27. Kapitel Pinguinwege

Noah wusste, dass er den Atem nicht mehr länger anhalten konnte. In diesem Augenblick bissen zwei Pinguine in den Kragen seiner Jacke und zogen ihn hinauf zur Wasseroberfläche. Keuchend schnappte Noah nach Luft und trat strampelnd Wasser. Seine durchweichten Schuhe zogen an seinen Füßen wie Gewichte.

Immer noch sprangen Pinguine vom Eis. Sie schwammen um ihn herum und wirbelten das Wasser mit den kräftigen Schlägen ihrer Flossen auf. Sie sahen aus wie wilde schwarzweiße Torpedos mit Flügeln.

Noah versuchte an Megan zu denken. Er dachte an ihr Gesicht und ihr Lächeln. Megan brauchte ihn. Als ihm die nächste Welle ins Gesicht schwappte, zwang er sich, mutig zu sein. Ihm wurde jede Sekunde kälter. Er musste aus dem Wasser raus, doch das Ufer war zu steil. Seine einzige Hoffnung war, um die Eisinsel herumzuschwimmen und einen flacheren Aufstieg zu finden.

Er holte tief Luft und schwamm mit schwachen Stößen an den Pinguinen vorbei. Zu seiner Rechten konnte er durch die Glaswand in den Raum hineinsehen, in dem er schon so oft gestanden hatte. Wie seltsam war es, jetzt auf der anderen Seite zu sein!

Er schwamm zu einer Ecke des Aquariums, an der das Glas endete. Hier gab es nur noch Stahl und Beton. Alle Ecken waren auf diese Weise gebaut worden, um das riesige Aquarium zu stützen. Es waren die einzigen Stellen, durch die die Besucher nicht hineinsehen konnten. Hier schob sich die obere Hälfte der Eisinsel über den Kanal hinweg und bildete so einen Tunnel, der je zwei Seiten des viereckigen Aquariums verband.

Kurz bevor er die Ecke erreicht hatte, tauchte Noah in den dunklen Tunnel. Er trat mit den Füßen und paddelte mit den Armen und bemühte sich, die gegen ihn stoßenden Pinguine nicht zu beachten. Als er um die Ecke geschwommen war und auf der anderen Seite des Aquariums ankam, tauchte er wieder an die Oberfläche und schnappte nach Luft.

Allein das Wassertreten verbrauchte all seine Kraft. Ihm wurde immer kälter, und seine Jacke fühlte sich bleischwer an. Die Pinguine schossen weiter um ihn herum. Einer sprang über seinen Kopf, und ein anderer quetschte sich durch seine Beine hindurch.

In der Menge schwamm auch Podgy. Im Wasser wirkte er sogar noch größer als an Land. Er ließ sich mit dem Rücken auf der Oberfläche treiben und schien vollkommen unbeeindruckt. So dicht umschwamm er den Jungen, dass seine Flossen ihn berührten.

«Was … was … willst du von mir?», brachte Noah mühsam heraus.

Podgy schwamm hinter Noah, tauchte durch seine Beine und tauchte mit Noah auf seinem Rücken wieder auf.

«Was tust du da?», keuchte Noah. Instinktiv schlang er die Arme um Podgys dicken Körper und hielt sich an zwei Speckfalten am Hals des Pinguins fest. «Ich … traue dir nicht! Ich kann nicht –»

Podgy schoss vorwärts. Noah presste den Bauch flach gegen den Rücken des Tieres. Wasser schwappte in sein Gesicht, und er versuchte, sich in eine stabilere Position zu bringen. Der nasse Pinguin war so glitschig!

Plötzlich tauchte der Pinguin. Noah hatte kaum Zeit, die Luft anzuhalten. Innerhalb von Sekunden schossen Pinguin und Junge metertief unter der Wasseroberfläche dahin. Noahs Beine lösten sich von Podgys Körper, und er kämpfte gegen den überwältigenden Drang an, einfach loszulassen.

Sie tauchten durch den Tunnel an der zweiten Ecke des Aquariums. Die Dunkelheit umfing sie. Einen Moment später schossen sie auf der anderen Seite hervor, und Podgy segelte in elegantem Bogen durch die Luft. Noah holte tief Luft, bevor sie wieder ins Wasser tauchten.

In gleichmäßigen Bögen umschwamm Podgy die langsameren Pinguine, und Noah zog den Kopf ein, um nicht gegen die Tiere über ihm zu stoßen. Der große Pinguin umrundete die nächste Ecke und tauchte an der vierten und letzten Seite des Aquariums wieder auf. Wieder holte Noah tief Luft.

Diesmal tauchte Podgy bis hinunter auf den Grund. So dicht schwamm er darüber hinweg, dass Noahs Zehen gegen den Betonboden stießen. Die vor ihm schwimmenden Pinguine bewegten sich zur Seite, um ihnen Platz zu machen.

Als Podgy und Noah um die vierte Ecke schwammen, drehte sich der Pinguin, und Noah rutschte beinahe herunter. Obwohl es dunkel war, konnte er in der einen Seite der Eisinsel ein großes Loch ausmachen. Aber es war kein normales Loch. Es war eine Höhle – eine verborgene Höhle! Podgy legte die Flossen an und schoss direkt darauf zu. Noah schloss die Augen und hielt sich fest. Die beiden glitten in die Höhle und ließen die Welt, wie Noah sie kannte, hinter sich.