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»Was ist denn hier los?«, fragte Ferdinand Holthausen vom Einbruchsdezernat. Er pflegte so oft wie möglich den Kontakt zu den Kollegen von auswärts. So bezeichnete er alle aus der Polizeidienststelle, die nichts mit Einbruch zu tun hatten.

Pielkötter, Barnowski und Brigitte Sprockhövel saßen an einem Tisch im Aufenthaltsraum und stopften diverse Tortenstücke in sich hinein.

»Sie dürfen ruhig mitfeiern«, erklärte Pielkötter. »Auch Sie habennämlich Grund dazu.«

Holthausen stutzte. »Worum geht es denn?«

»Stell dich nicht so ahnungslos«, feixte Barnowski. »Hast bestimmt schon von Heitkämper gehört?«

»Ist das nicht dieser Buchhalter, den jemand umgefahren hat?«

»Der Fall ist abgeschlossen«, erwiderte Barnowski nicht ohne Stolz. »Sag bloß, das hat sich in unserem Haus noch nicht herumgesprochen? Hier weiß doch jeder sogar, wenn Olschewskis Hund Blähungen hat.«

»Zudem können Sie auch den Einbruch bei den Martinis zu den Akten legen«, erklärte Pielkötter mit süffisantem Lächeln.

Alle sahen ihn fragend an.

»Alexander Lund hat heute Morgen gestanden, dass er in seine eigene Villa eingestiegen ist. Nun ja, fast ein Kavaliersdelikt im Vergleich zu den anderen Straftaten.«

»Kommissar Barnowski hat nicht lockergelassen«, schweifteBrigitte Sprockhövel von dem Thema Einbruch ab. Dabei bedachtesie Barnowski mit einem bewundernden Blick.

Pielkötter verstand die Welt nicht mehr. Schließlich hatte er seinemUntergebenen so lange auf die Zehen getreten, bis dieserseine gelegentlich laxe Ermittlungstour zugunsten effektiver Arbeitaufgegeben hatte. Und wie oft hatte er ihm mit der Detektei in den Ohren gelegen, ohne dass dieser nur einen Finger gerührt hatte?

»Alexander Lund hat übrigens das Detektivbüro Nagel & Ehrlichbeauftragt«, erklärte Pielkötter mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme. Gespannt beobachtete er Barnowskis Miene. Diekonnte allenfalls Brigitte Sprockhövel mit viel Wohlwollen als intelligent bezeichnen.

»Aber wir haben den Fall doch auch so aufgeklärt«, wandte sie ein, womit sie Barnowski vermutlich aus der Seele sprach.

»Da fällt mir ein Zitat eines Dozenten von der Polizeiakademie ein«, erwiderte Pielkötter ärgerlich. »Ein guter Ermittler ruht nicht eher, als bis er jedes kleine Puzzleteilchen kennt.«

»Erst recht bei Mord«, stimmte ihm Ferdinand Holthausen mit mindestens einem fünftel Stück Torte im Mund zu. Unabsichtlich hatte er damit verraten, dass er doch mehr wusste, als er vorgegeben hatte. »Jedenfalls habt ihr Jungs gute Arbeit geleistet, und dafür gibt es jetzt lecker Kuchen.«

»Erstaunlicherweise geht es ja nicht nur um einen einzigen Mord«, erklärte Brigitte Sprockhövel.

»Jetzt spannen Sie den netten Kollegen vom Einbruch nicht länger auf die Folter«, scherzte Barnowski, »sonst verschluckt der sich vor Neugier noch an der Torte.«

»Der Mörder vom Heitkämper hat auch seine Schwiegereltern ermordet«, fuhr sie fort. »Zumindest hat er das unserem Hauptkommissar gestanden. Obendrein hätte er fast seine Frau umgebracht. Kommissar Barnowski hat sie allerdings in letzter Sekundegerettet.«

Automatisch fragte sich Pielkötter, ob Brigitte Sprockhövel den falschen Beruf gewählt hatte. Wie konnte eine Polizistin die Tatsachen derart verdrehen?

»Dann könnt ihr sogar stolz sein, einen weiteren Mord verhindert zu haben«, tönte Holthausen mitten in seine Gedanken.

»Wenn wir noch lange untätig hier herumsitzen, werden wir dieses Niveau aber nicht halten können«, erklärte Pielkötter, dem die Lobeshymnen nun doch ziemlich auf die Nerven gingen.