Das Mädchen summte leise, eine alte irische Melodie, deren Namen es nicht mehr kannte. Es war das Lied der Mutter, und manchmal, wenn das Mädchen sich richtig schnell umdrehte, dachte es, es könnte einen Blick auf die Mutter erhaschen mit diesen fest auf etwas in der Ferne gerichteten Augen, während ihre zierliche Gestalt, wie die einer winzigen Ballerina, im halben Licht des sterbenden Tages schimmerte.
Das Mädchen sagte niemandem etwas davon, hielt es umarmt – wie jenes Stück irisches Linnen, das für die Mutter so großen Wert besessen hatte. Es war zu besonderen Anlässen hervorgeholt, mit liebevoller Sorgfalt behandelt und dann wieder verwahrt worden, wobei die Mutter mit sanfter irischer Sprechmelodie sagte: »Eines Tages wird es dir gehören, Alannah.«
Álainnáille – mein Liebliches –, das erste irische Wort, das irgend Bedeutung für das Mädchen gehabt hatte.
Die Augen des Mädchens schweiften durch das Zimmer: Billige Tapete löste sich von oben her ab, ein dünner Streifen Teppich bedeckte kaum den Fußboden, und die Fenster mussten dringend geputzt werden. Die Mutter hätte das nie zugelassen, diese Fenster hätten gefunkelt.
Nahe der Tür war das Kreuz, ein schweres handgeschnitztes Stück, die Gesichtszüge des Gesalbten unterstrichen die Qual, die Nägel deutlich sichtbar in Händen und Füßen. Blitzartig dachte das Mädchen an jene andere Gestalt, und es ließ dies Bild eine Zeit lang auf sich wirken. Es war dem Gedächtnis des Mädchens eingebrannt wie ein Versprechen an die Mutter, und auf seine eigene Weise hatte das Mädchen das Versprechen gehalten. Es gab noch so viel zu tun.
Und dann lächelte sie. Das Mantra, das ihre Mutter verwendet hatte: »So viel zu tun.«
Sie war vielleicht sechs, und ihre Mutter hatte beschlossen, ganz gründlich Hausputz zu machen. »Von obenrum bis untenrum.«
Aus irgendeinem Grund hatte das Kind das urkomisch gefunden, und als es lachte, hatte die Mutter eingestimmt, beide lachten, umarmten sich, lachten, als hätten sie die Lotterie gewonnen.
Als das Gelächter nachgelassen hatte, hatte ihr die Mutter direkt in die Augen geschaut, gefragt: »Weißt du, wie sehr ich dich liebe?«
Und sie hatte gesagt, zum totalen Entzücken ihrer Mutter: »Von obenrum bis untenrum.«
Das Mädchen spürte, wie seine Augen sich mit Tränen zu füllen begannen, es stand abrupt auf, fing an, auf dem abgewetzten Teppich hin und her zu gehen. Sie konzentrierte sich auf das, was sie als Nächstes zu tun hatte, war überzeugt, dass es nicht nur getan werden würde, sondern so getan, dass dabei gekreischt wurde, wie der schweigende Gesalbte am handgeschnitzten Kreuz kreischte.
Sie summte wieder weiter, als die Einzelheiten Gestalt anzunehmen begannen.