Vorwort des Herausgebers
Das Unterhaltungsbedürfnis des modernen Menschen scheint unersättlich zu sein. Dabei stellt er zunehmend zwei Forderungen: Erstens, eine mühelose Konsumierbarkeit, das heißt, wenig mitdenken zu müssen, nicht von kritischen Intentionen belästigt und mit möglichst leichter Eingängigkeit verwöhnt und viel Redundanz versorgt zu werden, damit man das Dargestellte oder Geschriebene auch dann noch mitbekommt, wenn man in seiner geistigen Aufmerksamkeit – aus welchen Gründen auch immer – etwas beeinträchtigt ist. Die zweite Forderung ist der immer mehr auf die Spitze getriebene Nervenkitzel, der immer schärfere Kick, der unter die Haut geht, vor allem im Bereich von Sex und Gewalt – oder möglichst beidem.
Mit dieser Entwicklung hat sich David Guy Compton immer wieder kritisch befaßt, am schonungslosesten in dem 1974 publizierten Roman The Continuous Katherine Mortenhoe (auch Sleepless Eyes und The Unsleeping Eye), der beide Richtungen – die banale wie die perverse – aufs Korn nimmt. Die Protagonistin, Katherine Mortenhoe, ist Programmiererin in einem Verlagshaus, das den Markt mit einer ganzen Palette von Liebesschnulzen beliefert. Sie erscheinen in regelmäßigen Folgen unter den Autorinnennamen Ethel Pargeter, Celia Wentworth und Aimee Paladine und sind überaus erfolgreich. Jede dieser Bestsellerautorinnen hat ihren festen begeisterten Leserkreis. Geschrieben werden alle Texte freilich von BARBARA, dem Verlagscomputer. Mrs. Mortenhoe hat einerseits dafür zu sorgen, daß alternierende Programme die vorhandenen Charaktere und sonstigen Ingredienzien immer wieder neu durchmischen und zu einem neuen, alten Plot verflechten, und andererseits darauf zu achten, daß die Banalitätssperre (nach oben) eingehalten wird, um die Stammleserschaft nicht zu überfordern.