Er war es, der sie entdeckte. Er hatte
ebenfalls in einem Buch gelesen oder besser: geblättert, es immer
wieder aufgeschlagen, es umgedreht vor sich hingelegt, um sich
geblickt, es wieder aufgenommen, es wieder hingelegt. Schließlich
geriet sie in den Fokus seines irrenden Blicks, lesend,
konzentriert, in sich ruhend. Eine Tasse Kaffee stand vor ihr auf
dem Tisch, daneben eine Schachtel Zigaretten, ein Plastikfeuerzeug
darauf. Von Zeit zu Zeit rutschte ihr eine Haarspitze in den
Mundwinkel, und sie nahm sie gedankenverloren zwischen die Lippen
wie einen Grashalm.
Er schlug sein Buch zu, nahm es in die linke Hand,
stand auf, ging zu ihrem Tisch hinüber und machte eine Verbeugung.
Sie blickte auf, zwischen ihre erstaunt hochgezogenen Brauen grub
sich eine kleine fragende Längsfalte. Er trug einen blauen,
einreihigen Anzug, ein weißes Hemd, eine schwarze Krawatte. Das
braune Haar war kurz geschnitten.
Entschuldigen Sie, sagte er im Stehen. Sie werden
sich nicht erinnern. Sie haben mir -, er stockte. Sie waren sehr
freundlich. Er blickte zu Boden. Sie haben sich um mich gekümmert,
als ich -.
Aber natürlich! Jetzt lächelte sie im
Wiedererkennen das Lächeln, das sie sich seinerzeit versagt hatte.
Setzen Sie sich doch. Geht es Ihnen wieder gut?
Er legte zuerst das Buch ab, bevor er dankte und
Platz nahm. So fiel ihr Blick darauf. Oh! Elizabeth Bishop!, rief
sie.
Sagen Sie nicht, Sie kennen Elizabeth Bishop.
The art of losing isn‘t hard to master,
zitierte sie, und sie schwiegen beide kurz. Hilfesuchend irrte sein
Blick über den Tisch, dann las er, beinahe vorwurfsvoll: Aragon.
Das sind ja auch Gedichte! La Diane Française …
Er ließ die Worte wie eine Frage in der Luft
hängen.
Es sind Gedichte, die er während der Besatzung
geschrieben hat, erklärte Hélène.
Sie musterten einander. Zwei Leser von Lyrik in der
Cafeteria eines Krankenhauses.
Dann schien ein Ruck durch ihn zu gehen.
Entschuldigen Sie, darf ich mich vorstellen? Mein Name ist David
Cote. Hélène stellte sich auch vor und reichte ihm die Hand.
Und woher kennen Sie Elizabeth Bishop?, fragte sie
dann, denn sie hatte das Gefühl, wenn sie sich mit Warten und
Zuhören begnügte, würde die Unterhaltung schnell versiegen.
Oh, ich habe sie sogar einmal persönlich
kennengelernt, sagte der Mann. Ich komme aus demselben Ort wie sie,
Worcester, Massachusetts. Und Sie sind Pariserin?
Hélène nickte amüsiert, weil Ausländer immer so
viel Emphase in diese Bemerkung legen.
Leben Sie auch hier?, fragte sie.
Ja, ich arbeite in der Gegend. Und hier bin ich für
einen Check-up. Eine Art Generalüberholung. Sie haben es ja selbst
mitbekommen, ich - wirklich, vielen Dank nochmal, dass Sie sich um
mich gekümmert haben …
Aber das war doch selbstverständlich, protestierte
Hélène. Im Übrigen habe ich gar nichts getan. Ich war viel zu
erschrocken …
Sie haben sich um mich gekümmert. Das ist schon
sehr viel, sagte er mit steifem Ernst.
Sie schwieg ein wenig verlegen, fragte dann: Sind
denn die Probleme - ich meine, sind die Ärzte dahintergekommen,
haben sie’s im Griff?
Er winkte ab. Nicht der Rede wert. Aber Sie wissen
doch: Wen Ärzte einmal in der Mangel haben …
Sie lächelte. Kann aber auch sein Gutes
haben.
Er blickte auf die Tischkante und sagte: Aber Sie
sehen überhaupt nicht - ich meine, Sie sind doch nicht
krank, oder? Verzeihen Sie, ich bin so ungeschickt im Fragen.
Nein, Gott sei Dank. Krank bin ich nicht. Ich komme
wegen einer Schwangerschaft hierher.
Er warf einen unwillkürlich indiskreten Blick auf
ihren Körper.
Nein, ich bin nicht schwanger, sagte sie leichthin.
Genau deswegen bin ich ja hier. Noch nicht.
Er versuchte ein Lächeln, aber Hélène fiel wieder
in jene Bodenlosigkeit in seinen Augen wie beim ersten Mal. Er saß
plötzlich steif am Tisch, und auf seiner Stirn bildeten sich
Schweißperlen. Er hielt sich mit beiden Händen an der Tischkante
fest, wie um das Gleichgewicht zu wahren. Hélène war auf dem
Sprung. Möchten Sie ein Glas Wasser?
Er schüttelte den Kopf. Schon gut. Danke.
Entschuldigen Sie, ich führe mich lächerlich auf. Entschuldigen
Sie.
Als Hélène sah, dass er die Tischkante wieder
losließ, stand sie auf. Ich hole Ihnen ein Wasser. Nein, keinen
Widerspruch. Bleiben Sie sitzen. Im Weggehen drehte sie sich um.
Mit oder ohne Kohlensäure?
Mit, bitte, rief er ihr zu.
Als sie mit dem Perrier zurückkam, sah er sie
aufmerksam an. Bitte erzählen Sie mir, woher Sie Elizabeth Bishop
kennen. So bekannt ist sie ja nicht.
Gut, antwortete Hélène. Und dann erzählen Sie mir,
wie es kommt, dass Sie sie persönlich kannten.
Abgemacht, sagte der Amerikaner. Und dann klären
Sie mich über Aragon auf. Den kenne ich nämlich nur dem Namen
nach.
Ich lese gerne Gedichte, begann sie tastend.
Gedichte überhaupt. Ich suche … was suche ich in ihnen? Ich suche
nach Sätzen, nach Bildern, die mich wie ein Pfeil im Sprung erlegen
…
Sie sah ihn zweifelnd an, im Bewusstsein, dass
diese Dinge im Grunde nicht zu formulieren sind. Er blickte auf
sein Glas.
Ich lese gerne Gedichte von Frauen, weil sie
meistens einen anderen Blick auf die Welt haben als Männer und
andere Dinge in den Vordergrund stellen. Ich habe von jemandem, der
sie übersetzt hat, die von Elizabeth Bishop zu lesen bekommen
…
Sie sah ihn kurz an, aber er blickte noch immer auf
sein Glas.
Sie sind anders als alle französische Lyrik, die
ich kenne. Unpathetisch, beiläufig. Sie erzählt, sie beschreibt,
ganz ruhig, ganz exakt, voller Vertrauen … Sie unterbrach sich
kurz, dann traute sie sich zu sagen: Sie schreibt
so mutig … oder gelassen … oder vielleicht tapfer über Verlust und
Trauer.
Sie schwieg betreten, da begann er zu sprechen, die
Augen immer noch auf das Glas gerichtet, in dem mittlerweile keine
Bläschen mehr aufstiegen.
Ich habe sie kennengelernt, als sie wieder in
Boston lebte. Worcester hat sie ja nie recht geliebt, war dort
nicht glücklich. Nicht so wie in Key West oder Brasilien. Ich war
noch auf der Highschool und habe gelesen und gerudert. Und dann bin
ich nach Cambridge gefahren, wo sie, wenn er nicht da war, Robert
Lowells Klasse übernahm, und habe mich da reingeschmuggelt. War
auch auf einer ihrer Lesungen und habe sie auch angesprochen … Und
in dem Jahr, in dem ich dann aufs College kam, in Boston, da ist
sie gestorben … Da bin ich rudern gegangen, auf unserem See, dem
Lake Quinsigamond. Da war mein Verein. Doppelzweier bin ich
gerudert. Haben Sie mal eine Ruderregatta gesehen?
Hélène schüttelte den Kopf, aber er sah es
nicht.
Es ist - wie Wildenten, die auf dem See landen. Das
Wirrwirr der Flügel und das Zischen, wenn sie übers Wasser gleiten,
die Hälse hoch und weit nach vorn. So hört sich ein Skullboot in
vollem Tempo an, so sieht es aus. Ich bin Doppelzweier gerudert,
weil ich das Gekrähe des Steuermanns nicht mag. Nur du und der
andere. In einer Bewegung verbunden durch eine unsichtbare
Kuppelstange. Der leicht brackige Geruch des Sees. Das Geräusch,
mit dem die Mulde im Wasser, das Luftloch, das dein Blatt gerissen
hat, sich beim Abscheren wieder schließt. Dort ist das Wasser einen
Moment lang vollkommen glatt, wie glasiert. Und dann der hell- und
dunkelgrüne
Streifen der Bäume am Ufer, der vorübergleitet, dahinter die
Häuser, weiß, und weit fort ein leises Aufund Abrauschen, die
rufenden und lachenden Menschen am Ufer - was wollte ich jetzt
eigentlich sagen?
Hélène lachte. Eigentlich wollten Sie über
Elizabeth Bishop sprechen, aber vielleicht haben Sie das ja schon
getan …
Ja, als ich aufs College kam, wiederholte der
Amerikaner, da starb sie. Damals kannte sie noch kaum jemand. Sie
liegt in Worcester begraben. Ob sie das gewollt hat? Waren Sie
schon einmal in Massachusetts?
Hélène schüttelte den Kopf. Ich war überhaupt noch
nie in Amerika.
St. John’s hieß meine Schule. Oder heißt sie noch.
In Shrewsbury am anderen Seeufer. War Aragon nicht Kommunist?,
fragte er unvermittelt, auf Hélènes Buch deutend.
Sie nickte. Ja, und sogar Stalinist. Hurra Ural und
solche Sachen. Ein ziemlich trübes Kapitel. Die typische Geschichte
des intellektuellen Außenseiters, der sich nach Bindung sehnt und
sich, kaum hat er sie gefunden, gleich zum unversöhnlichen
Gralshüter und Siegelbewahrer und Türsteher der Coterie
aufschwingt. Einerseits. Andererseits hat er die schönsten Verse
geschrieben, die ich kenne. Ich mag dieses Buch hier besonders
gerne wegen der Brocéliande-Gedichte.
Brocéliande? Eine Frau?, fragte der
Amerikaner.
Hélène lachte. Nein. Ein Wald. Die Frau hieß Elsa.
Ein Wald in der Bretagne. Ein sagenumwobener Wald. Es ist nicht
mehr viel davon übrig. Angeblich das Reich Merlins, des Magiers aus
der Artus-Sage. Dort hat er sich in
die Fee Viviane verliebt und wurde von ihr für immer an diesen Ort
gebannt, in einen Teich, einen Baum … Die Romantiker suchen heute
noch nach der Stelle. Angeblich ist es La source de Barenton, eine
Quelle … Gewiss, verglichen mit Bishop ist viel Pathos in den
Gedichten, aber es gibt eben auch Konstellationen, die Pathos
gebieten, finden Sie nicht? Augustnacht heißt das Gedicht,
das ich meine: O l’épaisse toison d’étoiles sur nos têtes.
Hm, wie soll man das übersetzen? O dichtes Sternen-Vlies über
unseren Köpfen vielleicht? Ce soir d’août le ciel d’aînesse
échoit aux mains d’audace. Das Erstgeburtsrecht auf den Himmel
fällt an den Waghalsigen? Ich weiß nicht. Jedenfalls, wer eine
Augustnacht in der Bretagne erlebt hat, den langsam kreisenden
Sternenreigen, der versteht, was er beschwört. Nein, verstehen tut
man’s nicht, man spürt es unter der Haut …
Er bestand darauf, ihr noch einen Kaffee zu holen.
Sie verstand, dass er damit, ohne sie darum bitten zu müssen, das
Gespräch verlängern und verhindern wollte, dass sie aufbrach. Sie
hatte gar nicht vor, auf ihr Zimmer zu gehen.
Als er wieder saß, sagte sie: Aber selbst die
eindeutigeren Widerstandsgedichte sind wunderbar. Rose und
Reseda klingt wie ein Trauermarsch. Wie alle französischen
Kommunisten ist er im Grunde seines Herzens ja ein Patriot und ein
hoffnungsloser Romantiker gewesen. Diese Gedichte waren seine Art
zu kämpfen. Glauben Sie, dass man mit Gedichten kämpfen kann?
Er öffnete den Mund, sagte aber nichts, befeuchtete
sich die Lippen, schloss sie wieder, räusperte sich und zuckte
schließlich die Achseln. Ich weiß nicht.
Nach einer kurzen Pause schloss er an: Aber Sie
sprechen schön über Gedichte. Besser als ich. Und die Franzosen
kenne ich nicht so gut.
Verzeihen Sie, wenn ich frage, sagte Hélène. Aber
man trifft nicht so häufig Männer, die Gedichte lesen -.
Ich habe das studiert, unterbrach er sie. Aber ich
mag Poesie schon von Hause aus. Schließlich ist Worcester, ist ganz
Massachusetts ein Nest von Poeten. Vielleicht die Landschaft. Oder
die Historie. Aber der Virus geht sozusagen um, man steckt sich da
leicht an. Wozu würden Sie mir denn aus der hiesigen Literatur
raten? Oder anders gefragt, wer ist Ihr liebster
Schriftsteller?
Hélène überlegte. Vielleicht am Ende kein Lyriker.
Ich glaube, wenn ich wählen müsste, dann würde ich Colette
wählen.
Colette? War das nicht so eine etwas verruchte und
frivole Autorin? Entschuldigen Sie meine Unbildung.
Konnte sie wohl auch sein. Vor allem aber war sie
sinnlich. Sinnlich wie die Landschaft oder wie eine reife Frucht
oder eine blühende Blume. Lesen Sie einmal die Erinnerungsbücher,
La maison de Claudine. Darin beschreibt sie das Haus ihrer
Kindheit. Où sont les enfants? heißt das erste Kapitel. Die
Mutter ruft das in den Garten hinaus, wie man nach Katzen ruft,
wenn das Milchschälchen gefüllt ist. Um sie reinzuholen, um ihre
Stimmen zu hören, damit sie weiß, wo sie stecken, und beruhigt sein
kann. Où sont les enfants? Wo sind die Ki-hin-der? Sie
müssen das singen. Es bricht mir jedes Mal das Herz. Die rosigen
Stoffblümchen des Weißdorns, violetter Flieder in einer
Steingutvase auf der Fensterbank. Rotweinflecke auf einem Holztisch
im Garten, der Wind im Laub, ein
knarrendes Scharnier des Gartentors, der abblätternde blaue Lack,
Lichtflecke auf einem weißen Tischtuch unter der Kastanie, die süße
Langeweile eines diesigen Sommersonntags nach der Messe in den
Wiesen … Ja, ich glaube, das ist meine Welt. Wenn Sie sich in
Frankreich einfühlen wollen, lesen Sie das. Natürlich ist es das
alte, tiefe, provinzielle Frankreich. Aber außerhalb von Paris lebt
es durchaus noch … Wäre Proust eine Frau gewesen, ich glaube, er
hätte so geschrieben …
Ich habe einmal als Junge ein Jahr hier gelebt,
sagte der Amerikaner. Ich erinnere mich dunkel.
Und welchen Lyriker aus Ihrem neuenglischen »Nest«
sollte ich entdecken?, fragte sie. Bishop war nämlich mehr oder
weniger ein Zufallstreffer. Ich bin nicht so belesen.
Emily Dickinson werden Sie kennen, natürlich.
Wild Nights, das ist ja schon Allgemeingut geworden. Aber
kennen Sie auch »Hope« is the thing with feathers - That perches
in the soul …? Und Frost? Der ist zwar nur zugewandert, aber
vielleicht der neuenglischste von allen. The way a crow shook
down on me the dust of snow from a hemlock tree, has given my heart
a change of mood and saved some part of a day I had rued …
Emerson und Thoreau natürlich, die großen Alten aus Concord. Lowell
versteht sich, wenn man von Bishop redet. Stanley Kunitz, der ist
bei Ihnen bestimmt nicht bekannt. The year of the cloud, when my
marriage failed … Oh, und natürlich E. E. Cummings …
Er unterbrach sich und schien nachzudenken. Dann
zitierte er tonlos, als überfliege er eine Zeitungsmeldung: …
bravely of course my father used - to become hoarse talking about
how it was-a privilege and if only he - could
meanwhile my - self et cetera … Das kommt von weit her … Es
ist Frühling und der bocksfüßige Ballonverkäufer pfeift fern und
weh …
Sie ließen den merkwürdigen Vers nachklingen, dann
sagte Hélène: Sie wissen, dass er vermutlich hier war,
Cummings?
Der Amerikaner sah sie an.
Alle amerikanischen Dichter, die im Ersten
Weltkrieg Ambulanz-Fahrer waren, sind hier vorbeigekommen oder vom
amerikanischen Hospital aus losgeschickt und eingesetzt worden.
Cummings, Dos Passos, Hemingway. Damals gab es nur das
Hauptgebäude. Sie haben doch vorn sicher die alten Fotos
gesehen.
Woher wissen Sie das?
Das hat mir mein Mann erzählt. Er hat sich ein
bisschen mit der Geschichte des Krankenhauses beschäftigt, seit wir
hier sind …
Der Amerikaner trank den Rest seines Wassers aus.
Sie sagten, Sie seien hier, um ein Kind zu bekommen. Unterbrechen
Sie mich, wenn ich indiskret bin.
Nein, es ist ja kein Geheimnis und keine Schande,
sagte Hélène lachend. Wir versuchen eine künstliche Befruchtung,
eine In-vitro-Befruchtung. Ich kann anders kein Kind bekommen. Sie
sind hier darauf spezialisiert. Es ist vermutlich nicht sehr sexy
als Methode, um Kinder zu machen, aber -, sie zögerte kurz und
sagte dann auf Englisch: But there you are …
Wie lange werden Sie denn bleiben?, fragte der
Amerikaner. Ich würde mich sehr gerne weiter mit Ihnen unterhalten
… Wissen Sie, als ich diesen kleinen Anfall hatte … Es hat mir sehr
viel bedeutet, dass Sie sich da
um mich gekümmert haben. Es war in dem Moment sehr …
hilfreich.
Hélène sah ihn ernst an und nickte. Nun, eigentlich
bin ich nur übermorgen noch einmal hier, wenn alles gut geht.
Sie trank ihren Kaffee leer und fügte hinzu: Und
dann natürlich noch einmal in neun Monaten.
Der Amerikaner blickte hinaus in den Garten, wo die
Sonne, die eben zwischen den Wolken hindurchgekommen war, den Reif
auf den kahlen ziselierten Zweigen einer Magnolie zum Glitzern
brachte.
Ich muss zu meiner Untersuchung, sagte er und fügte
im Aufstehen hinzu: Ich wünsche Ihnen alles Gute. Er reichte ihr
die Hand. Ich danke Ihnen, für diesen Nachmittag und überhaupt.
Alles Gute.
Ihnen auch alles Gute, sagte Hélène, die ebenfalls
aufgestanden war. Sie blickten einander an.
Dann gingen sie, jeder aus einer anderen Tür der
Cafeteria, davon, der Amerikaner an der Kasse vorbei in den Neubau,
Hélène aus der Glastür in den Garten.
Und so hatten sie einander bei diesem ersten
Gespräch über Poesie und Lektüren gegenseitig angelogen, auch wenn
es jeweils nur die harmlose Art von Lüge war, die aus der
Unvollständigkeit von Informationen entsteht, die, in Gänze
ausgesprochen, zu kompliziert oder missverständlich wären oder
unerfreulich. Er, was seine Arbeit betraf, sie, was ihre
Bekanntschaft mit den Gedichten Elizabeth Bishops anging.
