Reagieren Sie überempfindlich auf Kritik?
Mit den bisherigen Tipps und Gesprächsstrategien
sind Sie sehr gut gewappnet gegen unsachliche Kritik und
unbrauchbare Rückmeldungen. Sie wissen jetzt, dass dagegen ein
Kraut gewachsen ist. Und dieses Wissen sorgt dafür, dass Sie sich
mutiger einem Feedback stellen.
Dennoch ist es gut möglich, dass das alles noch
nicht ausreicht. Vielleicht fürchten Sie nicht nur die unsachliche
Kritik und die verletzenden Kommentare, sondern auch die
brauchbaren Rückmeldungen. Wie ist es bei Ihnen? Fühlen Sie sich
auch getroffen, wenn jemand Ihnen ganz vernünftig gesagt hat, was
Sie falsch gemacht haben? Fangen Sie sofort an, sich zu
verteidigen, auch dann, wenn jemand Sie ganz sachlich kritisiert?
Ist vielleicht jede kritische Rückmeldung für Sie ein Grund, um
anschließend lange geknickt zu sein?

Wichtige Frage
Wie sehr vermeiden Sie es, von anderen kritisiert
zu werden?
Hinter der Kritikempfindlichkeit steckt die Angst vor Ablehnung
Wenn Sie auch zu den kritikempfindlichen Menschen
gehören, fragen Sie sich vielleicht, wie Sie innerlich etwas
robuster werden können. Wie Sie ein kritisches Feedback aufnehmen
können, ohne dass dieses Feedback zu sehr an Ihnen nagt. Bevor ich
Ihnen dazu praktische Tipps anbiete, lassen Sie uns diese
Empfindlichkeit genauer unter die Lupe nehmen.
Oft steckt hinter dieser Kritikempfindlichkeit die
Angst vor Ablehnung.
Diese wird durch eine bestimmte innere Einstellung
genährt.
Diese innere Einstellung dazu sieht von Mensch zu
Mensch ein wenig anders aus. Aber in groben Zügen lässt sie sich
ungefähr so zusammenfassen:
Indem jemand meine Leistung oder mein Verhalten
kritisiert, werde ich als ganze Person infrage gestellt. Ist meine
Leistung oder mein Verhalten fehlerhaft, dann bin ich fehlerhaft.
Ist das, was ich tue, schlecht, dann bin ich als ganze Person
schlecht. Wenn jemand mir sagt, was ich falsch gemacht habe, ist es
für mich so, als würde man mich insgesamt ablehnen.
Obwohl uns diese innere Einstellung oft nicht
bewusst ist, ist sie dennoch wirksam. Sie sorgt dafür, dass wir der
Kritik aus dem Weg gehen. Und wenn uns die Kritik doch erwischt,
spüren wir, wie sehr unser Selbstwertgefühl dadurch erschüttert
wird.
Vielleicht werden Sie durch das, was Sie auf den
folgenden Seiten lesen, nicht unbedingt zu einem Liebhaber oder
einer Liebhaberin von Kritik. Aber Sie können Ihre innere
Einstellung ändern. Mit dieser veränderten inneren Einstellung
gelingt es Ihnen, sich ein kritisches Feedback anzuhören, ohne dass
Ihr Selbstwertgefühl ins Wanken gerät. Kritik muss Sie weder
aufregen noch runterziehen.
Eine kurze Bemerkung vorweg: Was jetzt kommt, ist
keine Sache von nur einmal lesen und dann ist alles erledigt. Jetzt
kommt eine Lernaufgabe, die bei manchen Menschen (z. B. bei mir)
durchaus Jahre in Anspruch nehmen kann. Dabei ist die ganze Sache
im Prinzip weder anstrengend noch kompliziert. Nein, es ist leicht.
Es ist nur ungewohnt. Es geht hier um eine neue, bisher ungewohnte
innere Einstellung. Und weil sie so ungewohnt ist, dauert es etwas,
bis das Neue Tröpfchen für Tröpfchen in unser Denken und Fühlen
einsickert.
Ich präsentiere Ihnen jetzt acht neue
Überzeugungen, die dafür sorgen, dass Sie entspannter mit Kritik
umgehen können. Lesen Sie sich diese neuen Überzeugungen durch und
lassen Sie jede einzelne in Ruhe wirken. Vielleicht merken Sie,
dass Sie bei einigen Punkten bisher eine andere innere Einstellung
hatten.
Acht entspannte Überzeugungen, mit denen Sie die Kritik gelassener annehmen können
✓ Es ist vollkommen in Ordnung, wenn andere
Menschen mir sagen, was sie stört.
✓ Ich kann das, was andere an mir kritisieren, in
Ruhe prüfen, bevor ich etwas dazu sage. Ich muss nicht schlagfertig
darauf antworten.
✓ Ich darf mir eine Kritik anhören und nichts
dazu sagen.
✓ Manchmal ist das, was andere Leute einen Fehler
nennen, gar nicht objektiv falsch. Die Leute vertreten nur ihre
Meinung. Und das dürfen sie.
✓ Die Urteile, die andere Leute über mich fällen,
sind nur
deren Gedanken, Meinungen und Ansichten. Ich muss die Ansichten
der anderen Menschen nicht übernehmen. Ich bin auch nicht
gezwungen, ihnen zu widersprechen.
✓ Ich kann aus jeder konstruktiven Kritik etwas
herausziehen, das mich weiterbringt.
✓ Auch wenn ich von anderen heftig kritisiert
werde, bin und bleibe ich ein wertvoller und liebenswerter
Mensch.
Von Ihren tiefen inneren Überzeugungen hängt es
ab, ob eine Kritik Sie aufregt oder nicht. Denn das, was andere
Menschen zu uns sagen, wird immer von unserem Gehirn interpretiert,
also gedeutet. Wir leiden nicht unter dem, was andere zu uns sagen,
sondern wir leiden unter den Gedanken, die wir uns darüber
machen.
Fehler, Patzer, Missgeschicke und wie Sie die am besten wieder ausbügeln
Natürlich gibt es objektive Fehler, die Sie
vielleicht machen. Wie beispielsweise Worte, die Sie falsch
schreiben oder eine Rechenaufgabe, bei der sie zu einem falschen
Ergebnis kommen. Vielleicht haben Sie sich auch schon mal im Datum
vertan oder Ihr Auto im absoluten Halteverbot geparkt. Das sind für
die meisten von uns objektive, also nicht strittige Fehler.
Einfacher gesagt: Hier ist falsch einfach falsch.
Es ist nicht weiter schwierig, sich so einen
Fehler einzugestehen und ihn zu korrigieren. Dabei müssen Sie weder
Schuldgefühle haben, noch müssen Sie vor Scham im Boden versinken.
Fehler machen kommt vor und solange Sie nicht im Koma liegen,
werden Sie hin und wieder auch Fehler machen.
Jeder Fehler entblößt eine simple Tatsache: Wir
sind nicht perfekt. Das heißt, wir können noch etwas hinzulernen
oder manchmal könnten wir auch noch aufmerksamer sein.
Interessanterweise besteht das größte Selbstbewusstsein darin, ganz
frei und unumwunden einen Fehler zuzugeben. Wer das tut, zeigt
deutlich, dass er nichts verstecken oder vertuschen will. Wer
ehrlich ist, ist persönlich stark. Hier kommt jetzt die Strategie,
die Ihnen zeigt, wie Sie das in einem Gespräch am besten
hinbekommen.

Strategie: So gehen Sie gelassen mit Ihren
Fehlern um
Geben Sie den Fehler zu, ohne sich
herauszureden
Machen Sie es sich einfach und sagen Sie klar:
»Ja, das hab ich falsch gemacht.« Widerstehen Sie der Versuchung,
hier jetzt wortreiche Verteidigungen aufzufahren. Sie waren
vielleicht nicht aufmerksam, haben etwas nicht gewusst oder etwas
übersehen. Ihre Erklärung dazu kann kurz und bündig sein.
Entschuldigen Sie sich aufrichtig
Wählen Sie bei Ihrer Entschuldigung die Worte, die
Sie für passend halten. Das kann bei kleinen Patzern eine einfache
Entschuldigung sein. Bei größeren Fehlern darf es auch ein längerer
Satz sein. »Tut mir leid, da hab ich einen Fehler gemacht. Ich
entschuldige mich dafür.« Aber entschuldigen Sie sich tatsächlich.
Dieser Teil ist wichtig, wird aber gern weggelassen, indem man
gleich weitergeht und über die Korrektur redet. Manche
Gesprächspartner wollen im Grunde nur diese Entschuldigung hören.
Fehlt Ihre Entschuldigung, kann es Ihnen passieren, dass Ihr
Gegenüber Sie immer weiter kritisiert.
Bieten Sie Ihrem Gegenüber an, den Schaden zu
beheben der auszugleichen
Übernehmen Sie es, die Sache wieder auszubügeln.
Das ist
nicht nur für Ihr Gegenüber wichtig, sondern auch für Sie. Durch
eine Wiedergutmachung stellen Sie Ihren Seelenfrieden wieder her.
Korrigieren Sie das, was Sie falsch gemacht haben. Zahlen Sie die
Strafe für das Parken im absoluten Halteverbot oder beugen Sie sich
der Ermahnung des Polizisten. Zahlen Sie die Kosten für das, was
Sie zerstört oder verdorben haben. Gleichen Sie den Schaden aus,
den Sie angerichtet haben.
Wenn nötig, zeigen Sie Ihrem Gegenüber, was Sie
daraus gelernt haben
Manche Fehler lassen sich durch eine gute Planung
oder mehr Umsicht vermeiden. Vielleicht gibt es etwas, was Sie beim
nächsten Mal nicht mehr machen oder anders machen wollen. Erklären
Sie Ihrem Gegenüber, wie Sie in Zukunft verhindern wollen, dass
dieser Fehler noch mal passiert.
Verzeihen Sie sich selbst
Die Wiedergutmachung ist erst beendet, wenn Sie
mit sich selbst im Reinen sind. Also vergeben Sie sich selbst, dass
Sie etwas falsch gemacht haben. Und dann schließen Sie die Sache
innerlich ab.

Nach welchem Maßstab werden Sie von anderen gemessen?
Sie haben etwas falsch gemacht, das kommt vor, und
Sie korrigieren das. Schwieriger wird es, wenn es keinen objektiven
Maßstab für Richtig und Falsch gibt. Über einen falsch
ausgerechneten Prozentsatz lässt sich kaum streiten. Aber was ist,
wenn Sie nur deshalb kritisiert werden, weil jemand will, dass Sie
anders sind, als Sie nun mal sind?
In vielen Bereichen Ihres Lebens gibt es kein
objektives Richtig oder Falsch wie bei einer Rechenaufgabe. Hier
geht es um den persönlichen Maßstab, den andere Menschen an Sie
anlegen.
Sie können sehr viel leichter mit einer solchen
Kritik umgehen, wenn Sie sich Folgendes klarmachen:
• Falls jemand Sie kritisiert, dann zeigt der
Betreffende damit, dass Sie sich nicht so verhalten oder nicht die
Leistungen bringen, die seinem eigenen Maßstab entsprechen (oder
dem Maßstab der Firma, für die Sie arbeiten).
• Jede Kritik an Ihrer Person verrät Ihnen etwas
über den Maßstab, den Ihr Gegenüber an Sie anlegt.
Ob im privaten Rahmen oder im Job – da, wo
Menschen miteinander leben oder arbeiten, haben sie auch innere
Richtlinien, nach denen sie alles beurteilen. Da Sie mit anderen
Menschen zusammenleben und -arbeiten, werden Sie von diesen
Menschen auch nach deren Richtlinien und Maßstäben beurteilt. Und
die können sehr unterschiedlich sein.
Es ist unmöglich, all diese verschiedenen
Richtlinien, Maßstäbe und Erwartungen Ihrer Mitmenschen zu
erfüllen. Schlicht gesagt: Wir können es nicht immer allen recht
machen. Also werden wir auch von Zeit zu Zeit negativ beurteilt.
Dabei sagt jedes kritische Feedback im Grunde nur: Du erfüllst in
diesem Punkt meinen Maßstab nicht, den ich an dich anlege. Du
entsprichst nicht den Vorstellungen und Erwartungen, die ich habe.
Mehr sagt ein kritisches, sachliches Feedback nicht.

Wenn jemand Ihre Leistungen ablehnt oder sehr
negativ beurteilt, lohnt es sich danach zu fragen, nach welchen
Kriterien Sie beurteilt werden. Lassen Sie sich von Ihrem Gegenüber
erklären, welche Richtlinien oder Normen er hat. Und überprüfen
Sie, ob Sie diesen Maßstab übernehmen wollen.
Was wirklich hilft: Nehmen Sie die Kritik nicht persönlich
Es gibt Situationen, da wissen Sie genau, dass
gleich eine Rückmeldung auf Sie zukommt. Zum Beispiel wenn der
Klassenlehrer Ihrer Tochter Sie zu einem Gespräch in die Schule
bittet. Ihre Tochter hat wochenlang den Sportunterricht geschwänzt
und Sie haben es nicht gemerkt. Sie ahnen, was der Lehrer zu Ihnen
sagen wird. Es wäre doch schön, wenn Sie, bevor das Gespräch
beginnt, in Ihre souveräne Feedback-Aufnahme-Haltung gehen
könnten.
Ein anderes Beispiel: Ihr Vorgesetzter zitiert Sie
ins Büro, um mit Ihnen über Ihre Umsatzzahlen zu sprechen. Die sind
leider im letzten Quartal drastisch gesunken. Wollen Sie
nägelkauend und mit zitternden Knien in so ein Gespräch gehen?
Nein! Es wäre doch auch hier eine große Erleichterung, wenn Sie
sich vor der Tür des Chefbüros wappnen könnten, damit die Kritik
Ihres Chefs Sie nicht allzu sehr trifft.
Gut geschützt und in einer gelassenen inneren
Haltung können Sie eine Kritik leichter aufnehmen und besser
verarbeiten.
Da sich viele meiner Teilnehmer so eine gelassene
Haltung wünschten, habe ich eine Strategie entwickelt, die das
ermöglicht.
Es ist keine Rede-Strategie, es ist eine Seins-Strategie. Ich habe
sie den Schutzschild genannt.
Ich wette, Sie kennen Ihren Schutzschild bereits.
Sie wussten nur noch nicht, dass Sie ihn absichtlich herstellen
können. Ein Schutzschild ist nichts weiter als eine unpersönliche
Haltung, die es Ihnen erlaubt, die Kritik rein sachlich
aufzunehmen. Im Alltag führen Sie solche unpersönlichen, rein
sachlichen Gespräche, beispielsweise mit Verkäufern, bei denen Sie
sich über ein Produkt informieren. Die Informationen, die Ihnen der
Verkäufer liefert, nehmen Sie rein sachlich auf. Sie können sich
das Ganze anhören und Fragen dazu stellen ohne großes emotionales
Tamtam. Sie fühlen sich nicht getroffen. Sie kennen diese
unpersönliche Art, ein Gespräch zu führen, bereits sehr gut. Aber
wahrscheinlich sind Sie noch nie vor einem Kritikgespräch
absichtlich in diese unpersönliche Haltung gegangen. Möglicherweise
haben Sie unbewusst sogar genau das Gegenteil getan. Sie sind vor
einem Kritikgespräch in einen sehr persönlichen, verletzlichen
Zustand gegangen, weil Sie eine Art Angriff erwartet haben.
Ihr Schutzschild verhindert, dass Sie sich persönlich treffen lassen
Der Schutzschild ist eine unpersönliche innere
Haltung, die es Ihnen ermöglicht, sich nur auf die Sache zu
konzentrieren. Welchen Eindruck Sie dabei auf andere Leute machen,
kümmert Sie nicht. Ob Ihr Gegenüber viel von Ihnen hält oder nicht,
auch das ist Ihnen egal. Sie wollen nicht geliebt werden. Sie
wollen keine Anerkennung vom anderen. Sie wollen nur die Sache
klären.
Bleiben wir noch kurz bei den Beispielen: In Ihrem
unpersönlichen
Zustand, also mit Ihrem Schutzschild, geht es Ihnen nur darum,
warum Ihre Tochter den Sportunterricht geschwänzt hat und welche
Lösungen es dafür gäbe. Oder wie die gesunkenen Umsatzzahlen
zustande gekommen sind, wie Ihr Chef die Sache einschätzt und wie
es in Zukunft weitergehen kann. Kurz gesagt: Sie fokussieren die
Sache, um die es geht.
Falls Ihr Gegenüber in irgendeiner Weise
persönlich wird, winken Sie seine Bemerkungen einfach durch. Sie
lassen sich nicht persönlich treffen. Alles, was nichts mit der
Sache zu tun hat, prallt an Ihrem Schutzschild einfach ab.

Strategie: So stellen Sie Ihren Schutzschild
auf
Wählen Sie ganz bewusst Ihre innere Haltung
Gehen Sie vor einer Rückmeldung oder einem
Kritikgespräch ganz bewusst in einen unpersönlichen, sachlichen
Zustand.
Lassen Sie sich von Ihrer Vorstellungskraft
helfen
Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine dicke
durchsichtige Scheibe aus Panzerglas vor sich, an der alles
abprallt, was Sie verletzen könnte. Ihre Gefühle und Ihr
empfindsames Herz sind durch dieses kugelsichere Panzerglas gut
geschützt. Das ist Ihr Schutzschild.
Trainieren Sie Ihren Schutzschild in ruhigen
Zeiten
Stellen Sie so ein Schutzschild probehalber ein
paar Mal vor, bevor Sie ernst machen und damit in ein Gespräch
gehen. Sie können Ihren Schutzschild im Alltag wunderbar
trainieren. Gehen Sie bewusst in diesen gut geschützten Zustand,
bevor Sie in einem Meeting eine Rede halten oder in einem
Fachgeschäft für Luxusartikel die Regale durchwühlen. Mit Ihrem
Schutzschild haben Sie deutlich weniger Angst, sich vor anderen
Leuten zu blamieren.

Klingt die Sache mit dem Schutzschild für Sie ein
wenig gefühlskalt? Oder beziehungslos? Ja, da ist etwas dran. Ihr
Schutzschild ist der Zustand, in dem Sie nichts persönlich nehmen.
Deshalb eignet sich Ihr Schutzschild auch nicht für
Liebeserklärungen und andere romantische Situationen. Wenn es in
Ihrem Leben persönlich werden soll, dann bitte ohne
Schutzschild.
Mit Ihrem Schutzschild sind Sie in einer
neutralen, sachlichen und zugleich sehr gut abgegrenzten Haltung.
Und genau diese gut abgegrenzte Haltung erlaubt es Ihnen, gelassen
zu reagieren, wenn Sie unangenehme Dinge zu hören bekommen. Falls
Sie beispielsweise damit rechnen, eine Absage zu bekommen, bauen
Sie vorher Ihren Schutzschild auf. Sie können ein Nein besser
aufnehmen, wenn Sie sich davon nicht gleich emotional treffen
lassen. Das Nein können Sie später verarbeiten, wenn Sie aus dem
Gespräch raus sind.
Ihr Schutzschild ist keine dauerhafte
Lebenseinstellung. Es ist nur ein Mantel, den Sie sich kurzzeitig
überwerfen, wenn Sie fürchten, dass da draußen schlechtes Wetter
herrscht. Und falls doch überraschenderweise die Sonne scheint,
schadet Ihnen der Mantel nicht. Sie können ihn sofort ausziehen
oder anlassen – ganz so, wie Sie es wollen.
Mit der Zeit werden Sie merken, dass Sie durch
Ihren Schutzschild mutiger werden. Jetzt wissen Sie, wie Sie
jemandem eine peinliche Nachricht überbringen oder wie Sie in einem
Fünf-Sterne-Nobelrestaurant um etwas Ketchup bitten können: nicht
ohne Ihren Schutzschild.
Die beleidigte Leberwurst

Die Grundeinstellung der beleidigten
Leberwurst
Wer beleidigt ist, nimmt alles persönlich. Die
anderen Leute machen etwas falsch oder sind respektlos. Und das
kann die beleidigte Leberwurst weder verzeihen noch verstehen und
schon gar nicht ignorieren. Das Fehlverhalten der anderen ist für
sie ein Angriff auf ihre Person. Und das Schmollen ist ihre Form
der Gegenwehr und zugleich eine milde Form der Erpressung. Ihre
Mitmenschen sollen sich gefälligst anstrengen und alles wieder gut
machen, damit die beleidigte Leberwurst aus ihrem schmollenden
Schneckenhaus herauskommt. Denn zum Beleidigtsein gehört unbedingt,
dass es mindestens von einer anderer Person bemerkt wird.
Die typische Körpersprache der beleidigten
Leberwurst
Trauriger bis tragischer Gesichtsausdruck. Die
Lippen sind häufig zusammengekniffen, mit der Tendenz zum
eingeschnappten Schmollmund. Verschränkte Arme, abwehrende Haltung.
Oftmals auch ein trotziger Gang, manchmal gepaart mit dem Knallen
von Türen.
So spricht die beleidigte Leberwurst
»Ich hab zwei Rechtschreibfehler gemacht? Wollen
Sie damit sagen, ich kann nicht schreiben? Sie müssen mich nicht so
behandeln, als wäre ich dumm. Nein, wir beide brauchen nicht
weiterzureden. Ich bin restlos bedient!«
»Du kannst am Sonntag nicht zu mir kommen? Damit
verletzt du mich wahnsinnig! Du kannst es ruhig zugeben: Im Grunde
willst du mich überhaupt nicht sehen. Ich will dich auch nicht mehr
sehen! Basta!«
»Ich fühle mich richtig getroffen. Mein Kollege
hat mich auf dem Flur nicht gegrüßt. Er hat mich nicht einmal
angesehen. Aber der wird sich noch wundern, denn ab jetzt ist der
auch nur noch Luft für mich.«
»Alle haben immer nur gesagt, mein Essen würde gut
schmecken. Niemand fand es sehr gut. Die sind alle so wahnsinnig
unsensibel und auch undankbar. Ich werde nie wieder etwas für
andere Leute kochen!«
Wie Sie mit der beleidigten Person am besten
umgehen
Jeder Mensch hat das Recht, so lange zu schmollen,
wie er möchte. Deshalb: Mischen Sie sich nicht ein, sondern lassen
Sie dem Betreffenden Zeit. Sie müssen sich aber auch nicht von dem
Beleidigtsein eines anderen Menschen erpressen lassen. Bieten Sie
der beleidigten Person an, gemeinsam über die Sache zu reden. Aber
versuchen Sie nicht, das Beleidigtsein wegzudiskutieren.
Zeigen Sie dem oder der Beleidigten, dass es
möglich ist, die Sache weniger egozentriert zu sehen. Da ist etwas
falsch gelaufen, vielleicht gab es tatsächlich einen Fehler oder
etwas war mangelhaft. Diese Tatsachen sind vielleicht unangenehm,
aber sie sind kein Angriff. Man muss sie nicht persönlich nehmen.
Und das Schmollen einer beleidigten Leberwurst müssen Sie auch
nicht persönlich nehmen.