Die nervigsten Ratschläge gegen Migräne

 

Jeder Mensch, der regelmäßig unter Migräne leidet, kennt das: Er erhält lauter gutgemeinte, überflüssige und unglaubliche Tipps. Dabei wissen Migräniker längst, was Osteopathen sind, wie Progressive Muskelentspannung nach Jacobson funktioniert und wo der beste Neurologe praktiziert. Doch es hilft alles nichts. Die Migräne kommt immer wieder und mit ihr die schlimmsten Sprüche der lieben Mitmenschen. Eine kleine Ratschläge-Sammlung von Akupunktur bis Zolmitriptan.

Vorbei die Zeiten, als sich migränegeplagte Frauen als schlechte Stilvorlage für Altherrenwitze genötigt sahen. Heute gilt die Umwelt als aufgeklärt und niemand glaubt mehr, dass ein Migräneanfall lediglich eine einfallslose Ausrede für sexuelle Unlust ist. Vielmehr meint ein jeder Bescheid zu wissen über die wahren Gründe für Migräne. Das fängt am Wochenende an, wenn die Schwiegermutter anruft und fragt, ob man denn schon wieder Migräne habe. "Du musst auch wirklich weniger arbeiten und mal mehr an dich denken."

Gesagt, getan, den Rest des Sonntags verbringt der Migränekranke im Dämmerschlaf auf dem Sofa, immer begleitet vom schlechten Gewissen der Familie gegenüber. Andere Leute gehen jetzt spazieren, man selbst ist egoistisch und lebt seine Migräne in vollen Zügen aus. Montagmorgens in der Früh ist die Migräne natürlich noch immer da, das teure Triptan schnell zur Hand, und nach zwei Stunden ist der Schmerz fast weg und die Müdigkeit dominiert. Abgeschlafft im Büro angekommen, begeht man einen folgenschweren Fehler und erzählt den Kollegen von der letzten Attacke. Und dann kommen sie, die zehn bekanntesten Sprüche, die kein Migräne-Patient hören möchte:

Hast du es schon einmal mit Akupunktur versucht?

Bei meiner Nachbarin hat ja geholfen, einfach keine Schokolade mehr zu essen!

Du musst wirklich regelmäßig Sport treiben!

Bei so viel Stress ist das auch kein Wunder!

Ich bin mir ja sicher, dass du irgendein Lebensmittel nicht verträgst!

 

Es gibt da einen neuen Osteopathen, bei dem war meine Tante, seitdem ist die Migräne weg!

 

Ist logisch, wenn du letzte Woche ein Glas Rotwein getrunken hast, das rächt sich dann!

 

Warst du schon mal bei einem Heilpraktiker?

Trinkst du auch genug?

 

Das ist das Wetter, ich hab auch Kopfweh.

 

Da fühlt sich der Migräniker verstanden. Er mag es kaum noch erklären, dass er längst austherapiert ist, sämtliche schulmedizinische und alternative Heilmethoden ausprobiert hat, ein Heidengeld beim Chiropraktiker ließ und seit Jahren weiß, dass er schief und krumm ist, eine Sehhilfe benötigt, Stress hat und Äpfel nicht verträgt. Die Brille sitzt, das Autogene Training wird absolviert, die Einlagen getragen und Apfelkuchen gemieden. Aber die Migräne ist immer noch da. Die weiteren Tage in der Woche schleppt sich der Patient tapfer durch seine Aufgaben, jeden Morgen ein neues Triptan einwerfend und hoffend, dass auch dieser Anfall irgendwann vorbei sein möge. Das private und berufliche Umfeld ist genauso ratlos wie man selbst, aber ein paar Sätze müssen noch drin sein. Die zehn dümmsten Aussagen während eines Migräne-Anfalls:

Du schluckst echt viel zu viel Tabletten, das kann ja nicht gut sein!

 

Wenn meine Mutter früher Migräne hatte, konnte sie nur im abgedunkelten Zimmer liegen!

 

Na ja, solange du noch arbeiten kannst, kann es ja nicht so schlimm sein.

 

Leg dich doch mal kurz hin!

 

Geh doch mal an die frische Luft!

 

Dass du das so kannst, ich könnte das ja nicht!

 

Eigentlich siehst du ganz gut aus!

Ich hab ja neulich noch gesagt, dass es Gewitter gibt!

So kann man doch nicht Auto fahren!

Wenn du auch immer nur an die anderen denkst, bist du selbst schuld!

Am Ende der Woche ist es soweit, man löst das Rezept des Arztes ein für die medikamentöse Migräneprophylaxe. Viel zu lange hat man es hinausgeschoben wegen der Angst vor den Nebenwirkungen von Topiramat oder Topamax. Aber haben nicht alle, sogar der Chef, gesagt, dass man endlich etwas tun soll? Am Freitag verkündet man jenen, die es wissen müssen, dass man in den nächsten Wochen nicht ganz so gut drauf sein wird wegen der unwesentlichen Kleinigkeiten, wie zum Beispiel Depressionen, Halluzinationen, Wortfindungsproblemen und schwankendem Gang. Doch dann kommen sie, die zehn unglaublichsten Einwände, wenn man gegen seine Migräne vorgeht:

Das hilft doch nie im Leben!

 

Mit Tabletten doch nicht!

 

Du nimmst doch eh schon zu viel Medizin!

 

Also, ich wär' ja noch mal zu einem anderen Neurologen gegangen!

 

Ein einfacher Urlaub hätte es ja auch getan!

 

Wieso bist du nicht zu dem Ayurveda-Arzt in Hamburg gegangen, den ich dir genannt habe?

 

Hast du zu viel Zeit?

 

Das kannst du doch deiner Familie nicht antun!

 

Na, ich weiß ja nicht, was unser Chef dazu sagt!

 

Wenn das vom Nacken kommt, würde ich einfach nur joggen!

 

Da hilft es nur ruhig zu bleiben und darauf zu hoffen, dass sich bald herumspricht, was Betroffene längst wissen: Der Grund für die Migräne ist die Migräne.