Lebensstranganalyse:
Der rote Faden in der Berufsbiografie
Unser erster Protagonist, Thomas, kommt
mit 37 Jahren in meine Coachingpraxis. Er weiß, dass viele Bekannte
und auch Fremde ihn um seinen Beruf beneiden: Thomas ist ein
bundesweit bekannter Schauspieler, der in Fernsehserien zu sehen
ist und auch im Theater und einigen Filmproduktionen mitgewirkt
hat. Er verdient als Synchronsprecher zusätzlich gutes Geld. Aber
seit er Vater geworden ist, wird ihm immer deutlicher, dass sein
Lebenskonzept des »Familienmenschen« sich nicht mit der zeitlichen
Abwesenheit für Fernsehdrehs vereinbaren lässt. »Ich will etwas
machen, das die Familie ernährt und mich interessiert. Schade, dass
ich mit einem ›Traumberuf‹ nicht zufrieden sein kann, auch wenn das
manche Leute vielleicht nicht verstehen. Aber was ist hier der
nächste Schritt?«
Isabelle ist Produktmanagerin in einem weltweit
tätigen Mischkonzern. Mit ihren 37 Jahren zählt sie zur mittleren
Führungsebene mit Aussicht, den Sprung in die erste Führungsetage
in der deutschen Tochtergesellschaft zu schaffen. Ihr berufliches
Umfeld ist von Männern dominiert. Studiert hat sie
Kommunikationsdesign, doch heute besteht ihre hauptsächliche
Aufgabe darin, Produktmargen zu kalkulieren, Vertriebsstrategien zu
entwickeln und auszurollen. Ihr beruflicher Schwerpunkt hat sich
mit jedem Karriereschritt immer weiter weg von ihrer ursprünglichen
Berufsausbildung entwickelt. Isabelle erfasst ein leises Unbehagen
bei der Aussicht, dass sich dies in der nächsten Führungsebene noch
weiter verstärken wird. »Dann bin ich nur noch mit allgemeinen
Managementfragen beschäftigt. Will ich das?«
Unsere zweite Protagonistin, die
Bilanzbuchhalterin Stefanie, hat in ihrem gesamten Berufsleben
immer nur mit Zahlen gearbeitet. Ihr Herz aber schlug schon immer
für Themen der Kommunikation und Personalentwicklung. Durch die
unerwartete Chance, als interne Trainerin in einem Projekt zu
arbeiten, ist sie »ganz aus dem Häuschen«. »Das ist es!«, sagt sie.
Und hat doch Zweifel. Manche Personen aus ihrem Umfeld bestärken
diese Zweifel noch. »Du kannst das doch so gut mit den Zahlen und
hast ein Händchen fürs Team. Bleib dabei!«
Noch drastischer formulierte es Michael für
sich, der mit 30 seine »erste Million« gemacht hatte. »Erfolgreich
bin ich, aber wofür?«, äußert er mit Bedauern. »In mir wohnt
eigentlich ein kleiner Idealist, der mal raus will.«
Menschen wie Thomas, Stefanie, Isabelle und
Michael stellt sich an Wendepunkten die Frage nach den
Entscheidungskriterien für den nächsten Schritt. Soll man dem vagen
Bauchgefühl folgen? Oder den Zweifeln nachgeben? Wie ist man
eigentlich vom Anfang seiner Berufsausbildung dort gelandet, wo man
jetzt ist?
Solche Fragen sind die nach dem roten Faden auf
dem Berufsweg. Durch die Arbeit mit dem Datenchart haben Sie
bereits erfahren, dass man das Leben in unterschiedliche Bereiche
gliedern kann, die sogenannten biografischen Stränge, die im
Erleben eines jeden einzelnen Menschen zur individuellen
»Lebenskordel« zusammengedreht sind.
Wenn wir genau hinschauen, erkennen wir mehr
Details. Im biografischen Coaching können die einzelnen Teile
dieser Lebenskordel auch separat betrachtet werden, um jeweils den
roten Faden zu finden, der sich durch die einzelnen Stränge zieht.
So kann ich mit der Nacherzählung des Berufsstrangs der Frage
nachgehen: »Wie hat sich mein berufliches Leben über die Zeit
entwickelt?« Man könnte auch das Zusammenwirken zweier
Lebensstränge anschauen: »Wie haben bestimmte Ereignisse im
privaten Bereich meine Arbeitsbiografie beeinflusst?«
Von den zentralen Fragen, die ich ganz zu
Beginn des Buches erwähnt habe, sind wir jetzt bei »Woher komme
ich?« angelangt. Wer bin ich über die Zeit geworden? Was befindet
sich im Zentrum des Lebensfadens? Die Frage nach dem Sinn und den
Zusammenhängen stellt sich Menschen ganz besonders an Wendepunkten
des Lebens. Und vor einem solchen Wendepunkt stehen Sie, wenn Sie
über einen beruflichen Wechsel nachdenken. Auch wenn Grundannahmen
über sich selbst, das jeweilige Umfeld oder die Welt infrage
gestellt werden, treten Aspekte wie Stimmigkeit und Kohärenz der
eigenen Biografie deutlich in den Vordergrund unserer Wahrnehmung,
zum Beispiel: Inwieweit hat sich mein Denken über Führung
verändert, seit ich schlechte Führung durch einen Vorgesetzten oder
Mentor erleben musste? Oder vielleicht kennen Sie jemanden oder
haben sogar selbst schon die Erfahrung gemacht, dass eine
unvorhergesehene gesundheitliche Beeinträchtigung Sie alles hat
überdenken lassen: Wer bin ich heute, nachdem bei mir eine
lebensverändernde oder gar lebensbedrohliche Krankheit
diagnostiziert wurde?
Die Karriereanker
Das Aufspüren des »roten Fadens« ist
häufig ein Anliegen im biografischen Karrierecoaching. Für den
Schauspieler Thomas war dieser Punkt wichtig, da er vor einem
Wechsel in ein neues Berufsfeld stand. Und auch für Stefanie, um
den Mut für den Absprung zu finden.
Wenn Sie beispielsweise einen Stellenwechsel in
Erwägung ziehen, kann es entscheidend sein, was Sie bei früheren
Wechseln jeweils motiviert hat, eine Stelle anzunehmen oder zu
verwerfen. Was hat Sie gereizt, was abgeschreckt? Sie werden nach
dieser Übung verstehen, warum Sie bestimmte Entscheidungen bereut
haben und ein zunächst verlockend scheinender Wechsel sich als
Pleite herausstellte. Letztlich spielt hier eine ganze Reihe von
Aspekten hinein, wie Werte, die sich erfüllen sollten, Kompetenzen,
die Sie hoffen einsetzen zu können, sowie die Meinung Ihres
Umfelds.
Die nächsten Kapitel sind der ausführlichen
Auseinandersetzung mit Ihren Kompetenzen und Ihren Werten gewidmet,
doch die folgende Übung bietet Ihnen bereits einen ersten Überblick
über Ihre allgemeinen Muster in Karriereumbrüchen.
Die Methode der Karriereanker geht auf den
amerikanischen Organisationspsychologen Edgar Schein zurück. Schein
fand heraus, dass sich bei Menschen in beruflichen
Entscheidungssituationen ganz spezifische Schwerpunkte und
Präferenzen zeigen, vorausgesetzt, dass sie eine reale Wahl hatten
und nicht lediglich unter reinem Gelddruck oder wegen des Angebots
vor Ort zum nächstbesten Job gegriffen haben. Grundsätzlich werden
Karriereentscheidungen beeinflusst von unseren Werten, Talenten und
Kompetenzen, also von dem, was wir wollen und was wir können. Edgar
Schein nennt diese Schwerpunkte »Karriereanker«, weil an ihnen
unsere berufliche Identität verankert ist. Manche Menschen sind
eben mit Leib und Seele Fachexperten, andere wollen eher mit
Managementaufgaben ganze Einheiten führen, für wieder andere ist
die Work-Life-Balance wichtiger – und all dies beeinflusst
berufliche Entscheidungen.
Im Allgemeinen sind zwei bis maximal drei
Karriereanker bei einer Person deutlich ausgeprägt, einer jedoch
vordringlich. Die Inhalte dieses Karriereankers müssen in einer
beruflichen Situation erfüllt sein, damit wir zufrieden und
motiviert sind. Entscheidungen entgegen unserer Karriereanker
führen generell zu großer Unzufriedenheit und Demotivation, egal
wie verlockend die Begleitumstände aussehen mögen.
Damit Sie aus Ihrer Berufsbiografie Ihre
dominanten Karriereanker herausfiltern können, gebe ich Ihnen
zunächst einen Überblick darüber, was mit den einzelnen Ankern
konkret gemeint ist. Vermutlich werden Sie bereits beim Lesen für
sich ganz spontan entscheiden, welche dieser Anker für Sie und Ihre
Berufsentscheidungen zutreffen und welche eher nicht. Im zweiten
Schritt werden Sie anhand von Fragen sowie einem Auswertungsbogen
eine noch präzisere Einschätzung treffen können. Diese Einschätzung
kann Ihnen dabei helfen, frühere berufliche Entscheidungen besser
zu beurteilen und zu verstehen, warum Sie mit mancher Wahl
zufrieden, mit anderen Situationen jedoch ganz unzufrieden waren.
Und natürlich können Sie für Ihren nächsten Schritt darauf achten,
dass bei der ins Auge gefassten Stelle die Bedingungen für Ihre
dominanten drei Karriereanker gegeben sind.
So stellen sich die Karrierreanker
dar:7
-
Technische/Funktionale Kompetenz: Dabei handelt es sich um eine fachliche Kompetenz. Ihnen geht es darum, sie in Ihrem Bereich auszuüben beziehungsweise weiterzuentwickeln. Erst wenn Sie sich fachlich herausgefordert fühlen, sind Sie zufrieden. Mitarbeiter in Ihrem technischen oder funktionalen Bereich zu führen, schließen Sie nicht per se aus. Jedoch vorwiegend allgemeine Managementaufgaben zu übernehmen ist für Sie nicht erstrebenswert.
-
Befähigung zur Führungskraft als »General Manager«: Ihr Ziel ist es, für ein Gesamtergebnis verantwortlich zu sein. Das heißt, Sie streben eine Hierarchieebene an, wo Sie die Bemühungen von Mitarbeitern unterschiedlicher Abteilungen koordinieren und für einen Teilbereich des Unternehmens die Verantwortung übernehmen. Dessen Erfolg und Ihre Tätigkeit fallen für Sie zusammen, das heißt, Sie wollen nicht nur für einen speziellen Fach- oder Funktionsbereich die Führung übernehmen, und auch nicht hauptsächlich fachlich tätig sein. Sie wollen mehr.
-
Selbstständigkeit/Unabhängigkeit: Sie möchten Ihre Arbeit so verrichten, wie Sie es für angemessen halten, und daher eine Funktion ausfüllen, die Ihnen das ermöglicht. Konkret bedeutet das flexible Arbeitszeiten und die Freiheit, auf Ihre eigene Art und Weise vorzugehen. Sollte Ihnen dies nicht im gewünschten Rahmen möglich sein, so suchen Sie eine Beschäftigungsmöglichkeit beispielsweise in der Lehre oder übernehmen eine beratende Tätigkeit. Ihre Unabhängigkeit ist Ihnen wichtiger als der Aufstieg innerhalb des Unternehmens, sodass Sie gegebenenfalls auf Beförderungen verzichten oder ein eigenes Geschäft oder einen Betrieb eröffnen, um unabhängig entscheiden zu können und selbstständig zu bleiben.
-
Sicherheit/Beständigkeit: Ein fester Arbeitsplatz und die Aussicht, langfristig in einem Unternehmen beschäftigt zu sein, sind für Sie essenziell. Ohne das Gefühl, »es geschafft zu haben«, »einen festen Platz zu haben«, geht für Sie gar nichts. Sicherheit bezieht sich vor allem auf ein dauerhaft gewährleistetes finanzielles Auskommen, Beständigkeit drückt sich aus in Form von Loyalität gegenüber Ihrem Arbeitgeber, wenn Ihnen der dauerhafte Verbleib im Unternehmen fest zugesagt wurde. Dann sind Sie zu vielem bereit. Das Erreichen einer höheren Position oder der Inhalt dessen, was Sie machen, fällt für Sie weniger ins Gewicht. Sicherheit und Beständigkeit sind zentral, insbesondere wenn größere Anschaffungen anstehen oder der Ausstieg aus dem Erwerbsleben näher rückt.
-
Unternehmerische Kreativität: Sie machen sich mit einem eigenen Unternehmen selbstständig, wenn sich Ihnen die Gelegenheit bietet. Dabei vertrauen Sie Ihren eigenen Fähigkeiten, können sich vorstellen, Risiken einzugehen, mögliche Hindernisse zu überwinden und wollen Chancen nutzen. Ihr Umfeld soll sehen, dass Sie in der Lage sind, ein lukratives Unternehmen zu führen, um Ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
-
Dienst oder Hingabe für eine Idee oder Sache: Sie möchten »die Welt verbessern«, und das, was Sie tun, soll »wertvoll« sein. Das heißt, Sie müssen die Möglichkeit haben, Leid zu verringern, Mitmenschlichkeit und das Miteinander zu fördern oder Umweltprobleme zu lösen. Dafür sind Sie sogar bereit, Aufstiegsangebote abzulehnen oder den Arbeitgeber zu wechseln.
-
Totale Herausforderung: Unmögliches möglich zu machen ist Ihr Antrieb – egal, ob es sich dabei um scheinbar unüberwindliche Hürden, überlegene Gegner oder vermeintlich unlösbare Probleme handelt. Sie müssen entweder intellektuell herausgefordert sein oder mit Mitarbeitern und Kollegen konkurrieren. Je komplexer, schwieriger und unbekannter die Aufgabe oder Situation, umso besser. Sobald Sie sich langweilen, steigen Sie aus.
-
Lebensstilintegration: Ausgewogenheit ist für Sie unerlässlich. So müssen Ihre eigenen sowie die Bedürfnisse Ihrer Familie mit den beruflichen Anforderungen in Einklang sein. Ihre Tätigkeit muss Ihnen dazu die Möglichkeit bieten, wobei Sie bereit sind, dafür Ihre berufliche Entwicklung zu vernachlässigen. Erfolg im Job ist für Sie nicht alles, Ihnen geht es ums Ganze, Ihre gesamte Lebenssituation, was etwa Ihre familiäre Situation oder die Wahl des Wohnorts einschließt.
Übung 5: Finden Sie die
Karriereanker in Ihrer Berufsbiografie heraus
In der folgenden Übung zu Karriereankern
wird es nun konkreter.
Was Sie brauchen:
-
Ihr KAIROS-Datenchart – mit Blick auf den Berufsstrang
-
Ein Auswertungsblatt, DIN-A4 (kopieren Sie die Vorlage im Anhang oder erstellen Sie selbst eine)
Auf dem Auswertungsblatt sind die
Karriereanker, die ich Ihnen gerade vorgestellt habe, untereinander
geschrieben. Rechts neben dieser Auflistung bieten mehrere Spalten
– je eine für den Berufseinstieg und jeden Stellenwechsel – Platz
zum Eintragen einer Punktzahl; eine weitere Spalte ist für die
Endsumme dieser Werte vorgesehen. Überschlagen Sie anhand Ihres
KAIROS-Datencharts, wie viele Berufswechsel (inklusive des
Einstiegs) Sie benötigen werden.
Beantworten Sie nun für Ihren
Berufseinstieg und für jeden Berufswechsel die folgenden Fragen.
Für jede Station vergeben Sie Punktzahlen: drei Punkte für den am
deutlichsten eingesetzten Karriereanker (nutzen Sie die
Definitionen zur Orientierung), zwei Punkte für den zweiten, einen
Punkt für den dritten. Die übrigen Anker lassen Sie bei dieser
Station unberücksichtigt. Führen Sie dies für jede berufliche
Station durch. Jedes Mal bewerten Sie neu, welche
Top-3-Karriereanker Sie genutzt haben. Am Ende vergeben Sie
Bonuspunkte: drei Punkte, für den Anker, der Ihnen am wichtigsten
erscheint, zwei Punkte für den zweitwichtigsten, einen Punkt für
den drittwichtigsten. So können Sie noch einmal das Gesamtergebnis
korrigieren. Orientieren Sie sich an der Realität, nicht an Ihrem
Wunschdenken. Wenn »Sicherheit« bisher ein dominanter Anker bei
beruflichen Entscheidungen war, vergeben Sie entsprechende Punkte.
Denken Sie nicht: »Wie langweilig, gern wäre ich anders …« Bilden
Sie am Ende die Gesamtsumme; nun haben Sie Ihren ersten, zweiten
und dritten Karriereanker herausgefunden.
Folgende Fragen stellen Sie sich für
jede berufliche Station, um Ihre Karriereanker zu bestimmen:
-
Was hat mich dazu veranlasst, meine erste Ausbildung/mein Studium zu wählen? Gab es einen Anlass, was hat mich gereizt? Hatte ich Vorbilder?
-
Wie habe ich mich danach in dem Job entwickelt? Welche Aspekte der Arbeit haben mir gefallen, welche nicht?
-
Was hat mich dazu veranlasst, den Arbeitgeber oder den Beruf zu wechseln? Gab es einen Anlass, was hat mich gereizt am neuen oder abgeschreckt im alten Job?
-
Was hat der Wechsel mit sich gebracht? Habe ich etwas Bestimmtes gelernt?
-
Was habe ich mir von dem Wechsel erhofft?
-
Was hätte es bedeutet, den alten Job zu behalten?
-
Wie habe ich mich danach in dem Job entwickelt? Welche Aspekte der Arbeit haben mir gefallen, welche nicht?
Wiederholen Sie die Fragen für jede
Station des Berufswechsels und vergeben Ihre Punkte. Als Ausblick
auf den geplanten Wechsel können Sie auch noch die folgenden Fragen
für sich selbst beantworten:
-
Was erhoffe ich mir von dem bevorstehenden Wechsel?
-
Werden meine wichtigsten Karriereanker hier berücksichtigt?
-
Was würde es bedeuten, den alten Job zu behalten?
Um Ihnen die praktische Bedeutung dieser
Übung zu zeigen, schildere ich Ihnen am Ende dieses Kapitels, wie
ich sie im Coaching mit den drei Protagonisten für deren berufliche
Orientierung genutzt habe, außerdem, welche weiteren Schritte sich
daraus ergeben haben. Lassen Sie sich von den Beispielen anregen,
was nun Ihre nächsten Schritte sein könnten.
Fallbeispiele: Karriereanker als roter Faden in der Berufsbiografie
Für Christina waren die Karriereanker klar
ausgeprägt.
-
Karriereanker 1: Selbstständigkeit/Unabhängigkeit
-
Karriereanker 2: General Management
-
Karriereanker 3: Unternehmerische Kreativität
Da Christina ein Verbleib in ihrer
bisherigen Position fast unmöglich erschien, war Selbstständigkeit
von Beginn an ein Thema im Coaching gewesen. Oder sollte sie doch
nach einer neuen Anstellung Ausschau halten?
Der Blick auf Ihre favorisierten Karriereanker
gab eindeutig grünes Licht für Ihre Pläne, in die Selbstständigkeit
zu wechseln. Wobei der Karriereanker
»Selbstständigkeit/Unabhängigkeit« nicht unbedingt die Ausübung
einer selbstständigen Tätigkeit bedeuten muss. Bei vielen
angestellten Sales-Vertretern oder Beratern beispielsweise lässt
sich dieser Karriereanker trotzdem feststellen, da sie ihre
Arbeitsbedingungen sehr unabhängig gestalten können. Das war bisher
auch in Christinas Arbeitsverhältnissen immer der Fall gewesen.
Hingegen konnten einige gute Ideen von ihr nicht umgesetzt werden:
»Ich bin eigentlich so eine Ideenfabrik«, so die Sozialmanagerin.
Darin kommen ihre beiden zweitstärksten Anker, nämlich
Unternehmerische Kreativität und General Management zum Ausdruck.
In Christinas Karrierecoaching ging nach der Übung mit den
Karriereankern alles in Richtung einer Planung der
Selbstständigkeit. Dafür brachte dann die spätere Wertearbeit
zusätzliche wertvolle Informationen.
Stefanies Karriereanker boten ein völlig
anderes Bild:
-
Karriereanker 1: Sicherheit/Beständigkeit
-
Karriereanker 2: Lebensstilintegration
-
Karriereanker 3: Technische/Funktionale (fachliche) Kompetenz
In Stefanies Karriereanker-Interview fiel
uns gemeinsam sofort eines auf: Sie hatte sich in ihrem bisherigen
beruflichen Leben eigentlich nie »für« etwas, sondern immer »gegen«
eine Situation entschieden. Die vordringlichste Motivation hatte
immer darin bestanden, eigenes Geld zu verdienen, von zu Hause und
auch von Partnern unabhängig zu sein. Es war Stefanie nicht
angenehm zu sehen, dass Sicherheit bisher ein Hauptkriterium Ihrer
Berufswahl gewesen war. Der zweite Anker Lebensstilintegration
folgte daraus, dass sie sich inhaltlich in ihrem Beruf nie richtig
ausgefüllt gefühlt hatte. »Dann wollte ich wenigstens etwas privat
erleben«, zum Beispiel durch Reisen mit ihren Freundinnen. Heute
weiß Stefanie, dass sie eine große fachliche Neugier hat – auf die
Themen Kommunikation und die Arbeit mit Teams als Trainerin. Es war
in Stefanies Entscheidungen für eine Position schon immer
mitgeschwungen, »ob ich da auch etwas mit Menschen zu tun haben
würde«. Nun wollte Stefanie eine Entscheidung für diesen fachlichen
Karriereanker treffen, denn »Zahlen sind nun wirklich nicht meine
Leidenschaft«. Noch einen wichtigen Hinweis ergab die Arbeit mit
den Karriereankern: Sicherheit ist und bleibt ein wichtiges
Bedürfnis. Dies wiederholte sich dann auch in ihrer Wertearbeit.
Den Angestelltenstatus möchte Stefanie nicht aufgeben. Wir waren
also über die Richtung, in die ihr Berufswechsel gehen sollte, in
zwei Aspekten klar: fachlich im Bereich der Kommunikation und
Training, und das in angestellter Tätigkeit.
Damit war Stefanie eine klassische Anwärterin
auf einen Quereinstieg in einen neuen Beruf. Für ihren weiteren Weg
durch das Coaching stand fest, dass wir auf jeden Fall mit einer
systematischen Kompetenzanalyse weitermachen würden. Denn Stefanie
brauchte bei einem neuen Arbeitgeber vor allem gute Argumente,
warum sie als Quereinsteigerin für den Job geeignet sein könnte.
Und zwar nicht nur durch die einmalige gute Referenz als
Co-Trainerin, sondern durch eine Kompetenzbasis, die sich durch
ihre Biografie belegen ließ. Auch die Analyse ihrer
Charakterstärken stellte im weiteren Verlauf des Coachings einen
wichtigen Baustein dar. Charakterstärken machen uns als Person aus.
Sie sind der Treibstoff, auf den wir in Zeiten der Veränderung
besonders zurückgreifen können.
Thomas
Karriereanker ließen ihn auflachen. »Ja, das bin ich: eigentlich
eine faule Socke, aber mit einem Schuss Mutter Teresa.«
-
Karriereanker 1: Technische/Funktionale (fachliche) Kompetenz
-
Karriereanker 2: Lebensstilintegration
-
Karriereanker 3: Dienst oder Hingabe für eine Idee oder Sache
Thomas’ erste Berufswahl war ganz klar
fachlicher Natur gewesen. Sein Interesse für das Schauspielen
bestand darin, Figuren wahrhaftig zum Ausdruck zu bringen; ein
Thema, das sich sowohl in seinen Werten als auch als sein ganz
individuelles Lebensthema bestätigte. »Aber ich wollte mich auch
nie totmachen«, kommentiert er seinen zweiten Karriereanker
»Lebensstilintegration«. »Ich hätte die große Karriere vielleicht
machen können, aber das war nie mein Ding. Da hätte ich mich
eingeengt gefühlt. Dann habe ich doch eher Rollen gewählt, die zwar
interessant waren, die mir aber Zeit für Freunde und dann meine
Familie ließen.« Und schließlich gibt es noch die Neigung zu
»Dienst oder Hingabe« als Karriereanker und Motivation, etwas
anzufangen. Für Thomas hatte der Schauspielberuf immer auch etwas
mit dem Dienst für Menschen zu tun, mit dem Ausdruck von Wahrheit
und Freiheit: »Ich bin kein Glamour-Schauspieler. Tatsächlich wäre
für mich die einzige Alternative gewesen, Arzt zu werden. Aber
heute würde ich das mit Blick auf die Familie nicht mehr machen
wollen«, räumt Thomas ein. Nach seiner Karriereanker-Auswertung
bekamen wir eher eine Bestätigung, dass Thomas bisher immer gut
gewählt hatte, gut für sich sorgte. Eine zwingende Richtung für den
nächsten Schritt bot das Ergebnis noch nicht, eher
Ausschlusskriterien. Im folgenden Coaching wollte er für sich
klären, was es eigentlich mit seinem nachlassenden Interesse an der
Schauspielerei auf sich hatte. Mehr Klarheit dazu fanden wir für
Thomas in der Wertearbeit und der Analyse seiner
Lebensthemen.