Achtung Klappe

Ich, Balduin Pfiff, bin der freundlichste, friedlichste, höflichste, entgegenkommendste, hilfsbereiteste und netteste Mensch, wenn man mich läßt!

Jawohl, ich darf das von mir behaupten, denn schließlich kenne ich mich. Mit mir kann man Pferde, na ja, sagen wir mal Ponys, stehlen.

Und wenn ich mich vor den Spiegel stelle, dann weiß ich, wer mir entgegenguckt: ein freundlicher, friedlicher, höflicher... hm, das hatte ich ja schon gesagt.

Aber war es denn ein Wunder, wenn ich jetzt durcheinander war? Bei Jussuv, dem Bartzupfer, restlos durcheinander! In mir kochten gemeinsam mit dem Zorn die Wut, der Ärger und die Enttäuschung!

Warum?

Natürlich wegen Pinsel!

Dabei hatte ich nur ein ganz kleines, harmloses Telefongesprächelchen geführt. Nicht länger als zehn, höchstens fünfundzwanzig Minuten.

Als ich in die Küche zurückkam, waren sie weg — alle!

Pinsel, diese rücksichtslose, egoistische vierbeinige Freßmaschine, hatte sie ohne Andacht und Respekt runtergeschlungen wie der Fisch den Wurm.

Fast eine Stunde lang war ich mit der Vorbereitung dieser Köstlichkeit beschäftigt gewesen.

Zwölf Tongolesische Fleischklößchen, bestehend aus einem Pfund Hackfleisch vom Lamm und neunzehn Gewürzen, fertig zum Braten, ruhten jetzt roh und nicht mehr herrlich duftend in seinem Hundemagen. Ich dagegen stand da und wußte nicht, wohin mit dem vielen Wasser, das mir, angesichts des bevorstehenden Genusses, im Munde zusammengelaufen war.

Den Kopf auf den lang ausgestreckten Vorderpfoten, lümmelte er in seiner Ofenecke und schielte mich mehr neugierig als schuldbewußt mit dem linken Auge an. Das rechte hielt er unverschämterweise geschlossen.

„Im Kühlschrank liegen Kalbsknorpel und Ochsenmaulsalat!“ schnauzte ich abwärts. „Das wußtest du doch, du verfressene Raupe! Hast du schon mal erlebt, daß ich deinen Ochsenmaulsalat oder deine Kalbsknorpel gefres... gegessen habe? Mußtest du auch gleich alle auf einmal vernichten? Hätten nicht ein bis zwei Fleischklößchen gereicht? Soll ich dir was sagen, Hund? Bei mir bist du unten durch! Mit der Liebe ist es aus und vorbei!! Von mir aus kannst du sehen, wo du bleibst!“

Ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen, das würde ihn sicher treffen, dachte ich und gratulierte mir innerlich zu meiner Strafpredigt.

Aber ich irrte!

Pinsel stieß einen Grunzlaut des Behagens aus, schloß auch das linke Auge und kippte zur Seite.

Mir verschlug es die Luft.

„He“, fauchte ich, „noch rede ich mit dir, sieh mich gefälligst an!“

Blobb-blobb-blobb murmelte sein Stummelschwänzchen leise auf den Teppich, während er mir ein letztes zufriedenes Blinzeln schenkte.

„Wir reden weiter, wenn du wieder munter bist! Aber dann sollst du dein blaues Wunder erleben!“ drohte ich. Beim spinnebeinigen Bonifatius, irrte ich, oder hatte Pinsel eben wirklich die linke Oberlippe zum Lächeln verzogen?

Ich ließ mich in meine Sofaecke fallen und überlegte, ob ich auf Grund dieses unerwarteten Ereignisses einen Diättag einlegen oder mit dem restlichen kalten Schweinebraten vorliebnehmen sollte.

Ich könnte ein paar Gürkchen dazu essen, Toastbrot, eine Schale Salat, ein paar hartgekochte Eier eingerahmt von einer Handvoll Lachs. Das Ganze ließe sich noch mit einem Literchen eisgekühlter Buttermilch abrunden und wäre ein gewisser Ersatz... was heißt Ersatz, das wäre nicht nur Ersatz, das wäre ein Gedicht für sich. Ach, Balduin, nickte ich mir zu, was wäre ich ohne mich...

Mit Gurke-, Salat-, Eier- und Lachsgeschmack auf der Zunge sprang ich auf, um den Marsch zum Kühlschrank anzutreten, doch: „Es kann der Brave nicht zur Küche streben, wenn fremde Finger auf der Klingel kleben!“

Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr...

Oh, wie ich diese Dreimeterfünfzigklingler haßte! Die Tür bleibt zu! beschloß ich. Meinetwegen konnte er oder sie klingeln, bis ihm oder ihr Hornhaut auf der Fingerkuppe wuchs.

Hm, vielleicht klingelte er oder sie mit dem Stock?

Rrrrrrrrrrrrrrrr... Rrrrrrrrrrrrrrrr... Rrrrrrrrrrrrrrrr...

Ja, das klang in der Tat nach Stock! Ein menschlicher Finger würde doch viel mehr Rücksicht nehmen.

Hatte ich es nötig, Stockklinglern zu öffnen?

Ja, ich hatte es nötig! Schon allein, um ihm oder ihr meine Meinung zu sagen.

Diese Art von aufdringlichem Klingeln glich einer unverschämten Zumutung! Schließlich war ich weder taub noch schwerhörig. Erst der Jammer mit den Tongolesischen Fleischklößchen und nun auch noch das.

Links-zwo-drei-vier...

Ich wuchtete meine ganzen hundertneunundneunzig Pfund auf die Klinke. Von meiner grimmigen Miene, glaubte ich, würde selbst der abgebrühteste Klingler in Angst und Schrecken versetzt werden.

„Mann, Herr Pfiff, Ihre Leitung ist ja länger als das Telefon-Überseekabel!“ knurrte mich Alfons Blaumichel, Tierfreund und Taxifahrer, an. Ohne an meinem Gesichtsausdruck Anstoß zu nehmen, drängelte er sich an mir vorbei. Ein leises Duftgemisch von Bockwurst und Benzin traf meine hochempfindliche Nase. Blaumichels Gesicht nach zu schließen, hatte ihm entweder seine zahme Krähe Konrad einmal mehr einen bösen Streich gespielt, oder Abraham, der Igel, war wieder einmal spurlos verschwunden.

Aber warum tat er, als sei ich daran schuld? Und von wegen lange Leitung. Schließlich hätte ich ja auch in der Badewanne sitzen können. Potz, Rotz und Nase, ich spürte doch das dringende Bedürfnis, diesem Asphaltkleckser ordentlich die Meinung zu sagen.

Also schloß ich erst einmal die Wohnungstür. Leise natürlich, so, wie es sich für einen höflichen Mann geziemte. Ich zog mir die Weste glatt, streckte mich zu vornehmer Höhe, das ist die, wo man die Brust rausdrückt, und folgte ihm in die gute Stube.

Beim spinnebeinigen Bonifatius, an manchen Tagen schien der mürrische alte Tierfreund Blaumichel total zu vergessen, was gutes Benehmen war.

Ohne zu fragen knautschte er seinen gefüllten, nach Bockwurst und Benzin riechenden Anzug in meine Lieblingssofaecke und schnitt dazu eine Grimasse, als sei ihm ein Lastwagen über die großen Zehen gefahren.

Ob Blaumichel krank war?

Vielleicht quälte ihn ein Magengeschwür...

oder ein vereiterter Zahn...

oder gar der Blinddarm??

Natürlich, das mußte es sein.

Ich setzte mich ihm gegenüber. Doch bevor ich zu einem Wort des Trostes kommen konnte, kniff er sich eine dicke Falte des Mißtrauens zwischen die Augenbrauen und kippte seinen Kopf nach links.

„Was soll das nun wieder bedeuten?“ motzte er kriegerisch. „Warum starren Sie mich so mitleidig an?“

„Sie haben sicher große Schmerzen, was?“ sagte ich mitfühlend.

„Waaaaas???“

„Soll ich Ihnen eine warme Milch machen?“

„Zum Teufel, warum sollte ich Schmerzen haben? Was soll das Getue? Sie wissen doch genau, daß ich zur Zeit keine Milch trinke, weder warm noch kalt!“

„Dann leiden Sie also an keinem Magengeschwür, und auch der Blinddarm ist in Ordnung!?“

„Weder das eine noch das andere. Wie kommen Sie auf die Idee, daß ich krank bin?“

„Es liegt an Ihrem Gesicht, ei der Daus! Ihre Mundwinkel reichen mindestens bis zum Hals. Warum schniefen Sie mit so einer miesepetrigen Maske in die Welt?“

„Sie haben damit angefangen, mein Lieber!“ giftete Blaumichel und stieß seinen Zeigefinger in meine Richtung.

Jawohl, er spielte wahrlich den Beleidigten, dieser Krähenhalter. Aber das brauchte ich mir ja nicht gefallen zu lassen, schließlich saß er auf meinem Sofa, in meiner Ecke.

„Womit habe ich angefangen, he?“ Ich streckte das Kinn vor, so was machte sich immer gut.

„Mit dem Grimassenschneiden!“

„Iiiiiiich?“

„Ja, Sie!“ Er boxte sich auf seine Hühnerbrust und beteuerte: „Ich, Alfons Blaumichel, klingle ahnungslos an Ihrer Tür, um eine mysteriöse Angelegenheit mit Ihnen zu besprechen. Und was tun Sie? Sie reißen die Tür auf und behandeln mich mit den Augen wie einen ertappten Schirmdieb. Mit sooo einem Gesicht!“

„Erstens habe ich die Tür nicht aufgerissen...“

„Haben Sie!“

„Ich habe sie höchstens mit Nachdruck geöffnet, lieber Herr Blaumichel, und zweitens haben Sie nicht ahnungsvoll...“.“

.....los!!!“ verbesserte er bissig.

„... los geklingelt, sondern sind mit beiden Füßen und voller Wucht auf meinem Klingelknopf gestanden.“

„Gestanden??“

„Ich meine natürlich symbolisch! Sie haben unhöflich heftig und aufdringlich geklingelt. Wollen Sie das etwa abstreiten?“

„Das will ich! Auf das energischste.“

„Ich habe einen Zeugen!“

„Einen Zeugen, daß ich nicht lache.“

„Pinsel!“

„Daß ich nicht gleich noch mehr lache. Der schnarcht ja wie ein Flußpferd!“

Und damit hatte mein Freund Blaumichel natürlich mitten ins Schwarze getroffen. Pinsel war in keinem Fall ein Zeuge, er war, so wie er dalag, nur ein schamlos vollgefressener Hund ohne Charakter, der wirklich wie ein Flußpferd schnarchte, nur daß ein Flußpferd dabei nicht auf dem Rücken lag.

„Sie haben recht, Herr Blaumichel, ich koche! Und wenn man kocht, guckt man selten glücklich aus dem Kragen, ist doch klar! Klar?“

„Klar! Was kochen Sie denn?“ fragte Blaumichel und sah plötzlich fast fröhlich drein. Daß er einen immer mißverstehen mußte.

„Ich koche nicht in der Küche, ich koche vor Wut!“

„Ooohhh... das ist natürlich was anderes. Ich hoffe nur, daß nicht ich der Grund Ihrer Wutkocherei bin.“

„Nein, der dort in der Ofenecke.“

„Ah, der Zeuge. Was hat er denn ausgefressen?“

„Ausgefressen“, ächzte ich, „ist nichts gegen das, was er in sich hineingefressen hat. Ein Vermögen an Geld und Arbeitsleistung. Zwölf Tongolesische Fleischklößchen, fix und fertig im Vorbratalter.“

„Oh, ich weiß“, erinnerte sich Blaumichel, und in seine Augen trat jenes merkwürdige Glitzern, das ich schon öfter an ihm beobachten konnte. Und zwar meist dann, wenn er ein „Das tut mir aber schröcklich leid!“ murmelte, nachdem ihm, zusammen mit einer Pfütze, wieder mal ein „Spritzvolltreffer“ gelungen war.

„Was wissen Sie?“

„Was diese Tongolesischen Fleischklößchen sind.“

„Ach, das wissen Sie? Ich denke, Sie haben so ein miserables Gedächtnis?“

„Nicht immer. Die Tongolesischen Fleischklößchen bestehen aus Eselfleisch, stimmt’s?“

Beim plattfüßigen Kasimir, Eselfleisch... Und so was nannte ich Freund.

„Es handelt sich um durchgedrehtes Hammelfleisch!“ korrigierte ich und fügte freundlich hinzu: „Das können Sie mit Ihrem längst verstorbenen Geschmack natürlich nicht auseinanderhalten. Sie merken ja nicht mal, wenn Sie eine mit Holzwolle gefüllte Bockwurst essen!“

Zwanzig Sekunden lang saß Alfons Blaumichel starr und steif in meiner Sofaecke und fixierte mich ebenso starr und steif mit einer Mischung aus Unglaube und Entrüstung. Doch plötzlich begann sich sein Gesicht zu entspannen, und ein Grinsen, so breit wie der Marktplatz, verzog seinen Mund.

„Mann, Pfiff, bei Ihnen muß man wirklich mit beiden Ohren hinhören. Man könnte glatt meinen, Sie meinen das auch so, wie Sie es sagen. Ich und Holzwolle essen, das ist schon ein Ding...“

Ich grinste ebenfalls und erinnerte ihn an meine gute Nase. „Das mit der Bockwurst habe ich nur gesagt, weil ich es gerochen habe.“

Blaumichel schlug sich auf die Knie. „Sie haben im Ernst erschnüffelt, daß ich vorhin am Stand eine Bockwurst gegessen habe? Obwohl das schon mindestens eine Stunde her ist?“

„Ich besitze eine Vierundzwanzig-Stunden-Rieche!“ übertrieb ich.

Das befreite Lächeln verschwand wieder von Blaumichels Gesicht und machte einem besorgten Ausdruck Platz.

„Was halten Sie davon, Detektiv, wenn ich jetzt zum Grund meines Besuchs komme?“

Ich nickte: „Sie wissen ja, daß ich ein Spezialist für mysteriöse Angelegenheiten bin.“

„Ist wirklich mysteriös...“

Ich erhob mich. „Warten Sie einen Augenblick, ich hol’ mir nur schnell ein Gläschen Eisgekühltes. Wollen Sie auch was?“

„Eine Limo, wenn Sie haben!“

Pinsel zuckte nicht mal mit den Bartspitzen, als ich in die Küche stampfte. Meine Fleischklößchen schienen ihn in wahre Schlafuntiefen versetzt zu haben. Nachdem ich für Blaumichel ein Glas Bitter Lemon und für mich ein halbes Literchen Buttermilch hereinbalanciert hatte, bereitete sich mein Freund, der Taxifahrer, auf seine Geschichte vor. Und die hatte es, beim spinnebeinigen Bonifatius, wirklich in sich. Zuerst allerdings räusperte er sich, als müsse er eine Rolle Stacheldraht aus dem Hals vertreiben.

„Vorhin am Bahnhof nahm ich einen Fahrgast auf. Zum Bismarckplatz wollte er. Als Gepäck führte er einen Seesack mit. „Sah er auch aus wie ein Seemann?“

„Warum fragen Sie das?“ wollte Blaumichel mit gefurchter Stirn wissen.

„Ich habe mal einen Bäcker gekannt, wissen Sie, was der an seinen freien Tagen tat?“

„Wie soll ich das wissen?“

„Er zog sich wie ein Schornsteinfeger an und wanderte so den ganzen Tag durch die Stadt.“

„Und warum?“

„Er fühlte sich als Glücksbringer.“

„Hm, und wie sieht man einem Seemann an, daß er ein Seemann ist? Gibt es da ein Rezept?“

Ich schenkte Blaumichel ein wissendes Lächeln.

„Aber klar. Er hat den typischen Blick in die Weite, einen schaukelnden Gang, seine Tränen schmecken nach Rum und Teer, und wenn er riecht, riecht er nach Salzwasser. So einfach ist das. Roch Ihr Fahrgast nach Salzwasser?“

Blaumichel zog eine Grimasse, boxte sich die rechte Faust in die linke Hand und sagte mit einem gequälten Seufzer: „Ich werde mich von einem kleinen dicken Buttermilchtrinker nicht aus der Ruhe bringen lassen!“

„Darauf trinken wir einen!“ Ich nippte an meiner Buttermilch. „Wie geht’s also weiter?“

„Den Seesack warfen wir in den Kofferraum. Kurz vor der Böllerbrücke stockte der Verkehr, da war weiter vorn eine Verkehrskontrolle. Da sagte mein Fahrgast...“

„... der Seemann!“

„... der sagte: ,Fahrn Sie mal rechts ran, ich muß schnell dort drüben in der Post telefonieren.’ Sie kennen doch das kleine Postamt an der Böllerbrücke.“

„Kenne ich.“

„Ich fahre rechts ran, er reicht mir hundert Mark und ist wie der Blitz über die Straße weg und in der Post verschwunden.“ „Ohne Seesack?“ erkundigte ich mich.

„Klar, ohne Seesack, der lag nach wie vor im Kofferraum. Eine runde halbe Stunde habe ich gewartet..

„Und dabei an dem Imbißstand daneben eine Bockwurst gegessen!“ kombinierte ich.

„Stimmt!“ nickte Blaumichel. „Nach der halben Stunde hab’ ich meinen Wagen abgeschlossen und bin in die Post rein.“

„Der Seemann war verschwunden!“

„Ja, von meinem Kunden weit und breit keine Spur. Als ich zum Wagen zurückkam, stand die Polizei da und streckte mir die Hände entgegen. Zehn Mark wegen falschen Parkens sollte ich zahlen... Mann, ich habe gesungen wie Tante Edith sonntags in der Kirche, um die zehn Mark einzusparen.“

„Und, ist es Ihnen gelungen?“

„Ja, dafür mußte ich sofort wegfahren. Mit hundert Mark in der Tasche, von denen mir höchstens dreißig gehörten, und einem Seesack, von dem mir gar nichts gehörte. Glauben Sie nicht, daß da etwas faul ist?“

„Es sieht so aus!“ gab ich zu. Nur eines war mir nicht klar: „Warum sind Sie eigentlich nicht gleich zur Polizei gefahren? Es ist doch offensichtlich, daß Ihr Seemann wegen der Verkehrskontrolle das Weite gesucht hat.“

Blaumichels Stimme klang entrüstet und bissig, als er antwortete: „Nach den unfreundlichen Tönen vor der Post? Nee, mein Lieber, Polizei hin und Polizei her, aber ganz so einfach mache ich das denen nun auch nicht.“

„Gott, sind Sie nachtragend.“

„Wozu bin ich mit einem Privatdetektiv befreundet?“

„Mit einem Meisterdetektiv, wollten Sie doch sagen, was?“

„Meinetwegen!“

„Fein, dann fühle ich mich auf der Stelle geschmeichelt. Wie sah er denn aus, Ihr Seemann? Alt, jung oder mittelalterlich?“

Blaumichel rätselte eine Weile schweigend vor sich hin. Hatte ich ihn mit meiner schlichten Frage wirklich vor ein Problem gestellt?

„Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, Herr Meisterdetektiv. Die Stimme klang auf keinen Fall alt. Aber viel mehr habe ich nicht mitgekriegt. Er trug eine Sportmütze, ganz tief in die Stirn gezogen. Dazu eine Sonnenbrille, und im übrigen bestand sein Gesicht nur aus Haaren.“

„Ein Vollbart also.“

„So ist’s!“

Ich nuckelte genüßlich den Rest meiner Buttermilch aus und überlegte. Entweder wir schalteten sofort die Polizei ein oder...

„Tja, lieber Herr Blaumichel, um hier weiterzukommen, hilft nur eines: Wir müssen einen Blick in den ominösen Seesack werfen.“

„Hier...“ Blaumichels Hand kam aus der linken Jackentasche zurück. „Das habe ich hinten im Fond gefunden!“

Ich sah auf ein Stück gelbliches Papier, das Ähnlichkeit mit einer Kinokarte aufwies.

„Loge oder Sperrsitz?“ ulkte ich.

„Das ist die Quittung einer Expreßreinigung.“

„Ein umwerfendes Indiz! Nur muß es nicht von Ihrem Seemann mit dem Bartgesicht stammen.“

„Doch, es muß!“ rief Blaumichel triumphierend. „Der Wagen ist nämlich vorher ausgesaugt worden. Er war danach der erste Fahrgast.“

„Hm, werfen wir trotzdem zuerst einen Blick in den Seesack. Schaffen Sie ihn allein, oder soll ich helfen?“

Blaumichel wippte sich aus meiner Lieblingssofaecke hoch und zeigte mir die Stelle an seinem rechten Arm, wo er Muskeln vermutete.

„Wofür halten Sie mich? Ich war mal Hochschulmeister im Gewichtheben!“

„Jajaja“, seufzte ich theatralisch, „wie doch die Jahrhunderte vergehen...“