Verjüngungsstrategie Ernährung
Nicht nur was die Bewegung angeht, sollten Sie sich auf die Erfordernisse des E-Faktors einstellen, auch Ihre Ernährung sollten Sie überprüfen. Denn die Antwort auf die Frage, was gesundes Essen ist, hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre grundlegend gewandelt.
Neben dem Bewegungsverhalten hat sich auch die Ernährung in Deutschland innerhalb der letzten 50 Jahre deutlich gewandelt. Bei unseren Großmüttern gab es noch Braten, Kartoffeln mit Soße und Gemüse als Festtagsmahl, Handwerker nahmen ihren Henkelmann mit Eintopf für das Mittagessen zur Arbeit mit. Heute ist Fastfood 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr verfügbar. Bäckereien und Metzgereien ermöglichen überall den schnellen Hamburger oder Coffee to go, den Imbiss für zwischendurch. Obst und tropische Früchte stehen das ganze Jahr über zur Verfügung, sodass uns schon das Wissen darum verloren gegangen ist, was zu welcher Jahreszeit reif ist. Kinder in der Schule trinken eher Softdrinks als Milch oder Kakao.
Volkskrankheit Übergewicht
Sowohl unsere Nahrungsmittel und ihre Inhaltsstoffe als auch das Essverhalten haben entscheidenden Einfluss auf unsere Gesundheit. Fehlende Bewegung und ein relativer Überschuss an Kalorien über die Nahrung führen zu Übergewicht oder gar zur Adipositas, dem schweren Übergewicht. Definiert ist die Adipositas als Body-Mass-Index über 30 . Mit über 100 Kilogramm bei 1,80 Metern Körpergröße sind Sie beim schweren Übergewicht angelangt.
Vor allem das bauchbetonte Übergewicht (Körpertyp Apfelform) ist für ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko verantwortlich. Gegenüber den Menschen, die ihre überflüssigen Pfunde eher um die Hüfte herum verteilt haben (Körpertyp Birnenform), sind die Betroffenen im Nachteil, da die apfelförmige Körpersilhouette mit einem gestörten Stoffwechsel und Herz-Kreislauf-Risikofaktoren in Verbindung gebracht wird.
Gefäßgesund essen
Die zentrale Frage jedoch ist: Welche Ernährung ist herz- und gefäßgesund, und welche fördert das Altern der Endothelzellen und das frühzeitige Auftreten der Arterienverkalkung? Zwei Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt:
1. Reduktion der Quantität, also der Kalorienmenge in der Nahrung – zur Gewichtsreduktion (schlanke Menschen können sich auf den Punkt Nummer 2 beschränken)
2. Verbesserung der Qualität der Ernährung – zur Verbesserung der Gefäßfunktion
Der Body-Mass-Index (BMI)
Die Formel für den BMI lautet:

Beispielrechnung: Wenn Sie 175 cm groß sind und 71 kg wiegen, beträgt Ihr BMI also 23.

Gesund ist nicht immer kalorienarm
Warum Qualität und Quantität zusammenspielen müssen, wird an einem einfachen Beispiel besonders anschaulich:
Ein tonangebender Teil des Ehepaares Müller – die Ehefrau – möchte die Ernährung umstellen, da sie meint, ihr Mann sei übergewichtig, und damit müsse jetzt ein für alle Mal Schluss sein.
Ihr erster Schritt zur Verbesserung der Situation: Sie streicht ihm das dicke Leberwurstbrot und den schwarzen Kaffee zum Frühstück und ersetzt diese Speisen durch eine große Schale mit Müsli plus Obst und frisch gepressten Orangensaft.
Zwischendurch isst Herr Müller brav seine Bio-Äpfel – vier Stück am Tag, jeweils zwei um 10 und 16 Uhr – als Zwischenmahlzeit, denn Äpfel sollen doch so gesund sein.
Zu Mittag gibt es keinen deftigen Eintopf mit Fleisch oder Würstchen mehr, sondern zum Beispiel Spaghetti mit Gemüse-Sahne-Sauce und Salat mit Putenbruststreifen.
Abends steht bei Müllers nun keine Brotzeit samt Weißbier mehr auf dem Tisch, sondern eine Platte mit Parmaschinken, französischem Käse, Obst, Baguette und dazu zwei Gläschen Rotwein, wegen der guten Gefäßwirkung und den Antioxidantien.
Das Ergebnis nach drei Monaten: Herr Müller ist dicker als vorher, trotz der so gesunden Ernährungsmaßnahmen seiner Ehefrau, und beide sind erstaunt und frustriert.
Des Rätsels Lösung: Natürlich ist das Essen, das Frau Müller ausgewählt hat, »gesund«. Aber es ist insgesamt auch kalorienreich. Herrn Müllers Ernährungsweise von vorher – bestehend aus drei Mahlzeiten am Tag mit Wurstbrot, Eintopf, einer Kanne schwarzem Kaffee und einer Brotzeit am Abend – mag vielleicht ungesünder gewesen sein, sie war aber deutlich kalorienärmer als der neue Ernährungsstil mit viel Obst, Fruchtsäften und Käse. Der Unterschied macht immerhin 500 kcal pro Tag aus. Dafür könnte Herr Müller jeden Tag fast eine Tafel Schokolade essen!
Kalorienvergleich: Hausmannskost – mediterran

Herr Müller nimmt nicht ab

Gesund, aber zu viel
Grundsätzlich ist eine mediterrane Kost mit viel Gemüse und Obst, viel Fisch und wenig Fleisch (und wenn, dann gegrillt oder gedünstet) für das Endothel und die Gefäße günstig.30 Die Endothelfunktion wird verbessert, die Entzündungsreaktion in der Gefäßwand nimmt ab, und die Gefäße altern auf Dauer deutlich langsamer.
Allerdings werden diese positiven Effekte durch eine Gewichtszunahme wieder zunichtegemacht. Nimmt Herr Müller aus dem obigen Beispiel also durch den neuen Ernährungsstil zu, sind die Effekte der herz- und gefäßgesunden mediterranen Ernährung gleich null.
Überschüssige Kalorien aus der Nahrung werden im Fettgewebe gespeichert, was zu einem Anschwellen der Fettzellen, vor allem am Bauch, führt. Der Stoffwechsel dieser Fettzellen wird dadurch dazu gebracht, mehr Entzündungsstoffe zu bilden und ins Blut abzugeben.
Das Resultat: höhere Konzentrationen an Entzündungsstoffen, Fettsäuren und Blutzucker im Blut. Die Insulinrezeptoren werden durch diese Stoffe blockiert und folglich am Einschleusen von Blutzucker in den Zellen zu deren Abbau gehindert. Gleichzeitig führt die Kombination aus all diesen Faktoren zu einer Fehlfunktion der Endothelzellen.
Fazit: Es kommt auf beides an – gesunde Inhaltsstoffe in der Nahrung und Vermeidung von Gewichtszunahme.
Letzteres kann nur durch eine geringere Kalorienaufnahme und/oder einen erhöhten Kalorienverbrauch erreicht werden.

Mittelmeerkost – Elixier für die E-Zelle
Die traditionelle Küche im Mittelmeerraum ist gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Getreide (vorwiegend unverarbeitet), viel Fisch (meist gegrillt) und wenig Fleisch und Milchprodukte. Insgesamt ist sie sehr fettarm, und wenn Fett eingesetzt wird, dann solches mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren wie etwa das native Olivenöl.
Über mehrere große Beobachtungsstudien hat man übereinstimmend belegen können, dass besonders die Bewohner des Mittelmeerraums – und dort vor allem die Menschen, die auf der Insel Kreta leben – viel älter werden und länger gesünder bleiben als Bewohner der Länder Nordeuropas wie etwa Finnland. Ähnliches konnte man für Frankreich zeigen. Besonders alt werden Japaner, unter anderem wegen ihrer besonders niedrigen Herzinfarktrate.
Gemüse und Fisch
Um diese Unterschiede zu erklären, wurden das Verhalten und insbesondere auch die Essgewohnheiten zwischen den Ländern verglichen. Eindeutiges Ergebnis aller Untersuchungen ist, dass besonders diejenigen, die viel Gemüse und Fisch essen, wenig rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) verzehren und täglich sehr mäßig Alkohol trinken, am besten abschneiden: Ihre Gefäße bleiben länger fit, Gefäßerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall treten später auf.31 Auch Diabetes, Bluthochdruck und hohe Cholesterinspiegel kommen seltener vor.32
Ich trinke, wie ich esse
Was wirklich das Entscheidende in der Nahrung ist, das den Ausschlag gibt, ist nicht so eindeutig zu klären. Sind es die Vitamine im Obst und Gemüse oder die Antioxidantien im Wein? Die ungesättigten Fettsäuren in Hülsenfrüchten, Olivenöl und Fisch – oder die Kombination aus allem?
Durch Studien wird das kaum je zu differenzieren sein, denn diejenigen, die sich gesundheitsbewusst ernähren, essen in der Regel sowohl Gemüse als auch Fisch und trinken ein Glas Wein zum Essen, und – die Menschen, die sich so ernähren, bewegen sich mehr, sie sind weniger übergewichtig und sie rauchen weniger. Dies belegen Untersuchungen von Kassenbons bei Einkäufen in Supermärkten:
Während die einen den Einkaufswagen mit Rotweinflaschen, kalt gepresstem Olivenöl, frischem Obst und Gemüse, Parmaschinken und Walnüssen beladen, kaufen die anderen eher eine Kombination aus Bier, Wurst, Gewürzgurken, Margarine, Toastbrot und Chips ein.
Hier zu unterscheiden, ob es das eine oder andere Lebensmittel aus dem »gesunden Einkaufswagen« ist, welches vor Gefäßerkrankungen schützt oder diese fördert, ist fast unmöglich.
Was Franzosen und Eskimos gemeinsam haben
Franzosen und Inuit haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Weder ihre Umweltbedingungen noch ihr Lebensstil ähneln sich. So ernähren sich die einen praktisch ohne frisches Obst und Gemüse, während es bei den anderen täglich auf dem Speiseplan steht.
Trotzdem haben beide eines gemeinsam: Ihre Erkrankungshäufigkeit, was Herzinfarkte angeht, ist gering. Bereits in den 1970er-Jahren wurde bei groß angelegten Erhebungen beobachtet, dass bei den in Grönland lebenden Inuit vergleichsweise selten Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftraten.
Eigentlich hatten die Wissenschaftler ein gegenteiliges Ergebnis erwartet, da Inuit sich überwiegend von Fisch mit hohem Fettgehalt – wie etwa beim fettreichen Fleisch von Walen – ernähren. Es lag also nahe, genau in der fischreichen Nahrung nach den positiven Effekten für Herz und Gefäße zu suchen.
Der gemeinsame Nenner
Der gleiche Ansatz führte zur Entschlüsselung des »französischen Paradoxons« – des »French Paradox«33: Wie konnte die fettreiche Ernährung des Franzosen mit Käse und frittierten Kartoffeln vor Herzinfarkt schützen? Dazu später mehr, aber schon hier sei verraten:
Der gemeinsame Nenner zwischen Eskimos und Franzosen waren die ungesättigten Fettsäuren.
Verschiedene Fettsäuren
Fettsäuren sind unterschiedlich lange Ketten von Kohlenstoffelementen. Nicht nur die Anzahl der Kohlenstoffelemente variiert, die Ketten unterscheiden sich auch in der Art der Verknüpfung ihrer einzelnen Elemente:
Ist die Verbindung zwischen den Elementen durchgängig in einfacher Form vorhanden, so spricht man von gesättigten Fettsäuren.
Ist die Verbindung an einer (einfach) oder an mehreren (mehrfach) Stellen doppelt verbunden, liegen ungesättigte Fettsäuren vor.
Sind zwei oder mehr Doppelbindungen vorhanden, werden sie als mehrfach ungesättigte Fettsäuren bezeichnet. Dazu gehören auch die Omega-3-Fettsäuren. Sie sind für ihre besonders gesundheitsfördernden Effekte gerade auch im Hinblick auf die Gefäßwände bekannt und kommen besonders in Fisch und in den Zellwänden von Pflanzen vor.
Ungesättigte Fettsäuren – Weichmacher für die Zellwände
Da der Körper die ungesättigten Fettsäuren nicht selbst produzieren kann, ist ihr Gehalt in den menschlichen Zellen fast ausschließlich von der Nahrung und der Aufnahme entsprechender Stoffe im Darm abhängig.
Man kann den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren über eine Analyse des Anteils von Fettsäuren in der Zellwand ermitteln – etwa in den Zellen der roten Blutkörperchen. Sie sind gut zugänglich und ihre Fettsäureverteilung entspricht der von anderen Körperzellen. Gleichzeitig liefern die Blutkörperchen einen guten Überblick über die Gewohnheiten der zurückliegenden drei Monate, da sie eine durchschnittliche Überlebenszeit von 120 Tagen haben.
Je höher der relative Gehalt dieser Fettsäuren in der Zellmembran der Erythrozyten ausfällt, desto niedriger ist das Herz-Kreislauf-Risiko insgesamt:34 Liegt der durchschnittliche Gehalt – wie etwa in Japan – bei 11 Prozent, ist das Risiko der Gefäßschädigung als sehr niedrig anzusehen. Werte von über 8 Prozent im Durchschnitt werden für Deutschland von den Medizinern noch als tolerabel bewertet. Bewegt sich der sogenannte Omega-3-Index aber unterhalb dieses Werts oder geht er in der Tendenz sogar auf 4 Prozent zu, erhöht sich das Herztodrisiko als Folge von Gefäßverengung, Minderversorgung mit Sauerstoff oder Rhythmusstörungen um 10 Prozent.35
Diese Zusammenhänge konnten Studien bestätigen, die nachgewiesen haben, dass die regelmäßige Einnahme von Omega-3-Fettsäuren über einen Zeitraum von drei Jahren das Risiko für erneut auftretende Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 10 bis 15 Prozent reduziert. 36, 37 (Dabei handelt es sich allerdings um Befunde, die in den letzten Jahren bei Patienten mit Herzerkrankung unter sonstiger maximaler medikamentöser Therapie nicht mehr beobachtet werden konnten.) Auch ein plötzlicher, unerwarteter Herztod, der durch Rhythmusstörungen hervorgerufen wird, trat in einer Folgestudie wesentlich seltener auf. Die allgemeine Empfehlung lautet:
Bei einem niedrigen Omega-3-Wert sollte man die Ernährung umstellen: mehr Fisch und mehr Hülsenfrüchte.
Die besten Quellen
Wo kommen die guten Fettsäuren her? Einige Nahrungsmittel wurden bereits genannt, aber es gibt noch mehr attraktive Quellen.
Interessant ist, dass Omega-3-Fettsäuren in der Natur vor allem in Algen vorkommen – und in Kaltwasserfischen, die sich von Algen ernähren. Algen gehören zu den ältesten Lebewesen der Erde und existieren bereits seit vielen Millionen Jahren. Sie sind vor allem auf dem Meeresgrund in großen Tiefen zu finden.
Die ungesättigten Fettsäuren liefern der Alge einen optimalen Schutz vor den eisig kalten Umständen in großen Meerestiefen. Die Fettsäuren machen ihre Struktur elastisch und geschmeidig.
Dies erklärt, warum Omega-3-Fettsäuren vor allem in Kaltwasserfischen wie Hering, Lachs, Makrele oder Thunfisch vorkommen. Jedoch gibt es auch pflanzliche Lieferanten: Nüsse, Leinsamen oder Soja zählen dazu.
Medizinische Effekte
Wie kann man die positiven Effekte der ungesättigten Fettsäuren auf die Gefäße aber nun medizinisch erklären?
Die ungesättigten Fettsäuren werden kontinuierlich in die Zellhüllen des Körpers eingebaut. Sie sind somit essenzieller Bestandteil aller Zellen im Körper.
Die Fettsäuren haben in Abhängigkeit von ihrer Länge – und vor allem in Abhängigkeit davon, ob sie Doppelbindungen aufweisen – unterschiedliche physikalische Eigenschaften. So sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren im Gegensatz zu gesättigten Fettsäuren sehr geschmeidig, was dazu führt, dass die Zellhülle oder -membran, in die sie eingebaut werden, je nach Gehalt an ungesättigten Fettsäuren weniger oder mehr elastisch sind.
Diese höhere Elastizität erleichtert es den Zellen – wie beispielsweise den roten Blutkörperchen –, sich leichter zu verbiegen und sich so besser durch die engen Kapillaren zu zwängen. Bei den Blutplättchen, verantwortlich für die Gerinnung, führt die verbesserte Elastizität dazu, dass sie weniger aneinanderkleben und verhindert somit die Bildung von Blutgerinnseln.
Dies sind zwei ganz entscheidende Mechanismen, die sehr deutlich zeigen, warum die Sauerstoffversorgung im Körper, und vor allem auch im Bereich des Herzens, besser gewährleistet wird, wenn der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren besonders hoch ist.
Aber nicht nur das. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass der Stoffwechsel in der Zelle selbst durch die Zellwände gesteuert wird. Auch hier gilt: Je höher dort der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren in der Zellhülle ist, desto aktiver ist die Zelle und desto empfindlicher reagiert sie auf Insulin. Sie baut also den Blutzucker schneller und besser ab.
Balsam für die E-Zelle
Ähnliches zeigt sich auch an der Endothelzelle: Werden Omega-3-Fettsäuren in die Hülle der Endothelzelle eingebaut, verbessert dies den Ablauf sämtlicher Transport- und Austauschvorgänge über die Membran. Ihre Schutzfunktion kann länger und effektiver erhalten werden. Die LDL-Partikel dürfen sie nur bedingt passieren, und die Blutplättchen heften sich seltener an. Zudem läuft die Informationsvermittlung in die tieferen Schichten der Gefäßwand besser ab.
Das sind alles Mechanismen, die die Funktion der E-Zelle und der Gefäßwand erhalten und so zur Elastizität beitragen. All diese Effekte machen deutlich:
Eine Ernährung mit ausreichend ungesättigten Fettsäuren kann die grundlegenden Alterungsprozesse der Gefäßwände entscheidend verlangsamen.
Transfette – E-Zellen-Killer
Was ist also eigentlich das Gesundheitsschädliche an Fastfood und Fertigmahlzeiten, an Kuchen und Pizza aus der Tiefkühltruhe?
Es sind nicht nur die Kalorien, die solche Produkte im Übermaß bereithalten. Es sind die gesättigten Fettsäuren und die sogenannten Transfette, die darin enthalten sind. Sie entstehen bei starkem Erhitzen von Pflanzenölen, und zwar ab einer Temperatur über 130 Grad Celsius, sodass sie besonders in frittierten Lebensmitteln wie Pommes frites oder bestimmten Backwaren wie etwa Croissants vorkommen. Denn:
Die meisten Fertigprodukte können nur deshalb so lange haltbar gemacht werden, weil das in ihnen enthaltene Fett verändert wird. Auf diese Weise kann es nicht mehr ranzig werden und enthält dann einen besonders hohen Anteil an Transfettsäuren – pures Gift für die Zellen des Gefäßsystems.
Pflanzenöle im Vergleich

Mehrfach schädlich
Es existieren viele Theorien über die Wirkung von Transfetten. Wissenschaftlich gesichert ist, dass Transfette die E-Zellen-Funktion massiv schädigen und gleichzeitig das LDL erhöhen und das HDL verringern können.
Darüber hinaus können Transfette mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Entstehen von erhöhtem Blutdruck in Verbindung gebracht werden.
Auch eine negative Wirkung auf den Zuckerstoffwechsel und die Erhöhung des Krebsrisikos gehen auf ihr Konto.38
Schätzungen gehen davon aus, dass bereits eine Einnahme von fünf Gramm pro Tag das Risiko für eine Arterienverkalkung der Herzkranzgefäße um 25 Prozent steigert.
Aus diesem Grund ist es beispielsweise in Dänemark gesetzlich vorgeschrieben, dass der Transfettanteil von Lebensmitteln – sowohl im Einzelhandel als auch im Großhandel – nicht mehr als zwei Prozent betragen darf.
In New York City ist die Verwendung von Transfettsäuren seit 2008 in allen Imbissen, Restaurants, Cafés und Bäckereien sogar verboten. Ein Beispiel, dem inzwischen einige Staaten gefolgt sind.39
Mehr als Vitamine
Die Studienlage zu Obst und Gemüse ist klar. Es gilt die Formel: je mehr desto besser. Der häufige Verzehr von beidem, möglichst mehrmals täglich, senkt das Herz-Kreislauf-Risiko.40
Aber: Daraus voreilig den Schluss zu ziehen, dass der Verzehr von Gemüse und Obst gleichzusetzen sei mit der Aufnahme von Vitaminen und somit ein Apfel auch durch eine Brausetablette ersetzt werden könne, ist komplett falsch. Denn Obst und Gemüse enthalten viel mehr als nur Vitamine! Darin stecken viele Tausend verschiedene weitere Substanzen, die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe, deren Wirkung im Einzelnen noch gar nicht vollständig geklärt ist.
Die umjubelten Vitamine C und E zeigen sich zwar in ihrer direkten Wirkung auf die Endothelzellen der Gefäße als wahre Alleskönner, doch wurde in sogenannten Interventionsstudien deutlich, dass diese Tatsache nicht den Effekt hat, den man sich einst erhofft hatte – zumindest nicht klinisch nachweisbar.
Vitamintabletten und Placebos
In der Pharmaindustrie und -forschung werden klinische Studien zur Erprobung der Wirksamkeit und des Nebenwirkungsspektrums von Medikamenten durchgeführt. In diesen Untersuchungen wird den Probanden entweder ein Medikament oder ein Placebo (eine Tablette ohne Inhaltsstoffe) gegeben, ohne dass Arzt oder Patient wissen, wer was verabreicht beziehungsweise einnimmt.
Solche Studien sind auch mit Vitamingaben und entsprechenden Placebos durchgeführt worden. Damit sollte überprüft werden, ob Vitamine das Auftreten von Krebs und Herzinfarkt bei besonders gefährdeten Personengruppen wie Rauchern reduzieren können.
Doch weit gefehlt. Die Annahme erwies sich als komplett falsch. So zeigte sich nicht nur kein Effekt, sondern sogar eine gegenläufige Wirkung:
In der Vitamingruppe wurde eine höhere Krankheits- respektive Sterblichkeitsrate festgestellt als in der Placebogruppe. Dieser Effekt war nicht nur in einer Studie zu beobachten.41
Zwei Lehren kann man daraus ziehen: Erstens: Ursache und Wirkung sind doch meistens komplexer, als es auf den ersten Blick scheint.
Und zweitens: Vitamintabletten sind in keinem Fall ein adäquater Ersatz für den täglichen Verzehr von Obst und Gemüse.
Obst ist kein Gemüse
Regelmäßig werden Obst und Gemüse in einem Atemzug genannt, wenn es um gesunde Ernährung geht. Es stimmt: Beide haben viel gemeinsam, wie etwa den hohen Gehalt an Vitaminen, Antioxidantien oder sekundären Pflanzenstoffen. Aber dennoch unterscheiden sie sich ganz substanziell:
Früchte haben nämlich einen hohen Gehalt an Einfachzuckern, Gemüse hingegen bestehen aus komplexen Kohlenhydraten, also Mehrfachzuckern.
Einfachzucker schmecken süß, Mehrfachzucker müssen erst noch gespalten werden, damit sie die angenehme Süße entwickeln. Sie müssen also länger gekaut werden, sodass die Verdauungsenzyme (Zuckerspalter) der Speicheldrüsen im Mund wirken können.
Einfach- und Mehrfachzucker
Der Körper unterscheidet grundsätzlich nicht nach der Art der Zuckermoleküle, sondern nur nach deren Länge.
Der Unterschied von Fruchtzucker aus dem Obst und dem Zucker aus der Zuckerdose ist für den Körper nicht zu erkennen. Deshalb wird die Birne im morgendlichen Müsli oder der Apfel zwischendurch kalorienmäßig von ihm nicht anders bewertet als ein gesüßter Kaffee oder Kakao.
Eine Gurke oder eine Tomate hingegen enthalten wenig Einfachzucker, sondern viele vernetzte oder komplexe Kohlenhydrate. Diese werden erst im Verdauungstrakt zu Einfachzuckern gespalten und dann vom Körper aufgenommen.
Das ist ein Prozess, der lange dauert und am Ende den entscheidenden Unterschied macht.
Einfachzucker gehen sofort ins Blut, Mehrfachzucker nur nach und nach, was insgesamt einen langsameren Anstieg der Blutzuckerwerte bewirkt.
Der langsame Anstieg durch die Mehrfachzucker scheint auch den Endothelzellen besser zu bekommen als der abrupt hohe Anstieg von Zucker im Blut, den der Einfachzucker provoziert. Das Gemüse hat dem Obst in diesem Zusammenhang also einiges voraus.
Werden der Apfel oder die Birne außerdem noch geschält, wandern die farbgebenden und wahrscheinlich besonders gefäßgesunden Inhaltsstoffe auf den Kompost oder in den Müll, und es ist kaum noch etwas Schützendes für die Endothelzellen übrig.
Strohfeuer
Die Unterschiede zwischen einfachen und komplexen Kohlenhydraten, den unterschiedlichen Zuckerformen, kann man gut anhand eines bildhaften Vergleichs verdeutlichen: Einfachzucker brennen wie trockene Äste. Den Verbrennungsvorgang bei Vielfachzuckern kann man eher mit dem eines Baumstamms vergleichen – es geht langsam, und es wird konstant Energie frei.
Die Verdauung der Vielfachzucker ist also ein intensiver, lang andauernder Vorgang und beansprucht im Unterschied zum Einfachzucker ein Vielfaches an Zeit, bis die Verbrennung beendet ist. Der Grund: Die Zuckerteilchen müssen erst aufwändig Molekül für Molekül gespalten werden.
Diese Spaltung erfolgt deshalb Schritt für Schritt, weil auch das Insulin in kleineren Mengen und verzögertem Tempo produziert und ausgeschüttet werden muss. Die Bauchspeicheldrüse, Produzent des Insulins, wird auf diese Weise nachhaltig geschont. Gelangen die einzelnen Zuckerteilchen im konstanten Takt der Reihe nach ins Blut, kommt es zu keinen Zucker- und konsekutiven Insulinspitzen, die schädlich für die E-Zelle wären.
Kleine Zucker, große Wirkung
Die zellschädigende Wirkung, die von einem erhöhten Blutzuckerspiegel ausgeht, ist in der Wissenschaft hinreichend belegt.42, 43 Ein Beispiel dazu aus dem Alltag: Marmelade wird mit Zucker eingemacht, weil Bakterien dieses Milieu nicht tolerieren. Sie werden auf diese Weise zerstört, die Früchte sind lange haltbar.
Vergleichbar geht es der E-Zelle in den Gefäßen. Hier führt eine erhöhte Zufuhr von Zucker zum vermehrten Absterben der E-Zellen.
Bei der Volkskrankheit Diabetes Typ 2, im Volksmund auch Alterszucker genannt, kommt es bereits in den Vorstadien der Erkrankung zu einer Beeinträchtigung der E-Zellen-Funktion.
Diabetes mellitus heißt übersetzt »honigsüßer Durchfluss« und meint, dass bei permanent erhöhtem Blutzuckerspiegel Zucker über den Urin ausgeschieden wird. Das ist das äußere Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt.
Kommt es zu einem chronisch erhöhten Blutzucker- und Insulinspiegel über Jahre und Jahrzehnte, wird langsam aber stetig die Funktion der Endothelzellen zerstört. Eine generalisierte Störung des gesamten Gefäßsystems ist die Folge.
Dies erklärt, wieso Gefäße von Diabetikern schneller voraltern und diese Patienten ein vielfach höheres Herzinfarktrisiko und in der Regel eine um zehn Jahre verkürzte Lebenserwartung haben.44
Bekennen Sie Farbe!
Viele gesunde Nahrungsmittel sind farbig: rot, gelb und grün wie Paprika, Tomate, Rotwein, Beeren, Kürbis, Curry und Kurkuma, Gurken, Zucchini, Salat, grüner Tee oder Algen.
Allen gemeinsam ist, dass sie Polyphenole – mehrfache Phenolverbindungen bzw. chemische Ringstrukturen – enthalten und Farbstoffe, die als sogenannte Antioxidantien die E-Zellen vor freien Radikalen schützen.
Diese Angreifer versuchen höchst aggressiv, die E-Zelle zu schädigen. Deshalb ist es so wichtig, neben den ungesättigten Fettsäuren, die dauerhaft die Geschmeidigkeit der E-Zellen gewährleisten und ihre Funktion sicherstellen, alle Zellangreifer abzuwehren.
Halten Sie Ihren Cholesterin- und Blutzuckerspiegel niedrig, und bringen Sie die farbige Schutztruppe in Stellung! Eine Maßnahme im Kampf gegen die vorzeitige Alterung der Gefäße, die Sie selbst in der Hand – oder besser im Mund – haben.
Mit Goethe gegen den inneren Schweinehund
Auch wenn man den deutschen Gelehrten Johann Wolfgang von Goethe nicht für alles heranziehen kann, so doch für vieles. In »Faust I« geht es in einer Szene in der Hexenküche darum, wie man 30 Jahre jünger wird – durch Hexerei oder durch einen guten Lebensstil?
Mephisto
Dich zu verjüngen gibt’s auch ein
natürlich Mittel:
Allein es steht in einem anderen Buch,
Und es ist ein wunderlich’ Kapitel.
Faust
Ich will es wissen.
Mephisto
Gut! Ein Mittel, ohne Geld
Und Arzt und Zauberei zu haben:
Begib dich gleich hinaus aufs Feld,
Fang’ an zu hacken und zu graben,
Erhalte dich und deinen Sinn
In einem ganz beschränkten Kreise,
Ernähre dich mit ungemischter Speise,
Leb’ mit dem Vieh als Vieh, und acht’ es
nicht für Raub,
Den Acker, den du erntest, selbst zu
düngen;
Das ist das beste Mittel, glaub’,
Auf achtzig Jahr dich zu verjüngen!
Im Sinne dieses Buches kann man den Dialog bestätigend interpretieren: Regelmäßige Bewegung ist ein wesentlicher Schutzfaktor gegen das Altern (»Begib dich gleich hinaus aufs Feld, fang’ an zu hacken und zu graben«). Ebenso wichtig ist die Entspannung (»Erhalte dich und deinen Sinn in einem ganz beschränkten Kreise«). Die Vorzüge vegetarischer Ernährung werden auch gepriesen (»Leb’ mit dem Vieh als Vieh, und acht es nicht für Raub«), und der Verzehr von Gemüse – und nicht von Obst – wird nahegelegt, und zwar möglichst vom eigenen Feld – vielleicht könnte man ergänzen: vom Biobauern, falls Sie kein eigenes Feld bestellen (»Den Acker, den du erntest, selbst zu düngen«).
Aber dass es nicht so einfach ist, das Wissen umzusetzen und den inneren Schweinehund zu überwinden, weiß Faust auch:
Faust
Das bin ich nicht gewöhnt,
Ich kann mich nicht bequemen,
Den Spaten in die Hand zu nehmen.
Das enge Leben steht mir gar nicht an.