Nach der Lebensquelle strebt
Und noch in der letzten Stunde
Seinen Blick zum Himmel hebt.
Suchtest Du noch im Verscheiden,
Droben den Erlösungsstern,
Wird er Dich zur Wahrheit leiten
Und zur Herrlichkeit des Herrn!«
Dann nahm er das Kind bei der Hand, zog es liebevoll an sich und sagte in tröstendem Tone:
»Ja, weine, meine Tochter! Thränen machen das Gewissen leicht und werden von den Engeln gezählt. Aber kommt weg von dieser Stätte des Todes. Du siehst Deinen Vater nicht zum letzten Male, sondern Du wirst ihn wiedersehen, hier und dort oben in der Ewigkeit!«
Die müßigen Gaffer waren zurückgetreten. Hauser rief den Todtengräber herbei und sagte:
»Warum lässest Du Jedermann hier eintreten? Hier ist Gottes Stätte. Siehe die Todten an! So sterben nicht die Gottlosen. Und der Ort, da ein Seliger ruht, soll nicht sein ein Schauplatz der Neugierde und der Klatscherei!« –Kurz nach dem Mittagessen machte sich Eduard nach der Nachbarstadt auf, um seinen Domino zu holen. Unterwegs traf er auf einen Reiter, den er mit Verwunderung anschaute. Das Pferd war kaum zwanzig Gulden werth und hatte weder Sattel noch Zaum. Der Reiter war alt. Er hatte eisgraue Kopf-und Barthaare, trug eine alte, zerrissene Pelzmütze, eine gestreifte Jacke, kothige und vielfach geflickte Hosen und dazu Filzschuhe. Aus dem Munde hing ihm eine Tabakspfeife mit einem riesigen Kopfe.
»Guten Tag, Alter!« grüßte Eduard, ihm freundlich zunickend.
»Schönen Dank, Junger! Wohin?«
»Hier nach der Stadt.«
»Ich auch.«
»Woher des Wegs?«
»Aus dem Bette heute früh, heute Abend wieder hinein.«
»Mit sammt dem Gaule?«
»Wenn Du den Dritten machen willst, ja.«
»Habe keine Lust!«
»Bist wohl ein vornehmer Kerl?«
»Beinahe!«
»Ja, das sieht man Dir an! Wer Maskenbälle mitmachen kann, der muß Geld in der Tasche haben! Nicht?«
Dabei blinzelte er ihm mit den Augen zu und nickte mit dem Kopfe. Eduard blickte ihn erstaunt an und sagte: »Was wirst Du von Maskenbällen wissen!«
Er hatte diesen Alten noch niemals gesehen. Wie konnte dieser eine Ahnung haben, daß er heute auf die Maskerade wollte?
»Mehr wie Du!« lautete die Antwort. »Nimm Dich heute Abend in Acht! Du gehörst ja gar nicht dazu!«
»Höre, Du bist wohl toll? Wer bist Du eigentlich?«
»Fürst – Fürst des – das Andere sage Dir selbst, Junge! Und ein anderes Mal mache die Augen besser auf!«
Er hatte weder Zügel noch Bügel, noch Sporen; das Pferd schien aber doch ganz und gar in seiner Gewalt zu sein, denn es stieg vorn in die Höhe und schoß dann im Galopp davon.
»Fürst des Elendes also!« sagte Eduard zu sich selbst. »Arndt war es, Arndt! Den hätte sein eigener Bruder nicht erkannt! Darum also wußte er von der Maskerade!«
Als er zum Verleiher kam und seinen Domino forderte, meinte der Mann freundlich:
»Als Sie bei mir waren, stand mir nur der Domino zur Verfügung. Heute aber kann ich Ihnen etwas Besseres bieten, wenn Sie einige Gulden mehr anlegen wollen.«
»Was ist es?«
»Eine prächtige Charactermaske. Da hängt sie. Kaufmann Strauch hatte sie für sich bestellt, hat sie aber vorhin abgesagt.«
Wie herrlich sich das paßte! Er trat an Strauchs Stelle und konnte auch dessen Maske erhalten!
»Was kostet sie?«
»Sechs Gulden, gleich zu bezahlen.«
Heute brauchte Eduard nicht so zu rechnen, wie vor einigen Tagen.
»Ich nehme sie. Packen Sie sie mir ein. Hier ist das Geld!«
In kurzer Zeit befand er sich wieder unterwegs. Er vermied es, als er sein Städtchen erreichte, durch die Straßen zu gehen. Man sollte das Packet nicht sehen, welches er trug. Er befürchtete, daß man errathen könne, was es enthalte. Daher schlug er den Weg hinter den Häusern ein.
Er kam aber doch nicht unbemerkt nach Hause. Gerade da, wo er ganz eng vorüber mußte, an dem Pförtchen ihres Hintergärtchens, stand Angelica. Sie war beschäftigt, mit dem Besen den Schnee zu entfernen und Bahn zu machen.
Als sie ihn kommen hörte, blickte sie auf. Ihr Gesicht wurde glühend roth, da sie sah, wer es war. Sie drehte sich um, als ob sie ihn gar nicht sehen, gar nichts von ihm wissen wolle. Dieses Verhalten schnitt ihm in die Seele. Er sah die Gelegenheit, ihr noch ein gutes Wort zu geben. Sollte er dies unterlassen, wo es doch vielleicht fruchten konnte? Nein. Er wollte sich später keine Vorwürfe zu machen haben. Darum blieb er bei ihr stehen und sagte: »Engelchen!«
Sie wandte ihm den Rücken zu und kehrte so emsig, daß der Schnee zu beiden Seiten wie Staub und Mehl emporflog.
»Engelchen!«
Sie that, als hätte sie ihn auch jetzt noch nicht gehört.
»Angelica!«
Jetzt wendete sie sich ihm ein Wenig zu, arbeitete aber, ohne aufzublicken, mit dem gleichen Eifer fort.
»Fräulein Hofmann!«
Jetzt fuhr sie empor, warf ihm einen stolzen Blick zu und fragte:
»Herr Hauser! Was wünschen Sie?«
Da ging ihm das gute, treue Herz noch einmal auf. Er streckte ihr die Hand entgegen und antwortete: »Versöhnung will ich, Engelchen, Versöhnung! Schlag ein, schlag ein!«
»Ich brauche mich nicht zu versöhnen; ich habe nicht angefangen!«
»Aber wohl ich?«
»Ja; wer sonst?«
»Nun wohl, so will ich schuld sein und Dich um Verzeihung bitten. Sei wieder gut, liebes Engelchen! Komm her und gieb mir die Hand!«
Sie schüttelte den Kopf und sagte:
»So schnell kann das nicht gehen. Erst muß ich mich erkundigen.«
»Wonach?«
»Wenn ich wieder gut mit Dir bin, so muß ich mich wohl nach Dir richten?«
»Mit der Maskerade? Ja!«
»So danke ich schön! Die mache ich mit! Komme nach dem Maskenfeste wieder. Vielleicht bin ich dann geneigt, Dir zu vergeben!«
Sein Gesicht verlor die Farbe.
»Engelchen!« sagte er. »Du bist ja niemals so gewesen! Was Du sagst, klingt ja ganz und gar wie Gift und Galle!«
»Solls etwa wie Honig klingen?«
»Nein; aber verständig sein soll es wenigstens.«
Da stemmte sie die Arme in die Seiten und fragte schnippisch:
»Bin ich etwa unverständig, he?«
»Ja, wenn Du meinst, daß ich nach der Maskerade noch derselbe sein soll, wie jetzt. Aber ich will ja nicht rechten, sondern ich will gute Worte geben! Komm her, Engelchen! Gieb mir die Hand! Schau, ich will Dir gestehen, daß ich um Dich geweint habe; das soll ein Mann doch nicht. Aber nun weißt Du Alles, Alles, Alles! Wollen wir wieder gut sein miteinander?«
Sie blickte zu Boden nieder. Sie fühlte, daß sie wohl nicht lange widerstehen könne, wenn sie ihm in die Augen schaue. Und doch mußte sie dem Vater gehorchen. Und doch wollte sie selbst so gern in dem schönen Anzuge glänzen! Dieser Gedanke gab ihrem Gesichte, welches sich bereits hatte aufhellen wollen, die vorige Härte wieder. Sie antwortete in trotzigem Tone: »Ja; aber jetzt nicht!«
»Wann sonst?«
»Morgen!«
»Engelchen, nicht eher? Ueberlege wohl was Du sagst!«
»Nein, nicht eher! Ich sag’s jetzt und sag’s zum letzten Male!«
»So sind wir geschiedene Leute für immerdar! Lebe wohl!«
Er wendete sich um und ging. Aber noch hatte er kaum fünf Schritte gethan, so kehrte er sich wieder zurück und fragte: »Engelchen, ist’s wirklich Dein Ernst?«
Sie kehrte ihm den Rücken zu und antwortete nicht.
»Engelchen!«
Jetzt nahm sie gar den Besen und ging fort, durch das Gärtchen und in das Haus hinein. Da fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht, als ob er etwas recht, recht Häßliches dort fort zu streichen habe, und entfernte sich dann auch. Dabei flüsterte er: »Es ist vorbei; es ist aus! Aber ob ich sie vergessen werde!«
Er stieg über seinen Zaun und versteckte den Maskenanzug da, wo das Futter für die Ziege aufbewahrt wurde. Die Seinen durften keine Ahnung davon haben, was für Absichten er für den heutigen Abend in sich trug.
Der Fastnachtsdienstag pflegt ein Tag der Freude und Belustigung zu sein. Prinz Carneval wird in den reichen Kreisen großer und berühmter reicher Städte geehrt. Er hat keine Zeit, sich auch anderwärts zu zeigen; aber er sendet seine Boten doch an alle Orte, selbst in das ärmste Dörfchen, wo Derjenige, der sonst mit Noth und Sorge zu kämpfen hat, an diesem Tage sich einmal einen Extragenuß erlaubt, indem er seine Frau einen Fastnachtskrapfen, einen Pfannkuchen oder auch irgendein mageres Kartoffelgebäck bereiten läßt.
Aber selbst hierzu gehört Geld, und daher kamen Diejenigen, welche am Sonnabende ihre Arbeit nicht fertig gebracht hatten, heute in Seidelmanns Comptoir, um dieselbe abzugeben und den kargen Lohn dafür in Empfang zu nehmen. Sie hatten vielleicht sogar des Nachts gearbeitet, um gerade heute fertig zu werden.
Darum gab es bei Seidelmann und Sohn heute Nachmittag zu thun, und erst als es dunkel war, ging der letzte Weber fort, freilich trübsinnigen Gesichtes, denn er hatte eines angeblichen, unbedeutenden Fehlers wegen sich einen sehr bedeutenden Abzug gefallen lassen müssen.
Jetzt nahmen Seidelmanns ihr Abendmahl ein, und dann begab sich Fritz, der Sohn, abermals in das Comptoir, um noch einige Einträge in die Bücher zu machen, da ja der Schreiber, welcher dies zu besorgen gehabt hatte, nicht mehr vorhanden war.
Nach einer kleinen Weile trat sein Oheim, der fromme Schuster, bei ihm ein. Er nahm auf einem Sessel Platz und sagte: »Laß Dich nicht stören! Es ist nichts Nothwendiges oder gar Wichtiges, was mich zu Dir führt.«
»Was sonst? Ich bin fertig.«
Er legte die Feder weg und blickte den Onkel erwartungsvoll an.
»Es handelt sich nur um das heutige Vergnügen. Denkst Du wirklich, daß das Mädchen kommen wird?«
»Ganz gewiß.«
»Hm! Frauen sind veränderlich wie Aprilwetter!«
»Pah! So eine italienische Maske zieht. Uebrigens habe ich mich hinter den Vater gesteckt. Er würde, selbst wenn sich das Mädchen anders besinnen wollte, doch dafür sorgen, daß sie Wort hält.«
»Das war klug gehandelt. Also darf ich gratuliren?«
Sein Gesicht hatte den Ausdruck eines Faun angenommen. Er spitzte den Mund wie Einer, der ein hübsches Gesicht vor sich sieht, welches er küssen möchte. Der Neffe lachte cynisch und antwortete: »Danke! Sie ist mir allerdings sicher.«
»Onkel, Du bist neugierig!«
»Ist mir das zu verargen? Ich stehe ganz auf dem Boden der Bibel, welche sagt: Kindlein, liebet Euch unter einander! Ich wollte, ich könnte ein Kind unter Euch Kindern sein!«
»Du wärest da ein ziemlich alter Knabe!«
»Natürlich! Fein speisen?«
»Ist Alles bestellt!«
»Auch die Weine?«
»Natürlich! Sogar Champagner,« lachte er. »Dieser Letztere ist ja die Hauptsache! Du wirst mich verstehen.«
»Nicht ganz. Aber eine Ahnung habe ich.«
»Darf ich wissen, was Du ahnst?«
»Warum nicht? Dieses Webermädchen hat noch niemals Champagner getrunken. Einige Gläser, und sie ist Dein!«
»Schlaukopf!«
»Giebt es separate Zimmer?«
»Ein einziges Stübchen.«
»Auf welches Du natürlich Beschlag gelegt hast?«
»Das versteht sich ganz von selbst!«
»Donnerwetter! Ah, ich fluche! Nun, die Heiligen werden mir diese Sünde schon vergeben, denn sie sind, bevor sie heilig gesprochen wurden, auch nicht immer sehr fromm gewesen!«
»Wenn diese Analogie Wirkung hat, so wirst Du einmal zu den größten und wunderthätigsten Heiligen gehören.«
»Mach keine dummen Witze! Also, könnte es nicht vielleicht möglich gemacht werden, daß ich dabei bin?«
»Nein! Auf keinen Fall!«
»Das ist höchst unangenehm, zumal ich nicht einsehen kann, warum Du Deinen Oheim nicht mitbringen sollst.«
»Es ist eine geschlossene Gesellschaft!«
»Aber ein Einziger mehr kann doch nichts schaden!«
»Es würde nicht bei diesem Einzigen bleiben, sondern ein Jeder würde einen Oheim, einen Vater, Bruder oder überhaupt einen Verwandten, oder einen Freund haben, den er mitbringen wollte.«
»Hm! Ja! Das ist wahr!«
»Und Du besonders dürftest auf keinen Fall theilnehmen.«
»Das sehe ich nun doch nicht ein!«
»Nicht? Du bist doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Du bist der Vorsteher der Gesellschaft der Brüder und Schwestern der Seligkeit; Du hältst fromme Vorträge und Predigten; Du giltst als ein Mann, der streng auf dem Wege des Herrn wandelt; darfst Du da einen solchen Ort besuchen, wie Derjenige ist, von welchem wir jetzt reden?«
»Pah! König David, der fromme Psalmensänger, hat auch getanzt!«
»Aber zu Ehren Gottes!«
»Mensch, Du bist recht spitzfindig! Aber horch!«
Es war aus der dunklen Ecke des Gemaches wie ein spitzer, schriller Ruf erklungen. Fritz blickte sich um und sagte: »Still! Wie viele Male!«
Zum zweiten, dritten und vierten Male erklang der scharfe, das Gehör fast beleidigende Glockenton.
»Sapperment! Laube ruft!« meinte Fritz.
»Viermal! Also eine Erkundigung!« fügte der Fromme hinzu.
»Ich habe keine Zeit!«
»Wegen der Maskerade?«
»Ja. In einer halben Stunde beginnt sie!«
»Aber Auskunft muß doch gegeben werden!«
»Leider! Vater ist auch nicht da!«
»Du meinst, daß ich gehen soll?«
»Es wäre mir lieb, wenn Du das übernehmen wolltest!«
»Gut! Gieb die Antwort!«
Fritz ging nach der Ecke. Dort stand ein Wandschränkchen. Es war verschlossen. Er zog einen Schlüssel hervor, öffnete und langte zwischen den Flaschen und Gläsern, welche darin standen, nach einem Nagel, welcher scheinbar zu irgend einem Zwecke in die Hinterwand des Schränkchens eingeschlagen war. Er zog an demselben und verschloß den Schrank dann wieder. Dann bemerkte er: »Dieser verdammte Bormann wird’s doch nicht wieder sein!«
»Dem wollte ich schön heimleuchten!«
»Oder auch nicht! Er ist ein gefährlicher Mensch!«
»Er wird doch so klug gewesen sein, sofort über die Grenze zu gehen. Hier zu bleiben wäre ja Wahnsinn!«
»Solchen Kerls ist Alles zuzutrauen!«
»Hast Du ihn gehörig versehen?«
»Ihn und die beiden Andern, mit Pässen und Geldern!«
»Unnütze Ausgaben!«
»Ich brauche mich nicht darüber zu ärgern. Es geschieht ja doch auf Rechnung des Hauptmannes. Mag er sich nicht mit solchen Lumpen abgeben. Aber ihnen unsere Geheimnisse, unsere Zeichen mitzutheilen, das ist mehr, als ich begreifen kann.«
»Er wird seinen Zweck gehabt haben. Also, wenn es der Bormann sein sollte, was soll ich da thun?«
»Das kommt ganz darauf an, was er will. Scheint es Dir schwierig, so bestelle ihn morgen wieder.«
»Die Laterne?«
»Es ist Alles im Keller! Hier ist der Schlüssel!«
Er langte denselben Schlüssel hervor, mit welchem er das Schränkchen geöffnet und dann wieder verschlossen hatte, und gab ihn seinem Onkel. Dieser steckte ihn ein und ging. Er tappte sich in den finsteren Keller und brannte eine dort stehende Laterne an. Im Hintergrunde gab es eine Thür, welche er mit dem Schlüssel öffnete und dann hinter sich wieder verschloß. Jetzt befand er sich in einem stollenartigen Gange, welcher in leiser Senkung abwärts zu führen schien. Neben der Thür stand eine alte, verschlossene Kiste, die er mit demselben Schlüssel öffnete. Er nahm eine schwarze Tuchjacke, eine Mütze und eine Maske hervor und legte diese drei Stücke an, nachdem er vorher seinen Rock ausgezogen hatte. Dann schritt er langsam in den finsteren Gang hinein.
Kurz vorher hatte die Familie Hauser zu Abend gegessen, und dabei war es dem Sohne gewesen, als ob hart am Fensterladen Jemand das Wort ›Fürst‹ halblaut ausgesprochen hätte.
Niemand als er hatte es vernommen. Er ahnte, daß Arndt draußen sei, und ging hinaus. Er hatte sich nicht getäuscht. Der Genannte stand hinter dem Häuschen, dicht an den Ziegenstall gelehnt, so daß er von einem Unberufenen nicht bemerkt werden konnte.
»Herr Arndt?«
»Ja! Haben Sie es gehört?«
»Sogleich. Giebt es etwas Wichtiges?«
»Jetzt nicht. Aber ich hab etwas vor, in dessen Gefolge etwas Wichtiges sein könnte. Sie gehen also bestimmt zur Maskerade?«
»Ja, bestimmt!«
»Wie lange werden Sie bleiben?«
»Das kann ich jetzt noch nicht wissen, Herr Arndt.«
»Ich dachte es mir; aber es ist möglich, daß ich Sie heute noch zu sprechen habe, mein Lieber.«
»So wollen wir uns treffen. Aber wo und wann?«
»Ich werde in die Schenke kommen und ein Glas Bier trinken.«
»Ist es nicht besser für Sie, wenn man Sie dort nicht sieht?«
»Pah! Man wird nicht wissen, wer ich bin!«
»Vielleicht müssen Sie lange warten.«
»Ich habe eine sehr gute Uebung in der Geduld.«
»Und werden Sie bemerken, wenn ich gehe? Ich werde mich oben im Saale befinden, während Sie in der Schänkstube sind.«
»Ich werde die Ohren offen halten und ebenso auch die Augen. Uebrigens brauchen Sie doch nur zur Thür herein zu blicken, wenn Sie gehen. Ich werde mich so setzen, daß ich Sie dann sehe.«
»Ich weiß nicht, ob es gerathen sein wird, mich in meinem Anzuge von Anderen sehen zu lassen.«
»Das müssen Sie darauf ankommen lassen. Uebrigens ersuche ich Sie, vorsichtig zu sein.«
»Ich werde nichts Unrechtes thun!«
»O, ich kenne das! Sie lieben das Mädchen, welches verführt werden soll; da ist bald etwas geschehen. Mag aber passiren, was da wolle, denken Sie daran, daß ich in Ihrer Nähe bin. Ich denke, daß ich nach Neun in der Schänke sein werde.«
»Darf ich fragen, wo Sie bis dahin zu suchen sind?«
»Können Sie das nicht errathen?«
»Nein.«
»Ich gehe zu Laube.«
»Ah, zum Nachtwächter am Schachte?«
»Ja.«
»Ist das nicht zu gefährlich, Herr Arndt?«
»Ich glaube nicht. Also, auf Wiedersehen!«
Er gab dem jungen Manne die Hand und ging. Sein Weg führte ihn durch die Stadt und dann hinaus zum Kohlenwerke. Als er dasselbe erreichte, schritt er an den einzelnen Gebäuden vorüber, bis er an einem erleuchteten Fenster stand, welches der großen Esse vis-à-vis lag. Er konnte nicht hindurch sehen, da ein altes Roulleaux die Einsicht unmöglich machte. Er klopfte. Eine Stimme rief »Herein!« Aber er trat nicht ein, sondern klopfte abermals. Da öffnete sich die Thür, neben welcher sich das Fenster befand, und ein weiblicher Kopf kam zum Vorschein.
»Was soll es sein?« wurde gefragt.
»Wohnt hier der Nachtwächter Laube?«
»Ja.«
»Kann ich einige Worte mit ihm sprechen?«
»Kommen Sie herein!«
»Ist er drin?«
»Ja.«
»Ich ziehe es vor, hier zu sagen, was ich zu sagen habe.«
»Aber es ist kalt, und er sitzt beim Essen!«
»Als Nachtwächter muß er an die Kälte gewöhnt sein, und das Essen stellen Sie gefälligst warm!«
Er sprach diese Worte in einem so befehlenden Tone, daß Sie keine Widerrede fand. Der Kopf verschwand, und eine Minute später kam die Gestalt des Wächters zum Vorschein.
»Warum bestehen Sie denn eigentlich darauf, nicht mit in die Stube zu kommen?« fragte er mürrisch, indem er den Drücker der noch offenen Thüre noch in der Hand behielt.
»Ist gestern Bormann auch mit in die Stube gegangen?« gegenfragte Arndt in kurzem Tone.
»Donnerwetter! Bormann? Wer sind Sie?«
»Machen Sie gefälligst erst die Thür zu!«
Der Wächter zog endlich die Thür in das Schloß. Er betrachtete den Fremden, so gut es die Dunkelheit gestattete, und bemerkte, daß dieser sich mit der Hand im rechten Auge wischte.
»Ah! Sie sind einer der Unsrigen?« fragte er.
»Wie Sie sehen!«
»Was wünschen Sie?«
»Auskunft.«
Arndt befand sich in einer fatalen Lage; aber er antwortete darauf los, als ob er nicht im Mindesten verlegen sei.
»Von wem?« fragte der Wächter weiter.
»Das können Sie sich doch denken!«
»Blos von mir also nicht?«
»Nein.«
»Also von ihm?«
»Natürlich!«
»Kennen Sie ihn?«
»Persönlich nicht.«
»Sie werden eine halbe Stunde warten müssen!«
»Das weiß ich!«
»So kommen Sie!«
Er schritt voran und führte Arndt nach einem bretternen Schuppen, in welchem sich eine Menge Stroh befand.
»Hier ist’s nicht so kalt,« sagte er. »Lassen Sie sich die Zeit nicht lang werden. Ich gehe, ihn zu holen.«
»Es wird mich doch Niemand hier entdecken?«
»Nein. Treten Sie nur so weit wie möglich hinter.«
Er entfernte sich, und Arndt zog es vor, auf das Stroh hinauf zu klettern, anstatt zur ebenen Erde zu bleiben. Dort oben konnte er schwerer gefunden werden als unten.
Die Zeit wurde ihm nicht lang. Er war außerordentlich neugierig auf den Mann, der jetzt kommen werde.
Es verging allerdings fast eine halbe Stunde, bis leise Schritte sich hören ließen. Dann sah er eine lange, hagere Gestalt, welche in den Schuppen trat. Er konnte sie trotz der herrschenden Dunkelheit ziemlich gut erkennen.
»Pst!« machte der Eingetretene.
»Sogleich!«
Er rutschte von dem Strohhaufen herab und stand nun vor dem jetzt erst Eingetretenen.
»Wer sind Sie?« fragte dieser.
»Hm! Wer sind denn Sie?«
»Ich bin es, der zu fragen hat!«
»Ich ebenso! Ist es überhaupt gebräuchlich, zu sagen, wer man ist?«
»Ah! So sind Sie also auch ein Anführer?«
»Jedenfalls.«
»Schön! Also, was wollen Sie?«
»Mich mit Ihnen über ein höchst lucratives Geschäft besprechen.«
»Ich stehe zu Diensten! Also, reden Sie!«
»Sind wir hier sicher?«
»Vollständig! Es befindet sich Niemand hier, der lauschen könnte. Es kommt auch Niemand, der uns überraschen möchte. Uebrigens habe ich Lauben befohlen, Wache zu halten. Wie kommen Sie zu ihm?«
»Die Eiche?«
»Noch weit mehr.«
»Sind Sie mit dem Schmiede im Einvernehmen?«
»Mit dem Helfensteiner? Ich habe keinen Grund, mich darüber zu äußern. Uebrigens haben Sie gestern schlechte Geschäfte gemacht!«
»Sehr, sehr schlechte! Dieser verdammte Fürst des Elendes!«
»Andere denken anders von ihm!«
»Wir aber nicht! Der Teufel mag ihn holen! Wer er nur eigentlich sein mag?«
»Ich bin ihm auf der Spur; er wird uns gewiß verfallen.«
»Ich will es hoffen! Aber, zu unserem Geschäft. Kennen Sie den Hauptmann?«
»Das ist Ihnen gleichgiltig! Verstanden? Ich habe einen Transport kostbarer Waaren über die Grenze zu schaffen und bedarf Ihrer Hilfe.«
»Auf Befehl?«
»Ja.«
»Wann soll es sein?«
»Ehe ich das sagen kann, muß ich vorher Anderes wissen. Ich nehme natürlich an, daß Sie der Anführer sind?«
»Alle Teufel! Wer denn sonst?«
»Sein nächster Verwandter.«
»Das entschuldigt nicht! Warum kommen Sie und nicht er?«
»Er wird abgehalten!«
»Wie aber nun, wenn es sich um Hochwichtiges handelt? Er scheint nicht die gehörige Vorsicht zu besitzen!«
»Herr, Sie können doch nicht verlangen, daß er Tag und Nacht vor dem Drahte steht, um auf die Glocke zu warten! Er hat noch Anderes zu thun!«
»Das mag sein! Aber ich muß mit ihm selbst sprechen.«
»Das ist jetzt wirklich unmöglich!«
»Wann sonst?«
»Heute nicht mehr!«
»Nicht mehr? Hm, das ist höchst unangenehm! Es handelt sich um einen Gewinn von – von –«
Er zog sein Notizbuch heraus und öffnete es. Zugleich griff er mit der anderen Hand in die Tasche und zog das chemische Laternchen hervor. Er leuchtete mit dem Letzteren auf das aufgeschlagene Blatt, blickte aber nicht auf dasselbe, sondern auf den vor ihm stehenden Mann.
Dieser war gar nicht darauf vorbereitet gewesen, angeleuchtet zu werden. Er fuhr schnell zurück; aber Arndt hatte doch bereits genug gesehen, nämlich die Spitze eines außerordentlich glatt rasirten Kinnes, welches unter der schwarzen Maske hervorblickte, und ein weißes Halstuch, welches den langen, hageren Hals nur halb bedeckte, obgleich es sehr weit über den Kragen der Jacke emporstieg. Der Fromme war erkannt.
»Also ein Gewinn von zwanzigtausend Gulden, wie hier zu lesen steht,« fuhr Arndt fort.
»Zwanzigtausend! Himmel! Das ist viel! Aber was war denn das für ein Fläschchen, Herr?«
»Eine Laterne.«
»Ich sah doch kein Lämpchen und kein Licht.«
»So haben Sie nicht aufgepaßt.«
»Zeigen Sie noch einmal heraus!«
»Was ich einmal wieder in der Tasche habe, kommt nicht mehr zum Vorschein. Ich bin nicht hier, um Laternenstudien zu treiben, sondern um mit Ihnen zu sprechen, oder vielmehr mit Dem, dessen Stellvertreter Sie heute sind.«
»Donnerwetter! Höflich sind Sie nicht!«
»Soll ich mich etwa freuen, wenn ich so weit herkomme und finde den Richtigen nicht?«
»Es ist nicht zu andern. Können Sie nicht morgen wiederkommen?«
»Das läßt sich noch nicht sagen.«
»Dann ist es fast zu spät.«
»Also ist es wirklich eilig?«
»Natürlich! Zumal Sie gestern eine solche Schlappe erhalten haben. Da werden die Grenzer es für ganz unmöglich halten, daß wir sofort wieder eine solche Summe wagen.«
»So machen Sie es doch möglich, morgen zu kommen!«
»Ich werde sehen.«
»Sagen Sie dem Wächter, daß er fünfmal klingeln soll, anstatt nur viermal, wie gewöhnlich!«
»Warum?«
»Dann wissen wir sofort, daß Sie es sind, und lassen Sie nicht lange warten. Wir haben fast eine Viertelstunde zu laufen, ehe wir durch den alten Stollen kommen.«
»Gut! Werde mir’s merken! Sonst noch Etwas?«
»Nein. Sie?«
»Auch nicht. Gute Nacht!«
»Gute Nacht!«
Arndt trat aus dem Schuppen heraus und verließ den Schacht, ohne sich ein einziges Mal umzusehen. Er war außerordentlich zufrieden über den Erfolg, den er errungen hatte.
Vorhin, als er Eduard verlassen hatte, war dieser in die Stube zu den Seinen zurückgekehrt, um das Mahl fortzusetzen. Sein Vater fragte ihn nicht, was er draußen gewollt hatte. Der alte Weber wußte, daß sein Sohn jetzt irgendein Geheimniß mit sich herumtrug; aber er war auch überzeugt, daß dieses Geheimniß nichts Böses sein werde.
Eben als das Mal beendet war und die Mutter die Schüsseln und Teller forttrug, hörte man draußen das Schellengeläute von Schlitten, welche vorüberfuhren.
»Da kommen die Städter!« meinte der Weber.
»Das Casino!« fügte seine Frau hinzu.
Bei diesen Worten warf sie einen besorgten Blick auf ihren Sohn, welcher sich Mühe gab, möglichst unbefangen auszuschauen.
»Wird Engelchen wirklich gehen?« fügte sie hinzu.
»Das wird Eduard wissen,« sagte der Vater.
»Sie geht,« antwortete der Sohn.
»Hast Du mit ihr gesprochen?«
»Ja.«
»Auch heute?«
»Ja. Ich gab ihr gute Worte.«
»Was antwortete sie?«
»Ich solle nach der Maskerade mit ihr sprechen.«
»Die Verblendete! Gott möge sie schützen! Aber wir haben unser Tischgebet vergessen!«
Er erhob sich, faltete die Hände und sprach, nachdem auch die Anderen aufgestanden waren, das gewöhnliche Gebet. Als er fertig war, wollten sich die Anderen wieder setzen; er aber sagte: »Laßt uns auch für das Kind des Nachbars beten, damit Engelchen nicht von den Versuchungen umstrickt werde, denen sie entgegen geht.«
Er griff in den Spulkorb seines Arbeitsstuhles, nahm das alte Gesangbuch zur Hand, welches dort stets aufbewahrt wurde, schlug es auf und las:
»Oft klagt das Herz, wie schwer es sei,
Den Weg des Herrn zu wandeln,
Und täglich, seinem Worte treu,
Zu denken und zu handeln.
Wahr ist’s: die Tugend kostet Müh;
Sie ist der Sieg der Lüste;
Doch richte selbst: Was wäre sie,
Wenn sie nicht kämpfen müßte?« –
In diesem Augenblicke hörte man, daß draußen die Hausthür geöffnet wurde; der Weber aber fuhr ungestört fort:
»Des Lasters Bahn ist anfangs zwar
Ein breiter Weg durch Auen;
Allein, sein Fortgang bringt Gefahr,
Sein Ende Nacht und Grauen.
Der Tugend Pfad ist anfangs steil,
Läßt nichts als Mühe blicken;
Doch weiter führet er zum Heil
Und endlich zum Entzücken!« –
Jetzt war die Stubenthür aufgegangen. Es trat Jemand ein, auf den sich Aller Blicke richteten, nur derjenige des Vaters nicht. Dieser Letztere fuhr vielmehr unbeirrt fort:
»Lern nur Geschmack am Wort des Herrn
Und seiner Gnade finden,
Und übe Dich, getreu und gern,
Dein Herz zu überwinden!
Wer Kräfte hat, wird durch Gebrauch
Von Gott noch mehr bekommen;
Wer aber nicht hat, dem wird auch
Das, was er hat, genommen. –
Gieb Kraft, Gott, da, wo keine ist,
Gieb Kraft, das Fleisch zu dämpfen!
Gieb Kraft, wenn Satan’s Macht und List
Uns schwächen will im Kämpfen!
Wenn uns die Welt viel Anstoß stellt,
Gieb Kraft sie zu vernichten!
So wird in Noth, ja, selbst im Tod,
Uns Deine Kraft aufrichten!« –
Jetzt erst machte er das Gesangbuch zu und warf einen Blick nach der Stubenthüre. Dort stand – Nachbar Hofmann.
»Guten Abend!« sagte dieser, aber nicht etwa in einem sehr freundlichen Tone.
»Guten Abend!« antworteten Alle.
Selbst die Kleinen, auch die Kinder des todten Schreibers, die sich ja hier in Pflege befanden, stimmten mit ein. Der alte Hauser schob einen Stuhl an den Tisch und sagte: »Setze Dich, Nachbar, und sei uns willkommen!«
Der Angeredete trat zögernd näher, setzte sich wie Einer, der sofort wieder gehen will, nur auf die eine Hälfte des Sessels und meinte, indem er mit den Augen in die Ecke blickte: »Danke! Ich will nicht incommodiren und werde auch gar nicht lange hier bleiben!«
»Incommodiren? Wo denkst Du hin! Wie werden Nachbarsleute sich incommodiren können?«
»O, doch vielleicht! Ich komme nämlich, um zu fragen –«
Er stockte doch. Er wußte ganz genau, daß der Grund seines Besuches kein sehr nachbarlicher war.
»Nun? Was willst Du fragen?«
»Nach dem Holze wollte ich fragen.«
»Ah, nach den Stückchen Holz, welche Du uns am Sonnabend geborgt hast, Nachbar?«
»Ja.«
»Hat meine Frau sie nicht hinübergebracht?«
»Also für ungefähr einen Pfennig! Willst Du das Holz haben oder das Geld?«
»Das Holz ist mir lieber.«
»So mag es Dir ein Kind hinüberbringen.«
»Aber bald! Ich brauche das Meinige selbst nothwendig. Noch besser aber ist es, ich nehme es selbst gleich mit.«
»Warum? Es sind ja Kinder genug da.«
»Das sehe ich. Aber, Nachbar, daß ich es Dir nur gleich sage: Es liegt mir gar nichts daran, wenn Jemand von Euch noch einmal zu mir hinüber kommt.«
Der alte, brave Hauser horchte hoch auf.
»Wie?« fragte er. »Nichts daran liegt Dir? Das begreife ich nicht, und das verstehe ich nicht! Wir sind ja so lange Zeit gute und getreue Nachbarn gewesen, fast so lange ich nur denken kann!«
»Wir brauchen ja auch nicht gerade Feinde zu werden; aber es kann nichts nützen, wenn es so fortgeht, wie es bisher war!«
»Warum? Was haben wir Dir gethan?«
»Das fragst Du noch? Hat hier der Eduard nicht heute wieder mit meiner Angelica gesprochen?«
»Ja. Er selbst hat es mir gesagt. Soll er das nicht?«
»Nein. Ich verbiete es ein für alle Male!«
»Warum?«
»Er schamerirt mit ihr; aber er ist kein Mann für meine Tochter.«
»Ist es das! Nun, da kann ich allerdings nicht mit Dir rechten. Du bist Engelchens Vater und hast Deine Pflicht zu thun.«
»Das denke ich auch! Es freut mich, daß Du das einsiehst. Uebrigens hat mir Seidelmann verboten, mit Euch zu verkehren.«
»Der? Warum der?«
»Nun, das ist seine Sache. Zudem wird Engelchen in Seidelmanns Haus ziehen.«
»Ist’s möglich? Was soll sie dort?«
»Sie bekommt da eine Stelle, eine sehr schöne Stelle.«
»Als was?«
»Als – hm, wie sagte er nur gleich! Es ist so etwas Vornehmes. Stütze der Hausfrau, glaube ich, heißt es.«
»Das verstehe ich nicht. Ich kenne nur zwei Ausdrücke, nämlich Kindermädchen und Magd. Eine Magd hat Seidelmann schon, und ein Kindermädchen braucht er nicht.«
»Aber eine Stütze!«
»Er!«
Da blickte der Nachbar zornig auf und antwortete:
»Willst Du mich etwa beleidigen?«
»Nein, das fällt mir nicht ein. Aber, Nachbar, warnen möchte ich Dich!«
»Ich brauche weder eine Warnung, noch einen Rath von Dir! Ich weiß selbst, was ich zu thun und zu lassen habe!«
»Nun, so wollen wir es in Gottes Hand legen!«
»Das ist das Beste, was ihr thun könnt.«
»Wir haben es bereits gethan. Du hast die Worte gehört, welche ich vorgelesen habe?«
»Ja.«
»Nun, sie galten Deinem Engelchen. Wir haben für sie gebetet.«
Da stand Hofmann auf und sagte in zornigem Tone:
»Gebetet? Für sie! Wer hat Euch das erlaubt? Wer giebt Euch das Recht, für meine Tochter zu beten?«
»Das Recht? O, nicht allein dieses haben wir, sondern es ist sogar unsere Pflicht, für unseren Nächsten zu beten.«
»Aber Ihr habt keine Veranlassung dazu!«
»Darüber zu urtheilen, das überlasse uns, Nachbar. Ich bete, wenn ich das Herzensbedürfniß dazu habe.«
»So betet denn in des Kukuks Namen fort; aber kommt mir ja nicht wieder in mein Haus!«
Er erhob sich und wollte gehen. Da aber legte Eduard ihm die Hand auf den Arm und fragte:
»Weiß Engelchen schon, daß sie zu Seidelmanns zieht?«
»Nein. Ich habe es ihr noch nicht gesagt. Warum?«
Der junge Mann athmete erleichtert auf und antwortete:
»Weil ich mir denke, daß sie es nicht thun wird.«
»Oho! Warum?«
»Sie würde sich einem bösen Gerüchte aussetzen.«
»Das laß’ nur ganz meine Sorge sein, Bursche! Der Lohn, welchen sie bekommt, ist mitzunehmen. Und was das böse Gerücht betrifft, so giebt es sicherlich keine schlimmere Nachrede, als die, daß mein Engelchen mit Dir verkehrt. Gute Nacht!«
Er bückte sich am Ofen nieder, nahm einige Scheite Holz auf und ging. Frau Hauser schlug die Hände zusammen und sagte: »Haben wir schon einmal so etwas erlebt, Vater?«
»Noch nicht, Mutter. Der Teufel des Hochmuths hat ihn ergriffen. Aber laß’ das gut sein. Wir wollen noch nicht richten!«
Im Inneren Eduard’s gab es eine große Unruhe. Er hatte sich in den letzten Tagen alle Mühe gegeben, sie nicht bemerken zu lassen. Sie wurde gesteigert durch das, was er jetzt gehört hatte. Es litt ihn nicht in der Stube. Er ging hinaus, um kühle Luft einathmen zu können.
Er schritt langsam die Gasse hinauf, bis er die Schänke erreichte. In dieser ging es gar lustig her. Der Saal war hell erleuchtet. Musik erschallte. Und auch die untere Gaststube schien bereits ziemlich gefüllt zu sein.
Er holte tief Athem und kehrte zurück. Eine Gestalt kam ihm entgegen, eine weibliche Gestalt, tief in ein Tuch gehüllt. Sie wollte schnell an ihm vorüber; aber er erkannte sie doch. Sollte er sie anreden oder nicht? Sein Zorn sagte ›Nein‹, sein Herz aber gebot ihm das Erstere.
»Engelchen!« sagte er.
Sie ging weiter, ohne zu antworten.
»Engelchen!«
Auch hierauf hörte sie nicht. Da eilte er ihr nach, ergriff sie am Arme und fragte:
»Sag’ mir das Eine! Wirst Du wirklich zu Seidelmanns ziehen?«
Das hielt sie fest.
»Zu Seidelmanns?« fragte sie schnell. »Was soll ich dort?«
»Eine Stelle sollst Du haben.«
»Als was?«
»Als Stütze der Frau.«
»Und wer hat das gesagt?«
»Dein Vater. Weißt Du nicht, daß er jetzt bei uns war?«
»Nein. Er ist am Nachmittage bei Seidelmanns gewesen und hat Garn zu Schuß und Kette geholt.«
»Da werden sie von dieser Stelle gesprochen haben. Er kam zu uns, holte sich das Holz, welches er uns geborgt hat, und verbot mir, jemals wieder mit Dir zu sprechen.«
»Davon weiß ich wirklich kein Wort.«
»Nun, so weißt Du es jetzt. Also, ich darf nicht mehr mit Dir reden. Dir ist das natürlich recht. Gute Nacht, Engelchen!«
Er wollte gehen. Jetzt aber hielt sie ihn zurück und fragte:
»Hat er das wirklich gesagt, wirklich?«
»Ja.«
»Und Du willst – willst ihm gehorchen?«
»Natürlich! Du willst doch auch nichts mehr von mir wissen!«
»Wer hat das gesagt?«
»Das braucht gar Niemand zu sagen; das bemerke ich schon ohne dieses. Was hast Du hier unter dem Umschlagtuche, Engelchen! Nicht wahr, den italienischen Anzug?«
»Ja,« antwortete sie leise und zögernd.
»Du gehst auf das Maskenfest?«
»Ja; ich kann nicht anders.«
»Und wenn ich Dich nun abermals bitte, zum letzten Male bitte, es nicht zu thun?«
»Der Vater hat’s befohlen!«
»Kann er Dich dazu zwingen?«
»Er ist jetzt so streng, und ich – ich – ich habe mich selbst sogar sehr darauf gefreut. Du darfst nicht zu viel verlangen.«
»Engelchen, ein braves Mädchen geht nur dahin, wohin sie gehört!«
Da hob sie schnell das Köpfchen und sagte:
»Meinst Du etwa, daß ich nicht im Casino verkomme?«
»Warum nicht! Aber Du findest dort Deine Gesellschaft nicht!«
»Wenn sie es nicht ist, so kann sie es noch werden. Gute Nacht!«
Sie eilte fort. Er hatte wieder jenen Punkt berührt, an welchem sie so empfindlich war. Um diese wunde Stelle zu heilen, mußte die Sonde des Schmerzes oder der Enttäuschung angesetzt werden. Engelchen hatte einen Theil des väterlichen Hochmuthes geerbt.
Als sie die Schänke erreichte, zog sie ihre seidene Halbmaske, welche sie mit dem Anzuge erhalten hatte, aus der Tasche und befestigte sie vor das Gesicht. Dann stieg sie die Treppe empor.
Oben an der Thür stand die Magd des Wirtes, um die Ueberkleider in Empfang zu nehmen. Engelchen wurde von ihr nicht erkannt. Sie gab ihr Tuch ab und trat in den Saal.
Es war doch ein eigenes Gefühl, mit welchem sie diesen Schritt that. Fast war es ihr, als ob sie wieder umkehren solle. Es war ihr jetzt beinahe ängstlich zu Muthe. Aber zum Umkehren gab es keine Zeit mehr, denn Aller Augen waren auf sie gerichtet.
In demselben Augenblicke begannen die Musikanten einen flotten Walzer. Eine männliche Maske kam auf Engelchen zu, verbeugte sich und sagte: »Endlich, endlich! Ich habe mit herzlicher Sehnsucht auf Dich gewartet, schöne Italienerin. Bitte, diesen Walzer!«
Er legte den Arm um sie, und sie flog mit ihm durch den Saal. Während sie dann ruhten, nahm er den Arm gar nicht von ihrer Taille. Er flüsterte ihr zu: »Sie ahnen, daß ich es bin, der Sie eingeladen hat?«
»Ja,« nickte sie.
»Sind Sie gern gekommen?«
»Sehr gern!«
»Ihre Eltern haben es erlaubt?«
»Sonst hätte ich ja nicht wagen können, zu kommen!«
»Aber Ihr Bräutigam, Ihr Geliebter?«
Ihr Köpfchen senkte sich. Sie zögerte, zu antworten. Darum wiederholte ihr Tänzer in dringlichem Tone: »Was sagte er?«
»Ich habe keinen!« antwortete sie jetzt.
»Keinen Bräutigam und auch keinen Geliebten?«
»Nein.«
»Wie herrlich! Da engagire ich Sie für den ganzen Abend! Darf ich das? Sind Sie damit einverstanden, Fräulein Hofmann?«
Fräulein Hofmann! Wie vornehm das klang! Welch eine prächtige Maske er trug, und die Ringe an seinen Fingern funkelten! Konnte sie anders antworten, als: »Gern! Sie sind es ja, der mich eingeladen hat!«
»So kommen Sie!«
Wieder ging es zum Tanze, und dann führte er sie an einen Tisch, an welchem Wein und andere Erfrischungen zu haben waren. Sie mußte trinken und von Delicatessen kosten, deren Namen sie nicht kannte, ja, die sie in ihrem Leben noch nicht gesehen hatte.
Dann wurde sie in die Unterhaltung gezogen. Männliche und weibliche Masken kamen, um sie zu necken oder auch ein paar ernste Worte zu sagen. Diese vornehmen Damen und Herren hatten zwar Alle ihre Gesichter verhüllt, aber sie waren so freundlich, so lustig, so zutraulich! O, wer doch auch so reich und so vornehm sein und immer an solchen Vergnügungen Theil nehmen könnte!
Wer aber war ihr Tänzer? Sie vermochte nicht, dies zu errathen; aber sie bemerkte, daß er bei den Anderen in Ansehen stand und daß er oft um Rath oder gar um Genehmigung gefragt wurde. Er mußte also in dem Vereine Casino Etwas zu bedeuten haben.
Jetzt saß sie an seiner Seite, und er hielt ihre Hand in der seinigen. Am Eingange lehnte eine Maske, welche die Augen nicht von den Beiden ließ. Seidelmann hatte sie noch nicht bemerkt; jetzt aber fiel sein Blick zufällig nach jener Richtung, und da erhob er sich schnell.
»Ah, endlich!« sagte er. »Ich glaubte schon, daß er gar nicht nachkommen werde.«
»Wer?« fragte Engelchen.
»Der dort an der Thür.«
»Wer ist es?«
»Ein Freund von mir. Als er abgeholt werden sollte, hatte er erklärt, daß er noch nicht könne, aber bald folgen werde.«
Er schritt über den Saal hinweg, auf die Maske zu, gab ihr die Hand und sagte:
»Willkommen! Ich verzichtete schon darauf, Dich zu sehen. Aber mit welcher Gelegenheit bist Du gekommen?«
Er glaubte natürlich, den jungen Kaufmann Strauch vor sich zu haben, und ahnte nicht, daß es Der sei, dem er in letzter Zeit so feindselig gegenüber getreten war. Eduard bemerkte aus diesen Worten, daß Seidelmann gewußt habe, welche Maske Strauch tragen werde. Er sah ein, daß es am Besten sei, so ungenirt wie möglich aufzutreten; darum antwortete er frisch weg: »Es paßte gerade, daß ich mit einem hiesigen Geschirr fortkommen konnte, sonst hätte ich mich wohl in Verlegenheit befunden. Auf dem Rückweg wird es wohl ein Plätzchen für mich bei den Anderen geben.«
Er war öfters bei Strauch’s gewesen und wußte, daß der junge Strauch ein Wenig mit der Zunge anstieß. Dies ahmte er, so gut es gehen wollte, nach. Uebrigens verstand es sich ganz von selbst, daß die Stimme durch die Larve verändert wurde.
»Der Anzug sitzt Dir ausgezeichnet,« sagte Seidelmann, indem er ihn vom Kopfe bis zum Fuße herab musterte. »Ich bin neugierig, ob Dich Deine Marie erkennen wird! Aber, ich sehe doch Deine Ringe nicht.«
»Die habe ich abgezogen, eben damit sie mich nicht erkennen soll.«
»Schlaukopf! Aber mich fragst Du nicht?«
»Was sollte ich fragen?«
»Ob es mir gelungen ist!«
Eduard ahnte, daß es sich um Engelchen handle; aber er durfte nicht mit der Thür in’s Haus fallen; er mußte vorsichtig sein; darum sagte er: »Da wäre Fragen unnütz. Ich werde es ja sehen.«
»Hast Du es nicht schon gesehen?«
»Hm! Ich errathe! Ist sie es?«
»Natürlich! Wie gefällt sie Dir?«
»Na, so leidlich.«
»Leidlich? Bist Du blind? Vergleiche sie mit den Anderen! Sie ist unbedingt die Schönste von Allen. So frisch, so reizend, rein zum Anbeißen. In diesem Anzuge sieht man erst, was sie werth ist.«
»Das genirt nicht! Siehe ihr Haar, ihren Mund, der unter der Maske hervorblickt, diesen Hals, diesen Busen, der das römische Mieder zu zersprengen droht, diese vollen Arme, schneeweiß und doch ohne Puder!«
Eduard hustete. Er hätte den Sprecher niederschlagen mögen. Er selbst sah ja jetzt erst, wie schön Engelchen war. Und gerade jetzt sollte er sie aufgeben und verlieren!
»Was hustest Du?« fuhr Seidelmann fort. »Weil ich so begeistert bin und Du nicht? Ja, Du hast Fischblut. Ich aber gehe in Flammen auf, wenn ich eine solche Schönheit sehe. Sie muß mein werden!«
»Oho! Dazu sind diese Weberstöchter zu – zu – zu sittsam!«
»Papperlapapp! Man weiß diese Sittsamkeit zu besiegen. Sie wird Champagner trinken. Uebrigens wird sie in unserem Hause in Dienste treten. Ich machte dieses Anerbieten heute ihrem Vater.«
»Und er ist darauf eingegangen?«
»Ja.«
»Wird auch sie ihre Zustimmung geben?«
»Natürlich. Erstens wird sie müssen, weil ihr Vater will, und zweitens ist der Eintritt in unser Haus für sie eine ebenso große Ehre wie die Erlaubniß, am heutigen Feste theilzunehmen. Sie scheint ein Wenig eingebildet zu sein und wird ebenso gern in unsere Dienste treten, wie sie heute hierher gekommen ist.«
»Damit ist noch nichts erreicht!«
»Du scheinst mir wirklich nicht zuzutrauen, daß ich im Stande bin, eine solche Eroberung zu machen!«
»Mädchen dieses Standes pflegen hartnäckig und fest zu sein!«
»Pah! Wollen wir wetten, daß ich sie heute noch besiege?«
»Das gelingt Dir nicht!«
»Ich frage, ob Du mit mir wettest!«
»Wie hoch?«
»Fünfzig Gulden!«
»Da thue ich allerdings mit. Aber es handelt sich um die Sicherheit; ich muß mich überzeugen können.«
»Das sollst Du. Also, ich sage, daß ich noch heute, hier, dieses Mädchen besiegen werde, und Du bestreitest es?«
»So ist es! Nur fragt es sich, was Du mit dem Worte ›besiegen‹ bezeichnen willst.«
»Das bedarf eigentlich gar keiner Erklärung. Sie wird mein werden, wie die Frau dem Manne gehört.«
»Das bestreite ich allerdings. Also, die Wette gilt. Aber wie willst Du mir Sicherheit und Ueberzeugung bieten?«
»Sakkerment! Ich soll dabeisein?«
»Ja.«
»Da wirst Du erst recht nichts erreichen!«
»Dennoch! Sie wird Dich nicht bemerken. Da drüben über dem Gange giebt es nämlich ein kleines Gastzimmerchen mit Sopha, Bett, Tisch und zwei Stühlen. Da ich mir vorgenommen hatte, mit dem hübschen Mädchen heute ein Stündchen allein zu sein, so habe ich das Stübchen für mich gemiethet. Der Schlüssel steckt bereits hier in meiner Tasche. Wenn sie einige Gläser Champagner getrunken hat, wird sie warm und liebevoll geworden sein. Dann wird man uns, selbst wenn man uns vermißt, nicht finden.«
»Verdammt gut ausgedacht!« knirschte Eduard.
»Nicht wahr, Alter? Glaubst Du nun immer noch nicht, daß das Mädchen mir gehören wird?«
»Nein.«
»Du hältst also die Wette aufrecht?«
»Ja.«
»Nun gut! Einige Augenblicke, bevor ich mich zurückziehe, werde ich es Dir sagen, Du gehst dann in das Zimmer und versteckst Dich, so daß Du von ihr nicht gesehen wirst.«
»Wohin?«
»Das Bett ist ein Himmelbett mit Vorhängen. Zwischen ihm und der Fensterwand ist so viel Raum, daß Du einen Stuhl einschieben kannst, um Dich darauf zu setzen.«
»Schön! Da werde ich es sehr bequem haben.«
»Das Sopha steht so, daß Du von dort aus gar nicht gesehen und bemerkt werden kannst, falls es Dir nicht etwa einfällt, zu husten, zu nießen oder sonst irgend eine Dummheit zu machen.«
»Das wird mir gar nicht einfallen. Aber sage, wird Dich meine Anwesenheit denn nicht geniren?«
»Ganz und gar nicht. Der Sieger kann sich nur freuen, wenn er weiß, daß er einen Zeugen seines Sieges, einen Bewunderer hat.«
»Kerl, Du bist scham-und gewissenlos!«
»Pah! Ich werde fünfzig Gulden gewinnen! Aber wann die Wette zu zahlen ist, darüber haben wir noch nichts gesagt!«
»Bestimme Du!«
»Morgen Abend!«
»Gut. Wie aber finde ich das Zimmer?«
»Du gehst an der Treppe vorüber und über den Gang hinweg. Es ist die zweite Thür.«
»Wäre es nicht besser, Du gäbst mir gleich den Schlüssel?«
»Warum?«
»Weil ich ihn doch einmal eher brauche, als Du.«
»Gut, hier! Aber stecken lassen mußt Du ihn natürlich, sonst können wir nicht hinein. Ich werde ihn dann abziehen.«
»Und wenn Ihr wieder geht, so lässest Du offen, damit auch ich mich dann entfernen kann.«
»Das versteht sich ganz von selbst. Aber, ich glaube, meine Kleine wird ungeduldig. Und auch Deine Marie giebt sich Mühe, Dich unter den Masken zu erkennen. Halten wir uns jetzt fern von einander, damit Niemand meint, daß wir einen Plan haben!«
Er kehrte zu Engelchen zurück, und Eduard war gezwungen, trotz seiner mehr als ernsten Stimmung an dem Vergnügen theilzunehmen. Er tanzte; er trank zuweilen einen Schluck Wein, welcher zur Disposition Jedermanns stand, ließ aber dabei Seidelmann und Engelchen so wenig wie möglich aus dem Auge. Er hatte sich noch nie in solcher Gesellschaft befunden, aber er fand, daß es ihm nicht schwer fiel, sich ohne alle Fehler zu bewegen.
Erst war er höchst begierig gewesen, zu erfahren, wer es war, der Engelchen eingeladen hatte. Nun wußte er es. Er hatte Seidelmann an seinem großen Siegelringe erkannt, und nun war ihm auf einmal Vieles klar. Seidelmann betrachtete ihn als Nebenbuhler, und darum hatte er ihm in letzter Zeit auf alle mögliche Weise zu schaden gesucht.
Eduard war mit dem festen Vorsatze hergekommen, die Geliebte zwar zu beobachten, sonst aber ganz und gar nicht handelnd einzugreifen. Sie war für ihn verloren. Jetzt aber, da er Den erkannt hatte, dem sie zum Opfer fallen sollte, regte sich ein fürchterlicher Grimm in ihm, und zugleich ward er sich der ganzen Größe und Innigkeit seiner Liebe bewußt. Nein, dieser Seidelmann, dieser Mensch sollte nicht über die Reinheit Angelica’s triumphiren; dieser Bube am Allerwenigsten!
Die Zeit verging, und die Gesellschaft wurde immer lustiger und lustiger. Einige Paare hatten sich erkannt, Andere wieder nicht. Um Mitternacht sollte Demaskirung sein. Jetzt war es zehn Uhr. Da trat Seidelmann zu Eduard heran und raunte ihm zu: »Jetzt kannst Du gehen!«
»Will sie denn mit?«
»Ja. Ich glaube, daß der Champagner gewirkt hat. Also mache schnell, denn ich komme gleich nach!«
Er wendete sich ab, und Eduard folgte der erhaltenen Weisung. Er verließ den Saal. Draußen war die Magd, welche die Garderobe zu besorgen hatte, nicht zu sehen. Sie mochte geglaubt haben, sich entfernen zu können, da man ihrer Dienste wohl erst beim Aufbruche der Gesellschaft wieder bedurfte. Darum erreichte Eduard vollständig unbemerkt die Thür des betreffenden Stübchens, zog den Schlüssel hervor, öffnete und trat ein. Er verschloß die Thür natürlich nicht wieder.
Auf dem Tische stand ein Licht, welches, seit man es hierher gestellt hatte, fast ganz herabgebrannt war. Die Möbel waren dieselben, wie Seidelmann angegeben hatte. Zwischen dem Seitenvorhange des Bettes und der Fensterwand gab es einen freien Raum, welcher ungefähr zwei Fuß breit war. Da hinein schob Eduard einen der Stühle und nahm darauf Platz.
Der Bettvorhang verbarg ihn vollständig, und nun wartete er der Dinge, die da kommen sollten.
Bereits nach kurzer Zeit hörte er nahende Schritte. Die Thür wurde geöffnet, und Eduard vernahm Engelchens Stimme: »Hier herein? Ich wollte doch hinab, um Luft zu schöpfen.«
»Das würde nicht gerathen sein, Fräulein Hofmann,« antwortete Seidelmann. »Da unten würde Ihre Maske eine Menge neugieriger Augen auf sich ziehen. Uebrigens haben Sie zur Genüge frische Luft. Es ist ja nicht geheizt. Bitte, tretet Sie ein!«
Er zog sie sanft in das Zimmer, nahm den Schlüssel herein, steckte ihn ein, und daß er dann den Riegel vorschob, bemerkte das Mädchen gar nicht. Er führte Engelchen nach dem Sopha und sagte: »Bitte nehmen Sie einige Minuten hier Platz!«
Sie ergriff einen Stuhl, um sich darauf zu setzen, er aber zog ihr denselben weg und bemerkte dabei: »O nein! Die Königin des Festes auf einem Holzstuhle! Das könnte ich gar nicht verantworten. Bitte, bitte!«
Er schob sie bei diesen Worten auf das Sopha. Das war freilich nicht so, wie sie wollte; aber er war so höflich. Durfte sie ihn beleidigen? Das wäre undankbar gewesen. Um nur etwas zu sagen, strich sie sich mit der Hand über die feuchte Stirn und sprach: »Es war so heiß. Das viele Tanzen macht drehend, wenn man es nicht gewöhnt ist.«
»Sie tanzen also wenig?« fragte er.
Dabei setze er sich neben sie auf das Sopha. Sie rückte so weit wie möglich zur Seite und antwortete: »Sehr wenig. Vater ist kein Freund davon.«
»Um so mehr muß ich mich geehrt fühlen, daß er es Ihnen erlaubt hat, hierher zukommen! Aber bitte, wollen Sie nicht die Güte haben, Ihre Maske abzunehmen? Sie schwitzen doch!«
Er langte selbst hin, knüpfte die Schnur auf und zog ihr die Verhüllung vom Gesichte. Ein von der Anstrengung des Tanzes und vor Verlegenheit rothes Gesicht blickte ihm entgegen.
»Wie schön Sie sind, liebes Engelchen!« sagte er, indem er ihre Hand ergriff und an sein Herz drückte.
Sie erglühte noch mehr, antwortete nicht, gab sich aber alle Mühe, ihm ihre Hand zu entziehen.
»Nein, nein, lassen Sie mir dieses reizende, kleine Händchen! Ich wollte, es wäre mein Eigenthum! Sie sagten mir vorhin, daß Sie keinen Verlobten hätten. Ist das wirklich wahr?«
»Auch keinen Geliebten?«
»Auch nicht.«
»So ist also Ihr Herzchen völlig frei?«
Sie blickte zur Seite und antwortete, erst nach einem Weilchen:
»Ja.«
»Aber ich habe doch von Anderen gehört, daß es Einen gebe, den Sie lieb haben, liebes Engelchen!«
»Wer sollte das sein?«
»Der junge Hauser. Hat man mich da falsch berichtet?«
»Sehr falsch!«
»Das freut mich mehr, als Sie denken können! Ich habe Sie schon seit Langem beobachtet. Ich habe gesehen, wie schön, wie lieb, wie reizend Sie sind. Ich habe gewünscht, einmal mit Ihnen allein sein zu können. Und nun heute ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen. Ich fühle mich so glücklich wie noch nie in meinem ganzen Leben!«
Er wollte den Arm um sie legen: aber es gelang ihr doch, sich ihm zu entziehen.
»Sie scherzen nur mit mir!« antwortete sie.
»Ich scherzen? In diesem Augenblicke ist es mir ganz und gar nicht wie Scherz. Ich fühle, wie lieb, wie unendlich lieb ich Sie habe; Sie sind es werth, die Frau eines reichen, gebildeten Mannes zu sein, und wenn ich wüßte, daß Sie meine Liebe erwiedern könnten, so würde ich den heutigen Abend segnen!«
Er wollte sie näher an sich heranziehen; sie jedoch entzog ihm ihre Hand und antwortete: »Wer sind Sie? Ich kenne Sie nicht!«
»Soll ich die Maske abnehmen, Engelchen?«
»Ich bitte darum. Ich muß doch wissen, bei wem ich mich befinde.«
»Nun, da; sehen Sie!«
Er nahm die seidene Maske ab; sie erblickte sein Gesicht und – erbleichte. Doch bereits im nächsten Augenblicke kehrte das Blut verrätherisch in ihre Wangen zurück.
»Herr Seidelmann!« rief sie überrascht.
»Pst, Kind! Nicht so laut! Man soll uns doch nicht hören! Sind Sie erschreckt, mich hier zu sehen?«
»Nein. Aber bitte, lassen Sie uns gehen!«
»Wohin? Nach dem Saale?«
»Nein. Ich muß nach Hause.«
Sie erhob sich und wollte den Tisch von sich schieben, um vom Sopha fort zu können. Er aber erfaßte sie, zog sie sanft wieder neben sich nieder und sagte in bittendem Tone: »Bleiben Sie! Bleiben Sie wenigstens noch einige Augenblicke, bis Sie Alles gehört haben, was ich Ihnen sagen muß. Seien Sie einmal aufrichtig! Fürchten Sie sich vor mir?«
Sie blickte ihm fest in das Gesicht und antwortete:
»Nein.«
»Nun, warum wollen Sie da fliehen?«
»Weil ich nicht zu Ihnen gehöre.«
»Das bestreite ich. Ich habe Ihnen ja bereits gesagt, daß ich Sie liebe. Gehören Leute, welche sich lieben, nicht zu einander?«
»Daß Sie mich lieben, sagen Sie; aber ich glaube es nicht!«
»Soll ich es Ihnen beweisen?«
Sie war ernst geworden. Hatte der Champagner wirklich eine Wirkung auf sie hervorgebracht, so war dieselbe jetzt verschwunden. Sie sah das trotz seiner Jugend bereits ziemlich abgelebte Gesicht des Kaufmannes hart neben dem ihrigen; sie sah seine Augen mit unkeuschem, gierigem Ausdruck auf sich gerichtet, und da nun, diese Blicke erst brachten sie zu der Erkenntniß, daß die Warnung Eduard’s guten Grund gehabt hatte. Noch nie, nie in ihrem Leben hatte sie sich so entblößt getragen!
Sie schämte sich jetzt vor sich selbst. Eine tiefe Gluth bedeckte ihr Gesicht und lief bis zum Nacken hin.
»Bitte, antworten Sie!« sagte er.
»Herr Seidelmann, lassen Sie mich fort! Ich wiederhole, daß ich nicht zu Ihnen gehöre.«
Er glaubte, sie sage dies in Rücksicht auf ihre Armuth und seinen Reichthum. Er deutete ihr Erröthen zu seinem Gunsten. Darum ergriff er ihre beiden Hände und hielt sie fest.
»Engelchen, Sie haben Unrecht! Ich liebe Sie von ganzem, aufrichtigem Herzen! Wollen Sie meine Frau werden?«
Sie schüttelte langsam den Kopf und antwortete:
»Ihre Frau? Die kann ich niemals sein!«
»Warum nicht?«
»Sie sind reich!«
»Aber ohne Sie würde ich mich dennoch arm fühlen. Ich werde Ihnen beweisen, wie lieb ich Sie habe. Hat Ihnen Ihr Vater nicht gesagt, worüber ich heute mit ihm gesprochen habe?«
»Nein.«
»Ich habe zwar nicht von meiner Liebe gesprochen, aber ich habe eine Verabredung mit ihm getroffen, welche im Stande ist, den Unterschied zwischen mir und Ihnen nach und nach zu beseitigen.«
Sie blickte ihn erwartungsvoll an. Sie mußte an die Worte denken, welche Eduard unten auf der Gasse gesprochen hatte.
»Welche Verabredung wäre das?« fragte sie.
»Hätten Sie nicht Lust, in unser Haus zu ziehen?«
»In Ihr Haus? Was sollte ich da?«
»In irgend einer lohnenden Stellung in meiner Nähe sein.«
»Das geht nicht. Ich kann nicht von zu Hause fort. Ich bin das einzige Kind meiner Eltern; sie können mich nicht entbehren.«
»O, doch! Ihr Vater hat versichert, daß er es Ihnen erlaube, zu uns zu ziehen.«
»Als Dienstmädchen?«
»Wo denken Sie hin! Sie, eine wahre Königin an Schönheit, und Dienstmädchen? Das wäre die größte Sünde, welche ich mir nur denken kann! Nein. Wissen Sie, in der Residenz giebt es Stellungen, welche man mit dem Ausdrucke ›Stütze der Hausfrau‹ bezeichnet. Eine junge Dame in dieser Stellung kommt gleich nach der Hausfrau. Sie erhält ein sehr hohes Salair, gehört mit zur Familie und ist die Gebieterin über sämmtliches Gesinde. Hätten Sie nicht Lust, eine solche Stellung zu begleiten?«
»Nein.«
»Ah! Warum nicht?«
»Weil mich meine Eltern brauchen, wie ich Ihnen bereits sagte.«
»Aber ich sagte Ihnen bereits, daß Ihr Vater einwilligt, daß Sie als Stütze der Hausfrau zu uns ziehen.«
»Ich bleibe dennoch daheim!«
»Aber Sie erhalten hundert Gulden Gehalt!«
»Hundert Gulden? Das ist viel!«
»Und von mir erhalten Sie heimlich noch eben so viel!«
Ihre Augen richteten sich groß und erschrocken auf ihn. Sie fragte:
»Von Ihnen? Wozu?«
»Hm! Für eine Kleinigkeit. Eben, weil ich Sie liebe!«
»Was meinen Sie mit dieser Kleinigkeit?«
»Ich hege den Herzenswunsch, daß Sie meine Frau werden möchten. Dieser Wunsch kann leider jetzt noch nicht in Erfüllung gehen, da Vater und Mutter noch nichts davon wissen dürfen. Auch kennen wir Beide uns noch zuwenig. Damit wir uns nun einander ohne Aufsehen nähern können, sollen Sie eben zu uns ziehen. Abends, wenn Sie schlafen gehen, würde ich Sie dann bitten, zuweilen Ihre Thür nicht zu verschließen.«
Ihr Auge flammte auf, und Ihr Busen hob und senkte sich unter der Empfindung des Abscheus, welchen sie in diesem Augenblicke nicht zu überwältigen vermochte. Dies machte sie begehrenswerther, als sie so bereits war. Er sah es; er legte die Arme um sie, wollte sie an sich ziehen und fragte: »Nicht wahr, Engelchen, Sie willigen ein?«
Sie aber stieß ihn mit einer Gewalt, die er ihr gar nicht zugetraut hatte, von sich ab und antwortete: »Ah! Das also ist Ihre Absicht! Ich würde wohl die Kammer bekommen, in welcher Gustel Beyer geschlafen hat?«
»Ja. Diese Kammer liegt so abgelegen und bequem.«
»Und dort soll ich Sie des Nachts einlassen?«
»Ja, meine Seele!«
»Für zweihundert Gulden jährlich?«
»Für zweihundert Gulden und viele Geschenke obendrein!«
»Nicht für zwei Millionen, Herr Seidelmann!«
Ihr Gesicht drückte jetzt den ganzen Abscheu aus, den sie vor ihm und seinem Antrage empfand. Er bemerkte das, fuhr betreten zurück und fragte im Tone des Erstaunens: »Wieso? Ich begreife Sie nicht!«
»O, das ist sehr leicht zu begreifen! Soll ich etwa dasselbe Schicksal erleiden, wie Beyer’s Gustel?«
»Wo denken Sie hin!«
»Die hat Sie eingelassen!«
»Das hat sie gelogen!«
»Sie haben ihr auch Geschenke gemacht, welche sie dann gestohlen haben soll.«
»Auch das ist Lüge!«
»Jetzt nun sitzt sie im Gefängniß! Vater und Mutter sind todt! Warum? Wer ist der Mörder?«
»Sie sprechen wahrhaftig in Räthseln! Glauben Sie doch, daß ich Sie liebe und daß ich Sie glücklich machen will!«
»Ich verzichte auf dieses Glück!«
Sie erhob sich von ihrem Sitze, und er that dasselbe. Er wußte, daß diese so unerwartete Scene einen Zeugen hatte. Sollte er die Wette verlieren und bezahlen? Auf die fünfzig Gulden wäre es ihm schließlich nicht angekommen; aber Engelchen war gerade in ihrem Zorne so schön, so entzückend, daß seine Begierde, sie zu besitzen, sich verdoppelte. Er beschloß, sie sich jetzt auf keinen Fall entgehen zu lassen.
Sie standen vor einander, sie mit zornigen und er mit lüstern glühenden Augen. Er stand so, daß sie nicht an ihm vorüber konnte. Sie befand sich, wie er meinte, in seiner Hand.
»Sie verzichten?« sagte er. »Sie wissen nicht, was Sie thun!«
»Ich weiß es im Gegentheil sehr genau!«
»Wissen Sie, was es heißt, meine Frau zu sein? Hunderte, ja, Tausende sehnen sich, es zu werden!«
»Heirathen Sie diese Tausend, oder vielmehr, betrügen Sie sie! Sie wollen nicht eine Frau, sondern eine Geliebte!«
»Pah! Und wenn das wäre, so bezahle ich gut!«
»Ja, mit dem Gefängnisse! Sie haben mich hierher gelockt, um mich ins Unglück zu stürzen:; aber das wird Ihnen nicht gelingen! Ich hasse, ich verachte, ich verabscheue Sie!«
Da nahmen seine Züge plötzlich den Ausdruck eisiger Kälte an. Er bohrte sein Auge herausfordernd in das ihrige und sagte: »Das ist mir gleichgiltig, denn Ihr Haß wird mir doch das gewähren müssen, was ich mir von Ihrer Liebe vergeblich erbat!«
»Da täuschen Sie sich! Lassen Sie mich fort!«
»Bleiben Sie noch eine Minute! Ich habe noch ein Wort mit Ihnen zu sprechen, ein kleines Wort zwar, aber doch ein sehr folgeschweres. Also, Sie hassen mich wirklich?«
»Ja.«
Ihr Gesicht war bei diesem Worte ein solches, daß er sehen mußte, wie sehr sie die Wahrheit redete.
»Und Sie wollen nicht zu mir ziehen?«
»Auf keinen Fall!«
»Nun gut, so will ich darauf verzichten. Aber auf die Erfüllung eines anderen Wunsches werde ich nicht verzichten. Ich habe Sie für heute eingeladen; Sie sind meine Dame; Sie gehören mir. Ich will meinen Lohn haben!«
Sie verstand ihn vollständig, und dennoch fühlte sie weder Furcht noch Angst. Sie blickte ihn ruhig und überlegen an und sagte: »Welchen Lohn meinen Sie?«
»Es ist jetzt nicht mehr meine Liebe, welche zu Ihnen spricht, sondern mein Wille, mein fester, unerschütterlicher Wille! Sie setzen sich jetzt wieder und bleiben noch eine Viertelstunde hier, bei ausgelöschtem Lichte natürlich!«
»Mir fällt nie Etwas ein, was ich nicht durchführen kann!«
»Sie wollen mich mit Gewalt zurückhalten?«
»Ja.«
»Ich werde um Hilfe rufen!«
»Das werden Sie nicht!«
»Ich werde es sicher! Lassen Sie mich vorüber!«
»Sie bleiben! Und wenn Sie ein einziges Wort reden, welches lauter ist, als ich es wünsche und gestatte, so haben Sie das Unglück Ihrer Eltern auf dem Gewissen!«
Es kam doch wie eine Art Schreck über sie. Auch abgesehen davon, daß sie ihn ja bereits kannte – wie er so finster und drohend vor ihr stand, mußte sie es ihm ansehen, daß es ihm mit seiner Drohung ernst sei, daß er sie rücksichtslos ausführen werde.
»Wieso das Unglück meiner Eltern?« fragte sie.
»Ich werde Ihrem Vater keine Arbeit mehr geben!«
»Herrgott! Das werden Sie nicht thun!«
Sie wußte, daß es in der weiten Umgegend keinen Menschen gab, bei dem anderweite Arbeit zu bekommen war.