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Aus der Luft betrachtet hätte Greenlawn grob wie eine Briefmarke ausgesehen, durch die der Green River floss. Die Nordseite der Stadt war am ältesten. Die Häuser dort konnten das jedem bezeugen, der nur ein wenig von Architektur verstand. Je näher man zur Main Street kam, umso gepflegter waren die Gebäude. Aber je weiter fort man ging, desto schäbiger wurden sie, bis sie sich letztlich zu einem schmalen Streifen vereinten, der aus Stadtteilen mit morschen Firmenbauten, alten Eisenbahnhotels, Industriekonzernen, Kneipen und verrußten Apartmenthäusern bestand. All das endete dicht vor den Toren des Güterbahnhofs.
An der südlichen Main Street war alles viel wohlhabender. Hier grenzten schöne antike, hohe, schmale viktorianische Häuser und Holzrahmenhäuser, die man vor dem Zweiten Weltkrieg hochgezogen hatte, an die Stadtteile mit einstöckigen Nachkriegshäusern aus Ziegeln und Stuck. Am südlichen Ende nahmen Reihenhäuser und Fertigbauten, die in den letzten 20 Jahren entstanden waren, Äcker, Baseballfelder und jede verfügbare Freifläche ein.
Die Westseite der Stadt wurde durch eine Auswahl von Kaufhäusern, Mühlen und Werkstätten gekennzeichnet, von denen die meisten geschlossen und am Verrotten waren. Der Green River floss durch die Stadt, durch die alten und neuen Viertel, strömte an der Main Street entlang und weiter nach Norden an den Güterbahnhöfen vorbei, bevor er endgültig die Stadt verließ und sich seinen Weg inmitten von Weizenfeldern, Ackerland und Gestrüpp suchte.
Alles in allem war Greenlawn eine gewöhnliche Stadt im Mittleren Westen der USA, nicht anders als unzählige andere Städte im Osten, im Westen oder Süden. Seit Generationen lebten dieselben Familien dort und wenn Fremde hinzukamen, lebten sie sich üblicherweise ein und gewöhnten sich an die Gegend oder sie zogen wieder fort. Die Schulen waren gut, die Straßen sauber, die Kriminalitätsrate niedrig. Im Park gab es am 4. Juli ein Feuerwerk, und Paraden zu Weihnachten und am Veteranentag. Im August gab es ein Countryfest und im Mai schlug ein Zirkus seine Zelte auf. Es gab einen Weihnachtsmarkt und einen Jahrmarkt im September. Die Sommer waren heiß und feucht, die Winter lang und weiß und eisig. Es war ein guter Ort, um eine Familie großzuziehen, und ein guter Ort zum Fischen, Jagen und für Outdoor-Aktivitäten. 1915 ereignete sich ein schlimmes Feuer, das im Elendsviertel am westlichen Rand entstand und durch die nördliche Hälfte fegte, bevor es unter Kontrolle gebracht werden konnte. Die Alten sprachen noch immer davon. Es gab natürlich einige Morde, aber nicht mehr, als man an einer Hand abzählen konnte, und keine in den letzten Jahren.
Greenlawn war einfach eine gewöhnliche Kleinstadt, wie man sie überall finden kann.
Bis zu diesem Schwarzen Freitag …