23. Kapitel

Gabriel hörte den Schuss nicht, aber er sah Carters Gehirn, als es aus dem Schädel flog und gegen die Wand klatschte. Seine weit aufgerissenen Augen starrten Gabriel an, als er auf die Knie sackte und umfiel. Katie schrie, was ihr einen Schlag auf den Kopf mit dem Knauf einer Polizeipistole einbrachte. Gabriel wollte ihr helfen, aber die Schatten schlangen sich fest um seine Beine, dann um seine Arme, bis sie ihn auf alle viere herunterzogen. Er versuchte sich dagegen zu wehren, aber die Schatten ließen nicht locker. Schließlich blickte er hilflos zu dem blonden Polizisten hoch, der grinsend vor ihm stand.

»Das ist also aus den gefürchteten Rittern Jesu geworden?« Der Blonde lachte. Er kniete sich neben Gabriel und umfasste seinen Kiefer, damit der Junge in seine Augen blicken konnte, die wie Becken voll wirbelnder Dunkelheit wirkten. »Wie verzweifelt muss die Kirche sein, wenn sie jemandem wie dir die heiligen Waffen anvertraut! Gib mir den Nimrod, mein Junge, dann verspreche ich dir einen schnellen Tod.«

Gabriel sah von seinem toten Freund auf den blonden Officer und spuckte ihm ins Gesicht. »Nimm ihn dir doch selbst, du Mistkerl!«

Eine Schattenträne lief aus dem Auge des Blonden und wischte die Spucke weg. »Du bist tapfer, hab ich recht? Gut, mal sehen, ob wir uns ein bisschen amüsieren können, während wir dir die Zunge lockern.« Er riss die Arme hoch, und Katie wurde durch ein Band aus Schatten um ihren Hals vom Boden gehoben. Sie wimmerte, während der Blonde sie näher heranzog.

»Nein!« Gabriel versuchte aufzustehen, aber die Schatten hielten ihn fest.

»Die magst du wohl, oder? Also gut, das wird jetzt richtig unerfreulich.« Der Blonde zog das Band aus Schatten um Katies Hals fester zusammen.

»Lieber Gott, hilf mir.« Katie schluchzte.

Der Officer neigte den Kopf zur Seite. »Gott?« Ein Tentakel aus Schatten glitt an Katie empor und strich fast zärtlich über ihre Wange. »Gott hat keinen Platz in den Schatten.« Er drehte sich zu Gabriel um. »Das ist deine letzte Chance. Gib mir den Nimrod, oder sieh zu, wie deine Freunde sterben.« Das Band aus Schatten um Katies Hals zog sich noch fester zusammen, und ihr Gesicht lief rot an.

»Gottverdammt, wenn ich wüsste, wie ich dir dieses Ding geben könnte, würde ich es tun.« Gabriel war fast panisch vor Angst. »Tu endlich was, verdammt!«, schrie er seinen Arm an.

»Mal sehen, vielleicht kann ich dir ja ein bisschen helfen.« Der Blonde schloss seine Faust und brach damit Katies Genick. Ihr lebloser Körper baumelte an dem Schattenband. Ihre einst so lebhaften blauen Augen waren jetzt tot und blicklos.

»Ich bring dich um!«, brüllte Gabriel.

Das ist es – lass dich von deinem Hass leiten. Mein Wille wird geschehen, sagte der Bischof eifrig.

Mit einem unmenschlichen Schrei riss Gabriel seinen Arm aus der Fessel der Schatten, und der Nimrod tauchte sofort in seiner Hand auf. Er rammte den Schaft auf den Boden, und ein Lichtblitz flammte auf, der die Schatten vertrieb. »Seelenlose Kreatur, ich kenne deinen wahren Namen, Moses, Gebieter der Schatten.« Gabriel rammte erneut den Schaft auf den Boden. »Und es ist dein Name, der deine Rückkehr in die Grube bezeichnen wird.«

Gabriel griff Moses ungestüm an, doch dieser brachte ihn mit seinen Schatten beinahe zu Fall. Gabriel schlug mit dem Nimrod nach ihm, doch im nächsten Moment waren die Waffe und sein Arm von Schatten umwickelt. Moses riss Gabriel von den Beinen und schlug ihn gegen die Wände der Gasse, bis er benommen war. Als er wieder klar sehen konnte, stand Moses direkt vor ihm. Moses hatte ein Schattententakel zu einer dünnen Scherbe geformt und rammte sie Gabriel in den Hals. Gabriel wollte schreien, aber ein Schattenstück legte sich über seinen Mund.

Moses beugte sich so dicht vor, dass Gabriel seinen stinkenden Atem riechen konnte. »Es ist gut, dass du meinen wahren Namen kennst, Ritter. Denn wenn du das Land der Toten erreichst, kannst du ihnen sagen, wer dich geschickt hat.« Dann wickelten Moses’ Schatten Gabriel in einen Kokon ein und pressten ihn so fest zusammen, dass er nicht mehr atmen konnte. Sterne tanzten vor seinen Augen, und er drohte das Bewusstsein zu verlieren, als er einen Schuss hörte.

Der Junge hätte Rogue fast über den Haufen gerannt, als er aus den Waschräumen stürzte. Seine Miene war vor Entsetzen verzerrt, und seine Aura loderte vollkommen unkontrolliert. Einen Moment lang glaubte Rogue, dass sich der Jackenärmel des Jungen bewegte, als hätte er etwas darunter versteckt. Drei weitere Leute folgten ihm und rannten ihm durch den Notausgang hinterher. Es waren eindeutig Sterbliche; die Frage war nur, auf welcher Seite sie kämpften. Und Rogue hatte vor, auf diese Frage eine Antwort zu bekommen.

Fast unwillkürlich hüllte er sich in Schatten, doch wegen des drängenden Gefühls, dem Jungen folgen zu müssen, reagierten Rogues Kräfte beinahe aus eigenem Antrieb. Im Laufe der Jahre war ihm das einige Male passiert, und normalerweise bedeutete es, dass sein Leben sich verkomplizieren würde. Er hatte seine Magie recht hastig gewirkt und hoffte nur, dass niemand im Club war, der sich gut genug mit Schattenmagie auskannte, um zu registrieren, was er gerade getan hatte. Allerdings war es auch sinnlos, sich jetzt noch darüber Gedanken zu machen.

Er konnte sie nicht sehen, als er in die Gasse trat, aber er spürte die Magie um sich herum. Eine Minute lang hörte er Stimmen, die jedoch plötzlich erstickt wurden. Als er in die Gasse schaute, bemerkte er, dass er das hintere Ende nicht sehen konnte. Das lag nicht an seinen Augen, sondern an dem, worauf er blickte. Es war Schattenmagie, und an der Wirksamkeit dieser Barriere erkannte er, dass sie nicht von jemandem wie ihm errichtet worden war. Dies hier war reine Schattenmagie. Rogue zog seine Waffen und machte sich daran, diese Sache aus der Nähe zu betrachten.

Als er drei Schritte in Richtung der Barriere gemacht hatte, spürte er, wie sie Kontakt zu dem Ding aufnahm, das in ihm lauerte. Angeblich bezog die gesamte Spezies der Schattenkreaturen ihre Macht von einer gemeinsamen Quelle; daher standen sie alle miteinander in Verbindung. Als er jetzt diese Mauer aus Dunkelheit betrachtete, durchströmte ihn das drängende Gefühl, dorthin zu gehen und mit diesem Kollektiv eins zu werden. Zum Glück prallte etwas gegen die Barriere und riss ihn aus diesen Gedanken. Er blickte zu Boden und sah den leblosen Körper des Mädchens, das seiner Zielpersonen gefolgt war. An der merkwürdigen Haltung ihres Kopfes erkannte er, dass ihr Genick gebrochen war. Aber es gab keine Verletzung der Haut, nur die Spuren, die die Schatten hinterlassen hatten. Rogue folgte den zurückweichenden Schatten zu ihrer Quelle und sah einen blonden Mann in einer Polizeiuniform. Ein Blick auf den Officer genügte, und Rogue wusste, was sich tatsächlich hinter dieser sterblichen Hülle verbarg.

Ein wilder Schrei lenkte seine Aufmerksamkeit in die Mitte der Dunkelheit. Der junge Mann stand jetzt aufrecht da und hielt etwas in der Hand, was der Nimrod sein musste. Als er den Schaft auf den Boden rammte, flammte ein unglaublich helles Licht auf, das Rogues Augen und Gesicht zu verbrennen schien. Der Dämon in ihm schrie so laut, dass Rogue spürte, wie ihm Blut aus dem Trommelfell tröpfelte. Verschwommen sah er, wie der Jüngling den Dämon angriff, aber die Schatten ließen ihn nicht weit kommen. Der Dämon manipulierte die Schatten offenbar mühelos und fesselte mit ihnen den jungen Mann. Er wehrte sich tapfer, aber er war noch zu unerfahren, um den Nimrod wirksam gegen den Dämon einsetzen zu können. Als der begann, den Jungen zu würgen, entschied Rogue, dass es Zeit war einzugreifen.

Mit dem Revolver in seiner rechten Hand jagte er dem Polizisten, der ihm am nächsten stand, zwei Kugeln in den Rücken, die ihn zu Boden schleuderten. Ohne stehen zu bleiben, feuerte er mit dem Revolver in seiner Linken auf den Dämon. Normale Kugeln hätten den Dämon höchstens gereizt, weshalb Rogue mit den verzauberten Kugeln auf ihn schoss. Als diese in das weiche Fleisch des Wirtskörpers eindrangen, flüsterte Rogue einen Zauberspruch, woraufhin die Kugeln in grellem, blauem Licht explodierten. Der Dämon heulte auf, und die Barriere der Dunkelheit zerbrach.

»Auf die Füße!« Rogue packte den jungen Mann an seiner Windjacke und zog ihn hoch. Unter dem zerzausten langen Haar blickte Rogue in das Gesicht eines Jugendlichen, aber was noch verrückter war, er kannte ihn. »Gabriel?« Er war ein bisschen älter geworden, seit Rogue ihn das letzte Mal gesehen hatte, aber er hätte den Nachkommen des Redfeather-Clans überall erkannt.

Gabriel sah ihn benommen an. »Rogue? Wie …?« Gabriel verstummte, als Rogue ihn zur Seite stieß und ein Hagel von Kugeln neben ihnen in die Wand einschlug. Rogue schoss zurück.

»Plaudern können wir später, aber jetzt müssen wir verschwinden!«, erklärte er. »Beweg dich, Junge!«, rief er Vince zu, der zitternd in einer Ecke hockte. Die Schatten gewannen wieder Substanz und näherten sich ihm. Rogue feuerte eine weitere verzauberte Kugeln auf den Boden, womit er die Schatten zwar verlangsamen, aber nicht aufhalten konnte. »Beweg dich!«, brüllte Rogue, aber es war sinnlos. Die Schatten glitten wie eine Welle über Vince hinweg und verzehrten ihn.

»Oh, Katie.« Gabriel wollte zu ihr, aber Rogue packte ihn grob am Arm.

»Bist du verrückt geworden? Sie ist tot, und wir leben, und wenn du willst, dass das so bleibt, dann solltest du deinen Hintern schleunigst in Bewegung setzen.« Rogue zerrte Gabriel durch die Gasse. Selbst wenn der Dämon Gabriel nicht töten würde, Dutch würde es tun, das war Rogue klar. Nachdem die Schattenbarriere zerbrochen war, konnte nichts mehr verheimlicht werden. Es war eine Frage von Sekunden, bis es in der Gasse von wütenden Hexen und Hexenmeistern nur so wimmeln würde.

Moses erhob sich langsam und schien dabei wieder Substanz zu gewinnen. Mit seinen pechschwarzen Augen betrachtete er Rogue, dann huschte ein Ausdruck des Erkennens über sein Gesicht. »Ich habe viel von dir gehört, Magus. Man nennt dich den Nachtwandler mit einer Seele.« Das stimmte. Rogue teilte seinen Körper mit einem Dämon, aber er hatte bei diesem Handel seine Seele nicht opfern müssen.

»Und dich wird man einen Fall für die Ambulanz nennen, wenn du nicht in das Loch zurückkriechst, aus dem du herausgekommen bist. Hier gibt es nichts für dich zu holen, Dämon. Verschwinde wieder in die Schatten!« Rogue richtete beide Revolver auf Moses und ging langsam zurück, wobei er Gabriel und den Dämon im Auge behielt.

»Wir sind von derselben Art, Magus, kämpfe nicht! Nimm deinen ruhmreichen Platz ein, wenn die Dunkelheit diese Welt verschlingt«, forderte Moses ihn auf.

»Ewige Dunkelheit?«, sinnierte Rogue laut. »Ich glaube, ich verzichte.« Er feuerte. Die normalen Kugeln durchdrangen Moses’ Körper, ohne Wirkung zu zeigen, und die verzauberten wurden von den Schatten verschluckt, bevor sie Schaden anrichten konnten.

»Ich lasse mich nicht so leicht zweimal täuschen.« Moses grinste. Die Schatten spuckten die verzauberten Kugeln aus, die harmlos zu Boden fielen. »Wenn du nicht an meiner Seite kämpfen willst, wirst du zu meinen Füßen sterben.« Moses rief die Schatten zu sich.

»Was zum Teufel geht hier vor?« Angel stürmte aus dem Notausgang auf die Gasse. Lisa und Lane flankierten ihn.

Als Moses in die Richtung der neuen Bedrohung blickte, reagierte Rogue. Er streckte einen Schattententakel aus und packte einen der Polizeibeamten, den er dann so fest wie möglich gegen Moses schleuderte. Anschließend schnappte er sich Gabriel und rannte die Gasse hinunter.

»Ich möchte nicht mit euch tauschen, wenn Dutch hiervon erfährt.« Angel betrachtete die Leichen auf dem Boden.

»Ich muss sie auffordern, zurückzutreten, das hier ist Sache der Polizei«, sagte der Cop mit dem Kurzhaarschnitt.

»Wenn du ein Polizist bist, bin ich die Königin von England.« Lisa beschwor ihre Magie. Ihre Fäuste und die Spinne in ihrem Haar glühten unnatürlich auf, während sie zusah, wie die Schatten über Moses hinwegglitten und die Wunden schlossen, die Rogues Kugeln hinterlassen hatten.

»Scheiß Schattendämonen! Ich wusste, dass es Schattendämonen sind«, sagte Lane, zog ihr Jagdmesser und näherte sich Moses und seinen falschen Polizisten von der Seite.

»Die Schatten haben keinen Ärger mit dem Schwarzen König. Haltet euch aus dieser Sache raus, kleine Hexen«, warnte Moses sie.

»Ich fürchte, das können wir nicht. Wenn Dutch herausfindet, dass wir aus Feigheit zugelassen haben, dass du einfach so diese Sterblichen umbringst, dann sehen wir ziemlich schlecht aus.« Angel zog seine Waffen aus den Halftern unter seinem Lederblazer. »Gehen wir alle rein und plaudern mit dem König.«

Als Antwort schickte Moses ein Gewirr von Schattententakeln aus. Angel war schnell, selbst nach Maßstäben eines Vampirs, aber die Schatten waren schneller. Sie umfassten Beine und Arme und zogen sich fest. Angel heulte vor Schmerz, als die Schatten ihm Arme und Beine brachen. Dann richtete Moses seine Aufmerksamkeit auf die Hexen und stellte fest, dass sie bereits dabei waren, ihn anzugreifen. Einer der Officer stellte sich zwischen Moses und die Zwillinge und feuerte das Magazin seiner Glock auf sie ab. Lane errichtete mit einer raschen Bewegung ihres Jagdmessers einen Schild, der die Kugeln ablenkte, und mit dem zweiten Streich schnitt sie dem Beamten die Kehle durch.

Die verbliebenen Polizisten stellten sich Rücken an Rücken und versuchten, die Hexen niederzuschießen, aber Lisa und Lane bewegten sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Sie schienen einen komplexen Tanz um die Cops herum aufzuführen und hinterließen dabei ein Gewirr aus hauchdünnen Seidenfäden. Als die Polizisten ihre letzten Kugeln verschossen hatten, waren sie von einem Netz umgeben, das sich wie Stahl anfühlte und das sie den Hexen vollkommen wehrlos auslieferte. Die beiden bewegten sich wie in einer Choreografie, rammten den Polizisten ihre Messer in die Brust und befreiten sie damit von ihrem Pakt mit dem Gebieter der Schatten.

Danach griffen Lisa und Lane Moses an, während sie sich gegenseitig ihre Messer zuwarfen. »Du bist dran«, knurrte Lane.

»Ihr dummen Hexen. Ihr werdet den Tag bereuen, an dem ihr dem Dunklen Orden in die Quere gekommen seid, aber leider muss ich auf eine andere Nacht warten, bis ich euch das Leben nehmen kann. Heute muss ich mich um eine wichtigere Beute kümmern.« Moses schmolz zu einem Becken aus Schatten zusammen und verschwand.

»Ich hasse diese verdammten Schattendämonen.« Lane steckte ihr Messer in die Scheide. »Wir müssen Asha suchen und ihr das hier erzählen.«

»Ich denke, sie weiß es schon.« Lisa deutete auf eine Straßenlaterne. Azuma hockte oben auf der Spitze und beobachtete die Szenerie am Boden. »Gehen wir rein und erstatten Dutch Bericht.« Lisa machte sich auf den Weg zum Notausgang, gefolgt von ihrer Schwester.

»Hey, wollt ihr mich hier einfach so liegen lassen?«, rief Angel ihnen nach. Seine Arme und Beine waren vollkommen verdreht, aber sein Mundwerk funktionierte immer noch tadellos. »Wenn ihr mir schon nicht helfen wollt, dann werft mir wenigstens eine warme Leiche zu, damit ich meine verdammten Beine reparieren kann!«

Asha starrte blicklos durch die Frontscheibe ihres schwarzen VW-Buggys, als Azuma ihr übermittelte, was er von seinem Versteck in der Gasse aus beobachtete. Erstaunt sah sie, wie der langhaarige junge Mann einen strahlenden Dreizack hielt, der die Erde zu erschüttern schien. Sie wusste nicht, was das für ein Ding war, aber sie wusste, dass es die Quelle der Unruhe war, die sie die ganze Zeit gespürt hatte.

Doch so viel Macht der Jüngling und seine Waffe auch aufwendeten, gegen den Schattendämon standen sie auf verlorenem Posten. Asha hatte zuvor im Club gespürt, wie jemand Schattenmagie beschwor, aber die Macht, die der Dämon ausstrahlte, fühlte sich anders an. Dieser hier stank nach bösartiger Finsternis, der Wirker des Schattenzaubers im Club jedoch hatte sich nicht so übel angefühlt. In diesem Moment nahm sie eine andere Manifestation der Macht wahr. Azuma veränderte seine Blickrichtung, und jemand Neues betrat die Bühne. Und noch bevor er seine Magie wirkte, wusste sie, dass er derjenige war, den sie im Club gespürt hatte.

Durch Azumas Augen konnte sie den Mann deutlich erkennen. Rein äußerlich fand sie ihn fast atemberaubend gutaussehend, aber als sie ihn näher betrachtete, runzelte sie die Stirn. Dieser Schattenwirker war zweifellos ein Magus oder ein Zauberer, aber da war noch etwas anderes. Sie befahl Azuma, sich ihm so weit zu nähern, wie er es wagte, damit sie seine Aura abtasten konnte. In diesem Moment richtete sich der Blick von zwei warmen, braunen Augen auf sie. Rogue hatte immer noch den Dämon im Blick, aber die Augen seines anderen Gesichts beobachteten Azuma aufmerksam. Er versteifte sich, als hätte er Ashas Musterung bemerkt, und lächelte den Affen an. Im nächsten Moment explodierte ein scharfer Schmerz in Ashas Kopf, und die Verbindung zu ihrem Schutzgeist brach ab.

»Was zum Teufel war das?« Asha rieb sich die Augen mit dem Handballen. Als der pochende Schmerz in ihrem Kopf nachließ, versuchte sie, ihre Verbindung zu Azuma wiederherzustellen, was ihr jedoch nicht gelang. Sie fürchtete das Schlimmste und tastete mit ihrem Verstand und ihrer Seele nach ihm. Azuma war unversehrt, aber beinahe wahnsinnig vor Angst. Sie ermunterte ihn, wieder zurückzugehen, aber der Affe weigerte sich. Was immer Azuma gesehen hatte, es musste wirklich schrecklich gewesen sein, wenn er es sogar wagte, sich Asha zu widersetzen.

»Schon okay«, sagte sie zu sich selbst. »Wo Magie versagt, wird die Wissenschaft sicherlich obsiegen.« Sie nahm ein kleines Notebook vom Rücksitz, und ihre Finger flogen über die Tasten, als sie die Informationen, die Azuma ihr über den magischen Dreizack übermittelt hatte, in die HHH-Datenbank eingab. Die HHH oder Hexen-Hatz-Homepage war ein gigantisches Netzwerk von Informationen, das von den Ältesten angelegt worden war und dessen Ursprünge angeblich bis zur Großen Scheidung zurückreichten. In dem System fanden sich zweckdienliche Informationen über die verschiedenen übernatürlichen Rassen und die Ereignisse in ihrer Geschichte, die es der Hatz einfacher machten, die Schwachstellen ihrer Opfer herauszufinden. Das Ladesymbol blinkte, während der Verlaufsbalken darunter sich langsam vorwärtsbewegte. Als der Computer seine Suche schließlich beendet hatte, leuchtete rot unterlegt ein Name auf dem Bildschirm auf.

»Was zum Teufel ist ein Nimrod?« Asha kratzte sich am Kopf.