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Seit sie die Einladung der Reemicks für Richards Willkommensball bekommen hatten, sprach Charlotte von nichts anderem mehr.

Charlotte und Hortensia waren zu einem Kirchenkonzert unterwegs, als die Kutsche sich mit einem Rad in einem Schlagloch verkeilte. Noah, der die beiden Schwestern jetzt oft fuhr, kletterte vom Kutschbock. Er besah sich den Schaden und sagte dann entschuldigend: «Zwanzig Minuten wird es wohl dauern, bis wir weiterfahren können.»

Charlotte fluchte leise und warf Noah einen wütenden Blick zu, den dieser einfach übersah.

Die Kutsche war in der Nähe von Delow stecken geblieben, der Plantage der Reemicks. Zwar konnte man das Herrenhaus von diesem Punkt aus nicht sehen, aber nicht weit entfernt floss der Blossom Creek, ein hübscher kleiner Bach, umgeben von üppigen Linden mit weißer Rinde, der zum Land der Reemicks gehörte. Während Noah sich um die Kutsche kümmerte, unternahmen Charlotte und Hortensia einen kurzen Spaziergang bis zum Bachlauf.

«Wir werden zu spät kommen», schimpfte Charlotte und trat wütend gegen einen Kieselstein.

«Noah wird sich beeilen.»

Als sie am Bach angelangt waren, raffte Charlotte ihren Rock bis zu den Knien, wobei sie ihre gestärkten Spitzenunterröcke sehen ließ, und stieg auf einen flachen Stein am Ufer.

«Wusstest du, dass auch eine von Richards Schwestern kommt? Vielleicht begleitet Richard sie. Ich bin so aufgeregt!»

«Selbst wenn er nicht kommt, vergiss nicht, dass du ihn sehr bald treffen wirst», sagte ihre Schwester.

«Ich weiß nicht, ob ich so lange warten kann», jammerte Charlotte und sprang jetzt auf einen rundlichen Stein, der einen kurzen Schritt vom Ufer entfernt aus dem Wasser ragte.

«Aber es sind doch nur noch zwei Tage bis zum Ball!»

«Zwei Tage», seufzte Charlotte.

Plötzlich verrutschte der Stein, und Charlotte breitete ihre Arme aus, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.

«Pass auf!», warnte Hortensia sie. «Tu mir den Gefallen und komm zum Ufer zurück, sonst fällst du noch ins Wasser.»

Charlotte vergewisserte sich, dass der Stein wieder fest auf dem Grund des Baches ruhte, und drehte sich zu Hortensia um.

«Ich werde nicht fallen», erklärte sie beleidigt und versuchte jetzt einen kleinen Fels zu erreichen, der in der Mitte des Baches lag. Aber genau in dem Moment, in dem Charlotte sich abstieß, kippte der Stein unter ihrem Fuß noch einmal zur Seite.

Hortensia schlug sich die Hände vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken, während sie mit ansehen musste, wie Charlotte vergeblich mit den Armen ruderte und eine Sekunde später mit einem platschenden Geräusch im Bach landete.

Zum Glück war das Wasser nur knietief, und Charlotte streckte sofort wieder prustend den Kopf hervor. Als Hortensia das Gesicht ihrer Schwester auftauchen sah, atmete sie erleichtert auf.

«Geht es dir gut?»

«Hervorragend», antwortete Charlotte verächtlich und schob das Kinn in die Höhe.

Charlotte brachte es fertig, sich umzudrehen, aber als sie sich nun auf ihren Reifrock setzte, wurden die Stahlbänder der Konstruktion mitsamt dem Rock nach oben gedrückt und legten die weißen Spitzenunterröcke frei. Charlotte kümmerte sich nicht weiter darum. Sie blieb erst einmal in Ruhe inmitten des Bächleins sitzen und strich sich mit ihrer schmutzigen Hand ein paar Haarsträhnen, die ihr vor die Augen gefallen waren, hinter die Ohren.

Es kostete ihre Schwester große Mühe, nicht laut herauszulachen, als Charlottes Finger breite Schlammspuren auf ihren Wangen hinterließen.

«Brauchst du Hilfe?», fragte sie, das Lachen weiter unterdrückend.

«Ich schaff das schon allein.»

Charlotte unternahm einen ersten Versuch aufzustehen, aber die unzähligen Stoffschichten ihrer Röcke hatten so viel Wasser aufgesaugt, dass das Kleid sich in einen schweren Panzer verwandelt hatte. Da Charlotte nicht mit diesem Ballast gerechnet hatte, verlor sie erneut das Gleichgewicht und landete schimpfend im Wasser.

Da erschien wie durch Zauberei eine behandschuhte Hand vor ihr. Charlotte musste sich ein wenig nach hinten lehnen, um den Mann, zu dem sie gehörte, betrachten zu können. Er war jung, groß, und er stand mit einem Bein fest am Ufer und mit dem anderen auf dem Stein, von dem Charlotte vor wenigen Minuten abgerutscht war. Er trug keinen Hut. Sein Haar war dunkel und wirkte zerzaust, obwohl es eigentlich ziemlich kurz war. Der Anzug war von einem verwaschenen Grau und die Stiefel, von gutem Schnitt und aus weichem schwarzen Leder, waren schon verschiedene Male geflickt worden. Von ihrer unbequemen Lage aus versuchte sie, die Züge des Unbekannten zu erkennen, aber das weißliche Sonnenlicht, das von der Oberfläche des Baches reflektiert wurde, verwandelte das Gesicht des jungen Mannes in eine unförmige strahlende Kugel. Gerade wollte Charlotte die Hand ergreifen, als eine einsame Wolke die Sonne verdeckte und das Lichtschild vor dem Gesicht ihres Retters verschwinden ließ. Der Unbekannte lachte über sie!

Wütend lehnte Charlotte nun die Hilfe ab. Sie brauchte diesen Bauerntölpel nicht, um aufzustehen. Und beim nächsten Versuch hatte sie Erfolg. Als sie erst einmal stand, bemühte sie sich würdevoll, ihren verdreckten und klatschnassen Rock abzuwischen. Ihre Frisur hatte sich in ein schlammähnliches Durcheinander verwandelt, das ihr strähnig ins Gesicht und auf die Schultern hing.

Besorgt lief Hortensia zu ihrer Schwester.

«Geht es dir gut, Charlotte?»

«Natürlich!», antwortete sie und warf dem Unbekannten, der jetzt grinsend am Ufer stand, einen wütenden Blick zu. «Wir müssen uns beeilen, wenn wir nicht zu spät kommen wollen.»

«Was? Du willst doch nicht etwa in die Kirche?»

«Und ob ich das will. Glaubst du, ich werde nach all den Jahren eine Gelegenheit verpassen, Richard zu sehen?»

«Charlotte, wir müssen nach Hause zurück. Du bist vollkommen durchnässt.»

«Nicht einmal im Traum!», rief sie und setzte sich energisch in Richtung Kutsche in Bewegung.

«Das kannst du nicht ernst meinen!»

«Natürlich meine ich das ernst.»

«Du wirst eine Lungenentzündung bekommen!»

Aber Charlotte hatte nicht die Absicht, ihren Plan aufzugeben.

«Und wie willst du erklären, dass du in diesem Aufzug auftauchst?»

«Ich werde sagen, dass wir einen Unfall hatten. Das ist sehr romantisch. Richard wird sich sicher anbieten, mich nach Hause zu bringen.»

Langsam gingen Hortensia die Argumente aus.

«Wie du willst, Charlotte, aber wenn du krank wirst, wird Mutter dir nicht erlauben, auf den Ball zu gehen. Überleg es dir gut. Ist es das wert, vielleicht nicht nach Delow zu dürfen, nur weil Richard möglicherweise zu dieser Aufführung kommt? Und willst du ihm nach so langer Zeit so unter die Augen treten?»

Charlotte blickte an sich hinab und nahm zum ersten Mal ihr verdrecktes Kleid wahr. Mit ihrer aufgelösten Frisur und dem schmutzigen Gesicht sah sie wahrscheinlich aus wie eine Verrückte.

Erleichtert stellte Hortensia fest, dass Charlotte zögerte.

«Nun, wenn es Ihnen irgendwie hilft, ich glaube auch nicht, dass Sie in diesem Aufzug irgendwo erscheinen sollten», sagte nun der Unbekannte, der ihnen folgte. Ein deutlicher Nordstaatenakzent verriet seine Herkunft.

Beschämt sah Hortensia ihn an. Für einen Moment hatte sie den Mann vollkommen vergessen.

«Ich sehe, dass Ihre Umgangsformen einiges zu wünschen übrig lassen. Da Sie ein Yankee sind, überrascht mich das allerdings wenig», warf Charlotte ihm an den Kopf.

«In Anbetracht der Dinge, die ich in dieser kurzen, aber doch sehr interessanten Zeitspanne beobachten durfte, lassen meine Umgangsformen wohl kaum mehr zu wünschen übrig als die Ihren.»

Verblüfft starrte Hortensia den Unbekannten an. Die unverschämte Art, in der er Charlotte geantwortet hatte, schien ihr selbst für einen Yankee übertrieben. Noch nie hatte sie einen so unhöflichen Menschen gesehen.

Charlotte runzelte die Stirn und kniff ihre Augen zusammen, bis nur noch zwei schmale Schlitze zu sehen waren. Hortensia hoffte inständig, dass ihre Schwester nicht irgendeine Dummheit begehen würde.

«Ich weiß nicht, ob Ihnen klar ist, dass Sie sich auf Privatbesitz befinden.»

«Davon bin ich eigentlich ausgegangen.»

«Dann wissen Sie ja, was Sie zu tun haben. Nehmen Sie Ihr Pferd, wenn Sie denn eines besitzen, und verschwinden Sie von hier», präzisierte sie, während sie den Eindringling noch einmal ansah.

«Handelt es sich denn etwa um Ihren Privatbesitz?», fragte er unbeeindruckt lächelnd.

«Nein, aber um den Besitz von guten Freunden, und ich glaube nicht, dass es ihnen gefallen würde, wenn ein zerlumpter und schlechterzogener Yankee einfach so über ihre Ländereien spaziert.»

Der Fremde schien sich glänzend zu amüsieren. «Gehört das Land vielleicht besagtem Richard?»

Wenn Charlotte ihren Sonnenschirm nicht in der Kutsche gelassen hätte, hätte sie ihn diesem unverschämten Kerl über den Schädel gezogen, dessen war Hortensia sich sicher.

«Zufällig ist es genau so. Und im Unterschied zu Ihnen ist Mr. Reemick ein echter Gentleman.»

«Ein Gentleman!», rief der Yankee in gespieltem Erstaunen aus. «Ich hatte von dieser Spezies gehört, aber ehrlich gesagt habe ich nicht geglaubt, dass es wirklich welche gibt.»

Hinter ein paar Bäumen konnten sie jetzt die Kutsche sehen. Noah hatte am Wegesrand gewartet, und die Anwesenheit des Fremden und Charlottes Aussehen versetzten ihn sofort in Alarmbereitschaft.

«Können wir fahren?», rief Charlotte dem Sklaven zu, der den Unbekannten wachsam beobachtete. Mit einem fast unmerklichen Wink gab sie ihm zu verstehen, dass keine Gefahr drohte.

Noah nickte und hielt den Schwestern die Tür auf.

Vom Wunsch angetrieben, diesen lästigen Menschen so schnell wie möglich loszuwerden, beschleunigte Hortensia ihre Schritte. Dankbar ergriff sie Noahs Hand, stieg in die Kutsche und wartete ungeduldig auf ihre Schwester. Aber die schien es plötzlich gar nicht mehr so eilig zu haben, ihrem Wortgefecht ein Ende zu setzen, fast wirkte es sogar, als ginge sie langsamer als gewöhnlich.

«Wir fahren nach Hause zurück», teilte Charlotte Noah mit, ignorierte wie immer die Hand des Sklaven und stieg in die Kutsche.

Geschickt lenkte Noah die beiden Pferde, die die elegante schwarze Kutsche mit den goldenen Beschlägen und granatroten Lederpolstern zogen, so, dass sie eine Wende von hundertachtzig Grad machten. Dann trieb er sie an.

«Übrigens», rief Charlotte und wandte sich in dreister Weise noch einmal zu dem Fremden um. «Im Süden holt man die Hunde, wenn Unbekannte auf fremdem Eigentum herumlungern.»

Sichtlich amüsiert ließ der junge Mann jetzt ein lautes Lachen hören. «Und dabei habe ich so viel Gutes über die südliche Gastfreundschaft gehört!»


Sobald sie auf New Fortune angekommen waren, musste Charlotte niesen. Voller Angst, krank zu werden und nicht an der Feier zu Richards Ehren teilnehmen zu können, legte sie sich ins Bett, deckte sich bis obenhin zu und ließ sich von Latoya alle möglichen Mixturen zubereiten. Aber zum Glück war der unerwartete Nieser nur falscher Alarm. Trotzdem blieb Charlotte geschlagene zwei Tage unter ihrer sicheren warmen Decke liegen. Sie stand erst wieder auf, als es Zeit war, sich für den Ball vorzubereiten.

Charlotte wollte ein Kleid aus grüner Seide mit sehr schmaler Taille und einem weiten Bateau-Ausschnitt tragen, das sie in Richmond hatte anfertigen lassen. Hortensia dagegen hatte sich für ein türkisblaues Modell von elegantem, aber züchtigerem Schnitt entschieden.

«Ist das nicht ein bisschen gewagt?», meinte Hortensia, als sie sah, dass das Kleid die Schultern ihrer Schwester vollkommen entblößte.

«In Europa ist das die neueste Mode», verteidigte Charlotte sich und betrachtete ihre schöngerundeten Schultern stolz im Spiegel des Toilettentisches. «Und was hat man von schönen Schultern, wenn niemand sie bewundern kann.»

«Ich weiß nicht», sagte Hortensia unschlüssig und spielte mit der Saphirkette, die ihren dezenten V-Ausschnitt schmückte. «Ich finde es etwas übertrieben. Wenn du wenigstens eine Kette anlegen würdest, sähe es nicht so aus, als würdest du halbnackt gehen.»

«Laura Burton zeigt immer ihre Schultern, und ich glaube nicht, dass irgendein Mann etwas dagegen hat.»

Zweifelnd sah Hortensia ihre Schwester von der Seite an. Laura Burton war nun nicht gerade ein gutes Beispiel für Raffinesse und Geschmack.

Als Hortensia fertig war, legte sie ein leichtes Cape um und setzte sich. Nachdenklich betrachtete sie ihre Schwester, die gerade die Silberohrringe mit den Smaragden anlegte.

«Ich weiß nicht, Charlotte, aber ich habe das Gefühl, dass Richard dir aus dem Weg geht.»

Charlottes Augen leuchteten in der gleichen Farbe wie die Edelsteine ihres Ohrschmucks.

«Mir aus dem Weg gehen? Warum?»

«Seit seiner Rückkehr ist schon eine Woche vergangen, und er hat noch nichts unternommen, um dich wiederzusehen.»

«Sicher konnte er nicht. Denk doch, dass er jahrelang fort war. Bestimmt hatte er tausend Dinge zu erledigen.»

«Aber er hat auch nie geschrieben, er hat nicht versucht, dich zu sehen, nicht einmal eine einzige Nachricht …»

«Er war sehr mit seinem Studium beschäftigt. Und dann ist er zur See gefahren. Wie hätte er mir da schreiben können?»

«Vielleicht hast du recht. Aber wann hat er sein Offizierspatent bekommen?»

«Was hat das damit zu tun?»

«Anstatt den Urlaub zu nutzen, um nach Virginia zu kommen, ist er in Maryland geblieben, bis er in See stechen musste.»

«Willst du damit andeuten, dass er mich nicht liebt?»

Hortensia zögerte.

«Ich glaube nur, dass du dir vielleicht nicht zu viele Hoffnungen machen solltest. Ich will nicht, dass dir jemand wehtut.»

«Mach dir keine Sorgen, Schwesterchen. Alles wird bestens laufen. Noch bevor du es richtig begriffen hast, bin ich schon Mrs. Reemick.»

Da Hortensia wusste, dass sie ihre Schwester ohnehin nicht überzeugen könnte, drang sie nicht weiter in sie. Und warum sollte sie Charlotte auch mit ihren eigenen Ängsten bedrücken?

«Was wirst du also tun?»

«Das einzig Mögliche», antwortete Charlotte scharf. «Ich werde dafür sorgen, dass Richard Reemick noch diese Woche um meine Hand anhält.»

***

Als die Schwestern über die Schwelle des Herrenhauses von Delow traten, drängten sich im Empfangszimmer schon die Gäste. Sklaven bahnten sich ihren Weg durch die Menge, um auf glänzenden Silberplatten die Horsd’œuvres anzubieten. Sanfte Hintergrundmusik verkürzte das Warten auf das Dinner. Drei Jahre, sagte sich Charlotte und spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte, während ihre Augen in der Menschenmenge nach Richard suchten. Als sie ihn schließlich entdeckte, fühlte sie, wie ihr Herz beinahe stehenblieb. Überall hätte sie ihn wiedererkannt. Er trug die blaugoldene Galauniform. Seine gutgewachsene Gestalt und seine aufrechte Haltung ließen ihn unter den übrigen Gästen hervorstechen. Richard unterhielt sich angeregt mit zwei Männern, deren Gesichter Charlotte nicht sehen konnte. Sie atmete tief ein und nahm in Hortensias Begleitung die wenigen Meter in Angriff, die sie noch von Richard trennten.

Als er sie erblickte, erstrahlte sein Gesicht.

«Hortensia, Charlotte», grüßte er und sah wie gebannt in die smaragdgrünen Augen.

«Hallo, Richard. Ich freue mich, dich wiederzusehen. Es ist lange her.»

«Lange», seufzte er und konnte seinen Blick nicht von ihr losreißen. Er war wie verzaubert.

Drei lange Jahre, dachte Charlotte bei sich und betrachtete aufmerksam sein Gesicht.

Richard wirkte härter, die Jahre auf See hatten seine Haut gegerbt, und seine Züge hatten die Weichheit der Jugend zum Teil verloren. Er war zu einem attraktiven Mann gereift. Fast hatte Charlotte schon vergessen, wie schön diese grauen Augen waren, als sie nun tief in seinen Blick eintauchte.

Aber eine plötzliche Bewegung hinter Richard brach den Bann, und sie erblickte jetzt einen kräftigen Mann mit schulterlangem blondem Haar und Kinnbart, der so groß war wie Richard und ebenfalls eine Galauniform trug.

«Darf ich den Damen Parrish Leutnant Klaus Fritz aus Montgomery, Alabama, vorstellen», sagte Richard und riss sich von Charlottes Blick los.

Die beiden Schwestern nickten dem Offizier lächelnd zu, der nacheinander ihre Hände küsste. Hortensia errötete, als sie bemerkte, dass sein Blick unfreiwillig auf Charlottes nackte Schultern fiel, aber ihre Schwester ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

«… und das ist mein guter Freund Scott O’Flanagan aus Boston», fuhr Richard fort, als er sich nun dem Mann zuwandte, der zu seiner Linken stand.

Charlotte gefror das Lächeln auf den Lippen, als sie den unverschämten Gesichtsausdruck wiedererkannte. Auch Hortensia war verstummt.

«Meine Damen. Ich bin erfreut, Sie wiederzusehen», begrüßte Scott sie höflich.

«Es ist mir ein Vergnügen», brachte Hortensia mit dünner Stimme hervor.

Der Yankee hatte den alten Anzug und die geflickten Stiefel gegen angemessenere Kleidung ausgetauscht, aber die Handschuhe erkannte Charlotte sofort wieder. Ihr Träger war zwar hochgewachsen, aber doch etwas kleiner als Richard oder Leutnant Fritz. Seine Augen waren dunkel, das Haar sogar fast schwarz. Er hatte ebenmäßige Gesichtszüge, die sie an die Abbildungen griechischer Marmorstatuen in den Büchern erinnerte, aber das ständige Grinsen verlieh ihm ein fast dreistes Aussehen. Obwohl Charlotte zugeben musste, dass jede andere Frau diesen jungen Mann äußerst attraktiv gefunden hätte, war er für sie doch nur ein verhasster, grober Mensch ohne Klasse, der es aus irgendeinem unverständlichen Grund geschafft hatte, sich bei Richard einzuschmeicheln.

«Mr. O’Flanagan. Es tut mir leid, aber in dem eleganten Anzug habe ich Sie kaum wiedererkannt.»

Scotts Gegenangriff ließ nicht auf sich warten.

«Ich fürchte, Miss Charlotte, dass es mir nicht anders geht.»

«Wie, ihr kennt euch?» Angesichts der Schärfe in Charlottes Tonfall mischte Richard sich neugierig ein.

«Ich hatte schon vor ein paar Tagen die Gelegenheit, auf diese reizende junge Dame und ihre Schwester zu treffen.»

Mit einem flehenden Blick bat Charlotte ihn inständig, die Einzelheiten ihres Zusammentreffens nicht preiszugeben.

In diesem Moment verlangte Nicholas Reemick nach seinem Sohn. Er sollte die Burtons empfangen, die gerade angekommen waren. Richard entschuldigte sich, folgte seinem Vater und ließ Charlotte und Hortensia in der Gesellschaft von Klaus und Scott zurück. Sehnsuchtsvoll beobachtete Charlotte, wie Richard sich in der Menge entfernte.

Nachdem er Gwendolyn Burton mit einem knappen Gruß bedacht hatte – trotz ihres Alters trug sie ein schreiend gelbes Ensemble –, sprach Richard einen Moment mit Laura, die durch ein mit Rüschen und Verzierungen überladenes Kleid verriet, dass sie den schlechten Geschmack ihrer Mutter geerbt hatte. Trotz allem war Laura eine attraktive junge Frau, die wusste, wie sie aus ihrem schönen ovalen Gesicht und den blauen Augen Kapital schlagen konnte. In diesem Moment tauchte Camille Carson auf, die einzige Tochter eines wohlhabenden Pflanzers aus der Gegend. Da stand sie, nur wenige Schritte von Richard entfernt. Charlotte konnte genau beobachten, dass Camille auf plumpe Weise so tat, als wäre sie zufällig neben Richard gelandet. Sie runzelte die Stirn. Obwohl sie sich bemühte, an Camille irgendwelche Fehler zu entdecken, musste sie anerkennen, dass sie großartig aussah. Das Kleid in sehr hellem Blassrosa betonte ihre schmale Taille. Die blonden Locken fielen ihr über die züchtig bedeckten Schultern, und ihr Gesicht erstrahlte, sobald Richard das Wort an sie richtete.

Mit halbem Ohr hörte sie die Schilderung eines Kampfes mit den wilden Eingeborenen einer abgelegenen Insel, die Leutnant Fritz mit seiner tiefen und energischen Stimme zum Besten gab. Aber Charlotte hatte nicht die Absicht, ihre Zeit mit Geschichten über längst vergangene Scharmützel zu vergeuden, wo doch in diesem Moment die entscheidende Schlacht ihres eigenen Lebens bevorstand.

Sie nahm Hortensia am Arm und lächelte dem Offizier zu.

«Es tut mir leid, Leutnant Fritz», unterbrach sie ihn mit zerknirschtem Gesichtsausdruck und legte sich die Hand aufs Herz. «Wenn Sie uns entschuldigen, ich denke, wir sollten unseren Onkel begrüßen.» Dann ging sie und schleifte ihre Schwester mit sich.

Klaus blieb nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie die beiden attraktivsten Frauen des Balls zwischen den anderen Gästen verschwanden.

«Mach dir nichts draus», munterte Scott ihn auf, der sich über den Misserfolg seines Freundes amüsierte. «So sind die Frauen.»

Resigniert zuckte Klaus mit den Schultern, als sein Blick auf die junge Dame fiel, die Richard vor wenigen Minuten begrüßt hatte. Sie war zwar bei weitem nicht so anziehend wie die anderen beiden, hatte aber durchaus ihre Reize. «Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich mich ein bisschen unter die Leute mischen.»

«Kein Problem.» Scott grinste, als er entdeckt hatte, was Klaus plötzlich so interessierte. «Lass mich nur allein hier im feindlichen Gebiet zurück. Ich werde schon zurechtkommen.»

Als Charlotte die Nase in den Speisesaal steckte, stellte sie zufrieden fest, dass sich niemand darin aufhielt. Der Tisch war schon gedeckt, und die Sklaven, die beim Abendessen bedienen würden, hatten noch genug im Empfangszimmer zu tun, wo zahlreiche Gäste versuchten, immer noch eines der leckeren Horsd’œuvres zu erhaschen. Die Platten leerten sich jedes Mal wieder in Windeseile.

«Darf man wissen, was du vorhast?», fragte Hortensia, die nervös im Türrahmen stehen geblieben war. Mit einem Wink brachte Charlotte sie zum Schweigen und bedeutete ihr, dort stehen zu bleiben und aufzupassen.

Hortensia hatte keine Ahnung, was Charlotte hier wollte, aber da sie ihre Schwester kannte, wusste sie, dass sie sicher nichts Gutes im Schilde führte. Jetzt sah sie, wie Charlotte ihr Augenmerk auf die eleganten beigefarbenen Kärtchen richtete, die auf den Tellern lagen und auf denen die Namen der Gäste eingeprägt waren. Sofort wurde Hortensia von einer schrecklichen Vorahnung überfallen, die nur eine Sekunde später bestätigt wurde. Charlotte nahm eine der Karten und tauschte sie mit einer anderen ein paar Plätze weiter.

Hinter die Treppe geduckt, die neben der Tür zum Speisesaal nach oben führte, beobachtete Hortensia mit einem Auge die Gäste. Mit dem anderen überwachte sie die Schritte ihrer Schwester. Ihre Knie wurden weich. Wenn jemand sie entdeckte, würde sie es bis ans Ende ihres Lebens nicht mehr wagen, vor die Tür zu gehen.

Als Charlotte wieder neben ihrer Schwester stand, war Hortensia kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

«Bist du verrückt geworden?», flüsterte sie, traute sich aber nicht, ihre Stimme zu erheben, bis sie Charlotte rasch so weit wie möglich vom Speisesaal weggezerrt hatte.

Charlotte ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

«Was du da eben gemacht hast, geht sogar für dich zu weit», klagte sie, als sie ihrer Meinung nach weit genug vom Schauplatz des Verbrechens entfernt waren und niemand sie hören konnte. «Du kannst die Platzkarten nicht einfach vertauschen», flüsterte sie. «Glaubst du, dass die Reemicks nicht mehr wissen, wie sie ihre Gäste verteilt haben?»

«Hortensia, immer musst du an allem herumnörgeln. In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt», protestierte Charlotte. «Sie werden denken, dass sie einen Fehler gemacht haben. Bei so vielen Gästen und den Sklaven, die nicht lesen können, kann das schon mal passieren. Ich glaube nicht, dass sie darauf kommen, dass jemand die Platzkarten vertauscht hat.»

Damit zumindest hatte Charlotte recht. Kein Mensch mit ein bisschen Verstand würde auf die Idee kommen, dass jemand eine solche Dummheit begehen könnte.

«Zum Glück ist mir eingefallen nachzusehen, wo sie uns hingesetzt haben!», rief sie empört aus. «Nun rate mal, wer es geschafft hat, dass sie sie neben Richard setzen …»

«Camille?»

«Ja», bestätigte Charlotte. «Niemand Geringeres als der Unschuldsengel Camille.»

«Und du, wo warst du?»

Charlottes Augen hefteten sich auf Scott O’Flanagan, der sich in diesem Moment zu Laura Burton und Klaus stellte.

«Neben dem Yankee», sagte sie mit einem frechen Grinsen.

***

Der helle Klang eines Glöckchens kündigte an, dass die Gäste sich in den Speisesaal begeben sollten. Camille ging neben Richard. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Charlotte dieser Anblick wütend gemacht, aber jetzt bereitete er ihr fast Vergnügen. Sie freute sich auf den Moment, in dem sie der wohlerzogenen und überkorrekten Camille sagen würde, dass sie sich im Platz geirrt hatte.

Hortensia fand schnell zu ihrem Stuhl, und als sie sich gesetzt hatte, versuchte sie sich möglichst unauffällig zu verhalten. Sie zog in Erwägung, plötzliches Unwohlsein vorzutäuschen und einfach nach Hause zu fahren, aber es war zu spät. Es würde geschehen, was geschehen musste.

«Miss Parrish», rief jemand hinter ihr, als Charlotte an dem Stuhl vorbeiging, der zuerst für sie bestimmt gewesen war.

Als sie die lästige Stimme des Yankees erkannte, wollte sie zuerst gar nicht stehen bleiben. Aber ein paar Neugierige waren auf sie aufmerksam geworden.

«Mr. O’Flanagan?»

«Ich glaube, Ihr Platz ist hier», sagte er zuvorkommend und deutete auf den leeren Stuhl zu seiner Rechten.

«Ich fürchte, Sie haben sich geirrt.»

«Ich denke nicht», gab er zurück und zeigte auf das Platzkärtchen auf dem Teller. «Sehen Sie doch selbst.»

Charlotte blieb nichts anderes übrig, als einen Blick darauf zu werfen: «Charlotte Parrish», las sie laut. Verwirrt und ungläubig starrte sie auf die Karte. «Aber wie? Wer? …», fragte sie sich verständnislos, als das unverschämte Lächeln ihres Tischnachbarn ihr die Antwort lieferte. Fast wollte sie ihn anschreien, riss sich aber im letzten Moment zusammen. Sie schwor sich, dass dieser grobe, unangenehme Yankee keine Freude an ihr haben würde. Als er sich ritterlich erhob, um ihr den Stuhl heranzuschieben, unterdrückte sie den heftigen Impuls, ihn zu würgen.

«Miss Camille ist wirklich eine bezaubernde junge Frau», flüsterte Scott Charlotte ins Ohr, als sie sich in den Stuhl fallen ließ. «Sie wirkt so sanft …»

«Ja, bezaubernd», antwortete Charlotte und zerquetschte wütend einen ihrer Handschuhe zwischen den Händen. «Eine perfekte Begleiterin für Sie. Hätten Sie die Platzkarten nicht getauscht, hätten Sie Gelegenheit gehabt, den ganzen Abend lang ihre angenehme Gesellschaft zu genießen.»

«Ja, das wäre wohl schön gewesen», antwortete Scott, als er sich immer noch lächelnd an ihre Seite setzte. «Aber vergessen Sie nicht, dass ich die Karte nur an ihren ursprünglichen Platz zurückgelegt habe.»

«Ich weiß nicht, was Sie meinen.»

«Das wissen Sie ganz genau. Und ich glaube, Sie sollten sich bei mir bedanken.»

«Bedanken?»

«Genau. Ich habe verhindert, dass Sie sich lächerlich machen, und dafür verdiene ich zumindest Ihren Dank. Ich konnte doch nicht zulassen, dass Ihre Freunde und Nachbarn Ihre guten Umgangsformen in Zweifel ziehen.»

«Ich verstehe. Jetzt sind Sie also der Experte in gutem Benehmen.»

Scott nickte bestätigend.

«Wenn Sie so ein Experte sind, dann sollten Sie auch wissen, dass ein Gentleman nie mit Handschuhen isst.»

Scott streckte seine Hände aus und lächelte. Es war so lange her, dass er die Handschuhe ausgezogen hatte, dass er sie manchmal gar nicht mehr wahrnahm. Er war der Einzige bei Tisch, der sie noch trug.

«Touché, Miss Parrish! Aber Sie haben ja selbst längst gemerkt, dass ich nur ein rücksichtsloser und schlechterzogener Yankee bin.»

Die Leidenschaft in Scotts Worten hatte die Aufmerksamkeit von Paul Sebastian erregt, der vor kurzem geheiratet hatte und in Begleitung seiner Frau gekommen war. Zwar sagte Paul nichts, aber Charlotte konnte sehen, wie sein Blick feindselig wurde.

Stand es wirklich so schlimm um das Verhältnis zwischen Norden und Süden?, fragte sich Charlotte, als sie merkte, dass schon die Anwesenheit eines Mannes aus den Nordstaaten eine solche Reaktion in einem sonst so gelassenen und wohlerzogenen Mann auslösen konnte.

Scott dagegen begegnete dem harten und missbilligenden Blick mit einem Lächeln.

«Anscheinend fällt es Ihnen leicht, Freundschaften zu schließen», bemerkte Charlotte.

«Sagen Sie das wegen des guten Leutnants Sebastian?»

Die Neugier war stärker als ihr Beschluss, ihren Tischnachbarn zu ignorieren. «Kennen Sie ihn denn?»

«Wir haben uns vor ein paar Jahren kennengelernt. Ich fürchte, er hat mir noch immer nicht verziehen, dass er meinetwegen so viele Notizbücher kaufen musste.»

Auch wenn sie überhaupt nichts verstanden hatte, begriff sie doch, dass die Feindseligkeit, die Paul Sebastian gegenüber Richards Gast empfand, persönlicher Natur war. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie mehr darüber herausfinden wollte, aber schließlich könnte sie es auch über andere Kanäle in Erfahrung bringen. Und sie wollte diesem zudringlichen Menschen auf keinen Fall die Genugtuung verschaffen, auch nur das geringste Interesse an seinem Leben zu zeigen.

Inzwischen waren die Speisen aufgetragen worden. Alle aßen, tranken und plauderten mit ihren Tischnachbarn, ohne etwas von dem Vorgefallenen zu ahnen.

Nachdem Hortensia festgestellt hatte, dass die Welt nicht untergehen würde, wagte sie, den Kopf von ihrem Teller zu heben. Sie saß Scott gegenüber und nutzte einen Moment, in dem Charlotte ein paar Worte mit dem anderen Tischnachbarn wechselte, um ihm diskret zu danken.

Ihr eigener Tischherr, Robert Ardley, bemerkte sofort, dass Hortensia den Kopf gehoben hatte, und versuchte, ein Gespräch mit ihr zu beginnen.

Charlotte hatte schon lange bemerkt, dass Robert die Gesellschaft ihrer Schwester suchte. Er war ein guter Freund von Richard, und Charlotte war sich sicher, dass Robert ihn darum gebeten hatte, Hortensia neben ihm zu platzieren. Es war nicht schwer zu erraten, dass der ernste und schüchterne Ardley in ihre Schwester verliebt war. Und obwohl Hortensia nicht gerade ein offenes Buch war, was ihre Gefühle betraf, hatte Charlotte doch wahrgenommen, dass ihre Schwester jedes Mal ganz leicht errötete, wenn er sie darum bat, ihn auf einem Spaziergang zu begleiten oder mit ihm zu tanzen. Ja, auch Hortensia war in Robert verliebt, und obwohl Charlotte ihn immer etwas langweilig gefunden hatte, wusste sie doch, dass er einen guten Ehemann für sie abgeben würde. Außerdem befand sich die Plantage der Ardleys neben Richards, sie könnten sich also auch nachdem sie geheiratet hätten noch täglich sehen.

Charlotte wurde langsam unruhig. Ständig suchte sie Richards Augen, aber er hatte sie noch kein einziges Mal angesehen. Er wirkte zerstreut. Selbst Camille, die während des gesamten Dinners nicht aufhörte zu lächeln, musste um seine Aufmerksamkeit kämpfen. Charlotte konnte das nicht verstehen. So lange hatte sie von diesem Augenblick geträumt. Wieder und wieder hatte sie sich ausgemalt, wie er ihr entgegenlaufen und um ihre Hand bitten würde. Warum mied er sie?

Kurz darauf erhoben sich Richards Eltern. Richard und die übrigen Gäste taten es ihnen nach. Charlotte war eine der Ersten, die den Gastgebern folgten. Beinahe war sie vom Stuhl aufgesprungen. Sie musste Richard und Camille unbedingt einholen, bevor sie den Salon erreichten, in dem der Tanz stattfinden sollte.

Richard begleitete Camille bis zur Galerie, wo in Kürze die Musik beginnen würde. Als Charlotte sie eingeholt hatte, klangen schon die ersten Akkorde einer Melodie durch den Raum. Wenn sie mit Richard tanzen wollte, musste sie schnell handeln.

Und da geschah das Wunder.

Sie wusste nicht recht, wie er es gemacht hatte, aber Richards unbequemer Yankee-Freund überholte sie, und bevor sie noch irgendetwas tun oder sagen konnte, hatte er Camille Carson um den ersten Tanz gebeten. Camille war viel zu höflich, um die Einladung abzulehnen.

Scott drehte sich um und zwinkerte Charlotte zu, und diesmal konnte sie nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern.


Ihr war nicht bewusst, wann sie in den Garten hinausgegangen waren, aber die Musik der Geigen hatte sich in ein fernes Säuseln verwandelt. Schweigend gingen sie Hand in Hand unter dem sternbedeckten Himmel, während die Grillen ihre Flügel aneinanderrieben und sie in eine sanfte Melodie hüllten. Als sie den Rand des Waldes erreicht hatten, nahmen sie auf einer steinernen Bank Platz, von einer mit Bougainvilleen gesprenkelten Hecke vor Blicken geschützt. Von dort aus war das Haus so weit weg, es wirkte beinahe irreal. Fast kam es Charlotte so vor, als wäre sie in einem Traum. Aber die Berührung von Richards starker Hand ließ keinen Zweifel zu. Es war Wirklichkeit. Charlotte roch den durchdringenden Duft der Blumen. Keiner von ihnen hatte ein einziges Wort gesprochen. Das brauchten sie nicht. Richard legte den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Charlotte fühlte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Er sah ihr in die Augen. Die faszinierenden grauen Augen waren voller Verlangen.

«Charlotte …», flüsterte er.

In der Ferne schrie eine Eule.

Und da, unter dem schützenden Dach der Sterne, küsste er sie.

Fesseln des Schicksals
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