Nachwort des Autors
Alles nahm seinen Anfang, als ich ein Jahr alt war.
Mein Vater verkündete aus heiterem Himmel, dass er gekündigt hätte und jetzt beim FBI wäre – meine Mutter hatte bis dato nicht einmal gewusst, dass er sich überhaupt für so etwas interessierte. Wir fuhren also zu den Eltern meiner Mutter, während er in Quantico ausgebildet wurde. Dann ging es nach Salt Lake City, die erste von vielen Städten, in denen wir über die Jahre wohnten.
Wie sich herausstellte, war die Entscheidung meines Vaters nicht so spontan, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Er war in einer Kleinstadt inmitten der Baumwollfelder im Südosten Missouris aufgewachsen. Ich war bereits ein Teenager, als wir einmal seine Familie besuchten und mir meine Großmutter erzählte, wie er zum ersten Mal dem FBI begegnet war. Im Jahr 1953 wurde in der Gegend eine Bank ausgeraubt, woraufhin ein FBI-Agent den Inhaber des örtlichen Gemischtwarenladens verhörte. Mein damals erst zwölf Jahre alter Vater war gerade beim Einkaufen und versteckte sich hinter einem Regal, um zu lauschen. Als er nach Hause kam, erzählte er seiner Mutter begeistert davon, wie »gut der Mann angezogen war und wie vornehm er gesprochen hat«. Und dass er eines Tages auch ein Agent sein würde. Sie hat nur gelächelt.
Es ist hochinteressant, in einer FBI-Familie aufzuwachsen, aber auch sehr anstrengend. Zum Beispiel muss man dauernd umziehen, wodurch man als Kind irgendwie immer ein Außenseiter bleibt. Und dann die ständige Geheimniskrämerei – wahrscheinlich war es sehr förderlich für meine Karriere als Romanschriftsteller, dass ich die zweideutigen Unterhaltungen, die um mich herum geführt wurden, mit Details aus meiner Fantasie ausschmückte. Diese »Mehr hat dich nicht zu interessieren«-Haltung kann seltsame Blüten treiben. Wenn mein Vater und ich beispielsweise eine Leiter irgendwo hintragen wollten, dann rief er: »Links! Rechts! Himmel, doch nicht so weit rechts!« Jetzt ist er pensioniert, und ich hoffe, ihn irgendwann dazu zu bringen, dass er mir einfach von Anfang an verrät, wo er die Leiter hinhaben will. Aber so weit wird es wohl nie kommen.
Doch letzten Endes überwiegen die positiven Seiten. Wie viele Kinder können schon von sich behaupten, mit einem Mann zu Abend gegessen zu haben, den man von Gesetzes wegen nicht fotografieren darf? Oder mit dem SAS ein Bier getrunken oder mit dem Chef der nordirischen Polizei über Politik diskutiert zu haben? Einmal kam ich von meinem Ferienjob nach Hause, und meine Mutter eröffnete mir, dass ein Versicherungsvertreter zum Abendessen vorbeikommen würde. Er wollte für seinen dritten Roman Erkundigungen über das FBI einholen – zum Dank schenkte er uns eine Ausgabe seines Erstlings. Er war in einem kleinen Verlag erschienen und trug den Titel Jagd auf Roter Oktober.
Oder das feierliche Dinner anlässlich meines Collegeabschlusses. Es fand im Dezember 1988 in London statt, wo mein Vater gerade als Attaché für Rechtsfragen in der amerikanischen Botschaft tätig war. Als die Hors d’œuvres serviert wurden, platzte ein Botschaftsangestellter herein und erzählte uns, dass gerade eine PanAm-Maschine über dem kleinen Städtchen Lockerbie abgestürzt war. Danach bekam ich meinen Vater mehrere Monate lang nicht zu Gesicht.
Aus diesen Erlebnissen rührt wohl auch meine große Begeisterung für die Thrillerliteratur. Das erste spannende Buch, an das ich mich erinnern kann, war Shogun. Das weiß ich noch ganz genau – ich sollte in der siebten Klasse einen Aufsatz darüber schreiben und war schockiert, als ich erfuhr, dass es noch einen zweiten Teil gibt. Aber ich war nicht nur Fan, ich war auch Kritiker. Diejenigen Autoren, die sachliche Fehler machten oder ihre Agenten und Spione nicht mit der nötigen Glaubwürdigkeit ausstatteten, trieben mich in den Wahnsinn. Also konzentrierte ich mich auf die Großmeister des Genres – Schriftsteller wie Jack Higgins, John le Carré und Robert Ludlum.
Daher ist es auch eine große Ehre für mich, dass mein elfter Roman Teil der Covert-One-Serie ist. Ich hoffe, Sie hatten beim Lesen ebenso viel Spaß wie ich beim Schreiben.
Kyle Mills,
12. Mai 2011