint Kairos den günstigen, den richtigen Moment
in unserem Leben. Bei der Rhythmusanalyse betrachtet man jeweils
ein Jahr der sieben Jahre über alle Lebensphasen.6 Jede Lebensphase
setzt sich zusammen aus den Zyklusjahren eins bis sieben. Grafisch
dargestellt bilden sie jeweils eine Spalte in jeder Lebensphase.
Hängt man die einzelnen Datenblätter untereinander, so ist es
möglich, die Ereignisse spaltenweise in einem spezifischen
Zyklusjahr über die gesamte Biografie zu analysieren,
beispielsweise für das erste, dritte oder vierte Zyklusjahr. Dann
kann man diese Zyklusjahre daraufhin miteinander vergleichen,
welche typischen Ereignisse sich dort jeweils häufen und wie sie
sich dementsprechend voneinander entscheiden. So wird Ihr ganz
persönlicher, individueller Lebensrhythmus abgebildet. Es gibt
Jahre der Ruhe und solche des Wandels. Es ist möglich, jedem der
einzelnen der sieben Zyklusjahre einen charakteristischen Namen zu
geben. Vielleicht ist das siebte Jahr Ihrer Lebensphasen jeweils
ein »Sprungbrett«. Oder das zweite ist jeweils »das Jahr der
Ruhe«.
Die Rhythmusanalyse ist besonders wichtig für
Sie, wenn Sie sich unsicher über den Zeitpunkt Ihres beruflichen
Wechsels sind oder ein seltsames Gefühl von Zögern oder innerer
Unruhe empfinden, was die Veränderung betrifft. Im Kapitel Den
eigenen Rhythmus erkennen: Von günstigen und anderen Momenten
leite ich Sie Schritt für Schritt durch die Methodik.
Wenn Sie einzelne oder alle sieben Elemente des
KAIROS-Biografie-Coachings durchlaufen haben, werden Sie auf einen
roten Faden stoßen, der sich durch Ihren Lebensweg zieht. Sie
werden erkennen, wie Sie wurden, wer Sie heute sind. Manchen wird
das schon durch die erste Übung »Das Leben in Überschriften« klar
oder aus der Erzählung der Berufsbiografie. Doch alle sieben
KBC-Schritte zusammen ergeben in ihrer Fülle ein Gesamtbild unseres
Lebens, unserer Biografie, das viele meiner Klienten ermutigt und
fast ehrfürchtig staunen lässt. Und so lassen sich die nächsten
Schritte im Berufsleben besser angehen.
Nach der Vorstellung der einzelnen Elemente der
KBC-Methode können Sie für Ihre Fragestellung das für Sie
spannendste Auswertungselement auswählen. Ich empfehle Ihnen
allerdings in jedem Fall mit der Übung »Das Leben in Überschriften«
zu beginnen. Als ersten Schritt dazu füllen Sie jetzt Ihr eigenes
KAIROS-Datenchart aus.
Die Basis der KBC-Methode: Die Arbeit mit dem KAIROS-Datenchart
Bevor Klienten das erste Mal zu mir ins
KAIROS-Coaching kommen, bitte ich sie, das KAIROS-Datenchart
auszufüllen. Im Anhang finden Sie bei den Arbeitsblättern eine
Kopiervorlage. Es gibt ein Blatt für die ersten Lebensjahre von 1 –
14 sowie ein weiteres Blatt für jeweils sieben Lebensjahre, das Sie
dann einfach für alle folgenden Lebensphasen so oft kopieren, wie
es Ihrem Lebensalter entspricht. Außerdem gibt es das Chart zum
Download unter www.coachingcenterberlin.de.
Wie bereits erläutert, umfasst jedes Blatt
jeweils eine Lebensphase von sieben Lebensjahren. Jedes Jahr ist
als »Zyklusjahr« in den Spalten oben am Blatt angegeben.
Beim Ausfüllen des Datencharts geht es zunächst
darum, die Basisfakten festzuhalten – das Chart bildet quasi das
Gerüst oder Skelett Ihres Lebens ab. Es ist daher nicht wichtig,
möglichst viele Felder, geschweige denn alle Felder auszufüllen
oder ganz ausführlich zu kommentieren. Zur Orientierung, wie
ausführlich ein Datenchart mindestens ausgefüllt sein sollte,
schauen Sie sich am besten im Anhang die Beispielcharts meiner drei
Protagonisten Stefanie, Christina und Thomas an. Sie können
natürlich immer auch noch mehr Fakten nachtragen. Vor allem der
Lebensstrang »Sinn, Werte, persönliche Entwicklung« wird selten
beim ersten Durchgang ausgefüllt, sondern häufig werden
Erkenntnisse in diesem Bereich erst bei der Auswertung notiert.
Dann werden Ihnen auch noch die eine oder andere Episode und
weitere Ereignisse einfallen.
Manchmal kann man sich nicht recht erinnern,
wann genau ein Ereignis stattgefunden hat, vor allem bei solchen
aus der Kindheit. Erfolgte der Umzug in das neue Haus, als man in
der fünften Klasse war oder doch erst während des sechsten
Schuljahrs? Doch für die Analyse Ihres Lebensrhythmus, die ein Teil
der KBC-Methode darstellt, ist es wichtig, dass Sie bei der
Jahreszahl eines Ereignisses so präzise wie möglich arbeiten. Denn
nur so können Sie nachher die Häufungen in einem Zyklusjahr auch
genau bestimmen. Das KAIROS-Datenchart gibt Ihnen daher mehrere
Ankerpunkte, an denen Sie Ereignisse Ihrer Biografie festmachen
können. Einer dieser Punkte ist die an historische Begebenheiten
gekoppelte Jahreszahl, mit der man Ereignisse erinnern kann: »Das
war im Jahr, als die Mauer gefallen ist.« Oder: »Da war der 11.
September 2001.« An andere Ereignisse erinnert man sich eher über
das eigene Lebensalter: »Ich wurde gerade 15, da starb unser Hund.«
»Von meinem ersten selbstverdienten Geld kaufte ich mir ein richtig
tolles Kleid zu meinem 18. Geburtstag.« Für die frühen Lebensjahre
können Sie auch einfach Ihre Geschwister, Eltern oder Freundinnen
und Freunde fragen. Bei vielen meiner Coachingklienten war das
Ausfüllen des KAIROS-Datencharts ein sehr schöner Anlass, sich mit
Verwandten und Freunden über ihre Kindheit und Jugend auszutauschen
oder mal wieder mit Kommilitonen zu sprechen!
Bevor Sie Ihre biografischen Daten in die
KAIROS-Datenblätter eintragen, kann es hilfreich sein, die
einzelnen Ereignisse zu erinnern und zunächst auf einem separaten
Blatt chronologisch zu notieren. Erfahrungsgemäß dauert es
manchmal, bis die zeitliche Abfolge stimmt.
Jetzt kann es losgehen. Ob Sie handschriftlich
in eine ausgedruckte Vorlage schreiben oder direkt in der Datei
arbeiten und das Dokument anschließend ausdrucken, macht keinen
Unterschied – wählen Sie einfach die Variante, die Ihnen mehr
zusagt.
Übung 1: Ausfüllen des
KAIROS-Datencharts
Das Geburtsjahr wird im oberen linken
Kästchen eingetragen. Das erste Zyklusjahr entspricht dann dem
Lebensalter von einem Jahr. Manchmal fragen mich Klienten, ob es
einen Unterschied macht, am Anfang oder am Ende eines Jahres
geboren zu sein. Für die Numerierung der folgenden Lebensjahre ist
dies im Datenchart unerheblich. Ein Jahr später sind Sie einfach
ein Jahr älter. Sie selbst wissen ja bei Ereignissen, die Sie in
dem jeweiligen Jahr eintragen, ob diese näher oder weiter von Ihrem
Geburtstag entfernt lagen. Für die emotionale Einordnung eines
Ereignisses kann dies manchmal bedeutsam sein. »Genau am Tag nach
meinem 15. Geburtstag starb unser Familienhund«, hat vielleicht
eine andere Tragweite, als wenn das Ereignis weiter entfernt von
Ihrem damaligen Geburtstag stattfand. In den Feldern der
Zyklusjahre in der zweiten Zeile ist noch Platz, um später nach
Ihrer Rhythmusanalyse den Namen für jedes Zyklusjahr
aufzuschreiben.
In der zweiten Zeile des Charts tragen
Sie die jeweilige Jahreszahl und das Lebensalter ein. Dies hilft
zur Orientierung bei der Auswertung des Charts und auch beim
Erinnern von biografischen Fakten. Manche biografische Ereignisse
lassen sich besser anhand des Alters, andere anhand der Jahreszahl
dokumentieren und erinnern.
Hier ein Beispiel aus dem Datenchart
von Stefanie, die im September 1977 geboren wurde. Ausgewählt ist
ein Ausschnitt zur ersten Lebensphase, also das Alter eins bis
sieben Jahre.
Für die ersten zwei Lebensphasen gibt es
im Vordruck des Datencharts ein gemeinsames Datenblatt, da im
Allgemeinen für die frühen Lebensjahre weniger Erinnerungen und
Fakten vorliegen. Außerdem werden im ersten Datenblatt nur zwei
biografische Stränge unterschieden »Familie/Freunde« und
»Schule/Anderes«.
In den weiteren Lebensphasen sind dann die
unterschiedlichen biografischen Stränge (Lebensbereiche) als
einzelne Zeilen aufgeführt, die typischen Lebensbereiche Familie,
Freunde, Beziehung, Beruf/Ausbildung usw. Eine Zeile ist zur
eigenen Auswahl freigelassen. Wenn Sie sie nicht benötigen, können
Sie sie auch einfach entfernen. Mit Strängen zu arbeiten, hat sich
im biografischen Coaching bewährt, denn damit lässt sich die
Komplexität eines Lebensverlaufs sehr gut abbilden. Ob Sie am Ende
die »Fäden des Lebens« neu und sinnvoll miteinander verweben oder
eher analytisch auseinanderdröseln möchten, hängt ganz von Ihnen
und dem Fokus Ihrer Fragestellung ab. Es ist auch beides
möglich.
Und so sieht eine der folgenden Lebensphasen im
Datenchart von Stefanie aus. Hier als Beispiel das Datenblatt zur
vierten Lebensphase, das 22. bis 28. Lebensjahr (es werden wieder
nur vier Zyklusjahre aus dieser Lebensphase gezeigt). Die
Überschriften der Lebensphase und die Namen der Zyklusjahre fehlen
noch und werden erst nach der jeweiligen Analyse in der Auswertung
ergänzt.
Wie Sie an diesem Beispiel sehen können,
sind natürlich nicht alle Felder ausgefüllt, aber die wesentlichen
Fakten, die in Stefanies Leben eine Rolle gespielt haben, wurden
benannt.
Außerdem zeigt Ihnen dieses Beispiel, dass die
Zyklusjahre jeweils für jede Lebensphase immer wieder neu von eins
bis sieben durchnumeriert werden. In jeder Lebensphase gibt es die
Zyklusjahre 1 bis 7, im Gegensatz zu den chronologischen
Jahreszahlen und dem Alter, das immer weiter fortschreitet. Die
Zyklusjahre betrachtet man später in der Auswertung über das
gesamte Leben – grafisch gesehen spaltenweise – und fragt sich
dabei: Welche Ereignisse häufen sich im ersten Zyklusjahr über alle
Lebensphasen? Welche im zweiten? Und so fort für die weiteren
Jahre.
Die Auswertungsschritte des KAIROS-Datencharts
Nun liegt Ihr Datenchart vor Ihnen. Wie
geht es Ihnen damit, was denken Sie, wie fühlt es sich an, Ihr
Leben so im Überblick zu sehen? Gab es Überraschungen, hatten Sie
Mühe, einzelne Kästchen zu füllen, oder hat der Platz kaum
gereicht?
Viele meiner Klientinnen und Klienten schätzen
das Datenchart wegen der Struktur und Übersichtlichkeit, die ihr
Leben dadurch bekommt. Darüber hinaus berichten viele, dass sie
bereits den Prozess des Ausfüllens sehr intensiv erlebt haben.
Erinnerungen an Zurückliegendes haben sich eingestellt. Die Fülle
des Lebens wird fühlbar, auch im beruflichen Bereich. Bei manchen
entsteht eine erste Ahnung, dass es Muster im Leben gibt, die sich
öfter wiederholen. »Ich bin immer diejenige, die gegangen ist«,
sagte mir eine Produktmanagerin nach Ausfüllen ihres Datencharts,
»sowohl in der Liebe als auch im Beruf« – umso verständlicher, dass
die angekündigte Umstrukturierung, bei der sie womöglich ihren Job
verlieren könnte, große Panik bei ihr auslöst. Es wäre das erste
Mal, dass ihr Muster, ihre bisherige Komfortzone, aufgebrochen
würde.
In der Auswertung Ihres Datencharts werden Sie
für jedes einzelne Element eine präzise Anleitung erhalten, um
dieses Schritt für Schritt zu analysieren. Sie können auch genau
mit dem Element anfangen, das Sie am meisten für Ihren Berufsweg
interessiert. In der vorgeschlagenen Reihenfolge bearbeiten Sie die
zentralen Schritte Lifestory, Lebensstrang, Berufsbiografie
(Karriereanker) sowie Kompetenzen und Werte zuerst.
Im Coaching mit Klienten hat es sich insgesamt
bewährt, alle Aspekte der Biografie zu beleuchten. Diese
verschiedenen Elemente bilden letztlich einen gesamten
Coachingprozess ab, wie wir ihn am Coaching Center Berlin als
»Integraler Coaching Prozess, ICP©« über viele Jahre entwickelt
haben. Die Systematik der KBC-Methode bringt dabei für Ihre
Biografie sowohl die einzelnen Elemente als auch den Zusammenhang
zwischen den Elementen zum Vorschein. Sie erhalten mehr Klarheit
darüber, woher Sie kommen, wer Sie geworden sind und wohin Sie als
Nächstes gehen möchten!