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Die Schlacht um Untererde
Bree hockte neben Braun, als die Gnome an Strickleitern die Mauer hinabstiegen, ganz so, wie sie es vorhersagt hatte. Sie atmete ein paar Mal tief durch, als Slurp und seine fünfzig Soldaten sich sammelten und mit gezückten Waffen auf sie zumarschierten. Die jungen Wächter standen kampfbereit hinter ihr, aber Slurps Gnome kamen näher, ohne einen einzigen Pfeil abzuschießen. Ein nervöser Wächter hob seinen Bogen.
Bree schüttelte den Kopf und trat einen Schritt vor. »Wenn ihr uns niedermetzeln wollt, dann los«, rief sie den Gnomen zu. »Wir sind bereit zu sterben.«
Aber Slurp schaute an Bree vorbei. Sie riskierte einen Blick über die Schulter. Die übrigen Wächter taten es ihr einer nach dem anderen gleich und starrten über die riesige unterirdische Ebene, wo ein weiterer Gnom-Trupp heranmarschierte.
Eww-yuks Armee bestand aus Hunderten von knurrenden, bis an die Zähne bewaffneten Gnome. Sie liefen ohne jede Schlachtordnung und fuchtelten derart wild mit ihren steinernen Keulen und Speeren herum, dass es an ein Wunder grenzte, dass sie sich nicht gegenseitig umbrachten.
Eww-yuk schien die überbordende Aggression und fehlende Ordnung seiner Armee zu erfreuen. Von seiner rückwärtigen Position aus trieb er sie mit herrischen Kommandos voran. In der Meute gab es auch Bogenschützen, und auf seinen Befehl hin schossen ihre Pfeile in die Luft, zischten durch die Höhle und prasselten knapp vor der Wächterstellung zu Boden.
Slurp ging nach vorn, um sich dem Feind zu stellen. Ganz allein trat er aus den Reihen seiner Soldaten heraus. Angesichts seiner Tapferkeit hielten Eww-yuks Bogenschützen inne.
»Hört!«, rief Slurp mit donnernder Stimme. »Ich fordere General Eww-yuk zum Zweikampf heraus. Unsere Soldaten müssen sich nicht gegenseitig bekriegen.«
Obwohl er ganz hinten stand, sah Eww-yuk besorgt aus. Einige seiner Gnome blickten sich zu ihm um und erwarteten, dass er nach vorne gehen und seinen Mut demonstrieren würde. Er tat es nicht. Stattdessen herrschte er seine Bogenschützen an: »Schießt!«
Der nächste Pfeilhagel kam herangeflogen. Slurp zuckte zusammen, als ihn eines der krummschaftigen Geschosse im Bauch traf, aber der Hauptmann brach nicht zusammen oder wich zurück. Mit einem mächtigen Brüllen zog er den Pfeil heraus und stopfte sich ein Stück Leder, das er mit seinen Hauern aus dem Wams herausriss, in die sprudelnde Wunde.
»Also, General, das ist deine Antwort auf meine Herausfordung, ja?«, rief er.
Eww-yuk runzelte die Stirn – er wusste nicht, was er sagen sollte. Slurp zückte sein Schwert. »Dann bist du durch und durch der Gnom, für den ich dich schon immer gehalten habe.«
Slurp hob seine Pranke und gab seinen Soldaten ein Zeichen. Er stampfte zweimal mit dem Fuß auf, dann klatschte er einmal. Sie antworteten, indem sie ihn perfekt nachahmten – zwei Stampfer in schneller Folge, gefolgt von einem Fünfzig-Gnom-Klatschen. Bumm-bumm-bah!
Slurp begann, stampfend und klatschend auf Eww-yuks Armee zuzumarschieren. Seine Soldaten folgten ihm, übernahmen seinen Rhythmus. Bumm-bumm-bah! Bumm-bumm-bah! Ruhig und entschlossen schritten sie auf die gegnerische Streitmacht zu. Der Boden erzitterte, während ihr stampfender Rhythmus durch die Höhle hallte.
Obwohl sie deutlich in der Überzahl waren, wirkten Eww-yuks Gnome beunruhigt und sahen sich nervös an.
Bumm-bumm-bah! Bumm-bumm-bah! Unverdrossen marschierten Slurps Soldaten auf den Gegner zu, zückten ihre Waffen und trommelten damit rhythmisch auf ihre Schilde.
Slurp begann zu summen, und wieder ahmten seine Gefährten ihn nach, summten lauter und lauter, während ihre Schritte immer schneller wurden. Als ihr schlichtes Lied die Höhle erfüllte, brüllte Slurp auf und stürmte auf den Feind zu. Seine Soldaten hoben ihre Steinwaffen und rannten ihm nach, und die Schlacht begann.
Die Armeen prallten in einer Kakophonie aus Hack- und Knirschgeräuschen aufeinander, als die Steinwaffen auf Schilde und Gnom-Leiber trafen. Eww-yuks planlos agierende Meute wich unter dem organisierten Ansturm von Slurps Gnomen zurück, die mit ihren Äxten und Schwertern wie ein Fleischwolf durch die feindlichen Linien pflügten. Nur die schiere Überzahl von Eww-yuks Armee verhinderte, dass die Schlacht schnell entschieden war.
Eww-yuk dirigierte seine Soldaten von seiner rückwärtigen Position aus, während der schlachterprobte Slurp sich mitten ins Getümmel stürzte und die gegnerischen Gnome aus dem Weg stieß, um zu dem General vorzudringen. Slurps Soldaten kämpften wie besessen für ihren Hauptmann, schlugen eine Schneise in die gegnerischen Reihen und rückten auf eine wohldurchdachte Weise vor, die in ihrer Symmetrie so gar nicht nach Gnom-Art zu sein schien – in der Tat war es etwas, was Slurp die Menschen hatte tun sehen, und er hatte die Technik kurzerhand übernommen.
In der Raserei der Schlacht vergaßen Eww-yuks Soldaten ihre Verwandtschaft mit dem Feind, und ein Gnom fiel über den anderen her, obwohl sie einander kannten und in vielen Fällen sogar aus demselben Wurf stammten. Selbst die Brüder Nargle und Bargle kämpfen auf gegnerischen Seiten und droschen mit ihren Keulen aufeinander ein.
Unterdessen hielten Bree und ihre Wächter die Stellung zwischen den Felsen, wo sie mit blitzenden Schwertern eine heranstürmende Meute von Eww-yuks Soldaten abwehrten. Die Deckung, die die Felsen ihnen boten, verhinderte, dass die Gnome einzelne Wächter umzingeln konnten, so dass jeder immer nur gegen ein oder zwei Gnome kämpfen musste statt gleich gegen eine ganze Horde.
Braun fand eine Lücke zwischen zwei Felsen, wo er sich mit dem Rücken zum Stein stellte und dank seiner gewaltigen Kraft die Keulenschläge der Gnome abwehrte und einen nach dem anderen mit seinem schweren Schwertknauf erschlug. Bree huschte von Fels zu Fels und zeigte sich immer nur kurz, wenn sie einen überraschten Gnom mit dem Schwert durchbohrte. Die anderen Wächter nutzen die Umgebung in ähnlicher Weise. Sie verschwanden zwischen den Felsen und tauchten im nächsten Moment wie durch Magie wieder auf; wegen ihrer grauen Umhänge konnte man sie vor dem Gestein kaum erkennen. Mehr als einmal jagten mehrere Gnome einem Wächter in einen Stalagmiten-Wald nach, nur um sich in einer Sackgasse wiederzufinden und plötzlich ein Schwert im Rücken zu spüren.
Aber es waren einfach zu viele. Trotz ihrer anfänglichen Erfolge wurden Slurps Gruppe und die Wächter zur Festungsmauer zurückgedrängt. Eine Angriffswelle nach der anderen brandete ihnen entgegen, und bald schon gewann der Feind die Oberhand.
Slurp erkannte, dass sich das Blatt wendete. Als seine Soldaten immer mehr an Boden verloren, stieg er auf einen Felsen und brüllte aus Leibeskräften über das Schlachtengetümmel hinweg: »Arrrrrrgh! Eww-yuk!«
Die Schlacht stoppte, als hätte jemand eine Auszeit ausgerufen, und alle wandten sich zu Slurp um. Selbst Eww-yuk lugte hinter einem seiner größten Leibwächter hervor. Slurp deutete auf den General. »Ich lasse mich freiwillig hinrichten, wenn du dafür meine Soldaten am Leben lässt.«
Eww-yuk grinste, witterte den Sieg. »Ach … warum sollte ich das tun?«, rief er mit einem bitterbösen Lächeln. »Deine elenden Gnome sind nicht besser als die Menschen, an deren Seite sie kämpfen.« Er schrie seinen Soldaten zu: »Bringt sie alle um!«
Slurps Gnome und Brees Wächter schlossen instink-tiv die Reihen, um Schulter an Schulter zu kämpfen, und als beide Gruppen sich für Eww-yuks letzten Angriff bereit gemacht hatten, fand Bree sich neben Slurp wieder. Er sah sie an. »Möchtest du noch etwas sagen, Mensch, bevor wir alle sterben?«, fragte er sie.
Bree musterte den Gnom von oben bis unten. »Du riechst komisch«, antwortete sie.
»Danke.« Slurp lächelte. »Du auch.«
Hinter den Reihen seiner eigenen Armee hob Eww-yuk das Schwert, um den letzten Befehl zu brüllen.
»Attackeee!«
Aber der Aufschrei, der durch die riesige Höhle schallte, kam nicht vom General.