1945 – Reisebericht
Am Krieg nahm John F. Kennedy bei der US-Marine teil, zunächst in der Heimat, dann im Südpazifik. Als das von ihm befehligte Schnellboot von einem japanischen Zerstörer versenkt worden war, gelang es ihm, seine überlebenden Männer zu retten, wofür er eine Auszeichnung erhielt. Nach dem Ende seines Dienstes im Frühjahr 1945 berichtete der Achtundzwanzigjährige »aus der Sicht eines GI« von der Unterzeichnung der Charta der Vereinten Nationen in San Francisco (am 26. Juni 1945). Er schrieb – nach Vermittlung durch seinen Vater – eine Reihe von Artikeln für die Zeitungen des Medienunternehmers William Randolph Hearst (Chicago Herald-American, New York Journal-American).
Im Sommer unternahm der junge Reporter eine Europa-Reise, deren erste Station erneut England war. Dort fanden am 5. Juli 1945 die Wahlen zum Unterhaus statt, deren Ergebnis am 26. Juli bekannt gegeben wurde: Die Labour Party ging als Sieger hervor, und Clement Attlee löste Winston Churchill als Premierminister ab. Von England aus besuchte Kennedy Irland, die Heimat seiner Vorfahren.
Da ergab sich für ihn die Gelegenheit, James Forrestal, den Marineminister der USA, der mit Joseph P. Kennedy bekannt war, nach Deutschland zu begleiten. Er traf Forrestal in Paris, um mit ihm nach Berlin zu fliegen. So konnte er die Potsdamer Konferenz der drei Siegermächte (17. Juli 1945 bis 2. August 1945) beobachten. Von Berlin und Potsdam führte diese Nachkriegsreise durch Deutschland weiter nach Bremen und Bremerhaven, Frankfurt und Berchtesgaden. Sie dauerte insgesamt eine Woche: vom 28. Juli bis zum 2. August 1945.
Die wichtigsten Quellen sind John F. Kennedys Reisetagebuch (das als Typoskript und in Form einzelner handbeschriebener Blätter erhalten ist und dessen deutscher Teil einen zusammenhängenden Reisebericht bildet) sowie eine auf diesen Aufzeichnungen beruhende Rede in Boston vom 11. September 1945; des weiteren das Tagebuch von James Forrestal und Fotografien von Forrestals Besuch, auf denen Kennedy zu erkennen ist (mit der Besuchergruppe in Berlin, in der Ruine der Reichskanzlei, auf dem Frankfurter Flughafen); außerdem die Auskunft von Seymour St. John, den Kennedy in Frankfurt traf (gegenüber Joan und Clay Blair); die Memoiren von Rose Kennedy und die Ausgabe der Korrespondenz von Joseph P. Kennedy. Im weiteren Zusammenhang stehen JFKs Zeitungsartikel, die er vor seinem Aufenthalt in Deutschland verfasst hatte. Eine detaillierte Kommentierung des Tagebuchs haben Deirdre Henderson und Hugh Sidey in der englischsprachigen Edition »Prelude to Leadership« (1995) vorgelegt.