Kapitel 8 – Bekommt Ihr Schweinehund das richtige Futter?

Wenn Sie sich zu bestimmten Veränderungen und Zielen nicht aufraffen können, oder immer wieder über Hürden stolpern, dann liegt es vielleicht gar nicht an mangelnder Gemeinschaft oder zu viel Bequemlichkeit, sondern daran, dass Sie Ihrem Schweinehund die falsche Wurst hinhalten. Vielleicht schmeckt die ihm beziehungsweise Ihnen nicht. Menschen lernen und motivieren sich über ihre Sinne. Peilen Sie an Ihrem bevorzugten Sinn vorbei, dann wird Ihre Idee Sie nicht erreichen, obwohl sie von Ihnen höchstpersönlich kommt. Um ein Ziel, eine Veränderung zu realisieren, braucht es nicht nur eine Vision, eine Definition, Teilziele und Schritte, sondern Genuss, und der transportiert sich über die Sinne, die wir haben.

Wir Menschen nehmen die Welt mit fünf Sinnen wahr:

) dem Sehsinn, über die Augen (visuell)

) dem Hörsinn, mit den Ohren (akustisch)

) dem Tastsinn, über die Haut (kinästhetisch / haptisch)

) dem Geruchssinn, über die Nase (olfaktorisch)

) dem Geschmackssinn, über Mund und Zunge (gustatorisch)

So Sie gesund sind, werden auch Sie mit allen Sinnen kommunizieren und agieren. Dennoch räumen die meisten Menschen einem oder zwei Sinnen eine Art Vorzugsbehandlung ein.

Ich zum Beispiel bin ein akustischer Typ. Das heißt, selbst wenn ich noch so übersichtlich beschriebene Flipchart-Blätter oder Mindmaps sehe, dann helfen die mir kaum weiter, das Gelernte dauerhaft aufzunehmen. Ich brauche das gesprochene Wort und muss den Lernstoff innerlich hören. Ich kommuniziere am liebsten akustisch, das heißt: Rufen Sie mich an, aber schreiben Sie mir besser keine SMS oder E-Mail. Oft »überlese« ich wichtige Informationen. Bei einer Freundin von mir kommt Gelerntes nur verfestigt an, wenn sie dazu eine schöne Tasse Tee, Kaffee oder Kakao trinken kann. Sie ist ein »Geschmacksnerv-Typ«. Und andere wieder brauchen das geschriebene Wort und dazu ein sie ansprechendes Ambiente. Vielleicht ein besonders gemütlicher Sessel, in dem sie in ein stilvolles Notizbuch schreiben …

Petra, eine Frau aus einem Seminar, war auf sich stinksauer. Es war November und sie hatte ihren Vorsatz »mehr Sport zu treiben« nun bereits fast elf Monate ignoriert. »Ich fahre gerne Fahrrad«, sagte sie, »also habe ich mir so ein hochmodernes Teil fürs Wohnzimmer gekauft. Ich dachte, wenn ich fernsehe, dann kann ich mich dazu doch auch prima bewegen. Tu ich aber nicht. Der Hometrainer ist so gut wie unbenutzt und macht mir schlechte Laune, wenn ich ihn sehe.«

Fahrrad fahren ist eben nicht gleich Fahrrad fahren. Gemeinsam finden Petra und ich ihre bevorzugten Sinne heraus. »Ich rieche gerne und ich taste viel«, stellt Petra bei dieser Übung fest. Der Hometrainer spricht aber diese Sinne gar nicht an. Petra braucht Natur, einen Waldboden unter dem Rad und sie will beim Sport Blumen, Bäume und Früchte riechen. All das ist beim Hometraining aber nicht geboten. Folglich ist es sinnvoller, im Frühling, Sommer, Herbst tatsächlich Rad zu fahren und im Winter auf eine andere Sportart umzusteigen. Fürs Erste, denn wie Sie bald erfahren werden, ist das sportlichste Ziel von allen, jeden Sinn fit und zugänglich zu machen.

Sicher überlegen Sie auch schon, welcher Sinn bei Ihnen im Vordergrund steht. Eine bewährte Möglichkeit, dies herauszufinden, ist es, dem Aufwachen am Morgen nachzuspüren, also zu betrachten, wie Sie Ihren Tag beginnen:

Sind Sie ein Schnellstarter, der es sofort nach dem Aufwachen geräuschvoll mag? Lassen Sie sich vom Radiowecker wecken und hören Sie gern den Stimmen und der Musik Ihres bevorzugten Radioprogramms zu? Singen Sie vielleicht sogar unter der Dusche? Lieben Sie das typische Rumoren Ihrer Kaffeemaschine und haben Sie es gern, schon morgens mit den Menschen um sie herum zu plaudern? Na, dann sind Sie wohl ein grundsätzlich akustischer Typ!

Sätze, die beim akustischen Typ gerne fallen:

) »Schau mal, was ich dir zeige!«, anstatt wie der visuelle Typ einfach nur zu zeigen.

) »Das klingt gut!« für »Eine gute Idee!«

) »Kannst du mir mal erklären, wie das geht?«, obwohl die Gebrauchsanweisung gedruckt daliegt.

Oder brauchen Sie gleich nach dem Aufwachen Schönes fürs Auge? Die Farbe Ihrer Bettwäsche, Ihrer Handtücher, Ihres Frühstücksgeschirrs macht Ihnen gleich zu Beginn des Tages Freude, und selbst am satten Dunkelrot Ihrer Konfitüre können Sie sich kaum sattsehen. Natürlich wählen Sie auch Ihre Garderobe nach genau den Tönen aus, die zu Ihrer heutigen Tagesform passen, und so schaffen Sie es, Ihr Gemüt positiv zu beeinflussen. Wichtig ist Ihnen auch, dass immer frische Blumen in für Sie ansprechenden Farben um Sie herum sind. Wenn das alles auf Sie zutrifft, dann sind Sie der visuelle Typ.

Sätze, die beim visuellen Typ gerne fallen:

) »Bei mir sieht es so aus …«, wenn etwas erklärt werden soll.

) »Zeig mir mal, wo es langgeht« – anstatt es verbal zu erklären.

) »Wenn ich nicht geschminkt bin, fühle ich mich wie nackt.«

Auch Sie lieben Blumen, aber nur, wenn sie gut duften? Der Kaffee ist nicht wegen seines Geschmacks oder des Koffeinanteils Ihr morgendliches Lebenselixier, sondern wegen seines herrlichen Aromas, das Ihnen morgens in die Nase steigt? Ihr Bad ist wahrscheinlich eine Sammelstelle von feinen Parfums, und bestimmte Düfte und Gerüche schaffen es regelmäßig, Sie an ganz bestimmte Situationen zu erinnern oder auch Ihre Laune deutlich zu verändern. Klarer Fall: Sie sind ein olfaktorischer, also »Riech«-Typ.

Sätze, die beim olfaktorischen Typ gerne fallen:

) »Das riecht nach Ärger!«, orakelt er gerne.

) »Das stinkt mir!«, sagt er für: »Keinen Bock.«

) »Bei denen war dicke Luft!« anstelle von »Die hatten eine Diskussion!«

»Weihnachten ist für mich Zimtduft« statt: Weihnachten ist für mich »der leuchtende Weihnachtsbaum«, »Schnee, der leise fällt«, »eine zärtliche Umarmung«, »Braten«.

Damit wären wir beim nächsten Sinn, dem gustatorischen. Wenn Sie zu diesem Typ gehören, dann geht für Sie nichts über das herrliche Gefühl, wenn die verschiedensten Aromastoffe auf Ihrer Zunge ein wahres Fest feiern. Frische Brötchen, Schinken, Honig, Ei und ein besonderer Kaffee. Schon der Morgen beginnt mit einer ausgewählten Leckerei, deswegen kann der Tag nur prima werden. Überhaupt, der Genussmensch weiß ganz klar, wo es gute Sachen zu essen und zu trinken gibt und meist hat er davon reichlich daheim und in seinen Büroschubladen. Mit ihm führt man nicht einfach ein Gespräch, sondern er oder sie sagt: »Lass uns was essen gehen, dann sprechen wir dabei.« Dabei! Bei mir wäre es genau andersherum. Aber beim klassischen gustatorischen Typ steht der Genuss an erster Stelle. Einfach nur wandern gehen? Hej, wo ist das tolle Wirtshaus, das leckere Picknick, der Weinkeller als Ziel?

Sätze, die beim gustatorischen Typ gerne fallen:

) »Darauf trinken wir einen! «

) »Das schmeckt mir nicht« für »Das gefällt mir nicht.«

) »Die ist giftig!« Das verstehen Sie sicher.

Und sollten Sie sich nach dem Weckerklingeln am liebsten noch ein- bis dreimal umdrehen und sich mit Behagen in die Kissen kuscheln, wenn Sie Ihre Bettwäsche und Handtücher nach Stoffart und Weichheit auswählen und wenn es Ihnen bei Duschgel und Hautlotion weniger auf den Duft, sondern eher auf die Konsistenz ankommt – ja, dann gehören Sie mit ziemlicher Sicherheit zu den kinästhetischen/haptischen Typen. Das heißt, Sie nehmen Ihre Umgebung vorrangig über die Haut und Tastgefühle wahr.

Sätze, die beim haptischen Typ gerne fallen:

) »Das fühlt sich nicht gut an.« für »So ein Mist!«

) »Die Hose hat einen super Stoff.«

) »Ach, was bist du zart!« anstatt »Du bist aber sensibel.«

Und? Was sind Sie für einer oder eine? Und Ihr Partner oder Ihre Partnerin?

Vieles kann sich ändern, wenn Sie wissen, welcher Typ Sie sind. Sie werden dann vielleicht nicht mehr, wie ich, Ihren Mann in Grund und Boden reden, sondern einfach ohne viele Worte küssen, weil er das einfach besser versteht als 1000 Worte.

Für Ihre Veränderung heißt das, dass Sie es sich wesentlich leichter machen, wenn Sie für die verschiedenen Etappen zu Ihrem Ziel Ihre persönlichen Sinnesfavoriten berücksichtigen. Nutzen Sie Ihren Lieblingssinn, um die für Sie optimale Lernumgebung zu schaffen, Lernpausen zu nutzen, und sich zu motivieren:

) Hörbücher, schöne Musik für den akustischen Typ.

) Ansprechende Farben, schöne Bilder und Skizzen für den visuellen Typ.

) Belebende Düfte, wohlriechendes Papier für den olfaktorischen Typ.

) Kleine Genusshappen als Belohnung für den gustatorischen Typ.

) Angenehme Stifte, ein bequemer, kuscheliger Sitz für den haptischen Typ.

Training der Sinne

Generell wäre es doch ausgesprochen schade, wenn wir nur einen oder zwei unserer so vielfältigen Sinne wirklich nutzen würden, oder? Es ist wichtig, seine bevorzugten Sinne zu kennen und diese einzusetzen, aber meine Empfehlung ist: Schicken Sie Ihre anderen Sinne ins Fitnesstraining.

Das können Sie tun, indem Sie immer häufiger die anderen Sinne einsetzen oder registrieren, wie andere Menschen »ticken« (um das zu beschreiben wähle ich, die Akustikerin, natürlich ein Geräusch). Wenn Sie eher visuell veranlagt sind, dann ist es vielleicht an der Zeit, öfter mal zu berühren oder zu schmecken oder zu riechen. Wenn Sie demnächst shoppen gehen, schauen Sie sich das Kleid, das Ihren Augen schmeichelt, nicht einfach nur an. Lassen Sie den Stoff durch Ihre Finger gleiten und betrachten Sie sich die Farben. Macht der Stoff ein Geräusch? Oder riechen Sie einmal ganz intensiv an den Kräutern, die auf dem Markt feilgeboten werden. Wenn Sie eine Pflanze eintopfen, greifen Sie bewusst nach der Erde und fragen Sie Ihre Fingerspitzen, wie sich das anfühlt. Ihre etwas eingeschlafenen, vernachlässigten Sinne werden langsam wieder wach. Das bedeutet nichts anderes, als dass Sie neue Kanäle für neu Gelerntes öffnen und es dem Lernstoff damit leichter machen, sich festzusetzen. Das heißt, wenn Sie Ihre »untrainierten« Sinne wecken, dann fangen diese recht schnell an, für Sie und Ihr neues Lebensgefühl zu arbeiten! Was wiederum bedeutet: Sie haben Ihren Aktionsradius ein gutes Stück erweitert, können das Leben, Ihre Ziele und die Veränderung, die Sie planen, mehr – weil mit mehreren Sinnen – genießen, und kennen sich selbst wieder ein Stückchen besser!