11. Kapitel

 

Am Vormittag nach ihrer Flucht erreichten sie den Flughafen von Catania im Norden Siziliens.

Nachdem sie zuvor das Boot an der Küste versteckt und sich zu Fuß auf den Weg zur Hauptstraße gemacht hatten, fuhren sie per Anhalter die Landstraße, die von Gela nach Catania führt, entlang.

Goran erzählte dem Fahrer, dass sie Straßenräubern zum Opfer gefallen seien und so schnell wie möglich zum Flughafen müssten, wohin auch der Dieb mit ihrem Auto unterwegs sei. Ein paar Polizeifahrzeuge mit lauten Einsatzsirenen kamen ihnen entgegen, von denen sie aber zum Glück ignoriert wurden. Die Nachrichten im Autoradio vermeldeten einen Polizeieinsatz an der Südküste Siziliens.

Goran übersetzte die Nachrichten so gut er es vermochte.

Ein paar Radio- und Fernsehsender schickten ihre Reporter mit Übertragungswagen aus, die sich in den verschiedensten Spekulationen ergingen. Das Spektrum der Vermutungen reichte dabei von geheimen Sekten bis hin zu einer Al-Kaida-Zelle.

Die beiden Anhalter wurden am Flughafen abgesetzt, wo ihnen der Fahrer noch viel Glück bei der Suche nach dem Autodieb wünschte.

In der Eingangshalle zeigten Fernseher Bilder vom Strand.

Eine bildschöne Italienerin mit langen schwarzen Haaren und vollen, dunkelrot geschminkten Lippen deutete mit einem Mikrofon in der Hand auf die Stahlbarriere hinter sich, die den Zugang zur Höhle immer noch blockierte. Nach ihrer Information stand die Evakuierung des kompletten Areals kurz bevor, und auch ihr Team hatte nur noch begrenzte Zeit für ihre Berichterstattung zur Verfügung.

Die Kamera schwenkte plötzlich von der Schönheit weg, um den Zuschauern die Ankunft mehrerer Militärfahrzeuge zu präsentieren. Sobald der Ausnahmezustand erklärt würde, sollte ein Fernsehhubschrauber weitere Bilder vom Ort des Geschehens einfangen. Die Reporterin selbst wollte so schnell wie möglich an Bord gehen und von dort aus so lange berichten, wie es ihr möglich war.

Obwohl sich Stefan für die Entwicklung brennend interessierte, zog er es vor, den nächsten Flug nach Deutschland zu buchen. Frankfurt am Main war das einzig mögliche Ziel an diesem Tag, weshalb er sich sofort entschied, zwei Tickets zu erwerben. Anschließend eilten sie zu einem Schalter der Autovermietung, wo Stefan ordnungsgemäß den Diebstahl des Golfs meldete.

Als er der jungen Frau die Fahrzeugpapiere übergab, holte sie wortlos den Geschäftsführer. Dieser, ein hochgewachsener Mann mit Filmschauspielergesicht erklärte Goran, dass man das Fahrzeug in der Nacht verlassen vorgefunden und zum Flughafen zurückgebracht hätte. Im Kofferraum befanden sich noch zwei Koffer, die sie identifizieren und dann wieder an sich nehmen könnten. Stefan und Goran folgten dem Mann in eine Tiefgarage, wo das Auto stand.

Es war völlig unversehrt und sogar der Zündschlüssel hatte beim Auffinden irgendwo an der Südküste noch im Schloss gesteckt. Es war also keinerlei Schaden entstanden, für den jemand aufkommen musste. Lediglich die Kosten für den Transport zum Flughafen wurden den Mietkosten hinzugefügt.

Stefan nahm die Koffer aus dem Kofferraum des Wagens und folgte dem Mann ins Büro der Vermietung. Dort legte der freundliche Vermieter die Rechnung vor und bedankte sich freundlich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Die restliche Zeit bis zum Abflug verbrachten sie im Flughafengebäude, wo die Fernsehsender rund um die Uhr Nachrichten zeigten. Der Verdacht, dass es sich an der Küste um eine Terrorgruppe der Al Kaida handeln könnte, schien sich zu verdichten, sodass sie als europäische Ausländer vom Sicherheitsdienst nicht sonderlich kontrolliert wurden. Man hatte es fast schon eilig, unschuldige Touristen so schnell wie möglich aus dem Land zu schaffen.

Stefan wusste, dass sich dies jedoch rasch ändern würde.

Sobald man ins Innere der Höhle vordringen und die Präsenz deutscher Mitarbeiter feststellen würde, hätten sie keine Chance mehr das Land unbehelligt zu verlassen. Stefan betete, dass die Stahlplatte, unter der er vor ein paar Stunden in die Freiheit geschliddert war, wenigstens noch so lange hielt, bis sie wieder deutschen Boden unter den Füßen hätten.

Sie hatten ausgesprochenes Glück.

Gerade als die Kamerabilder zwei Männer einfingen, die sich mit Schneidbrennern an dem Eingang zu schaffen machten, vermeldete eine Stewardess, dass die Maschine nach Frankfurt nun zum Einsteigen bereitstand. Erleichtert gingen sie an Bord und erreichten gut zwei Stunden später Frankfurt. Auch hier waren sämtliche Nachrichten auf die Geschehnisse in Sizilien fixiert.

Die Bundesregierung hatte offensichtlich schon ihre Hilfe im Kampf gegen den internationalen Terrorismus angeboten und der deutsche Außenminister befand sich bereits auf dem Weg ins vermeintliche Krisengebiet.

Das Ziel der beiden Abenteurer hieß jedoch Berlin.

Genauer gesagt, wollten sie in die Residenz in der Clayallee.

Bereits von Frankfurt aus rief Stefan dort an und Bernd Heider erklärte, dass Heinz ihn und seinen Begleiter schon ungeduldig erwartete.

Am frühen Abend erreichten sie den Flughafen Berlin-Tegel, von wo aus sie sich ein Taxi nahmen, das sie in die Clayallee brachte.

Endlich sollten sich Goran und Heinz persönlich kennenlernen. Goran war nervös und erschöpft zugleich. Die ganze Zeit über hatte Stefan das Buch im Arm gehalten. Selbst auf den zwei Flügen nach und innerhalb Deutschlands lag es auf seinem Schoß.

Das Buch, das seitdem es existierte, so viele Menschenleben gefordert hatte.

Der Taxifahrer berichtete ihnen von den neuesten Nachrichten. Man war inzwischen ins Innere der Höhle vorgedrungen. Man hatte fast zweihundert Personen festgenommen,, darunter auch 78 Deutsche Ein Berliner Geschäftsmann konnte inzwischen als stellvertretender Leiter der Gruppe ermittelt werden. Vom eigentlichen Drahtzieher fehlte jedoch jede Spur. Als man dessen Leitstand, und wie es aussah, auch Privaträume aufbrach, war dieser mit unbekanntem Ziel verschwunden.

Die Ermittler standen vor einem Rätsel. Er war offensichtlich aus einem Raum entkommen, der von innen verschlossen war und von dem aus er selbst vorher die Spezialeinheit per Handy gerufen hatte. Welche kriminellen Ziele man dort unten verfolgte, darüber war man sich noch nicht im Klaren.

Ein Polizeisprecher erklärte, dass unzählige Akten und Computer sichergestellt wurden und die Untersuchungen voraussichtlich mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre dauern könnten. Gerüchte, nach denen sich Bin Laden zu diesem Geheimprojekt bekannt haben soll, konnten nicht bestätigt werden. Es gab zwar mehrere Anrufe bei einigen Presseagenturen diesbezüglich, aber dabei könnte es sich auch um Fälschungen beziehungsweise Publicity-Aktionen von irgendwelchen Splittergruppen gehandelt haben.

 

Dennis saß mit seinen sechs Freunden und Kommilitonen im Musikcafé gegenüber der Universität.

Die Jungs spielten eine Partie Poolbillard, während die Mädels eine Talkshow ansahen.

Alle sieben studierten Philosophie und trafen sich regelmäßig in ihrer Freizeit.

Der Wirt des Cafés wollte gerade in ein anderes Programm umschalten, als Nicole aufgeregt auf den Bildschirm zeigte und ihn beschwor einen Moment zu warten.

Das müsst ihr euch ansehen“, rief sie ihren Freunden zu. Der Nachrichtensender zeigte einige Bilder aus Sizilien. Viele Männer und Frauen wurden in Handschellen abgeführt. Unter ihnen entdeckten sie auch Professor Drescher. „Ich fasse es ja nicht“, sagte Kai „Er ist es wirklich. Was hat ein Mann wie Drescher mit Kriminellen zu tun?“ Jenny mutmaßte eine Entführung. Schließlich war Professor Drescher ein ehrenwertes Mitglied der Gesellschaft, der auch in Fachkreisen den besten Ruf besaß. „Erinnert ihr euch eigentlich an das Buch, von dem ich euch damals erzählt habe? Das mit der Theorie, dass alles um uns herum nur aus unseren Gedanken besteht?“ Die sechs Freunde verzogen wie so oft, wenn Dennis davon anfing, die Gesichter.

Ich wette, wenn Professor Drescher damals nicht verschwunden wäre, dann hätte er mich verstanden und wir wären dieser Sache nachgegangen. Vielleicht sogar als Sonderprojekt in einer Gruppenarbeit.“

Max lächelte Dennis geduldig an, und auch seine Freunde stimmten mit ein, was Max zum wiederholten Male auf dieses Thema zu erwidern hatte. Wie im Chor sagten alle sechs Beteiligten:

Dennis! … … … … Du nervst.“

 

Das Taxi bog in die Clayallee ein, Stefan bezahlte den Fahrpreis und klingelte am Tor. Gerda, die rundliche Dame dort, teilte ihm mit, dass er bereits erwartet wurde.

Da er den Weg kannte, durften sie diesmal allein zu Heinz gehen, ohne dass Bernd Heider sie abholte. So zog Stefan mit dem Buch in den Händen, Goran an seiner Seite und die Koffer hinter sich herziehend durch die Grünanlage.

Bei ihrem Eintreffen saß Heinz aufrecht im Bett. Laut Heider ging es ihm zwar gesundheitlich sehr schlecht, aber er bestand darauf sie sitzend zu empfangen.

Ihr habt es also tatsächlich geschafft.“

Heinz sah auf das Paket in Stefans Hand.

Ist es das?“

Seine Stimme flüsterte extrem leise, aber sie verstanden jedes einzelne Wort.

Bernd, bitte bring meinen beiden Besuchern zwei Stühle und dann lass uns bitte allein. Wir haben viel zu besprechen.“

Diesmal zögerte Heider nicht. Er wusste inzwischen, dass es keinen Sinn machte, Heinz einen Wunsch abzuschlagen.

Das muss der Junge Goran sein.“

Er reichte ihm seine alte knochige Hand.

Ich freue mich, dich kennenzulernen. Ich darf doch hoffentlich du sagen?“

Goran nickte.

Dann sah er Stefan bedeutungsvoll an. Stefan legte das Buch auf Heinz‘ Schoß, wo er es nur einmal ganz kurz berührte.

Bitte, nimm es wieder weg. Es ist nicht für mich bestimmt. Das war es nie.“

Stefan legte es behutsam auf den kleinen Holztisch am Fußende des Bettes. Dann wandte er sich dem alten kranken Mann wieder zu.

Hast du noch den Umschlag dabei, den du erst öffnen solltest, wenn deine Aufgabe erledigt ist?“

Stefan holte ihn hervor. Es war das einzige Dokument, das er die ganze Zeit über an seinem Körper getragen hatte.

Bitte nimm das Schriftstück heraus und lies es uns vor.“

Der Brief war diesmal nicht an ihn allein, sondern an ihn und seinen Begleiter gerichtet.

 

Herzlichen Glückwunsch!

Ihr habt es tatsächlich geschafft. Ihr habt Libri Cogitati dem Mann wieder abgenommen, der es nie für immer hätte behalten dürfen. Und doch war es erforderlich, dass es sich für eine bestimmte Zeit in seinem Besitz befand.

Ich weiß, dass dies jetzt widersprüchlich erscheinen muss. Aber seid gewiss, dass es sogar erforderlich war.

Allein hätten wir es nie gefunden. Ich brauchte selbst mehrere Jahre, um das zu verstehen. Doch die genauen Umstände sollte ich nie erfahren. Für mich begann die Geschichte damals, als ich in Sizilien Domenico – Diarium fand.

Es war nur ein unscheinbarer Absatz, in dem Domenico die mögliche Existenz des zweiten Buchs erwähnte.

Ansonsten berichtete er von den grausamen Experimenten, die ein Mann, der ihm selbst als Ater bekannt war, damals durchführte. Dieser Mann war fest entschlossen, unsere Welt und das, woraus sie besteht zu entschlüsseln. Er wollte sie beherrschen. Tatsächlich fand er heraus, dass alles, was wir kennen, mithilfe von Gedankenmanipulation verändert werden könnte.

Domenico fürchtete diesen Menschen mehr als alles andere auf der Welt. Er berichtete von den kalten Augen dieses Despoten. Augen, die ihm sowie vielen anderen die nackte Furcht in die Knochen trieb.

Immer, wenn ich mir versuchte vorzustellen, was damals geschah, hatte ich nicht mehr als diesen Namen.

Für Domenico war dieser Mann das wahrhaft Böse selbst. Er wurde Zeuge der größten Verbrechen, die man sich vorstellen konnte. Allein die Experimente an der lebendigen jungen Frau ließen mich beim Lesen erschaudern. Domenico hatte jede Einzelheit genau beschrieben. Das Öffnen der Schädeldecke genauso wie die Schreie der Frau, die alles bei vollem Bewusstsein erlebte.

Jahrelang hatte ich das Gefühl diese Schreie zu hören. All diese Taten wurden von einem gesichtslosen Monster in Menschengestalt selbst vorgenommen. Zum Beispiel verspeiste er das noch lebende Gehirn, das er persönlich entfernt hatte. Es gab noch unzählige dieser Experimente. Jedes einzelne war durchgeführt worden von einem Mann, dessen Gesicht ich nicht kannte.

Ich versuchte mir vorzustellen, wie ein solcher Mensch wohl aussehen würde. Welche machthungrigen Augen es waren, die so viel Furcht auslösten. Schritt für Schritt lernte dieser Teufel in Menschengestalt sein Wissen zu beherrschen.

Hätten damals die armen Bauern und Dorfbewohner das Kloster, in dem er lebte, nicht niedergebrannt und alle Klosterbewohner getötet, dann wäre es ihm eines Tages auch gelungen. Er war schon lange am Ziel seiner Experimente angelangt.

Das Einzige, was ihm damals fehlte, war jemand wie Goran und Maria oder Henry. Menschen, die sein Wissen in die Tat umsetzen konnten.

Er wusste, dass es diese Menschen schon damals gab, und suchte fieberhaft fast ein Jahr lang danach. Jedem Hinweis auf paranormale Fähigkeiten ging er nach. Es kamen Besucher aus allen Gesellschaftsschichten ins Kloster.

Er selbst hasste die Menschheit.

Trotzdem lud er Wissenschaftler aus der ganzen Welt ein. Viele köderte er mit möglichen Erfindungen und technischen Neuerungen, die diese später als ihre eigenen ausgaben.

Doch einem echten Telepathen sollte er nie mehr begegnen.

In seinem Leben, lange bevor er ins Kloster kam, hatte er, der Überlieferung nach, bereits drei dieser besonderen Menschen kennengelernt. Doch als er am Ziel seiner Studien ankam, war davon keiner mehr für ihn erreichbar.

Ich fand damals heraus, dass das Kloster damals gestürmt wurde und auch er mit Gewissheit den Tod fand.“

 

Stefan unterbrach die Vorlesung in diesem Moment und sah Heinz fragend an.

Konntest du in Erfahrung bringen, wann das Kloster damals gestürmt wurde?“

Heinz dachte fieberhaft nach.

Es war irgendwann im Januar 1482. Warum willst du das wissen?“

Auf diese Gegenfrage nach dem Warum ging Stefan nicht extra ein.

Welcher Tag im Januar? Kennst du den genauen Tag?“

Sie konnten deutlich sehen, wie angestrengt Heinz in seinem Gedächtnis suchte. Dann flüsterte er die Antwort.

Es war der 17. Januar 1482. Warum ist das Datum in diesem Zusammenhang so wichtig?“

Diesmal sollte es Stefan sein, der in der Lage war, die letzte Lücke in den Nachforschungen, die Heinz all die Jahre betrieb, zu schließen.

Der 17. Januar! Es ist derselbe Tag im Jahr, an dem auch andere Menschen zu ihrer Zeit starben.

Am 17. Januar 1156 starb André de Montbard, der fünfte Großmeister der Tempelritter und Amtsvorgänger von Bernard Blanchefort.

Madame Hautpoul, der letzte Nachkomme des Geschlechts der Blancheforts, die am Vorabend ihres Todes geheime Dokumente an den damaligen Pfarrer Bigou von Rennes-le-Château übergeben haben soll, starb am 17. Januar 1781.

Am 17. Januar 1917 erlitt der Abbé Berénger Saunière einen plötzlichen Herzanfall, an dem er verstarb.

All diese Personen hatten eines gemeinsam.

Sie alle wussten um das Geheimnis von Libri Cogitati. Sie alle hielten es irgendwann in ihren Händen.

Wenn wir also davon ausgehen, dass Ater ebenfalls an einem 17. Januar sein Leben ließ, dann liegt die Vermutung nahe, dass auch er Libri Cogitati einst in seinen Händen hielt.

Du fragst dich seit Jahren, wie dieser Ater aussah? Ich glaube, diese Frage heute beantworten zu können. Ich gehe sogar davon aus, dass wir alle drei bereits selbst schon in die kalten Augen blickten, die Domenico so sehr fürchtete.

Auch ich habe inzwischen recherchiert und festgestellt, dass das Wort Ater neben Pater und Unheil auch Schwarz bedeutet. Die erste Silbe des Namens, unter dem wir drei ihn kennenlernten.

Reiner Schwarzenbeck

Als er mich gestern mit seinem Wissen aus Libri Cogitati in der Zeit zurückschicken wollte, war es Goran, der diesen Plan vereitelte. Goran nennt diese Fähigkeit, die er besitzt, das Feedback. Und hier schließt sich der Kreis.

Schwarzenbeck suchte sein Leben lang nach Erkenntnissen, die er selbst viel später, jedoch in unserer Vergangenheit erwarb und die du in Form von Domenico – Diarium wieder entdeckt hast.

Er konnte nicht ahnen, dass sich dieses Wissen bereits damals in deinem Haus unter seinen Füßen befand, wo du die Bücher Domenicos versteckt hattest.

Gleichermaßen erklärt es auch das Wissen, welches er im weiteren Verlauf seines Lebens an andere Menschen weitergab.

Wenn wir an bestimmte Skizzen des berühmtesten aller Erfinder und Maler denken, dann ergibt alles einen Sinn. Es wurden Techniken skizziert, die erst viel später, als unsere Wissenschaft und Physik dazu bereit war, Anwendung fanden.“

An welchen Mann Stefan dachte und um welche Skizze es sich dabei handelte, musste er nicht extra benennen. Heinz wusste es auch so.

Sein alter Freund sah ihn dankbar an.

Danke für alles. Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit mich von dem zu trennen, was ich so lange beschützt habe. Endlich habe ich würdige Nachfolger gefunden. Bitte öffnet meinen Nachtschrank.“

Er deutete mit seiner schwachen Hand auf das Schränkchen neben seinem Bett.

Stefan öffnete es. Da lag es. Domenico – Diarium. Fein säuberlich in vier Bänden.

Ich möchte, dass ihr es an euch nehmt. Doch behandelt es mit Bedacht. Ich habe es all die Jahre über gehütet. Nun ist es an der Zeit, es weiterzureichen. Jeder von euch soll fortan eins der Bücher hüten. Sie dürfen nie wieder zusammenkommen, bis es an der Zeit dafür ist.“

Er reichte seinen beiden Gästen seine Hände.

Bitte versprecht es mir.“

Stefan hatte Tränen in den Augen, als er ihm sein Wort gab, und auch Goran ging es nicht besser.

Führt ihr fort, wofür ich all die Jahre gelebt habe. Mein Weg endet hier.“

Noch einmal drückte er die Hände der beiden, dann schloss der alte Mann seine Augen für immer.

Goran und Stefan wussten, dass es an der Zeit war zu gehen.

Bernd Heider erwartete sie draußen vor der Tür, wo er ihnen bereits ansah, was geschehen war.

Hat er es endlich geschafft? Hat er seinen Frieden gefunden?“

Stefan nickte stumm und drückte auch Heiders Hand, bevor sie gingen.

Goran setzte er ein paar Stunden später ins nächste Flugzeug nach Kroatien und sah ihn bis heute nicht wieder.