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Die Macht in der Tiefe
Von allen Seiten näherten sich Fledermenschen, zögerlich und scheu. Keiner von ihnen war größer als ein etwa zehnjähriges Menschenkind, viele sogar kleiner, die meisten reichten einem erwachsenen Mann gerade bis zur Hüfte.
Nach und nach landeten auch diejenigen, die bis dahin noch immer tiefere Kreise über Gorian und seinen beiden Begleitern gezogen hatten. Sie trugen grob zusammengenähte Felle, und ihre mandelförmigen, deutlich hervorstehenden Augen in den behaarten Gesichtern schimmerten im fahlen Licht des Mondes, das nun wieder ungehindert vom Himmel schien.
Die zirpenden und zischenden Laute, mit denen sich die Fledermenschen austauschten, verebbten allmählich. Gorian versuchte, ihre Gedanken zu erspüren, aber sie waren zu fremdartig, um irgendetwas daraus schließen zu können. Das Einzige, was für ihn schnell feststand, war, dass sie alle von einer großen Furcht erfüllt waren. Der Grund dafür aber blieb ihm unklar.
Aber er spürte noch etwas. Etwas, womit er nicht gerechnet hatte.
Magie.
Sie war nur sehr schwach ausgeprägt, aber unzweifelhaft vorhanden. Mit der starken Kraft, die irgendwo in diesen Bergen lauerte, hatte sie allerdings nichts zu tun, beide Kräfte waren völlig verschieden.
Das magische Talent der Fledermenschen war sicherlich sehr viel schwächer als bei jedem Ordensschüler, trotzdem würde sich Gorian in Acht nehmen.
Auf einmal schleuderte einer der Fledermenschen seinen Speer. Torbas ahnte den Angriff voraus, wie man es ihn im Haus des Schwertes gelehrt hatte, wirbelte herum und ließ Schattenstich emporschnellen, sodass die Klinge aus Sternenmetall genau im richtigen Moment auf die Obsidian-Spitze des Speers traf. Ein greller Lichtblitz flammte auf, und Torbas taumelte zwei Schritt zurück. Eigentlich hatte er den Speer zur Seite ablenken wollen, aber das hatte er nicht ganz geschafft. Nur ganz knapp verfehlte ihn die Wurfwaffe und prallte auf das schwarze Bodengestein, wobei Funken aufsprühten, als die Spitze aus Obsidian auftraf, mit solcher Kraft war der Speer geworfen worden.
»Beim Verborgenen Gott und allen Teufeln!«, entfuhr es Torbas. »Was war das denn?«
»Fledermenschen-Magie!«, rief Gorian, riss ebenfalls sein Schwert hervor und lenkte einen weiteren Speerwurf zur Seite hin ab, wofür er mit aller Kraft zuschlagen musste, während er die ungeheure, durch Magie verstärkte Kraft spürte, mit welcher der Speer geschleudert worden war.
Gorians Augen waren ebenso von Schwärze erfüllt wie die von Torbas, und Fentos Roon stand zwischen den beiden Gefährten. Die einzige Waffe, die er bei sich trug, war ein langer, leicht gebogener Dolch, den Gorian bislang eher für einen Ziergegenstand gehalten hatte. In den Straßen von Gryphenklau hatte er viele Männer mit solchen Dolchen gesehen, und die meisten hatten zur Gilde der Greifenreiter gehört oder sich zumindest den Anschein gegeben.
Nun wurden von allen Seiten Speere geworfen. Gorian und Torbas ließen ihre Schwerter kreisen. Den Bruchteil eines Augenblicks ahnten sie die Angriffe nach Art der Schwertmeister voraus und waren dadurch überhaupt in der Lage, sie abzuwehren, allerdings nur mit größter Kraftanstrengung, denn in jedem dieser Würfe steckte eine übermenschliche Wucht.
Auf einmal ertönte ein schrilles Pfeifen, und die Fledermenschen antworteten mit ohrenbetäubendem Kreischen, flatterten empor und stoben in alle Richtungen davon. Ein paar Speere wurden noch geworfen, aber sie waren vergleichsweise leicht abzuwehren, denn den Würfen fehlte die besondere, durch Magie verstärkte Wut, die den ersten Angriffen eigen gewesen war.
Die Fledermenschen bildeten keinen geordneten Schwarm mehr, sondern wirbelten durcheinander, stießen zum Teil sogar zusammen, sodass sich ihre Flügel ineinander verhakten und sie abstürzten. Erst kurz vor dem Aufschlag auf das schwarze Bodengestein lösten sie sich voneinander und fingen ihren Sturz ab, um dann wieder in wilder Panik davonzuflattern.
Der Pfeifton hielt an, und es schien, als hätten die Fledermenschen nur noch eins im Sinn: seiner unmittelbaren Wirkung zu entkommen.
Dann endlich war der Spuk vorbei, das Pfeifen brach abrupt ab, und Gorian, der den Griff von Sternenklinge mit beiden Händen umfasste, sah aus den Augenwinkeln, wie Fentos Roon einen Gegenstand von den Lippen nahm und nach Luft rang.
»Eine Fledermenschen-Flöte!«, keuchte Fentos Roon. »Wir Greifenreiter führen sie immer bei uns, wenn wir das Gebiet dieser Wesen überfliegen. Falls man in die Verlegenheit gerät, mit der Greifengondel notlanden zu müssen, kann man sie sich damit vom Hals halten; sie können die Töne nicht ertragen und nehmen davor Reißaus.« Damit setzte er die Flöte noch einmal an die Lippen und blies mit aller Kraft und aufgeblähten Wangen, woraufhin Gorian und Torbas die Gesichter verzogen.
»Muss das sein?«, fragte Torbas. »Diese Töne sind nicht nur für Fledermenschen unerträglich!«
Aber Fentos Roon ließ sich nicht beirren und blies noch so lange weiter, wie es sein Atemvorrat zuließ. »Sicher ist sicher«, meinte er dann und atmete tief durch. Die Flöte sah aus, als wäre sie aus einem Knochen gefertigt. »Ich hab sie wegen der verfluchten Dunkelheit nicht gleich in meiner Gürteltasche finden können, sonst hätte ich die Bande schon früher verjagt.«
»Na, da sind wir aber froh, dass du doch noch fündig geworden bist«, spöttelte Torbas.
»Könnte jemand von euch so freundlich sein, mit seinem Handlicht auf den Boden zu leuchten«, bat der Zweite Greifenreiter Centros Bals. »Mir ist nämlich was heruntergefallen, als ich nach der Flöte in meiner Tasche kramte.« Er steckte sie zurück in seine Gürteltasche, in der ein paar Münzen klimperten. »So gut bezahlt mich auch der berühmte Nordfahrer nicht, dass ich es mir leisten könnte, Silbergeld in der Steinwüste zu verstreuen.«
Torbas seufzte. »Na gut, wir sind ja jetzt weit genug von Felsenburg entfernt.« Er hielt Schattenstich nach wie vor in der Rechten, denn noch traute er dem Frieden nicht, zumal ein paar der Fledermenschen noch als dunkle Schatten in einiger Entfernung auf den Felsen ringsum zu sehen waren, wo sie hockten, als würden sie das weitere Geschehen abwarten und auf die Möglichkeit zu einem Angriff lauern.
In seiner Linken ließ Torbas ein Licht aufscheinen, das allerdings nur verhältnismäßig schwach schimmerte, kaum heller als eine einfache Wachskerze.
Er ließ den Lichtkegel über den Boden wandern, und Fentos Roon sammelte ein halbes Dutzend Münzen ein, die er verloren hatte.
»Wir sollten die Fledermenschen nicht unterschätzen«, mahnte Gorian, nachdem die drei ihren Weg schließlich fortsetzten und in das zerklüftete Gebiet eindrangen. »Die Magie, die sie zur Verstärkung ihrer Angriffe einsetzen, ist sehr einfach, aber effektiv.«
»Jetzt ist mir auch klar, wie sie es schaffen, einen Wildgreifen zur Strecke zu bringen.« Torbas wandte sich an Fentos Roon. »Hast du eine Erklärung dafür, dass sie uns angegriffen haben?«
Der Zweite Greifenreiter des Nordfahrers Centros Bal schüttelte den Kopf. »Seit König Song Mol die Feuerdämonen entfesselt hat, sind sie Menschen gegenüber eigentlich ausgesprochen scheu.«
»Und trotzdem trägst du diese Flöte bei dir?«, hielt Torbas dem entgegen.
»Jedes Mitglied der Greifenreitergilde ist verpflichtet, so eine Flöte auf Flügen über das Gebiet der Fledermenschen bei sich zu tragen. Aber dieses Gesetz ist uralt, und angeblich stammt es noch von König Song Mol selbst. Dass Fledermenschen einen Greifenreiter wirklich attackieren, geschieht vielleicht ein- oder zweimal in einem Menschenleben, dafür fürchten sie einfach zu sehr die Rache des Königs.«
»Offenbar tun sie das nicht mehr«, meinte Torbas.
»Oder sie fürchten etwas anderes noch viel mehr«, vermutete Gorian.
Beide Ordensschüler trugen inzwischen ihre Schwerter wieder auf dem Rücken, denn die Hände brauchten sie fürs Klettern. Immer öfter kamen auch wieder die Seilschlangen zum Einsatz.
Hier und dort waren auf den umliegenden Felsen einzelne Fledermenschen zu sehen, und hin und wieder stob einer der Geflügelten auf, wenn ihm die Menschen zu nahe kamen. Meistens aber hielten sie sich in den ausgedehnten Schattenzonen verborgen, und wenn sie sich nicht gerade bewegten oder ihre zirpenden Laute von sich gaben, waren sie kaum zu entdecken und eins mit der Finsternis, die sie umgab.
Gorian und Torbas setzten schließlich auch ihre Handlichter ein, damit niemand von ihnen in eine der vielen Erdspalten stürzte. Von Felsenburg aus waren sie nicht mehr zu sehen, da Anhöhen und Felsen sie umgaben. Allenfalls würde ein Posten auf den Wehrgängen das Aufflackern eines Lichtschimmers zwischen den Felsen ausmachen, denn während das schwarze Gestein, das die Ebene um Felsenburg umgab, alles Licht zu verschlucken schien, setzte sich der mittelgryphländische Bergrücken aus unterschiedlichen Gesteinsarten zusammen.
»Manche davon ähneln Halbedelsteinen«, erklärte Fentos Roon, darauf von Torbas angesprochen. »Wenn das Licht der Sonne oder des Mondes auf sie trifft, kommt es zu den eigenartigsten Lichterscheinungen. Die Wachen auf Felsenburg werden sich also über eure Handlichter nicht wundern, weil sie die Steine und das Mondlicht dafür verantwortlich machen.«
»Ich spüre eine gewaltige fremdartige Magie, die alles hier zu durchdringen scheint«, eröffnete Gorian seinen Gefährten. »Sie wird stärker, je weiter wir in die Berge vordringen. Ich spreche nicht von der simplen Fledermenschen-Magie. Diese ist anders, stärker.«
»Von Magie verstehe ich nichts«, erwiderte Fentos Roon.
»Aber du weißt über dieses Land Bescheid. Hast du irgendeine Ahnung, was die Ursache dieser Kraft sein könnte?«
»Nein. Hör mal, ich bin Greifenreiter, kein Bergwanderer, auch wenn das im Moment so aussehen mag. Ich bin schon tausendmal über das Fledermenschenland hinweggeflogen, aber niemals hier gelandet, nur hin und wieder mal in Felsenburg und auf ein paar Residenzburgen einzelner Greifenreiter, die hier leben.«
»Haben die vielleicht irgendetwas darüber erzählt?«
»Die interessieren sich nur für Magie, wenn sie jemand einsetzt, um ihnen die Geschäfte zu verderben. Ansonsten verlassen sie sich lieber auf ihre Greifen.«
Sie bewegten sich an bodenlosen Abgründen entlang. Wenn ein Stein ins Rutschen geriet, schlug er erst nach langem Fall irgendwo unten auf, und so war zu erahnen, wie tief diese Erdspalten waren.
Fentos Roon hielt Gorian und Torbas dazu an, ihren jeweiligen Seilschlangen selbst die notwendigen Anweisungen zu geben, was auch immer besser klappte, und so sicherten die Tiere ihre Träger zuverlässig beim Klettern oder zogen sie steile Felswände empor, an denen sie zuvor scheinbar mühelos emporgeglitten waren. Gorian lernte schnell, dass man sich bei den Befehlen an die Seilschlangen besser zurückhielt, denn je mehr man sich beschränkte, desto genauer schienen sie die Absichten ihrer Herren zu verstehen.
Er versuchte auch mehrmals, mit seinen magischen Sinnen zu den Gedanken seiner Seilschlange vorzudringen, die ihm auf so überraschend effektive Weise beim Klettern half, doch seine geistigen Fühler griffen jedes Mal ins Leere, als wäre da nichts, nicht einmal ein einzelner Gedanke und nicht der Hauch von Magie. Der Geist der Seilschlange musste derart fremdartig sein, dass er sich selbst einem Schüler in allen fünf Ordenshäusern, dem man ja bereits zumindest in einem die Meisterschaft angeboten hatte, nicht im Mindesten erschloss.
So konzentrierte er sich wieder darauf, eine Verbindung mit Ar-Don herzustellen, doch seit ihn der Gargoyle mit einem so intensiven Gedanken bedrängt hatte, dass er schon glaubte, von seiner Seilschlange erwürgt zu werden, war von Ar-Don nichts mehr zu spüren, und er empfing nicht einmal mehr die chaotischen Bilder und Empfindungen.
Hingegen gab es in den Felsen feinste Spuren, die belegten, dass er hier gewesen war. Magische Spuren, die Gorian niemandem hätte beschreiben können, die er aber so deutlich erkannte wie ein Raubtier die Witterung seiner Beute.
Er musste auf jede Kleinigkeit in der Umgebung achten.
Sie hatten ein Felsplateau erreicht, von dem aus man bei Tag sicherlich eine gute Aussicht über das umliegende Land hatte. In der Nacht aber waren ringsum nur Schatten auszumachen und Lichtreflexe, hervorgerufen vom Mond- und Sternenlicht, das von besonderen Gesteinsarten gespiegelt wurde.
Gorian blieb stehen, schloss die Augen und versuchte die Bilder erneut in sich wachzurufen, die er mit den Gedanken Ar-Dons empfangen hatte.
Und auf einmal spürte er wieder etwas, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Da war eine Empfindung von Schmerz, Schwäche und unendlicher Furcht.
Er öffnete die Augen und blickte auf den vom Mondlicht beschienenen felsigen Boden zu seinen Füßen. Feine Sprünge im Gestein bildeten eine Struktur, die an einen sich verzweigenden, durch das Land mäandernden Fluss oder einen Blitz erinnerten.
Auf einmal wusste Gorian, dass auch Ar-Don diesen Riss im Stein gesehen hatte, und zwar vor nicht allzu langer Zeit.
»Er war hier«, murmelte er. »Genau hier …«
Torbas enthielt sich eines Kommentars, und Fentos Roon flüsterte gerade seiner Seilschlange ein paar beruhigende Zischlaute zu, und zwar in eine Vertiefung ungefähr eine Armspanne vom Seilschlangenende entfernt. Offenbar befand sich dort das, was man bei einem anderen Geschöpf als Ohr bezeichnet hätte.
Gorian sah einen Schatten auf der anderen Seite der abgrundtiefen Schlucht, die das Felsplateau begrenzte. Es handelte sich um eine gezackte Felsformation.
Er trat an den Rand des Felsplateaus und blickte in die undurchdringliche Schwärze des Abgrunds. »Genau hier muss er sein«, behauptete er und leuchtete mit dem magischen Handlicht hinab. Aber der Schein verlor sich in der Finsternis.
Ein paar unterarmlange pelzige und sechsfüßige Kreaturen mit peitschenartigen Schwänzen krabbelten über die senkrecht in die Tiefe führenden Felswände, so als würden sie sich über eine waagerechte Fläche bewegen. Wenn Gorians Handlicht sie traf, huschten sie davon und verbargen sich in kleinen Spalten und Ritzen, wobei sie ein lautes Fiepen ausstießen.
»Sieht nicht gerade einladend aus«, meinte Torbas. »Sag bloß, dein Gargoyle-Freund steckt in diesem Dreckloch fest.«
»Er ist dort, das weiß ich«, gab Gorian sehr ernst zurück. Und dann empfing er ganz kurz einen Gedanken, der aus einem einzigen Bild bestand: Es war wieder ein Blick aus der Tiefe einer Schlucht hoch in den nächtlichen Sternenhimmel.
Aber diesmal war der Umriss einer Gestalt zu sehen, die am Felsrand stand und hinabsah. Eine Gestalt, deren rechte Hand ein blendendes Licht ausstrahlte.
Gorian sah niemand anderen als sich selbst.
In diesem Moment raste ein Speer von der gegenüberliegenden Seite der Schlucht direkt auf Gorian zu. Diesmal warnte ihn keine Vorahnung, er hatte sich zu sehr auf Ar-Dons Gedanken konzentriert, und so konnte er nicht mehr rechtzeitig reagieren.
Doch Torbas riss ihn gerade noch rechtzeitig zurück, und der Speer, mit magisch verstärkter Kraft geschleudert, sauste haarscharf an Gorian vorbei.
Doch der Speer änderte abrupt seine Bahn, jedem Naturgesetz Hohn sprechend – und fuhr Fentos Roon mitten in die Brust!
 
Die Obsidian-Spitze durchbohrte Fentos Roons Leib und trat im Rücken wieder aus. Ein keuchender Laut drang noch über die Lippen des Zweiten Greifenreiters, dann sackte er zu Boden.
Weitere Speere wurden von der gegenüberliegenden Seite der Schlucht herübergeschleudert. Dutzende von Fledermenschen-Kriegern waren dort herangeschlichen und sahen nun den Augenblick für einen Angriff für gekommen.
Während die beiden Ordensschüler darum bemüht waren, die magisch verstärkten Speerwürfe mit Sternenklinge und Schattenstich abzuwehren, kroch auf einmal ein Heer der lichtscheuen Sechsfußratten aus der Schlucht. Wie ein Teppich aus grauem Fell schoben sie sich über den Rand der Erdspalte, zunächst Hunderte, dann Tausende, die dicht gedrängt aus der Tiefe krabbelten und die Nachtluft mit ihrem schrillen Pfeifen erfüllten.
Schon hatten die ersten den Körper des toten Fentos Roon erreicht, und bald war sein Leichnam über und über von grauen Pelzen bedeckt. Manche der Tiere liefen auch Gorian und Torbas zwischen den Füßen umher. Quietschend wichen sie aus, wenn nach ihnen getreten wurde. Aber sie griffen die beiden Ordensschüler nicht an, ihr Interesse galt allein dem Toten, dessen Körper sie mit sich schleiften. Von den pelzigen Aasfressern vollkommen bedeckt, bewegte sich der Leichnam auf den Rand der Schlucht zu, dann stürzten sich die Sechsfußratten mit ihrer Beute hinab in den Erdspalt.
Ein paar erschreckend lange Augenblicke später war ein dumpfer Aufschlag zu hören. Entweder machte den Sechsfußratten ein Aufprall selbst aus größter Höhe nichts aus, oder sie opferten sich bereitwillig für die Nahrungsbeschaffung ihrer Artgenossen.
Voller Wut wehrte Gorian weitere Speerwürfe mit dem Schwert ab. Auch Torbas kämpfte tapfer, doch eine der Obsidian-Spitzen ritzte ihn am Arm. Die Speere waren magisch so beeinflusst, dass ihre Flugbahnen selbst mit den erstaunlichen Fähigkeiten eines Schwertmeisters nur schwerlich vorauszuahnen waren.
Torbas nahm einen der Speere vom Boden auf und schleuderte ihn zurück, wobei er erst eine kurze magische Formel murmelte und dann einen Kraftschrei ausstieß. Der Speer flog über die Schlucht, drehte sich jedoch auf halbem Weg und kehrte mit einer Wucht zurück, dass Torbas ihn nur mit einem heftigen Schwertschlag abzulenken vermochte, wobei ein grünlicher Blitz aus Schattenstich zuckte.
Während Gorian mit einer Hand Sternenklinge hielt und mit dem Schwert einen weiteren Speerwurf abwehrte, riss er Rächer aus dem Gürtel und schleuderte auch ihn mit einem Kraftschrei zur gegenüberliegenden Seite der Schlucht. Schrille Schreie gellten durch die Nacht. Nur schattenhaft zu erkennende Fledermenschen stoben davon. Manche stürzten, offenbar von Rächer getroffen, zu Boden.
Die Waffe aus Sternenmetall wirbelte durch die Luft und kehrte sicher in Gorians ausgestreckte Hand zurück. Fledermenschen-Blut troff von der Klinge, und ein Chor angstvoll zirpender Stimmen erhob sich. Ein letzter Speer wurde geworfen, allerdings nicht mehr mit der gleichen magischen Kraft wie zuvor, sodass ihn Torbas mit Leichtigkeit abwehren konnte.
Danach herrschte eine geradezu unheilvolle Stille. Gorian und Torbas lauschten angestrengt und ließen die Blicke suchend durch die Nacht schweifen. Aber die Gefahr schien zunächst vorbei.
»Alle Achtung, in deiner Hand ist dieser Dolch eine furchtbare Waffe«, stellte Torbas fest.
»Eine, die niemand unterschätzen sollte«, bestätigte Gorian finster und dachte an den bedauernswerten Fentos Roon.
Torbas nahm einen der Obsidian-Speere vom Boden auf und warf ihn in die Tiefe. Aber anstatt dass man wenig später einen Aufprall hörte, tauchte der Speer wieder empor und raste auf Torbas zu. Die Klinge seines Schwertes prallte Funken sprühend gegen die Obsidian-Spitze, und der Speer glitt zur Seite.
»Teuflische Waffen haben diese Fledermenschen«, knurrte Torbas.
»Es ist ihre Magie, vor der wir uns in Acht nehmen müssen.«
»Ja, und jetzt haben wir nicht mal mehr Fentos Roons Flöte, um uns diese Biester vom Leib zu halten«, murrte Torbas, der noch einmal einen Blick in das schwarze Nichts warf, das sich unter ihnen auftat. »Armer Kerl. So ein Schicksal wünsche ich nicht mal meinem ärgsten Feind.«
»Wir müssen dort hinunter«, entschied Gorian.
Torbas seufzte. »Ich habe dir zugesagt, dass du auf mich zählen kannst. Und das war nicht einfach nur so dahingesagt. Ich folge dir auch in dieses Rattenloch, in der Hoffnung, dass ich nicht ebenso ende wie Fentos Roon.«
»Danke.«
»Davon abgesehen haben wir wohl allenfalls zusammen eine Aussicht, lebend nach Felsenburg zurückzukehren, wenn ich die Situation hier richtig beurteile.«
»Dann lass uns keine Zeit verlieren«, forderte Gorian. Er stieß das Schwert zurück in seine Rückenscheide, nahm die Seilschlange von der Schulter und ließ sie in die Tiefe gleiten, wozu ein einziger gezischelter Befehl ausreichte.
 
Wenig später ließen sich Gorian und Torbas in die Tiefe hinab. Es herrschte eine feuchte Kühle, die alles zu durchdringen schien, und Gorian fühlte sich an eine modrige Totengruft erinnert.
Während die Seilschlangen die beiden Ordensschüler in den scheinbar bodenlosen dunklen Schlund trugen, ließ Gorian den Schein seines Handlichts kreisen, um sich umzuschauen. Überall krochen Sechsfußratten über die Wände. Ihre Augen schienen sehr empfindlich, was nicht verwunderlich war, da sie sich in der Dunkelheit der Erdspalte orientieren mussten. Wenn der Schein der Handlichter sie erwischte, ließen sie sich zumeist einfach in die Finsternis fallen. Ein Sturz aus dieser Höhe schien ihnen tatsächlich nichts auszumachen.
Die Schlucht wurde mit zunehmender Tiefe schmaler. Spinnengetier von der Größe einer menschlichen Hand wob Gespinste, die im Lichtschein seltsam schimmerten, und hin und wieder sah Gorian auch eine Sechsfußratte, die sich darin verfangen hatte und sich nicht mehr befreien konnte.
»Mich wundert, dass hier unten keine Fledermenschen mehr zu finden sind«, äußerte Torbas, nachdem sie eine Weile geschwiegen und sich umgesehen hatten.
»Sie haben sich anscheinend alle davongemacht«, meinte Gorian, wohl wissend, dass dies nicht die Antwort war, die sich Torbas erhofft hatte. Aber den Grund, warum keines dieser Wesen mehr in dieser Erdspalte anzutreffen war, kannte auch er nicht.
Endlich erreichten sie den Grund, doch zunächst leuchteten Gorian und Torbas den Boden so gut wie möglich ab, bevor sie mit den Füßen aufsetzten.
»Und wohin jetzt?«, fragte Torbas.
»Folge mir einfach.«
»Du bist dir immer noch sicher, dass wir hier am richtigen Ort sind?«
»Ar-Don befindet sich ganz in der Nähe.« Gorian gab seiner Seilschlange einen wispernden Befehl, und sie wickelte sich wieder wie eine Schärpe um seinen Oberkörper. Dann ging er ein paar Schritte voran, während er mit seinem Handlicht auf den Boden vor sich leuchtete.
Torbas nahm Schattenstich in die rechte Hand und folgte ihm.
Wenig später fiel der Schein von Gorians Handlicht auf eine Ansammlung von Knochen. Dazwischen lagen ein paar Silbermünzen, ein Dolch mit gekrümmter Klinge und eine metallene Gürtelschnalle.
Die sterblichen Überreste von Fentos Roon. Die Sechsfußratten hatten selbst die Kleidung und das Leder seines Gürtels vertilgt.
»Beim Verborgenen Gott!«, stieß Torbas hervor. »Wenn es einen Ort der Verdammnis gibt, dann muss er aussehen wie dieser hier!«
»Möge Fentos Roons Seele trotzdem Frieden finden.«
»Centros Bal wird über diesen Verlust alles andere als erbaut sein«, murmelte Torbas. »Wir können nur hoffen, dass er immer noch bereit ist, uns zu den Inseln der Caladran zu fliegen.«
»Das wird er.«
»Optimist. Und denk auch mal an Thondaril, was wir von dem zu hören kriegen.« Torbas stocherte mit der Spitze Schattenstichs in den Knochen herum, dann bückte er sich und hob die Knochenflöte auf, mit der Fentos Roon die Fledermenschen vertrieben hatte. »Das hier sichert uns vielleicht den Rückweg.«
In diesem Moment begannen sich die Knochen zu bewegen. Sie zitterten, und Gorian und Torbas spürten das Zittern auch unter ihren Füßen. Ein dumpfer Laut erklang, der so tief war, dass Gorian das Gefühl hatte, jemand drückte ihm heftig in den Magen, und er fühlte sich an die Rufe der gewaltigen Leviathane erinnert, in deren Körpern Morygor einen Großteil seiner Kriegshorden über das Eis transportieren ließ. Und doch war dieses Geräusch etwas völlig anderes.
Es war die schlummernde Kraft in der Tiefe, wurde ihm fröstelnd klar. Jene Magie, die in der ganzen Umgebung so allgegenwärtig war wie das Meeresrauschen an der Küste.
War diese Kraft die Ursache dafür, dass keine Fledermenschen in dieser Schlucht zu finden waren?
Gorian und Torbas standen einige Augenblicke wie erstarrt, dann endete das Zittern, und der Ton aus der Tiefe des Erdinneren brach ab.
»Das hört sich ganz so an, als sollten wir es den Fledermenschen gleichtun und so schnell wie möglich von hier verschwinden!«, meinte Torbas.
Wie zur Bestätigung seiner Worte bildete sich auf dem steinigen Boden plötzlich eine glühende Linie, die den ansonsten vollkommen lichtlosen Bereich am Grund der Schlucht mit rötlichem Schimmer füllte. Es sah aus, als würde das Gestein schmelzen. Allerdings war es offenbar ein kaltes Feuer, das dort in der Tiefe brannte und sich den Weg nach oben zu bahnen versuchte.
Gorian und Torbas sprangen erschrocken zur Seite, als sich der Riss wie eine rote Feuerschlange durch das Gestein zog und sich dann immer mehr verzweigte und zu einem Geflecht wurde, das an pulsierende Blutgefäße erinnerte. Erneut erklang das dumpfe, tiefe Geräusch, lauter diesmal, und zum ersten Mal war die magische Macht, die in diesen Bergen alles zu durchdringen schien, mehr als nur ein Rauschen im Hintergrund.
Gorian überkamen Bilder, Eindrücke, Empfindungen, die vollkommen fremdartig waren und seine magischen Sinne regelrecht überfluteten. Einen Kampfschrei ausstoßend versuchte er sich dagegen abzuschirmen. Er taumelte, stützte sich an der kalten Felswand ab. Die aderförmigen Verzweigungen hatten inzwischen auch diese erreicht, rankten daran empor wie Efeu, und überall krabbelte lichtscheues Getier aus Spalten und kleinen Höhlen, Sechsfußratten und gut handgroße Asseln. Quiekend und pfeifend und völlig außer sich wuselten sie durcheinander, stießen einander an, verbissen sich in kurzen, heftigen Kämpfen ineinander und huschten dann davon, wobei die meisten der Sechsfußratten senkrecht die Wände emporschnellten, was für ihre Art keinerlei Schwierigkeit darstellte.
Auch die handgroßen Asseln versuchten, dem Geflecht aus pulsierendem Rot zu entgehen, das sie offensichtlich aus ihren schmalen Höhlengängen vertrieben hatte, denn hier und dort schimmerte es rötlich aus den Löchern in den Felswänden hervor, während das Brummen der tiefen Töne aus dem Erdinneren immer durchdringender wurde.
Gleichzeitig empfand Gorian eine Art geistigen Druck, und unwillkürlich berührte er mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand seine Schläfe. Torbas schien es ähnlich zu ergehen.
»Das sind die Feuerdämonen!«, rief Gorian.
»Du denkst, die alten Geschichten dieses Landes sind wahr?«
»Es scheint so!«
»Dann haben sich die Fledermenschen ihretwegen aus dem Staub gemacht und nicht etwa, weil sie den Angriff von Morygors Horden vorausahnten und sich davor in Sicherheit bringen wollten.«
»Beides hat irgendwie miteinander zu tun!«, war Gorian überzeugt.
»Wie kommst du darauf?«
»Ich kann es nicht sagen. Ich spüre es nur einfach.«
»Ich weiß ja, dass du auch die Ausbildung im Haus der Seher begonnen hast«, entgegnete Torbas, »dennoch erstaunt es mich, dass du in der kurzen Zeit schon so viel gelernt haben willst.« Selbst in dieser mehr als bedrohlichen Situation schwang deutlicher Spott in Torbas’ Worten mit. »Aber bei so einem Wunderkind wie dir kann man natürlich nie wissen.«
Die gesamte sich wie ein Schlauch durch den Fels ziehende Schlucht wurde vom Schimmern des pulsierenden roten Glutgeflechts erhellt. Das tiefe Brummen, das alles erzittern ließ, wandelte sich in ein Stampfen, dessen Rhythmus an einen Herzschlag erinnerte.
Ganz schwach erreichte Gorian ein Gedanke von Ar-Don.
»Hilf …«
Und dann sah Gorian den Gargoyle. Er hing in Augenhöhe an der Felswand, gehalten von einer Seilschlange, eines jener wilden Exemplare, von denen Fentos Roon erzählt hatte.
Sie hielt sich mit ihren Enden am Fels fest und berührte dabei zwei Knotenpunkte des rot schimmernden Adergeflechts, das den Stein durchzog. Der Gargoyle war derart eingeschnürt, dass er sich nicht bewegen konnte. Unter ihm auf dem Boden hatte sich grauer Staub aufgehäuft, Körpersubstanz, die Ar-Don bei seinen erfolglosen Befreiungsversuchen verloren hatte.
»Hilf mir …«
»Ich bin da, Ar-Don. Was soll ich tun?«, fragte Gorian mit einem Gedanken jene Kreatur, die einst versucht hatte, ihn zu töten, bevor sie ihm schließlich das Leben gerettet hatte. Die Kreatur, mit der er auf eine eigenartige, paradoxe und offenbar sehr schicksalhafte Weise verbunden war, und das so sehr, dass er nicht gezögert hatte, sie an diesem Höllengrund zu suchen. »Ar-Don, was soll ich tun?«, wiederholte er seine Frage laut.
Ar-Don hob den Kopf leicht an. Seine Augen glühten in dem gleichen Rot wie das Adergeflecht, das den Fels durchzog.
Wieso veränderte der Gargoyle nicht einfach seine Form, um dem erdrückenden Griff der Seilschlange zu entkommen? Gorian zog Rächer aus der Gürtelscheide. Magie, dachte er. Die Antwort auf die Frage konnte nur ein magischer Bann oder etwas Vergleichbares sein.
Ein Schwall sehr schwacher und völlig ungeordneter Gedanken erreichte ihn wieder. Er konnte nicht darauf hoffen, dass ihm Ar-Don irgendetwas erklärte, dafür war der Gargoyle zu sehr geschwächt, ob nun durch die Seilschlange oder durch die Magie, die ihm die Fähigkeit zur Gestaltwandlung nahm. Vielleicht, überlegte Gorian, lag es auch an den Feuerdämonen, die unaufhaltsam an die Oberfläche drängten.
Kurz entschlossen stieß Gorian einen Kraftschrei aus und wollte den Körper der Seilschlange mit dem Dolch in zwei Hälften trennen. Doch kaum berührte Rächer das Tier, wurde Gorian von einer ungeheuren Kraft zurückgeschleudert, sodass er mit dem Rücken gegen die gegenüberliegende Steinwand schlug. Plötzlich griffen rot glühende Lichtadern aus dem Gestein hinter ihm und umfassten ihn, umfingen wie zuckende Blitze seinen Körper.
Der Dolch aus Sternenmetall hatte sich seiner Hand entwunden und bohrte sich in den Steinkörper des Gargoyles, drang zischend und quälend langsam in ihn ein, während Ar-Don ein lautes Fauchen ausstieß, das schließlich in ein jämmerliches, schmerzerfülltes Stöhnen überging.
Torbas hieb mit Schattenstich auf die Seilschlange ein, trennte mit blitzschnellen Schlägen ihre beiden Enden ab, mit denen sie an der Felswand haftete, und der Gargoyle fiel mitsamt der ihn nach wie vor umfassenden Seilschlange genau in den Haufen aus grauem Staub. Ein greller Lichtflor umgab ihn auf einmal und blendete Torbas, dann zerfiel Ar-Don in mehrere Einzelteile.
Die an ihren beiden Enden verstümmelte Seilschlange jedoch sprang empor, geradewegs auf Torbas zu. Zwei Hiebe mit dem Schwert zerteilten sie, aber die einzelnen Stücke, offenbar von der Magie der Feuerdämonen erfüllt, umwickelten ihn und rangen ihn nieder.
Gorian hatte in der Zwischenzeit einen Kraftzauber angewandt, in den er alles an Magie gelegt hatte, was er aufzubringen vermochte, und sich damit aus der Umfesselung der Feuerdämonen befreit. Deren Macht ließ ihn schaudern, dabei spürte er, dass sie nur ein kleiner Bruchteil dessen war, was in der Tiefe noch schlummerte.
Er riss sein Schwert aus der Rückenscheide, stieß einen Kraftschrei aus und lenkte den Rest seiner magischen Energie in die Klinge, die daraufhin bläulich aufleuchtete.
Torbas lag hilflos am Boden. Die einzelnen Teile der Seilschlange hatten ihn umfasst, und der Feuerdämon, der sie erfüllte, entzog ihm sämtliche Kräfte. Schattenstich war ihm aus der Hand entglitten, während er wie eine zuckende Marionette wirkte, an deren Fäden ein Kind zupfte.
Gorian führte einen derart exakten Schwerthieb aus, wie es nur einem ausgebildeten Schwertmeister möglich war. Die Spitze von Sternenklinge ritzte durch eines der Teilstücke des Seilschlangenleibes, und die in ihm gefangene Magie entlud sich. Das Seilschlangenstück wurde schwarz und zerbröselte innerhalb weniger Herzschläge zu ascheartigem Staub.
Weitere Hiebe, mit ebensolcher Präzision geführt, trafen auch die anderen Stücke der zerteilten Seilschlange, ohne dass Torbas auch nur einen Kratzer abbekam, und auch sie zerfielen.
Torbas blieb zunächst zitternd am Boden liegen, murmelte eine Stärkungsformel, dann erhob er sich, schüttelte dabei die Asche von sich und griff wieder nach Schattenstich.
»Du bist besser im Umgang mit dem Schwert, als manche Übungskämpfe zwischen uns zwischenzeitlich vermuten ließen«, keuchte er, und ein schwaches Lächeln spielte kurz um seine Lippen, während er Gorian einen dankbaren Blick zuwarf. In dem roten Licht, das die Schlucht ausfüllte, war deutlich zu sehen, dass seine Augen vollkommen schwarz geworden waren. Er versuchte, alle Kräfte in sich zu sammeln, die er noch irgendwoher aus den Untiefen seines Geistes mobilisieren konnte. Er würde sie brauchen, so viel schien sicher.
»Alles in Ordnung?«, fragte Gorian knapp.
»Es geht schon. So schlimm wie du nach deinem Kampf am Speerstein von Orxanor bin ich jedenfalls nicht dran.« Torbas atmete tief durch. »Aber es war verflucht knapp.«
»Ja, das war es.«
Torbas deutete auf den Haufen Staub, in dem die Bruchstücke des Gargoyles halb eingesunken waren. »Ich schlage vor, du kümmerst dich um deinen Freund.«
Gorian streckte die linke Hand aus, und aus dem Aschehaufen schnellte Rächer hervor und auf ihn zu. Im nächsten Moment schlossen sich seine Finger um den Griff des Dolchs.
Ein Gedanke erreichte ihn.
»Ar-Don ist frei! Und mit ihm die Mächte des Chaos!«
Dann hallte ein schauderhaftes Gelächter in Gorians Kopf wider, während sich das abgebrochene Steinmaul des Gargoyles öffnete und ein Fauchen ausstieß.