LEBENSDATEN VON BRUNO APITZ

1900

28. April: Bruno Apitz wird in Leipzig-Volkmarsdorf als zwölftes und jüngstes Kind der Waschfrau Marie Frederike Apitz, geb. Anhalt, geboren.

 

1905–1914

Die Mutter lässt sich von dem alkoholsüchtigen Wachstuchdrucker Hermann Apitz scheiden, Umzug mit den jüngeren Kindern. Eröffnung eines Molkereiwarengeschäfts. Bruno Apitz besucht die Volksschule.

 

1914–1916

Beginn einer Lehre als Stempelschneider. Verarmung der Familie, Abbruch der Lehre, Laufbursche und Markthelfer. Politisierung im Umfeld des Arbeiterjugendbildungsvereins der SPD, ab 1914 Sozialistische Arbeiterjugend.

 

1917–1918

16. August 1917: Rede vor streikenden Leipziger Arbeitern gegen die Fortdauer des Krieges, Festnahme, neun Monate Untersuchungshaft.

 

15. Mai 1918

Verurteilung durch das Leipziger Reichsgericht u. a. wegen »versuchten Landesverrats« zu einer Jugendhaftstrafe von einem Jahr und sieben Monaten Freiheitsentzug. Haft im Zuchthaus Cottbus und Wohlau (Schlesien).

 

25. Oktober 1918

Begnadigung.

Während der U-Haft intensive Beschäftigung mit Literatur, erste Gedichte.

 

1919–1923

Beginn einer Buchhändlerlehre, erzwungener Abbruch des Volontariats in einem Antiquariat nach Teilnahme an einer Streikkundgebung. Hilfsarbeiter bei Leipziger Versandhäusern.

Erste Veröffentlichung gesellschaftskritischer Gedichte und Kurzgeschichten: »Der junge Dichter« (Prosa) in der satirischen Wochenzeitschrift »Der Drache«, »Weihnacht in der Zelle« in der Hallenser KPD-Zeitung »Klassenkampf«.

Privater Schauspielunterricht bei Erich Alexander Winds, Nebenrollen am Leipziger »Alten Theater«.

 

1924–1926

Engagement am Stadttheater Hamburg-Harburg für ein halbes Jahr, danach kaufmännischer Gehilfe bei einer Leipziger Großhandelsgesellschaft.

Erste Bühnenstücke zu politisch brisanten Themen, u. a. »Der Mensch im Nacken« (satirische Tragikomödie über den § 218).

 

1927

Erwerbslosigkeit, Eintritt in die KPD.

Spielleiter von »Agitprop«-Gruppen.

 

1928–1930

Verlagstätigkeit bei der Roten Hilfe in Berlin, Mitarbeit an der Zeitschrift »Tribüne«.

Mitglied des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller Deutschlands, Vorsitzender der Bezirksgruppe Leipzig. Gestaltung politischer Plakate in Linolschnittdruck.

Verlobung mit Téres B.

 

1930–1933

Funktionär der Bezirksleitung der KPD Leipzig, Tätigkeit als Korrespondent und Referent, Agitprop-Kader.

»Fleck und Barb, die Unrasierten« (Roman), eine Satire über antikommunistische Spitzeltätigkeit in Betrieben (verschollen).

 

1933–1935

17. Mai 1933: Verhaftung, 3 Monate Haft in den Konzentrationslagern Colditz und Sachsenburg. November 1934: Erneute Verhaftung wegen illegaler politischer Betätigung. Verlust mehrerer Zähne nach Verhören durch die Gestapo.

Mai 1935: Verurteilung zu 2 Jahren und zehn Monaten Zuchthaus wegen »Vorbereitung zum Hochverrat«.

 

1935–1937

30 Monate Haft im Zuchthaus Waldheim. Die Mutter stirbt 1936.

»Der Infusor und seine Magd« (Künstlerroman, verschollen).

 

1937–1938

4. November 1937: Mit einem »Schutzhaftbefehl« Einweisung als »politisch Rückfälliger« in das KZ Buchenwald. Arbeit in Schacht- und Baukommandos.

Abbruch des Kontaktes zu Téres B.

 

1938–1941

Wechsel in die Bildhauerei-Werkstatt: Autodidaktische Aneignung des Bildhauerei-Handwerks, Auftragsarbeiten für den SS-Lagerkommandanten Karl Otto Koch. Mehrere Plastiken und kunstgewerbliche Holzschnitzarbeiten, z. B. das Wegweiser-Schild »Carachoweg« für das Lagergelände, eine Kinderwiege, Tischlampen.

 

1941/42

Auflösung der Bildhauerei-Werkstatt nach der Absetzung Kochs. Weitere Holzschnitzarbeiten für andere SS-Führer einschließlich des Lagerkommandanten Hermann Pister (»Schreibzeug«).

 

1942–1945

Vermittlung in das »Kommando Pathologie« durch die Intervention politischer Häftlinge beim SS-Lagerarzt Waldemar Hoven. Anfertigung plastischer Modelle.

16. Juni 1943: Ausstellung eines Ausweises auf »Hafterleichterung«: »Empfang und Absendung von Post 1x wöchentlich«, »bevorzugter Kantineneinkauf«, »Wegfall des Haarschnittes«.

 

1943–1944

Kulturelle Ausgestaltung von SS-Kameradschaftsabenden. Künstlerische Mitwirkung an geduldeten kulturellen Veranstaltungen wie den »Bunten Abenden«; Verse und Reime für Solo-Auftritte; Conférencier beim »Buchenwalder Lagerkabarett«.

»Esther« und »Die Marmorstatue« (Novellen), »Paradies und Gute Erde« (Bühnenstück).

 

1944

18. September: Teilnahme an illegaler Gedenkfeier für den ermordeten KPD-Führer Ernst Thälmann mit einem Violinensolo.

 

1945

5. April: von Mithäftlingen in einem Kanalschacht versteckt. Verlassen des Verstecks am 11. April nach Abzug der SS-Wachmannschaften und der Befreiung des Lagers.

 

1945–1946

Beauftragter der KPD im Zentralausschuss des »Antifaschistischen Blocks«. Korrespondent der KPD (»Sächsische Zeitung«, »Leipziger Zeitung«), Leitungsfunktionen im Kultursektor: Verwaltungsdirektor der Städtischen Theater Leipzig, im Auftrag der Zentralverwaltung für Volksbildung Vertreter im Theaterausschuss und Regionalen Kunstausschuss für Literatur.

 

1946–1948

Mitglied der SED. Rückzug aus allen Ämtern und Leitungsfunktionen, um schreiben zu können. Parteipolitische Propaganda-Auftritte bei Kundgebungen mit »Referaten in Versen«.

Sanatoriumsaufenthalte, Magenoperation.

Der Versuch, die Novelle »Esther« zu publizieren, scheitert.

Hörspiele und Hörfolgen u. a. über Ossietzky, Breitscheid und Thälmann (Berliner Rundfunk, Mitteldeutscher Rundfunk).

Kulturarbeit in Betrieben: Autor und künstlerischer Leiter von Laientheaterstücken im Braunkohlekraftwerk Hirschfelde bei Zittau.

 

1949–1950

Kaderpolitische Überprüfung und Versetzung in die Redaktion der »Leipziger Volkszeitung«, Reportagen; Zirkelleiter bei kulturpolitischen Initiativen. Gegen seinen Willen Abberufung in die Gewerkschaftsarbeit: Erster Vorsitzender der Gewerkschaft Kunst und Schrifttum, Erster Kreissekretär des Kulturbundes Leipzig, vorfristige Kündigung.

Ab August 1950: »freier Schriftsteller« und Autor bei der DEFA.

Heirat mit Martha Eberhardt.

 

1952–1954

Umzug nach Berlin-Adlershof. Ein Jahr Dramaturg bei der DEFA, mehrere Exposés und Szenarien, die nicht verfilmt werden.

7. April 1952: Zeuge im Ermittlungsverfahren gegen den SS-Arzt in Buchenwald Dr. Heinrich Plaza wegen Mordes. Aussagen über den Krankenmord in Buchenwald mit Giftinjektionen. Längere Krankheit und Therapien, Ehekrise und Scheidung.

 

1955

Ablehnung eines Filmexposés über eine Kindesrettung im KZ Buchenwald. Entschluss, einen Buchenwald-Roman zu schreiben, erste Fassung des Anfangs.

Kündigung bei der DEFA. Existenznöte.

Umzug nach Berlin-Prenzlauer Berg.

Ein Stipendienantrag wird vom Deutschen Schriftstellerverband mit grundsätzlichen Zweifeln am Autor und Buchenwald-Stoff abgelehnt.

Beginn der Zusammenarbeit mit dem Mitteldeutschen Verlag Halle (Saale).

 

1956–1957 Zweite Roman-Fassung.

 

5. Oktober 1956

Vorvertrag mit dem Mitteldeutschen Verlag für das Manuskript »Der Funke Leben«. Lernt Marlis Kieckhäfer kennen. Mitwirkung an der Buchenwald-Dokumentation »Mahnung und Verpflichtung« (1960).

 

1957

Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit gelingt auf dem »Wege der Überzeugung« die Anwerbung als »Deckadresse«. Aufkündigung der Zusammenarbeit nach zwei Jahren auf Wunsch von Apitz.

 

1958

»Nackt unter Wölfen« (Roman) wird unerwartet zum Publikumserfolg.

Hörspielfassung (Sendung am 14. September, dem Vorabend der Einweihung der »Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald«).

Höchste staatliche Ehrungen, Lesereisen. Bis 1990 Übersetzungen in über 30 Sprachen.

 

1959

Reise nach Indien zusammen mit Stefan Heym als Delegierter der DDR zum Schriftstellerkongress.

»Esther« (Novelle) erscheint in dem Almanach »Aber die Welt ist verändert«, hrsg. vom Deutschen PEN-Zentrum Ost und West.

 

1960

»Nackt unter Wölfen« (Fernsehfilm, gesendet am 10. April): Mitarbeit am Drehbuch.

»Esther« (Fernsehspiel, produziert 1962, gesendet am 18. April 1980): Drehbuch, Titelrolle: Gisela May, Regie: Robert Trösch, Musik: Hanns Eisler.

 

1961–1962

Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste Berlin und des PEN-Zentrums der DDR.

Reisen nach Westdeutschland: Teilnahme an deutschdeutschen Schriftstellertreffen in Hamburg. Verhaftung in Dortmund während einer Lesung, erzwungene Ausreise in die DDR und erneute Einreise.

 

1963

»Nackt unter Wölfen« (DEFA-Film, Regie: Frank Beyer): Mitwirkung am Drehbuch, Berater am Filmset, kleine Filmrolle.

Zeugenaussage vor dem Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte anlässlich der strafrechtlichen Ermittlung gegen den SS-Führer Josias zu Waldeck-Pyrmont.

 

1965

Mitwirkung an der Aufführung des Dokumentarstücks »Die Ermittlung« von Peter Weiss in der Akademie der Künste Berlin.

Eheschließung mit Marlis Kieckhäfer, Geburt einer Tochter.

 

1975

Ehrenbürger der Stadt Leipzig.

 

1976

»Der Regenbogen« (Roman).

 

1979

7. April: Bruno Apitz stirbt in Berlin. Beisetzung in Berlin-Friedrichsfelde.

 

1984

»Schwelbrand« (Roman, posthum bearbeitet von Wolfgang Weiß).