Das Phantomrauschen

Die Quantenschwankung in den ausgedehnten Relikten des Urknalls liefert den bisher besten Beweis für die Existenz der Inflation (und des Urknalls selbst). Alles begann 1965 mit unerwünschtem Taubenkot, als zwei Forscher ein Teleskop benutzten, das wie der auf der Seite liegende Schornstein eines seltsamen Schiffs aussah. Mit seiner Hilfe wollten sie den Himmel nach interessanten Radiosignalen absuchen, denn die Empfindlichkeit des Geräts schien ihnen vielversprechend zu sein.

Dieser spezielle Radioempfänger war ursprünglich gebaut worden, um Signale eines kurzlebigen reflektierenden Satelliten aufzufangen, und wurde 1965 noch benutzt, um mit dem primitiven Satelliten Telstar zu kommunizieren, fand aber damals auch als Teleskop Verwendung. Die Forscher hießen Robert Wilson und Arno Penzias und arbeiteten für die Bell Labs in Holmdel, New Jersey. Wilson wurde 1936 in Texas geboren und Penzias 1933 in München. Im Alter von sechs Jahren wurde er mit anderen jüdischen Kindern evakuiert. Wilson und Penzias gehörten zur äußerst seltenen Spezies der Radioastronomen unter den Kommunikationsingenieuren in den Bell Labs. Sie suchten nach Anzeichen für eine Gaswolke, die die Milchstraße umgeben sollte. Doch was Wilson und Penzias fanden, war ein Hintergrundrauschen, ein Signal, das aus allen Richtungen zu kommen schien.

Anfangs reagierten sie darauf mit der Annahme, die Quelle des Rauschens sei erdgebunden. Für Nutzer von Radioteleskopen ist es nicht ungewöhnlich, von einer leistungsstarken irdischen Quelle irregeleitet zu werden: von Amateurfunkern, Stromleitungen oder gar von Staubsaugern mit defektem Kabel. Es ist viel leichter, es mit einer irdischen Funkstörung zu tun zu bekommen, als dass bei konventionellen Teleskopen eine Lichtinterferenz auftritt. Doch Wilson und Penzias konnten diese Ursachen ausschließen. Wohin sie ihr Teleskop auch ausrichteten, selbst in Richtung New York: Es gab keine Schwankung in diesem Hintergrundrauschen.

Sie untersuchten das Teleskop selbst auf Fehler. Mit der Verkabelung und der Elektronik – möglichen Quellen für das Signal – war alles in Ordnung, aber dann entdeckten sie, dass die Tauben vor Ort das breite Horn des Teleskops als Hochsitz benutzt hatten. Seine Öffnung war mit weißem Vogelkot (oder mit «elektrisch nicht leitendem Material», wie Penzias es geziert umschrieb) verschmiert, weil ein Taubenpärchen dort ein Nest gebaut hatte – und das trotz der regelmäßigen Störungen, wenn das Teleskop rotierte und sie umherschleuderte.

Penzias und Wilson handelten ungewöhnlich rücksichtsvoll, kauften eine Lebendfalle für Tauben und schickten die Tiere rund 60 Kilometer weit fort. Es war die weitestmögliche Entfernung, die die betriebseigene Post bewältigte. Unglücklicherweise waren ihre Bemühungen vergeblich. Ein paar Tage später waren die Luftplagegeister wieder zurück und mussten erschossen werden. Als der Taubenkot entfernt worden war, hatte das Rauschen nicht nachgelassen. Es war noch da, ein allgegenwärtiger Lärm unter den schärfer definierten Radioquellen, den Galaxien und Pulsaren.

Penzias und Wilson wussten nicht, was sie gefunden hatten, aber Penzias rief zufällig einen anderen Radioastronomen an, um mit ihm über etwas völlig anderes zu diskutieren. Ihre Probleme mit dem unerwünschten Rauschen erwähnte er lediglich nebenbei. Aber Bernie Burke, den er in der Carnegie Institution in New York angerufen hatte, wusste von der Arbeit eines anderen Wissenschaftlers namens Robert Dicke an der Princeton University.

Vor dem Urknall
cover.html
haupttitel.html
inhaltsvz.html
chapter1.html
chapter2.html
chapter3.html
chapter4.html
chapter5.html
chapter6.html
chapter7.html
chapter8.html
chapter9.html
chapter10.html
chapter11.html
chapter12.html
chapter13.html
chapter14.html
chapter15.html
chapter16.html
chapter17.html
chapter18.html
chapter19.html
chapter20.html
chapter21.html
chapter22.html
chapter23.html
chapter24.html
chapter25.html
chapter26.html
chapter27.html
chapter28.html
chapter29.html
chapter30.html
chapter31.html
chapter32.html
chapter33.html
chapter34.html
chapter35.html
chapter36.html
chapter37.html
chapter38.html
chapter39.html
chapter40.html
chapter41.html
chapter42.html
chapter43.html
chapter44.html
chapter45.html
chapter46.html
chapter47.html
chapter48.html
chapter49.html
chapter50.html
chapter51.html
chapter52.html
chapter53.html
chapter54.html
chapter55.html
chapter56.html
chapter57.html
chapter58.html
chapter59.html
chapter60.html
chapter61.html
chapter62.html
chapter63.html
chapter64.html
chapter65.html
chapter66.html
chapter67.html
chapter68.html
chapter69.html
chapter70.html
chapter71.html
chapter72.html
chapter73.html
chapter74.html
chapter75.html
chapter76.html
chapter77.html
chapter78.html
chapter79.html
chapter80.html
chapter81.html
chapter82.html
chapter83.html
chapter84.html
chapter85.html
chapter86.html
chapter87.html
chapter88.html
chapter89.html
chapter90.html
chapter91.html
chapter92.html
chapter93.html
chapter94.html
chapter95.html
chapter96.html
chapter97.html
chapter98.html
chapter99.html
chapter100.html
chapter101.html
chapter102.html
chapter103.html
chapter104.html
chapter105.html
chapter106.html
chapter107.html
chapter108.html
chapter109.html
chapter110.html
chapter111.html
chapter112.html
chapter113.html
chapter114.html
chapter115.html
chapter116.html
chapter117.html
chapter118.html
chapter119.html
chapter120.html
chapter121.html
chapter122.html
chapter123.html
chapter124.html
chapter125.html
chapter126.html
chapter127.html
chapter128.html
chapter129.html
chapter130.html
chapter131.html
chapter132.html
chapter133.html
chapter134.html
chapter135.html
chapter136.html
chapter137.html
chapter138.html
chapter139.html
chapter140.html
chapter141.html
chapter142.html
chapter143.html
chapter144.html
chapter145.html
chapter146.html
chapter147.html
chapter148.html
chapter149.html
chapter150.html
chapter151.html
chapter152.html
chapter153.html
chapter154.html
chapter155.html
chapter156.html
chapter157.html
chapter158.html
chapter159.html
chapter160.html
chapter161.html
chapter162.html
chapter163.html
chapter164.html
chapter165.html
chapter166.html
chapter167.html
chapter168.html
info_autor.html
info_buch.html
impressum.html
lovelybooks_buchfrage.xhtml