1. Lohnt sich der Kindle für mich?

 

Ich möchte natürlich sofort JA schreiben, aber das wäre wohl unprofessionell. Gehen wir die Antwort auf die Frage dieses Kapitels daher methodisch an. Wenn wir Argumente wie Spaß an der Technik, Neugierde, hippes Auftreten oder Kaufsucht einmal beiseitelassen, dann bleiben zwei Überlegungen: Spare ich durch die Anschaffung eines Kindle unterm Strich Geld? Und: Bietet mir der Kindle Vorteile gegenüber gedruckten Büchern?

Handeln wir die finanzielle Seite kurz ab: Ja, man kann durch einen Kindle Geld sparen. Ebenso gut kann man aber auch drauf zahlen. Das hängt vom Leseverhalten ab. Wer überwiegend Klassiker liest oder unbekannte Autoren, die ihre Bücher nur im Kindle-Shop veröffentlichen, der spart jede Menge Geld. Wer hingegen vor allem die Bestseller-Listen rauf und runter liest, der wird durch den Kindle eher mehr Geld ausgeben – zum einen, weil etwa alle drei Jahre der Preis für einen neuen Reader anfällt, zum anderen, weil man eBooks (derzeit) nicht wieder verkaufen kann. Und die 2,- bis 3,- Euro, die ein eBook im Schnitt weniger kostet als eine Printausgabe, können das kaum auffangen. Auch wer üblicherweise gebrauchte Bücher kauft, die vielleicht zwischen 3 und 20 Jahren alt sind, bekommt diese deutlich günstiger, als wenn er die entsprechenden eBooks neu erwerben müsste.

Ich hoffe sehr, dass die Verlage ihre Preisgestaltung bei eBooks in absehbarer Zeit überdenken. Derzeit ist aber die traurige Wahrheit, dass die finanzielle Seite nur für einen recht kleinen Teil der Leserschaft einen Kaufanreiz für den Kindle darstellen wird.

 

Allerdings gibt es noch den zweiten Aspekt, den des Nutzens. Es gibt Dinge, deren Wert weiß man erst zu schätzen, wenn man sie einmal kennengelernt hat. Zum Beispiel war ich mit Disketten sehr zufrieden, bis ich das erste Mal eine Festplatte im Rechner hatte. Bereits nach wenigen Minuten war es mir völlig unbegreiflich, wie ein Mensch mit Disketten auskommen kann. Ganz ähnlich verhielt es sich mit dem Scrollrad an der Maus. Oder mit dem Handy. Und jetzt – wir kommen zurück zum Thema – verhält es sich so mit dem Kindle. Ich habe Bücher immer geliebt und Massen davon regelrecht verschlungen, aber jetzt, mit dem Kindle, habe ich das Lesen noch einmal ganz neu für mich entdeckt (und nein: ich erhalte kein Geld von Amazon für diese Aussage).

Wie ich überhaupt auf den Kindle gekommen bin? Ich würde jetzt gerne sagen, dass ich in Sachen Technik immer auf dem neuesten Stand sei, dass ich schon den ersten je erschienenen Kindle aus den USA importiert und die Entwicklung tagesaktuell per RSS-Feed verfolgt hätte… aber das stimmt leider nicht. In Wahrheit habe ich einfach nur ein Buch gelesen. „Warren Buffett – Das Leben ist wie ein Schneeball“ von Alice Schroeder. Die Hardcover-Ausgabe. Fast 1300 Seiten. Etwa 1,3 Kilogramm schwer! Ich halte mich eigentlich für recht fit, aber spätestens nach 30 Minuten lesen taten mir beide Hände weh.

Nun, ich habe das Buch geschafft, ohne mir dabei einen Tennisarm einzuhandeln. Aber zurück blieb der Gedanke: Das muss doch auch anders gehen. Vielleicht sollte ich mir doch mal ein paar eBook-Reader anschauen. Tja… und jetzt schreibe ich dieses Buch.

Was macht den Kindle so besonders, dass man ihn nicht mehr missen möchte? Es sind viele Faktoren. Zusammenfassend kann man sagen, dass hochwertige eBook-Reader keinen Kompromiss mehr darstellen. Es handelt sich um Geräte, die definitiv im Laufe des kommenden Jahrzehnts die gedruckten Bücher ablösen werden. Warum? Weil sie einfach besser sind. Weil sie über Eigenschaften verfügen, die denen gedruckter Bücher überlegen sind. Weil man dadurch eben nichts verliert, auch wenn Buchliebhaber – wie ich – das glauben und behaupten mögen… jedenfalls bis sie selbst mal so ein Gerät ausprobiert haben.

 

Die große Stärke des Kindle beginnt beim sogenannten E-Ink-Display mit matter Oberfläche. Dies ermöglicht ein Lesen quasi wie von Papier. Der Kontrast ist minimal schlechter als bei einem gedruckten Buch, das liegt daran, dass der Hintergrund hell, aber nicht reinweiß ist. Daher wird man mit einem Kindle im Dämmerlicht eher eine Lampe einschalten müssen als bei einem gedruckten Buch. Andererseits hat das Vorteile im direkten Sonnenlicht. Während echtes Papier hier oft zu weiß ist und blendet, kann man mit dem Kindle auch bei direkter Sonneneinstrahlung komfortabel und ermüdungsfrei lesen.

Das E-Ink Display ist nicht nur matt, es ist sehr matt. Selbst mit größter Mühe lassen sich keine störenden Spiegelungen provozieren. Außerdem ist es blickwinkelunabhängig. Anders als bei Computermonitoren oder Handydisplays muss man also nicht direkt gerade darauf schauen. Es ist auch lesbar, wenn man steil von der Seite (oder oben oder unten) darauf blickt – praktisch, wenn man beispielsweise zu zweit liest.

Man blättert weiter, indem man auf die Mitte bis rechte Seite des Bildschirms tippt. Zurück blättert man, indem man auf irgendeine Stelle etwa im linken Fünftel des Bildschirms tippt. Genauso beherrscht der Kindle Touch aber auch Wischgesten, wischt man nach links, blättert man vorwärts, wischt man nach rechts blättert man rückwärts. All das geht bequem mit dem Zeigefinger. Wer einhändig liest, wird sich aber bald angewöhnen, lieber den Daumen zu benutzen und nicht zu tippen, sondern einfach zu wischen (das hat auch weitere Vorteile, auf die wir später zu sprechen kommen).

Bei jedem Umblättern entsteht eine kleine Dunkelpause, wenn der Kindle die Seite neu aufbaut. Wer sich daran stört, kann einstellen, dass die Seite nur bei jedem fünften Blättern neu aufgebaut wird. Das hat allerdings eine geringfügige Verschlechterung der Bildqualität zur Folge. Ich selbst finde diese kleine Unterbrechung sehr hilfreich. Wenn sich die Darstellung der Seite ohne Unterbrechung einfach umwandelt, bin ich nie ganz sicher, ob ich auch wirklich schon auf der nächsten Seite bin. Aber auch Nutzer, die sich an der Dunkelpause beim Blättern stören, berichten in den einschlägigen Foren, dass sie diese schon nach kurzer Eingewöhnungszeit gar nicht mehr wahrnehmen. Und schließlich: Auch beim Umblättern von gedruckten Büchern gibt es immer eine kleine Unterbrechung. Warum sollte es beim eBook anders sein. Ich empfehle daher, es bei der Standardeinstellung zu lassen und im Sinne einer optimalen Darstellungsqualität die kleine Dunkelpause in Kauf zu nehmen.

Für mich persönlich sind Größe und Gewicht wohl die bedeutendsten Vorteile des Kindle. Man stelle sich das einmal vor: Es passen über zweitausend Bücher auf den Kindle, und er ist kleiner, dünner und leichter als ein durchschnittliches Taschenbuch. Man kann seine persönliche Bibliothek ganz bequem in der Innentasche eines Sakkos tragen – und macht damit noch eine gute Figur, denn das Gewicht des Kindle zieht das Sakko nicht nach unten, die Dicke (oder soll man sagen: Flachheit) beult es nicht aus.

Dass man den Kindle einhändig halten und bedienen kann, sagte ich schon. Man kann ihn auch weglegen, ohne dass einem die Seiten zuschlagen, wie es jedem von uns wohl schon unzählige Male mit gedruckten Büchern passiert ist. Wenn man ihn ausmacht, merkt er sich die Seite, auf der man gerade war, sodass man bei der nächsten Benutzung genau an der richtigen Stelle weiterlesen kann. Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn man zwischendurch andere Bücher liest oder ein wenig im Amazon-Store surft… sobald man ein Buch wieder öffnet, ist man an der gleichen Stelle wie beim Verlassen.

Schön sind auch Funktionen wie Notizen, Markierungen und Eselsohren. Ohne sein kostbares Buch beschädigen zu müssen, kann man Notizen machen oder Textpassagen markieren. Das ist zum einen im Buch selbst zu erkennen, zum anderen werden diese Informationen auch in einer Extra-Datei gespeichert, wo man später auf sie zurückgreifen kann. Besonders originell sind sicher auch die Eselsohren, Amazon nennt sie „Lesezeichen“, die grafisch tatsächlich als kleiner Knick rechts oben am Seitenrand dargestellt werden (und sich natürlich spurlos wieder beseitigen lassen).

Der Akku des Kindle hält eine halbe Ewigkeit. Amazon gibt – bei 30 Minuten täglich – eine Akkulaufzeit von ca. zwei Monaten an. Ich selbst lese deutlich mehr als 30 Minuten am Tag und kann sagen, dass die Akkulaufzeit kaum jemals zum Problem werden wird. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie oft ich meine Kindles lade, rein subjektiv würde ich sagen: eigentlich nie.

Natürlich wird jeder Akku irgendwann schlechter. Beim Kindle wäre das ungünstig, weil man ihn – mit vertretbarem Aufwand – nicht austauschen kann. Wäre es also besser, der Kindle käme mit Wechselakku? Ein klares Nein. Zum einen müsste der Kindle dann konstruktionsbedingt deutlich größer sein. Zum anderen werden Akkus vor allem durch häufige Ladezyklen schlechter. Wenn wir also davon ausgehen, den Kindle vielleicht drei Jahre zu benutzen, bis er durch ein neues Modell ersetzt wird, bedeutet das um die 18… oder von mir aus auch 36 Ladezyklen. Die hat mein Notebook nach einem Monat voll, und dessen Akku verliert im halben Jahr etwa 5 bis 8 Prozent Kapazität. Also nein, sollten nicht noch gravierende Fertigungsmängel bekannt werden (den Kindle Touch gibt es ja erst seit November 2011), dann wird der Akku wohl kaum zum Problem werden. Übrigens… wenn man dann nach vier bis acht Wochen doch mal ans Netz muss, ist der Akku schon nach etwa zwei Stunden wieder vollständig aufgeladen.

Selbstverständlich muss man auch die Umweltentlastung ansprechen, die durch eBooks zweifellos erreicht wird. Natürlich verbraucht so ein eBook-Reader Strom und es fällt Traffic an. Außerdem handelt es sich um ein Stück Elektronik, das vermutlich irgendwann als Elektronik-Schrott enden wird. Dennoch überwiegen die Vorteile bei Weitem. Man überlege sich nur einmal die Menge an Papier, die für Bücher verwendet wird. Jedes Jahr 4000 Neuerscheinungen allein in Deutschland, wenn jedes mit einer durchschnittlichen Startauflage von 5000 Exemplaren gedruckt wird, sind das 20 Millionen Bücher im Jahr – wie gesagt: nur hier in Deutschland. 200 Millionen Bücher pro Jahrzehnt nur in einem Land. Ganz ehrlich, Greenpeace hätte den Kindle erfinden müssen. Ich liebe Bücher, natürlich auch gedruckte Bücher, dennoch finde ich, dass 200 Millionen gedruckte Bücher in einem einzigen Jahrzehnt nur hier in einem einzigen Land einfach nicht akzeptabel sind. Wir müssen uns vom gedruckten Buch trennen, auch wenn es in meiner und den vorangegangenen Generationen immer einen Platz im Herzen behalten wird.

Wer bis zu 2000 Bücher immer in der Jackentasche dabei hat, wird sich kaum jemals langweilen. Wer aber mit 2000 Büchern in der Jackentasche umzieht und dabei etwa 50 bis 60 schwere Kisten weniger packen, schleppen und wieder einsortieren muss, der wird regelrecht begeistert sein.

Natürlich kann man das mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen. Ganze Wände voller gefüllter Bücherregale… das ist schon etwas Schönes. Genau wie ein Oldtimer aus den 50’er Jahren des letzten Jahrhunderts, aber fahren möchte ich doch lieber mit einem zeitgemäßen Auto. Weil es die Umwelt weniger schädigt und technisch wie auch vom Komfort und der Sicherheit her weit überlegen ist.

Apropos Oldtimer. Ich habe mal einen Augenarzt gefragt, ob es eigentlich Menschen gibt, die nicht irgendwann alterssichtig werden. Er hat geantwortet, ihm sei noch keiner begegnet. Wir alle sind also irgendwann dran. Spätestens dann wird man sich sehr freuen, dass man die Schriftgröße beim Kindle ändern kann. Insgesamt gibt es acht Schriftgrößen und drei Schriftarten zur Auswahl. Auf diese Weise können auch Menschen mit einer Sehschwäche entspannt, komfortabel und nicht selten sogar ohne Brille Bücher lesen.

 

Fassen wir bis hierher zusammen: Man kann (!) mit dem Kindle viel Geld sparen, allerdings nicht automatisch – es hängt vom persönlichen Lese- und Kaufverhalten ab. In der Praxis hat der Kindle zahlreiche Vorteile gegenüber gedruckten Büchern. Man kann viele hundert Bücher in der Tasche mit sich führen, der Akku hält beinahe ewig und ist schon nach zwei bis drei Stunden wieder vollständig aufgeladen. Man kann Eselsohren setzen, Textstellen markieren oder persönliche Notizen „an den Rand“ schreiben, ohne sein Buch dabei zu beschädigen oder dauerhaft zu verändern. Man kann einhändig lesen und auch blättern, vom E-Ink-Display lässt sich auch bei direktem Sonnenlicht und aus allen Winkeln hervorragend lesen. Die Umwelt wird entlastet, und wer nicht (mehr) gut sehen kann, hat die Möglichkeit, sich die Schrift entsprechend größer einzustellen. Bei all diesen Vorteilen ist der Kindle kleiner, dünner und leichter als ein durchschnittliches Taschenbuch. Und ganz nebenbei – das wurde noch nicht erwähnt – ist er auch noch ein ultracooles Design-Gadget, das auch junge Menschen wieder zum Lesen bringen könnte. Lesen 2.0 sozusagen – wobei 2.0 hier für die zweite (und vermutlich letzte) Chance steht, denn durch die Konkurrenz von Film, Fernsehen, Videospielen und Internet gilt für viele das gedruckte Wort längst als tot und vergessen.

Lesen, lesen, lesen. Im Urlaub natürlich, in der Bahn, im Wartezimmer, der kleine leichte Kindle ist der ideale Begleiter. Vielleicht (hoffentlich) werden ja schon in naher Zukunft Schulbücher auf den Kindle portiert, sodass Kinder und Jugendliche sich nicht mehr mit schweren Printausgaben abmühen müssen. Pech für den Orthopäden, gut fürs Kind.

Das alles führt natürlich gleich zur nächsten Frage: Ist das Gerät robust genug für solche Einsätze? Und was, wenn man ihn verliert? Oder er gestohlen wird? Ein Taschenbuch muss ja nur ein paar Tage halten, und wenn es gestohlen wird oder verloren geht, kann man den Verlust wohl gerade noch verschmerzen. Beim Kindle hingegen rechnet man schon damit, ihn mindestens zwei, besser drei oder vier Jahre benutzen zu können.

Wie robust ist der Kindle? Nun, sicher ist er nicht übermäßig empfindlich, aber auch nicht annähernd so robust wie ein Taschenbuch. Ich möchte es mal so beschreiben: Wenn mir ein Kindle herunterfällt – was durchaus vorkommt –, dann bin ich nicht sonderlich beunruhigt. Auf der anderen Seite würde ich ihn aber auch nicht zu Demo-Zwecken absichtlich fallen lassen, was ich hingegen mit meinem Outdoorhandy schon einige Male gemacht habe. Für die Belastungen des täglichen Gebrauchs – auch unterwegs – ist das Gerät sicherlich gut gerüstet. Nur in der Gesäßtasche sollte man ihn nicht mit sich führen; außer man ist Magermodel, dann würde er’s wohl überstehen.

Ich persönlich mache mir immer um das Display etwas Sorgen. Daher lege ich den Kindle immer mit dem Display nach unten auf den Tisch. Und wenn ich ihn in der Innentasche habe, dann nur ihn allein – und das Display zeigt natürlich nach innen. Ich würde das Display auch nicht mit einer Schutzfolie versehen. Zum einen, weil es die Bildqualität verschlechtert (und schon minimale Verschlechterungen summieren sich, wenn man viele Stunden pro Woche liest), zum anderen, weil ich die Befürchtung habe, dass - anders als beim Handy oder iPad – das Display beschädigt werden könnte, wenn ich die Luftblasen aus der Folie herausstreiche. Andererseits muss ich zugeben, dass ich mich mit Displays auch ziemlich anstelle. Hast du mal jemanden gesehen, der so bescheuert ist und ein feines Baumwolltuch über die Tastatur seines Notebooks legt, bevor er es zuklappt? Genau… das war dann ich.

Wie sieht es am Strand aus? Verträgt der Kindle Sand, Feinstaub oder gar Wasser? Vermutlich eher nicht. Selbst professionelle Fotoapparate, die mehrere tausend Euro kosten und über hochwertige Dichtungen verfügen, können am Strand Probleme bekommen.

Wer seinen Kindle mit an den Strand nehmen will, kann daher eine jener sündhaft teuren wasserdichten Schutztaschen kaufen – oder er besorgt sich im nächsten Haushaltswarenladen (oder bei eBay) ein Hunderterpack passender Druckverschlussbeutel. Druckverschlussbeutel sind diese Klarsichtbeutel, die oben einen Zip-Verschluss haben. Dadurch schließen sie dicht ab gegen Wasser, Sand, Feinstaub und was auch immer sonst noch kommen könnte. Die Beutel kosten nur ein paar Cent pro Stück, und wenn einer anfängt, etwas matt zu werden, dann nimmt man einfach einen neuen. Selbst für einen längeren Urlaub sollte man mit vielleicht vier bis fünf solchen Beuteln bei Gesamtkosten von etwa 20 Cent gut gerüstet sein.

Was ist mit Verlust und Diebstahl? Natürlich kann man den Kindle irgendwo verlieren oder vergessen. Und gestohlen werden könnte er auch. Allerdings muss man die Dinge immer im Kontext sehen. Die Hardcover-Printausgabe eines Buches kostet schließlich auch schon mal 25,- Euro. Natürlich ist der Kindle nochmal einen Hunderter teurer, in ganz anderen Dimensionen bewegt er sich aber doch auch nicht.

Ein durchschnittliches Smartphone kostet zwischen 200,- und 300,- Euro, ein Spitzenmodell um die 500,- Euro, ein iPhone sogar über 600,- Euro. Trotzdem schleppen wir diese Geräte täglich mit uns herum, meist ohne einen Verlust oder Diebstahl zu befürchten. Ein Kindle kostet nur einen Bruchteil davon, lohnt sich da wirklich die Sorge? Und die Bücher liegen sicher in der Amazon-Cloud. Auch wenn der Kindle verloren geht oder beschädigt wird, kann man sich seinen Buchbestand jederzeit wieder kostenlos herunterladen.

Und mal ehrlich: Wann hast du das letzte Mal ein Buch verloren? Wie oft wurde dir schon dein Handy geklaut? Und am Strand? Wenn man ins Wasser geht, wird ein Kindle natürlich eher gestohlen als ein zerknautschtes Taschenbuch. Aber in aller Regel hat man doch auch Geld mit am Strand. Darauf muss man ja auch achten. Wer eine Lösung für sein Geld findet, wird sicher auch für den Kindle Sorge tragen können.

Nebenbei gesagt würden nur dumme Diebe einen Kindle stehlen, denn Risiko und Gewinn stehen in keinem günstigen Verhältnis. Der Kindle lässt sich nämlich vom Eigentümer über eine Nachricht an Amazon dauerhaft sperren. Zwar kann er dann weiter verwendet werden, bei Amazon Bücher kaufen und laden ist mit diesem Gerät aber nicht mehr möglich. Auch ein Verkauf des Gerätes ist quasi ausgeschlossen. Der Käufer würde herausfinden, dass es sich um gestohlene Ware handelt, sobald er versucht, dafür Bücher zu kaufen.

Was bleibt, ist ein letztes Gegenargument: Die Sache mit der Atmosphäre. So ein gedrucktes Buch ist doch etwas Schönes. Es hat diesen Geruch… diese Haptik… und es sieht auch noch so gut aus. Aber – ganz ehrlich – der Kindle auch. Ja, Bücher sind toll. Und dieses neue abfällige Modewort „Holzbuch“ für gedruckte Bücher, ich finde es unfair und unpassend, denn Bücher sind etwas Großartiges, egal in welcher Form. Trotzdem, auch auf dem letzten Gebiet, der Atmosphäre, haben Printausgaben keinen Vorteil mehr; sie mögen anders sein, besser sind sie nicht.

Ich habe drei Kindle-Modelle (Kindle Keyboard, Kindle 4 und Kindle Touch), und keinen davon möchte ich wieder hergeben. Sie alle sind sehr hübsch, fühlen sich toll an und riechen sogar gut. Das sind längst keine kalten elektronischen Geräte ohne Seele mehr, es sind die würdigen Nachfahren gedruckter Bücher. Und mehr noch: Jedes gedruckte Buch ist erst einmal neu und unbekannt – erst durch seinen Inhalt freundet man sich mehr und mehr an. Das ist beim Kindle anders, denn der Kindle ist mir vom ersten Moment an vertraut, auch dann, wenn ich darauf ein neues Buch beginne. Es ist so, als hätte man einen schönen alten Ledereinband, in den man seine neuen Bücher steckt, bevor man anfängt sie zu lesen. Nur eben… praktischer.

Also… lohnt sich der Kindle für dich? Bevor du deine endgültige Entscheidung triffst, hier noch zwei Nachteile, die ich natürlich auch nicht verschweigen will:

Zum einen sollte niemand glauben, der Kindle könne ein Tablet oder Notebook ersetzen. Das kann er nicht. Der Kindle ist ein Lesegerät für Bücher. Zwar gibt es dafür auch Apps – dazu später –, trotzdem ist das, was der Kindle hier zu leisten vermag, nicht vergleichbar mit anderen Geräten. Könnte der Kindle tolle Anwendungen oder Filme laufen lassen, dann wäre er nicht mehr so klein und leicht, der Akku würde nicht mehr so lange halten, das Display nicht mehr so hervorragend zum Lesen geeignet sein – mit anderen Worten: dann würden genau seine speziellen Vorteile verloren gehen (auch dazu später mehr).

Zum anderen benutzt Amazon für seine eBooks ein sogenanntes „proprietäres“ Format. Mit anderen Worten, Amazon steckt sich seinen Claim ab: Amazon-Bücher sollen nicht auf anderen Readern lesbar, und möglichst andere e-Books auch nicht auf dem Kindle zu nutzen sein. Als Kunde ist man da natürlich „not amused“. Andererseits ist die geschäftliche Perspektive, die hinter dieser Entscheidung steht, durchaus nachvollziehbar. Man sollte sich in jedem Fall klar darüber sein, dass der Kauf von einem Kindle und den passenden eBooks eine gewisse bleibende Bindung an Amazon bedeutet. Sicher kann man seinen Kindle auch ohne Amazon benutzen, aber eingeschränkt. Sicher kann man Amazon-eBooks auch auf anderen Geräten lesen, wenn darauf die Kindle-App läuft… solche Geräte werden aber zum Lesen sicher nicht so gut geeignet sein, wie der Kindle selbst. Derzeit ist all das nicht wirklich ein Problem (höchstens weil man sich ungern etwas vorschreiben lässt), wenn aber Amazon in zehn oder zwanzig Jahren vielleicht mal straucheln sollte, könnte es eines werden (auch dazu… du ahnst es… später noch mehr).

 

Also… Kindle kaufen oder nicht? Natürlich kaufen, oder hast du wirklich noch Zweifel? Dann bleibt die Frage, ob man jetzt kaufen oder lieber noch auf neue Modelle warten sollte. Auch hier: jetzt kaufen! Die aktuelle Kindle-Generation ist ausgereift. Kleiner und leichter geht kaum noch, ohne dass dadurch die Funktionalität eingeschränkt würde. Die Akkulaufzeit und der Speicher sind großzügig bemessen, das Display ist absolut alltagstauglich. Sicher wird es in der Zukunft weitere Neuerungen und Verbesserungen geben, aber die aktuellen Modelle reichen auf jeden Fall für mehrere Jahre uneingeschränktes Lesevergnügen.