Epilog
Simi stand mitten im Raum und starrte den Dämon argwöhnisch an, während sie den Kopf vor und zurück bewegte wie eine Schlange, die ein künftiges Opfer ins Visier nahm, ehe sie zuschlug. »Was willst du damit sagen, dass sie meine Schwester ist?«, fragte sie Ash.
»Xiamara, du wirst nicht …«
»Ich bin Simi«, unterbrach sie und stampfte mit dem Fuß auf. »Xiamara heißt meine Mutter.«
Xirena war so durcheinander, dass Acheron Mitleid mit ihr hatte.
Langsam ging Simi auf sie zu und stieß sie an. »Du siehst echt aus.«
»Ich bin echt.«
»Wieso bist du dann nicht schon früher hergekommen?«
Xirena war empört über diese Frage. »Weil ich nicht konnte. Die Miststück-Göttin hat es nicht erlaubt.«
»Artemis«, quiekte Simi. »Ich hasse sie.«
»Nein«, korrigierte Xirena, »die andere. Apollymi.«
»Hey«, tadelten Acheron und Simi wie aus einem Munde.
Xirena wurde noch verwirrter.
»Sie ist eine gute Göttin, diese Apollymi«, erklärte Simi ehrfürchtig. »Und sie ist immer nett zu Simi. Wenn ich sie besuche, schenkt sie mir Hörnerwärmer, damit mir nicht kalt wird, und Kekse gibt es auch jedes Mal.«
Xirena blieb der Mund offen stehen. »Was?«
Simi stemmte die Hände in die Hüften. »Du hast genau gehört, was ich gesagt habe, du taube Dämon-Nuss. Apollymi ist eine nette Frau, und Simi wird jedem wehtun, der das Gegenteil behauptet.«
Xirena trat vor. »Lässt dein akri mich allein mit dir reden?«, fragte sie halblaut.
Simi schnaubte abfällig und machte eine Handbewegung in Ashs Richtung. »Und wenn er Nein sagen würde, wär’s mir auch egal. Er hat keine Kontrolle über mich.«
Xirena schien zutiefst entsetzt zu sein. »Aber er ist doch dein akri.«
Wieder stieß Simi ein Schnauben aus. »Er ist mein Daddy.«
»Er ist dein akri«, stieß Xirena zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Simi musterte Ash stirnrunzelnd. »Mit meiner Schwester stimmt irgendwas nicht. Wieso behauptet sie ständig, du wärst mein Herr und Meister, wo du doch bloß mein Daddy bist, akri?«
Ash zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung, Simi. Du musst das Missverständnis aufklären.«
»Hmm.« Simi legte den Arm um ihre Schwester und führte sie in die Ecke mit ihren eigenen Fernsehbildschirmen. »Weißt du, Xirena, hier in dieser Welt tut Simi, was sie will, und akri sagt: ›Okay, Simi, wie du willst, Simi.‹ Nur wenn ich Menschen fressen will, dann sagt er meistens Nein, aber das ist auch das Einzige. Ansonsten tut er, was Simi sagt. Kapierst du jetzt, wie das hier läuft?«
Xirena schien völlig von den Socken zu sein.
Simi hob den Kopf und sah Ash an. »Wo soll sie überhaupt schlafen?«
»Du könntest doch dein Zimmer mit ihr …«
»Nein«, unterbrach sie scharf. »Simi teilt ihr Zimmer nicht, akri. Mit niemandem. Es ist mir egal, dass sie meine Schwester ist. In meinem Zimmer stehen alle meine Andenken. Ich finde, sie sollte ein eigenes Zimmer haben.«
Ash war klug genug, sich nicht mit seinem Dämon anzulegen. Ganz zu schweigen davon, dass er sie gern bei Laune hielt. Offen gestanden, genoss er es sogar, sie zu verwöhnen. »Okay. Und wo soll dieses Zimmer sein?«
»Neben meinem, aber nicht so dicht dran, dass sie Simis Aussicht auf das Werbebanner von Travis Fimmel an der Wand blockiert.«
»Was?«, hakte Xirena nach. »Was ist ein Travis Fimmel?«
Simi blieb der Mund offen stehen. »Du kennst Travis Fimmel nicht? Meine Güte, Schwester, bist du aber arm dran. Er ist der tollste Mann auf der ganzen Welt.«
Xirena schauderte. »Du stehst auf Männer?«
»Na ja, auf Frauen jedenfalls nicht.«
»Das meine ich nicht«, erklärte Xirena. »Sondern ob du auf Menschen stehst?« Ihr Tonfall verriet, dass es so ziemlich das Abscheulichste war, was ein Dämon sich vorstellen konnte.
»Du etwa nicht?«, fragte Simi.
»Iiiihhh!«, stöhnte Xirena mit einem Blick zu Ash. »Was hast du mit ihr gemacht? Du hast einen anständigen Dämon verdorben!« Sie wandte sich wieder Simi zu. »Du solltest unbedingt Drakus sehen.«
»Wer ist das?«
»Der tollste Dämon, den es je gab. Er kann aus dem Maul und der Nase gleichzeitig Feuer schnauben.«
Simi strahlte. »Ohhh!«
Ash wand sich unbehaglich. »Dafür ist Simi noch viel zu jung.«
»Nein, ist sie nicht«, widersprachen die Schwestern wie aus einem Munde.
»Ich schätze, du bist überstimmt, Boss.«
Ash wandte sich um und sah Alexion den Raum betreten, dicht gefolgt von Danger, deren Augen sich beim Anblick der Ausstattung des Raums weiteten.
Ash stieß einen tiefen Seufzer aus, als Alexion neben ihn trat. »Vergiss Armageddon. Etwas Gruseligeres als das hier habe ich noch nie gesehen.« Entsetzt sah Ash zu, wie die beiden Dämonen sich hinsetzten und ihre Meinung zu den »heißesten« männlichen und weiblichen Dämonen austauschten.
Alexion wandte sich an Danger und lächelte. »Ich schätze, es ist gut, dass wir jetzt eine Frau im Haus haben. Vielleicht kann sie die beiden ja zur Vernunft bringen.«
Danger schnaubte nur. »Die Dämonen fallen in dein Aufgabengebiet, nicht in meines. An so etwas traue ich mich nicht heran.«
Ash stieß einen leisen Klagelaut aus, als Xirena Simi die korrekten Balzrituale unter den Charonte erläuterte. »Jetzt wird es richtig schlimm. Danke, Lex.«
Lächelnd zog Alexion Danger in seine Arme und hielt sie fest. »Nein, Boss, ich danke dir.«
Ash betrachtete die beiden und sah die Liebe, die sie füreinander empfanden.
Ihr Anblick stellte eine große Beruhigung für den Teil von ihm dar, der sich so sehr dagegen sträubte, Fremde in seinem Heim zu haben.
Und als er in Dangers Zukunft blickte, erkannte er nichts. Absolut nichts. Und zum ersten Mal in seinem Leben empfand er diesen Umstand als angenehm.
Das konnte nur eines bedeuten.
Danger war eindeutig ein wesentlicher Teil ihres zukünftigen Lebens.